Donnerstag, 26. Februar 2015

Fantasiemonarchen beschäftigen Gerichte

Immer wieder müssen sich deutsche Gerichte mit selbsternannten Fürsten, Herzögen oder gar Königen herumschlagen. Eine besonders selbstbewusste Variante der Kategorie Fantasiehoheit ist Peter Fitzek, der als König von Deutschland des Königreichs Deutschland mit den Behörden der Bundesrepublik Deutschland auf Kriegsfuß steht.

Bevor diverse Strafverfahren wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen den Herrscher rechtskräftig verhandelt werden können, muss das Verwaltungsgericht Halle im April 2015 klären, ob mit der Rückgabe des BRD-Füherscheins die Fahrerlaubnis des Königs erloschen ist.

Sollte dies nicht der Fall sein, dürfte nicht geklärt werden, ob der Führerschein des Königreichs Deutschland Gültigkeit hat. Der Monarch würde genau diese Rechtsfrage gerne klären lassen: „Ich besitze den grünen Führerschein des Königreichs, der seinem Inhaber freie Fahrt nach freiem Ermessen ermöglicht. Ich darf also rote Ampel ignorieren und muss mich nicht an Tempolimits halten. Ich möchte, dass der Prozess die Echtheit des Dokumentes und damit die unseres Königreichs anerkennt.“

Ich nehme an, dass sich die Rechtfertigung für die Missachtung von Verkehrszeichen auf fremdem Hoheitsgebiet aus der Immunität seiner Majestät als fremdes Staatsoberhaupt ergeben soll. Dass deutsche Gerichte selbsternannten Herrschern mit Hoheitsgebieten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland derartige Beachtung schenken werden, halte ich allerdings für ausgeschlossen.

Schalke 04 gibt auf

Im Wege der Abmahnung hatte Schalke 04 wegen eines privaten Ticketverkaufs für ein Fußballspiel über ebay die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und eine Vertragsstrafe gefordert. Schalke 04 sperrte die Tickets. Die verlangte Vertragsstrafe wurde nicht gezahlt und eine modifizierte Unterlassungserklärung von Schalke 04 nicht angenommen. Allerdings wurde mitgeteilt, dass ohne Anerkennung einer Rechtspflicht keine weiteren Forderungen gegenüber unserem Mandanten geltend gemacht werden. Damit bleiben am Ende drei Verlierer zurück. Der Mandant trägt die Kosten der Rechtsverteidigung, dem Zweiterwerber der Karten wurde der Einlass ins Stadion verwehrt und Schalke 04 hat sich in ein denkbar schlechtes Licht gerückt.

Immerhin muss man den Königsblauen zugestehen, dass die FC Schalke 04 Arena Management GmbH die Abmahnungen in eigener Regie ausspricht und keine zusätzlichen Kosten durch die Inanspruchnahme eigener Anwälte produziert. Würde man auf die Verfolgung des privaten Tickethandels verzichten, könnten Verkäufer und Käufer ihr Geschäft im gegenseitigen Einverständis abwickeln und ein Imageschaden wäre nicht zu befürchten. Warum in einem Multimillioneneurobusiness wirtschaftlich völlig unbedeutende Transaktionen unter Privatleuten derart hartnäckig verfolgt werden, bleibt unklar. Organisierte Fangewalt läßt sich auf diese Weise sicher nicht verhindern.

Mittwoch, 25. Februar 2015

Anwaltstypen: Der Metaphoriker

Der Metaphoriker unter den Anwälten zeichnet sich selbstredend durch seine abseits von Tatsachen und rechtlichen Erwägungen liegende Ausdrucksweise in Schriftsätzen aus. Er ist eine Weiterentwicklung des Kopfschüttlers, denn er beherrscht mehrere Phrasen. Der Gipfel der Geschmacklosigkeit gehört genauso zu seiner Welt wie das Fass mit dem ausgeschlagenen Boden. Er liebt es zu behaupten, der Beklagte säge sich den Ast ab, auf dem er sitzt und zu gerne hält er dem Kläger den Spiegel vor.

Der Metaphoriker tummelt sich meist ausserhalb grosser Ballungszentren oder betreut als Kanzleigründer jenseits des Rentenalters Dauermandanten gleichen Jahrgangs. Anders als der Schleimer schreibt er nicht nur für volksempfindsame Amtsrichter sondern produziert sich für Klienten, die den Fall noch weniger durchdrungen haben, als er selbst. Mein letzter Metaphoriker war ein bodenständiger Endvierziger, der zur Abwehr eines Anspruchs auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten vergebens die Logik eines Klassikers bemühte: "Mag der Kläger die Musik bezahlen, die er bestellt hat."

Dienstag, 24. Februar 2015

Urheberrechtsverletzungen auf Jurablogs.com?

Unter der Domain Jurablogs.com läuft ja bekanntlich ein Portal, welches nach eigenen Angaben auf der Startseite keine eigenen Inhalte darstellt, sondern nur Anrisse von Artikeln der Autoren teilnehmender Blogs veröffentlicht. Um bei bei JuraBlogs teilzunehmen, kann - wohl eher muss - man sich bei JuraBlogs.com eintragen lassen.

Lawblogs.net ist die amerikanische Version von JuraBlogs.com und der Kollege Keith Lee ist höchst verärgert, von ihm geschaffene Inhalte über Lawblogs.net verbreitet zu sehen. Von ihm wird daher aktuell die Frage gestellt, warum Lawblogs.net von juristischen Blogs klaut: Why Is Lawblogs.net Stealing From Legal Blogs? Nun gibt es auch bei lawblogs.net die Möglichkeit, sich mit seinem Blog eintragen zu lassen.

Dies ist scheinbar nicht die einzige Möglichkeit, bei lawblogs.net zu erscheinen, denn auch andere Kollegen äußern sich erstaunt darüber, auf der Plattform mit eigenen Inhalten gelistet zu sein. Der Artikel des amerikanischen Kollegen wendet sich aber auch an deutsche Blogger auf Jurablogs.com und Lee mutmaßt dort Urheberrechtsverletzungen nach deutschem Recht. Jedenfalls bittet er um Kommentare deutscher Teilnehmer.

Für meinen Teil kann ich sagen, dass ich mich vor mehreren Jahren brav angemeldet habe und seither gelistet bin. Dass meine Artikel nach dem Anklicken in der Vorschau neuerdings von vornherein im Jurablogs.com-Rahmen erscheinen, der abschaltbar ist, lässt mich kalt. Von wem der Artikel tatsächlich stammt, bleibt klar und die Möglichkeit der Kontaktaufnahme potentieller Mandanten wird nicht eingeschränkt. Der Vorteil für jurablogs.com, mit der Anzeige meiner Artikel im Jurablogs-Frame gleichzeitig eigene Inhalte darstellen zu können, ist deshalb als Entgegenkommen für den Vorteil einer willkommenen breiteren Streuung meiner Inhalte leicht erträglich.

Montag, 23. Februar 2015

Abmahnung durch Hannover 96

Die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, Robert-Enke-Straße 1 in 30169 Hannover, will als alleiniger Veranstalter für Fußballspiele von Hannover 96 in der HDI Arena den unkontrollierten Handel zum Schutz der eigenen Fans bekämpfen. So lautet jedenfalls die Behauptung in einer Abmahnung der Rechtsanwälte aus der Kanzlei BECKER & HAUMANN aus der Kaiserstraße 21-23, direkt gegenüber dem Landgericht Dortmund.

Nur durch die Unterbindung des unkontrollierten Tickethandels sei es möglich, rivalisierende Fangruppen zu trennen oder Gewalttätigkeiten in den Stadien durch Hooligans zu verhindern. Bei einem anonymen Verkauf über ebay oder Ticketbörsen sei eine solche Kontrolle nicht mehr möglich. Zu diesem Zwecke habe der Ligaverband (DFL) im Jahr 2014 neun "Fairplay"-Regeln für den offiziellen Ticket-Zweitmarkt beschlossen:

1. Angebot eines serviceorientierten "Offiziellen Ticket-Zweitmarkts"
2. Eine stabile und faire Preispolitik.
3. Bekämpfung des Schwarzmarkts.
4. Keine Profitmaximierung.
5. Der Ticketpreis entspricht maximal dem Originalpreis für Einzeltickets.
6. Die Servicegebühr für den Tickettausch beträgt max. 15 % pro Bestellung.
7. Die Versandgebühren sind marktüblich gestaltet.
8. Die Clubs garantieren die Sicherheit des Angebotes und der Tickets.
9. Sensibler Umgang mit persönlichen Daten der Fans und die Garantie der Einhaltung aller         gesetzlichen Vorschriften zum Datenschutz.

Weil beim Angebot der Hannover 96-Tickets über eBay die ATGB nicht abgebildet wurden, ein Preisaufschlag von über 10% verlangt wurde und die unautorisierte Abbildung des Sitzplans der HDI-Arena verwendet wurde, sei eBay-International dazu verpflichtet gewesen, die zum streitgegenständlichen Anbieternamen hinterlegten Kontaktdaten bekannt zu geben. Infolgedessen konnte der Anbietername konkret zugeordnet werden.

Die aus Filesharing-Abmahnungen bekannte Argumentation, dass im Falle einer vergleichsweisen Erledigung des Gegenstands der Abmahnung nur ein Streitwert in Höhe von 2.500,00 EUR für die Anwaltskosten zu Grunde gelegt werde und der abgemahnte Sachverhalt durch Zahlung eines Schadenersatzbetrags in Höhe von weiteren 250,00 EUR erledigt sei, widerspricht ein wenig den abschließenden Formulierungen der Abmahnung, wonach Hannover 96 besonderen Wert auf den Dialog mit seinen Anhängern und Kunden lege, die mit dem Verein in aller Regel emotional eng verbunden seien.

Es erscheint zumindest fraglich, ob die Wertschätzung eines Dialogs mit der kostenpflichtigen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt ihren angemessenen Ausdruck findet. Einen gefühlvollen Dialog mit einer anwaltlichen Abmahnung einzuleiten scheint eine besondere Spezialität der Kanzlei BECKER & HAUMANN zu sein.

Donnerstag, 19. Februar 2015

Rechtsanwalt und Rechtschreibteufel

Wer als Anwalt den ganzen Tag schlaue Sachen an Gerichte und Kollegen schreibt und natürlich noch viel schlauere Sachen von Gerichten oder Kollegen liest, hat sich an Rechtschreibfehler gewöhnt. An eigene und fremde Fehler. Heute habe ich dann doch kurz gelacht, als mir ein eingeweihter Kollege per E-Mail in einem analverkehrzentrierten Rechtsstreit versicherte, die Sache sei nicht mehr zu tpooen. Er meinte natürlich zu toppen, aber seine unfreiwillige Wortschöpfung war letztlich passender. Kurz darauf erhielt ich noch die Nachricht einer Gegenpartei, die Ferdienstausfall auf das Konto der Folksbank forderte. Darüber habe ich mich dann auch gevreut.

Mittwoch, 11. Februar 2015

FÜR DIESE SEITE SIND KEINE KOMMENTARE VORGESEHEN

"Vater erschlägt DIESEN Pädophilen im Urlaub" oder "Brit kills German in Spanish Restaurant" lauten die Schlagzeilen deutscher und englischer Online-Medien. Ein englischer Vater hatte einen deutschen Auswanderer im spanischen Sotomayor mit mehreren Faustschlägen getötet, weil der Deutsche das Kind des Engländers mit einem Tablet gefilmt hatte. Unklar ist, ob der Engländer nachdem er dem Deutschen das Tablet entriss, nicht nur Aufnahmen seiner Tochter gefunden hatte, sondern auch pornographisches Material. Denn im Januar 2015 wurden bei einer Hausdurchsuchung 150 Dateien mit pädophilen Aufnahmen von Mädchen auf dem Computer des Getöteten gefunden und er wurde deswegen festgenommen. Das Strafverfahren war jedoch noch nicht abgeschlossen.

Ein Fall, der in deutschen und englischen Zeitungen für Schlagzeilen sorgt, bei dem die Kommentarfunktion in fast allen Zeitungen deaktiviert ist: "Comments Unavailable" oder "keine Kommentare möglich". Ein Fall bei dem offensichtlich Kommentare wie "Medal is required for the dad. Paedo scum deserve what they get" vermieden werden sollen. Eine Bevormundung des Lesers, die in der kontroversen Diskussion des "The Independent" jedenfalls keine Bestätigung findet. Die Mehrzahl der Leser ist in der Lage, den Vorfall angemessen zu diskutieren und sich innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit zu bewegen. Dass dem deutschen Leser eine vergleichbare Reaktion zugetraut wird, konnte ich bisher nicht entdecken.    


Schalke 04 vs. Real Madrid

Das Heimspiel von Schalke 04 in der Champions-League gegen Real Madrid in der VELTINS-Arena am 18. Februar 2015 wirft seine Schatten voraus. Mit Hilfe der FC Schalke 04 Arena-Managment GmbH versucht der FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V. gegen vermeintliche Tickethändler vorzugehen und teilt den Betroffenen mit, dass deren Karten-Bestellung storniert wurde.

Statt mit "Geht nicht gibt´s nicht" versucht es Schalke 04 mit der Unschuldsmine aus "Kann man nichts machen": "Diese Stornierung ist technisch nicht aufzuheben oder rückgängig zu machen." Bei einem Anlagevermögen von über EUR 200.000,- in entgeltlich erworbene Software dürfte dies eine Schutzbehauptung sein.

An dem Hinweis "Die von Ihnen erworbenen Karten erhalten keinen Zutritt zur VELTINS-Arena am Spieltag gegen Real Madrid Club de Futbol" bestehen dagegen weniger Zweifel. Ob diese Sperre einer juristischen Prüfung am Ende allerdings standhält, wird man sehen.

Insgesamt beweisen die Königsblauen mit dem Versand einer Abmahnung regelmäßig Humor und bespaßen ihre Abmahnopfer mit urigen Sprüchen wie "Es ist nicht in unserem Sinne, mit Ihnen einen Rechtsstreit anzufangen." oder "Darüber hinaus möchten wir Ihnen keine Rechtsanwalts- bzw. Prozesskosten verursachen." Noch fürsorglicher klingt "Wir gehen davon aus, dass es auch in Ihrem Interesse ist, diesen Vorgang schnellstmöglich zu beenden. Wir bitten Sie daher, die beiliegende Erklärung zu unterschreiben und die Vertragsstrafe binnen der Frist zu begleichen."

Vielleicht möchte Schalke 04 mit der Vertragsstrafe von EUR 250,- schon jetzt ein kleines Polster für die Zeit nach 2017 anlegen, wenn der millionenschwere Sponsoringvertrag mit dem russischen Staatskonzern Gazprom ausgelaufen ist.

Mittwoch, 4. Februar 2015

Verurteilt zum Tod durch Verbrennen

Ich schreibe auch über Dinge, die ich nicht nachprüfen und allenfalls oberflächlich beurteilen kann. Das machen auch große Zeitungen. Aktuell wird über zwei Fälle harter Strafen aus einem mir fremden Rechtssystem berichtet, die wohl etwas mehr gemeinsam haben, als dies den Zeitungsmeldungen zu entnehmen ist.

Die sogenannte Terrormiliz "Islamischer Staat" hat den jordanischen Piloten Maas al-Kassasbeh zum Tod durch Verbrennen verurteilt und diese Strafe vollstreckt. Der jordanische Soldat war im Dezember 2014 bei einem Angriff auf den "Islamischen Staat" über dem nordsyrischen Rakka abgestürzt und gefangen genommen worden.

Der islamische Staat Saudi-Arabien hat den Blogger Raif Badawi zu 1000 Peitschenhieben, zehn Jahren Haft und etwa 200.000,- Euro Geldstrafe verurteilt. Die ersten 50 Hiebe scheinen derart lebensbedrohend gewesen zu sein, dass die Vollstreckung der folgenden Teilstrafen mehrmals ausgesetzt wurde. Raif Badawi soll den Islam auch durch die Verbreitung der These beleidigt haben, dass Muslime, Christen, Juden und Atheisten ebenbürtig seien.

Bei der Berichterstattung über diese Sachverhalte fällt auf, dass keine Zeitung darüber schreibt, dass auch der Verbrennung des Piloten eine juristische Entscheidung einer Organisation vorausgegangen ist, die für sich beansprucht, eine politische Ordnung zu sein. Beide Urteile wird man staatsrechtlich aus einer anderen Perspektive beurteilen müssen, weil Saudi-Arabien ein Völkerrechtssubjekt ist. In Bezug auf die Menschenrechte scheinen die Ergebnisse beider Entscheidungsfindungen jedoch erschreckend ähnlich. Deren Beurteilung in Politik und Presse spiegelt dies allerdings nicht annähernd wieder.