Sonntag, 16. Oktober 2011

Der Bundesvorsitzende der NPD wird diskriminiert


Die Ehefrau des Bundesvorsitzenden der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), Udo Voigt, buchte 2009 für beide Eheleute einen Aufenthalt im Esplanade-Hotel in Bad Saarow. Trotz anfänglicher Bestätigung wurde die Buchung storniert und auf Nachfrage ein Hausverbot erteilt. Dieses begründete das Esplanade-Hotel damit, dass die politische Überzeugung des NPD-Mannes nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Nach zwei erfolglosen Anläufen vor dem Landgericht Frankfurt/Oder – Az.: 12 O 17/10 – Urteil vom 22. Juni 2010 und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht – Az.: 1 U 4/10 – Urteil vom 18. April 2011, verlangt der Bundesvorsitzende der NPD den Widerruf des Hausverbots nun zum Az.: V ZR 115/11 vor dem Bundesgerichtshof in Zivilsachen.

Ein Blick in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 scheint Klarheit zu bringen, denn das Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Da nach § 2 AGG auch der Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, erfasst wird, verfestigt sich die Vorahnung eines erfolgreichen Vorgehens des NPD-Vorsitzenden beim Bundesgerichtshof.

Erst ein Blick in § 19 AGG, der das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot ausdrücklich regelt, läßt die Befürchtung entschwinden, dass das höchste deutsche Zivilgericht am kommenden Freitag gar nicht anders könne, als dem Anliegen des Parteivorsitzenden nachzukommen, denn nur eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, ist verboten.

Damit fehlt aber in § 19 AGG - anders als in § 1 AGG zunächst aufgeführt - für den Schutz im Zivilrechtsverkehr das Antidiskriminierungsmerkmal "Weltanschauung". Jedenfalls nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz durfte das Esplanade-Hotel den Bundesvorsitzenden der NPD wegen seiner politischen Ausrichtung diskriminieren und die Verweigerung seiner Beherbergung ausdrücklich auf dessen politische Ansicht stützen. Dass Türsteher von Diskotheken oder Gaststätten sich dieser juristischen Feinheit bedienen, um dunkelhäutige Mitmenschen etwa wegen einer am Revers getragenen Anti-Atomkraft-Plakette den Zutritt zu einem Lokal zu verweigern, hat der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes offenbar nicht befürchtet.

Nachtrag: Bundesgerichtshof in Zivilsachen, Urteil des V. Zivilsenats vom 9.3.2012 - V ZR 115/11 -

1 Kommentar:

  1. Genialer Schachzug von Voigt; läßt sich vom BGH die Zulässigkeit der gezielten Diskriminierung von politsch Andersdenkenden im privaten Geschäftsverkehr bestätigen. Anschliessend können dann Minderheiten im Geschäftsverkehr wegen ihrer Weltanschauung BGH-zertifiziert ausgegrenzt werden. Das Angsthasenland Deutschland will doch gar keine Meinungsfreiheit.

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