Samstag, 17. Dezember 2011

Deutschland einig Anwaltsland

Das Staatsoberhaupt aller Deutschen ist Volljurist. Der Bundespräsident hat bis zu seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsens seinen Beruf als Rechtsanwalt in der Osnabrücker Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Funk, Prof. Dr. Tenfelde GbR ausgeübt. Das beruhigt mich, schliesslich weiss der oberste Deutsche als bekennender Katholik daher nicht nur was Moral bedeutet, sondern auch was Recht ist. Nebenbei strahlt sein Glanz auf den von mir ausgeübten Beruf des Rechtsanwalts ab und mehrt mein Ansehen in der Bevölkerung.

Auch der Leiter des Bundespräsidialamtes, Staatssekretär Prof. Dr. Lothar Hagebölling, ist Volljurist und war bis zum Wechsel des ehemaligen Kollegen Wulff nach Berlin Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei des Landes Niedersachsen. Das Referat "Reden Innenpolitik, Kultur und Gesellschaft" des Kommunikationsstabs im Bundespräsidialamt erarbeitet die Ansprachen und schriftlichen Äußerungen des Bundespräsidenten. Allerdings war Prof. Dr. Lothar Hagebölling nicht als Anwalt tätig, was die Erklärung dafür sein könnte, dass der Bundespräsident in seiner größer werdenden Not um die Mutmassungen ob der Herkunft seines Privatdarlehens nunmehr auf die Dienste der Rechtsanwaltkanzlei Redeker, Sellner, Dahs* zurückgreift und erklären läßt: "Die Sparkasse Osnabrück hat bestätigt, dass der Scheck der Deutschen Bundesbank, der dem beurkundenden Notar zur Verfügung gestellt wurde, aus dem Konto von Frau Edith Geerkens gedeckt wurde."

Der vermögende Freund des Präsidenten, Egon Geerkens, bedient sich für eine Verlautbarung ebenfalls der qualifizierten Dienste von Kollegen und läßt mitteilen: „Entgegen anderslautenden Meldungen wurde das Privatdarlehen an die Eheleute Wulff durch Frau Edith Geerkens gewährt. Mit ihr wurde der Kreditvertrag geschlossen. Die Auszahlung in Form eines Schecks der Deutschen Bundesbank durch die Sparkasse Osnabrück erfolgte daher auch von dem Konto von Frau Edith Geerkens.“

Es macht mich stolz, dass sich der Bundespräsident nicht auf das auch für solche Fälle eingerichtete Bundespräsidialamt verläßt und durch dieses eigene Erklärungen verbreiten läßt, sondern lieber auf die Dienstleistungen einer Anwaltskanzlei vertraut. Daran sollte sich jeder gute Deutsche ein Beispiel nehmen und nicht nur in Bedrängnis auf die kostenpflichtige Qualität der bundesdeutschen Anwaltsausbildung vertrauen. Hätte das deutsche Volk mehr Zutrauen in die Anwaltschaft und würde ihr Geld häufiger und auch umfangreicher in anwaltliche Hilfestellungen und Beratungsleistungen investieren, hätte unser Präsident gar nicht erst ein Darlehen benötigt sondern sein Eigenheim locker aus dem Stand bezahlen können.

*Prof. Dr. Hans Dahs ist seit 1983 Honorarprofessor an der Universität Bonn und Mitherausgeber der „Neue Zeitschrift für Strafrecht“. Er ist Mitautor des Großkommentars zur Strafprozessordnung Löwe-Rosenberg, des Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch und im Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung. Er ist Autor von „Das rechtliche Gehör im Strafprozeß“, „Die Revision im Strafprozess“ und des Klassikers „Handbuch des Strafverteidigers“.

3 Kommentare:

  1. Die Verteidigungsstrategie ist auch schon klar. Der Amtseid des Bundespräsidenten lautet:

    "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."

    Gott hat ihm bei dieser Sache nicht geholfen, da ist er eben unschuldig.

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  2. Vorweg: ich mag ihn auch nicht. Aber ich meine, dass die Kritik von Herrn Möbius, was den Einsatz einer Anwaltskanzlei angeht, unberechtigt ist.
    Wenn der BuPrä sich wegen Vorgängen aus seiner Tätigkeit als Ministerpräsident äußern möchte, finde ich es mehr als angemessen, dass er nicht staatliche Ressourcen in Form des BPräsA anzapft, sondern sich einen Anwalt nimmt und ihn selbst bezahlt(ich hoffe zumindest, dass Redeker et al. von Wulff selbst bezahlt werden). Würde er es anders machen, könnte man ihm (dann zu Recht) vorwerfen, für Privatangelegenheiten auch noch Steuermittel zu verbraten, wie es Herr Dr. a.D. KTzG mit den Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages getan hat.

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  3. Ob die Kollegen für ihre Tätigkeit bezahlt wurden und wenn, von wem, ist ja derzeit wohl noch nicht hinterfragt worden und wäre sicherlich interessant. Es gibt da ja einige wohlhabende Freunde, die gerne mal einspringen.

    Es ist doch bemerkenswert, dass das Bundespräsidialamt als oberste Bundesbehörde mit etwa 180 Mitarbeitern, die eigens für den Bundespräsidenten eingerichtet wurde und ihn in allen Fragen seiner Amtsführung berät, ihn über alle wichtigen innen- und außenpolitischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten informiert und die Entscheidungen, Reden und sonstigen Äußerungen des Bundespräsidenten vorbereitet, für öffentliche Antworten auf Kritik am Bundespräsidenten von diesem für weniger geeignet gehalten wird, als eine Rechtsanwaltskanzlei.

    Ich finde diese Einschätzung des Bundespräsidenten interessant und werte sie gleichzeitig als schlimmstmögliches Armutszeugnis für das Bundespräsidialamt, welches sicher keine zusätzlichen Resourcen für derartige Verlautbarungen hätte aufwenden müssen.

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