Dienstag, 17. September 2013

Thor Steinar - Markenalarm in Hannover

Hannover - Im Stadteil List hat das Modelabel "Thor Steinar" eine Boutique eröffnet, die nicht nur Anwohner und in räumlicher Nähe tätige Gewerbetreibende in hektische Betriebsamkeit versetzt. Schon für den kommenden Samstag haben mehrere antifaschistische Organisationen eine Demo in der List angemeldet. Die Demonstranten wollen ab 11 Uhr vom Lister Platz die Podbielskistraße entlang  bis vor das umstrittene Geschäft ziehen und ihren Protest dort gegen 15 Uhr beenden. Grund: Waren der Marke "Thor Steinar" werden auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen in der öffentlichen Meinung ausschließlich der rechtsradikalen Szene zugeordnet.

Das höchste deutsche Zivilgericht hatte bereits in zwei Urteilen vom 11. August 2010 zu den Aktenzeichen XII ZR 192/08 und XII ZR 123/09 festgehalten, dass der Verkauf solcher Waren zur Folge haben kann, dass eine Liegenschaft in den Ruf gerät, Anziehungsort für rechtsradikale Käuferschichten zu sein und damit ein Ort, an dem - auch aufgrund von Demonstrationen - gewaltsame Auseinandersetzungen zu erwarten sind. Diese mögliche rufschädigende Wirkung sei geeignet, Kunden fernzuhalten und Dritte von dem Abschluss eines Mietvertrages abzuhalten. Im Deutschen Bundestag und einigen Fußballstadien ist das Tragen von Kleidung dieser Marke verboten.

Die Berührungsängste der meisten Hannoveraner in der physischen Welt scheinen die Branchengrößen im Internet dagegen nicht zu teilen. Weder Facebook noch twitter und auch nicht youtube oder Google zeigen Distanz. Sie beherbergen "Thor Steinar" ohne Scheu und generieren Werbeumsätze mit der umstrittenen Marke.


Wie der gerade abgeebbten Diskussion zu der Veröffentlichung von Interviewfragen zum Migrationshintergrund des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Philipp Rösler, in der taz zu entnehmen war, hatten zahlreiche taz-Abonnenten mit der Kündigung ihres Abonnements wegen der als rassistisch empfundenen Fragestellungen des Interviews gedroht.















Es bleibt abzuwarten, ob die Global Player der virtuellen Welt wegen ihrer Vorgehensweise auch ins Kreuzfeuer ihrer Kunden geraten oder ob im Netz andere Maßstäbe für zeitgemäße Political Correctness angelegt werden. Denn wer mag schon auf Google, youtube, Facebook oder twitter verzichten?

Mittwoch, 11. September 2013

Anwaltliches Mahnschreiben - A bissel gemogelt wird schon!

Ein Mandant hat Ärger mit der Telefonica Germany GmbH & Co. OHG und wird gemahnt. Weil er den Vertrag jedoch gekündigt hat und auf sein letztes Schreiben niemand reagierte, ruft er die in dem anwaltlichen Mahnschreiben genannte Hotline an. Es meldet sich eine freundliche weibliche Stimme für die mahnende Rechtsanwaltskanzlei. Das Gespräch verläuft unerfreulich, eine Lösung zeichnet sich nicht ab. Der Mandant fragt nochmals nach dem Namen seiner Gesprächspartnerin, kann diesen jedoch nicht auf dem Briefkopf der Kanzlei finden. Auf die Frage, ob er mit einer Rechtsanwältin aus der Kanzlei spreche, erhält er eine ausweichende Antwort. Er sei mit der "zuständigen Sachbearbeiterin" verbunden.

Der Mandant ist Polizist, weist darauf hin, sich den Namen notiert zu haben und dass es nach § 132a StGB strafbar sei, unbefugt die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" zu führen. Die freundliche Frau am Telefon klingt schlagartig unsicher. Sie habe nicht behauptet, Rechtsanwältin zu sein und sei nur ihren Anweisungen gefolgt. Der Mandant hakt nach. Schließlich bittet das weibliche Wesen am anderen Ende um Verständnis. Die Hotline führe gar nicht zu der auf dem Anwaltsschreiben genannten Kanzlei, sondern zu einer Abteilung von Telefonica. Für die Organisation der Kommunikation sei sie jedenfalls nicht verantwortlich. Um den Druck auf den Mahnungsempfänger zu erhöhen, solle der Eindruck entstehen, dass die Sache von einem Anwalt betreut werde. Am Ende des Gesprächs versichert der Mandant der mittlerweile zittrigen Stimme, nichts zu unternehmen. Jedenfalls nicht gegen den armen "Call Center Agent".