Mittwoch, 17. Dezember 2014

Verkauf von Prüfungsthemen für das zweite juristische Staatsexamen - 1. Prozesstag

Der erste Tag der Hauptverhandlung wegen Bestechlichkeit im besonders schweren Fall, Verletzung des Dienstgeheimnisses und versuchter Nötigung gegen den ehemaligen Amtsrichter Jörg L. hat heute um 09:30 Uhr vor der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg im Saal 121 zum Az.: 33 KLs 20 /14 begonnen.

Der Fall des ehemaligen Referatsleiters des Niedersächsischen Landesjustizprüfungsamtes hat ein überregionales Medieninteresse ausgelöst, weshalb die Vorsitzende der Kammer eine Medienverfügung erlassen hat. So sind gem. § 169 Satz 2 GVG während sämtlicher Sitzungen Ton-, Film- und Bildaufnahmen mit Ausnahme weniger besonderer Regelungen untersagt. Ausdrücklich angeordnet wurde, dass soweit Film- und Bildaufnahmen gestattet sind, sicherzustellen ist, dass das Gesicht des Angeklagten vor der Veröffentlichung oder Weitergabe der Aufnahmen an Fernsehveranstalter oder Massenmedien durch ein technisches Verfahren so anonymisiert wird, dass eine Verwendung nur in anonymisierter Form möglich bleibt.

Obwohl bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts des Angeklagten gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen wird, folgt daraus nicht, dass eine individualisierende Bildberichterstattung über den Angeklagten eines Strafverfahrens in jedem Fall ausscheidet. Vielmehr können es die jeweiligen Umstände rechtfertigen, dass sich der Betreffende nicht bzw. nicht mehr mit Gewicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann. Dies wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Angeklagte kraft seines Amtes in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht hierauf hinzunehmen hat.

Daher könnte im vorliegenden Fall, der mit dem Missbrauch der besonderen Vertrauensstellung des Angeklagten im Landesjustizprüfungsamt durchaus die Grundfesten der Justiz berührt, die Medienverfügung im Hinblick auf die Anonymsierungspflicht rechtswidrig sein. Denn die daraus folgende Beschränkung der Bildberichterstattungsmöglichkeiten stellt angesichts des erheblichen Berichterstattungsinteresses eine gewichtige Beschränkung von Informationsmöglichkeiten der Öffentlichkeit dar.

5 Kommentare:

  1. Ja, schlimm.

    Was hat das Gesicht des Angeklagten mit dem zu verhandelnden Sachverhalt zu tun? Die von Ihnen beschriebene Rechtslage trifft auf Personen wie Edathy und Bernie Ecclestone zu.

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    1. Das Gesicht des Angeklagten ist ein ihn als mutmaßlichen Täter identifizierendes Körperteil und gehört damit untrennbar zur Tat und damit auch zur Verhandlung. Die Strafverhandlung ist öffentlich. Die öffentliche Kontrolle von Gerichtsverhandlungen wird durch die Anwesenheit der Medien und deren Berichterstattung grundsätzlich gefördert. Die Befriedigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an gerichtlichen Verfahren dient nicht nur allgemein der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, sondern es liegt ebenfalls in dem Interesse der Justiz, mit ihren Verfahren und Entscheidungen öffentlich wahrgenommen zu werden, und zwar auch im Hinblick auf die Durchführung mündlicher Verhandlungen. Zur Art und Intensität öffentlicher Wahrnehmung trägt die Veröffentlichung audiovisueller Darstellungen bei. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit ist der jeweilige Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bedeutsam. Bei Strafverfahren ist insbesondere die Schwere der zur Anklage stehenden Straftat zu berücksichtigen. Das Informationsinteresse wird regelmäßig umso stärker sein und in der Abwägung an Gewicht gewinnen, je mehr die Straftat sich von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt, etwa aufgrund der Art der Begehung oder der Besonderheit des Angriffsobjekts. Ein gewichtiges Informationsinteresse kann auch gegeben sein, wenn dem Angeklagten selbst keine herausragende zeitgeschichtliche Bedeutung zukommt, aber ein Informationsinteresse an dem Prozess als solchem, etwa wegen seines Aufsehen erregenden Gegenstands, besteht.

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    2. Das haben Sie aber sehr gut auf den Punkt gebracht.

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    3. ..... aber nur mit erheblicher Unterstützung des Bundesverfassungsgerichts.

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  2. Warum darf ich sein Gesicht nicht vor Gericht sehen, wenn ich sein Gesicht vor der Polizei sehen darf? http://www.bild.de/regional/hannover/justizministerin/3-justiz-skandale-38843556.bild.html

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