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Donnerstag, 25. August 2022

Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig, Karten im Verkauf

Das Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig am 10. September 2022 wirft seine Schatten voraus. Wie bei diesem Derby üblich, sind die Tickets heiß begehrt und unter den Fans, die sich nur zu besonderen Spielen ins Niedersachsenstadion bewegen, breitet sich im Vorfeld Panik aus. Denn wie üblich erhalten bei diesem Spiel nach den Mitgliedern des Hannoverschen Sportverein von 1896 e.V. auch Dauerkarteninhaber und Mitglieder offizieller 96-Fanclubs ein Vorkaufsrecht auf Derby-Karten, weil sich die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG und auch die anderen Gesellschaften im Verbund mit dem Hannoverschen Sportverein von 1896 e.V. beim Aufeinandertreffen mit dem BTSV viele 96er im Stadion, die die Mannschaft lautstark unterstützen, wünscht. Dieser Wunsch geht soweit, dass alle Fans mit Vorkaufsrecht Tickets für das Niedersachsenderby ohne Mengenbegrenzung kaufen können: "Ihr könnt so viele Tickets wie gewünscht und benötigt erwerben".

Ab dem 29.08.2022 dürfte sich dann der gewöhnliche Pöbel um die übrigen Tickets über offizielle Verkaufsstellen balgen, wenn es dann noch verbleibende Tickets für den freien Verkauf gibt. Allerdings werden schon jetzt Tickets über Viagogo angeboten, für die von Erwerbern mit Vorkaufsrecht ein Vielfaches des Einstandspreises von Interessierten verlangt werden:

Ganz im Sinne der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, möchte man meinen, denn wer EUR 200,- pro Person für einen Stehplatz unter 96-Fans im Stadion zahlt, muss schon ein riesengroßer 96-Fan sein und viele 96er im Stadion werden ja ausdrücklich gewünscht. Außerdem hat die GmbH & Co. KG mangels Mengenbegrenzung diese Karten jedenfalls für den von ihr verlangten Preis verkaufen können.

Die Einladung, so viele Tickets wie gewünscht und benötigt zu erwerben, hat natürlich einen Haken, der sich "Unzulässige Weitergabe" nennt und dieser findet sich in Ziffer 9.2 der Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB):

"Der Verkauf von Tickets erfolgt ausschließlich zur privaten, nicht kommerziellen Nutzung durch den Kunden. Jeglicher gewerblicher oder kommerzieller Weiterverkauf der Tickets durch den Kunden ist grundsätzlich untersagt. Dem Kunden ist es insbesondere untersagt,

a) Tickets öffentlich, insbesondere bei Auktionen oder im Internet und/oder bei nicht von HANNOVER 96 autorisierten Verkaufsplattformen zum Kauf anzubieten;

b) Tickets zu einem höheren als dem bezahlten Preis weiterzugeben; ein Preisaufschlag von bis zu 10% zum Ausgleich tatsächlich entstandener Transaktionskosten ist zulässig;

c) Urheberrechte sowie sonstige Rechte von HANNOVER 96 bei der Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung der privaten Weitergabe zu nutzen;

d) Tickets regelmäßig und/oder in einer größeren Anzahl, sei es an einem Spieltag oder über mehrere Spieltage verteilt, weiterzugeben;

e) Tickets an nicht seitens HANNOVER 96 autorisierte gewerbliche und kommerzielle Wiederverkäufer und/oder Tickethändler zu veräußern oder weiterzugeben;

f) Tickets ohne ausdrückliche vorherige schriftliche Zustimmung von HANNOVER 96 kommerziell oder gewerblich zu nutzen oder nutzen zu lassen, insbesondere zu Zwecken der Werbung, der Vermarktung, als Bonus, als Werbegeschenk, als Gewinn oder als Teil eines nicht autorisierten Hospitality- oder Reisepakets;

g) Tickets an Personen weiterzugeben, die derzeit aus Sicherheitsgründen vom Besuch von Sportveranstaltungen ausgeschlossen sind, sofern dem Kunden dieser Umstand bekannt war oder bekannt sein musste;

h) Tickets an Fans von Gastvereinen weiterzugeben, sofern dem Kunden dieser Umstand bekannt war oder bekannt sein musste."

Damit ist klar, dass nicht erst der Verkauf von Tickets über Viagogo oder ebay nach den Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB) der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG untersagt ist, sondern schon das Angebot im Internet. Darüber hinaus dürfen Tickets auch nur zu einem Preisaufschlag von bis zu 10% zum Ausgleich tatsächlich entstandener Transaktionskosten verkauft werden.

Dennoch ist es nicht einfach, einem Ticketverkäufer, der Karten zu hohen Preisen im Internet verkauft hat, gerichtsfest auf die Schliche zu kommen, denn zumindest Viagogo gibt die Namen derjenigen, die auf der Plattform von Viagogo die Tickets angeboten haben, nicht heraus. Außerdem könnte der ursprüngliche Erwerber der Karten seine Karten in zulässiger Weise weitergegeben haben und erst der Zweit- oder gar Dritterwerber könnte auf die abscheuliche Idee gekommen sein, sich eine goldene Nase zu verdienen.

Tatsächlich wird der zulässige Weiterverkauf von Tickets in Ziffer 9.3 der Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB) der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG geregelt:

"Eine private Weitergabe eines Tickets aus nicht kommerziellen Gründen, insbesondere in Einzelfällen bei Krankheit oder anderweitiger Verhinderung des Kunden, ist zulässig, wenn kein Fall der unzulässigen Weitergabe im Sinn der Regelung in Ziff. 9.2 vorliegt und

a) der Kunde den Zweiterwerber und neuen Ticketinhaber auf die Geltung und den Inhalt dieser ATGB ausdrücklich hinweist,

b) der neue Ticketinhaber sich durch den Erwerb und die Nutzung des Tickets mit der Geltung dieser ATGB zwischen ihm und HANNOVER 96 einverstanden erklärt und

c) HANNOVER 96 auf seine Anforderung hin (aufgrund behördlich oder gesetzlich vorgegebener Schutz- bzw. Hygienemaßnahmen) unter Nennung des neuen Ticketinhabers rechtzeitig über die Weitergabe des Tickets informiert wird oder HANNOVER 96 die Weitergabe an den neuen Ticketinhaber konkludent als zulässig erklärt hat."

Mit diesen Regelungen wird es für die Sales & Service GmbH & Co. KG auch nach einer Abmahnung gegen einen vermeintlichen Spitzbuben schwierig, Sanktionen durchzusetzen, denn die Beweislast liegt natürlich bei dem Verwender der Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen und dieser ist schwierig nachzukommen, wenn nach einem unzulässigen Ticketverkauf der tatsächlich Verantwortliche gefunden werden soll und die GmbH & Co. KG auf eine Mauer des Schweigens trifft. Wer die Karte am Ende im Internet angeboten hat, dürfte oftmals im dunkeln bleiben. Immerhin ist es ja unter kaufmännischen Aspekten tröstlich, wenn durch geschicktes Marketing ohne Verkaufsbeschränkungen für Vorkaufsberechtigte alle Tickets zum vorgesehenen Preis verkauft wurden und damit der kalkulierte Gewinn aus dem Ticketverkauf vollständig gesichert werden konnte.

Donnerstag, 18. Juli 2019

"Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein"

Noch vor Beginn der neuen Saison, welche die für die Lizenzspielerabteilung verantwortliche Hannover 96 GmbH & Co. KGaA bekanntlich in der 2. Fußball-Bundesliga absolvieren muß, geraten Hannover-96-Fans und die Geschäftsführung der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG und Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG aneinander. In den letztgenannten Gesellschaften, die sich im Wesentlichen durch die Inhaberschaft an den Markenrechten des 96-Logos und die Spieltagsorganisation in der HDI-Arena kennzeichnen, führen Martin Kind und Björn Bremer die Geschäfte. Etwas unscharf berichtet die örtliche Presse, dass einer Fangruppe nach Anfrage bei "Hannover 96" erlaubt wurde, eine Stadionwand auf eigene Kosten anzumalen und diese Bemalung von "96 selbst" mangels Einhaltung einer Absprache wieder übermalt wurde. Erlaubt worden sei nur die Bemalung mit einem 96-Logo und nicht die mit dem Spruch "Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein".

Eine solche Erlaubnis kann nämlich weder der Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. erteilt haben, noch die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA. Weil die Bewirtschaftung des Stadions der Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG obliegt und die Rechte am 96-Logo die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG inne hat, bedurfte es der Zustimmung dieser beiden von Martin Kind und Björn Bremer geleiteten Gesellschaften. Während die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG vorrangig an der Werbung mit ihrem Logo interessiert ist und die Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG natürlich nicht ihren Werbepartner und Namensgeber HDI Versicherung AG vergraulen will, steht die Botschaft "Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein" im Gegensatz zu allem, was den beiden verantwortlichen Gesellschaften und ihren Geschäftsführern im Fußball-Business vorschwebt.

Allerdings wird auch bei der vollkommenen Kommerzialisierung des Fußballs übersehen, dass es für die Identifikation mit einem Verein oder dessen Lizenzspielerabteilung auch im geschäftlichen Sinne von Bedeutung ist, welchen Raum den Fußball-Fans bei der Unterstützung der Spieler im Ligabetrieb gegeben wird. Dazu gehören natürlich Fahnen und Choreographien aber eben auch jene aufwändige Wandbemalung am Stadion, die kurz nach ihrer mühsamen Erstellung "mangels Einhaltung einer Absprache" mit grauer Farbe wieder übertüncht wurde. Mit dem Motto "Fresse halten, Trikot kaufen und Eintritt bezahlen" ist auf Dauer natürlich keine Bindung an das in Hannover angebotene Fußballprodukt zu erzielen und darunter leidet letztendlich auch der Umsatz der mit der Vermarktung dieses Produkts betrauten Gesellschaften.

Statt den Fans daher den gewünschten Raum für eigene Kreativität zu gewähren, wird sogar über den Straftatbestand der Sachbeschädigung durch die Feierabendmaler nachgedacht, weil das Erscheinungsbild der Stadionwand unbefugt nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wurde. Dabei dürfte die Strafbarkeit der Sachbeschädigung nach § 303 Absatz 2 StGB hier schon deshalb ausscheiden, weil die Veränderung des Erscheinungsbildes der Wand einverständlich erfolgte und die Wahl eines unliebsamen Motivs gerade nicht die erteilte Befugnis beührt, das Erscheinungsbild der Wand grundsätzlich zu verändern. Die Befugnis zur Veränderung der Wand mit Farbe ist im strafrechtlichen Sinne nämlich von der Wahl eines möglicherweise absprachewidrig gewählten Motivs zu trennen.

Donnerstag, 21. März 2019

Hannover 96 im Abseits

Wenn Spieler des abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten Hannover 96 ins Abseits laufen, ist das noch verständlich. Wenn das gleiche dem Vorstand von Hannover 96 auf juristischer Ebene passiert und dabei der Abstand zur Rechtsordnung derart groß geworden ist, dass schon die Pfiffe der Gerichte nicht mehr gehört werden, sollte man über eine Auswechselung nachdenken.

Drei Tage vor der Jahreshauptversammlung wurde Hannover 96 nach entsprechenden Urteilen unter Androhung von Zwangsmitteln durch das Amtsgericht Hannover veranlasst, die persönlichen Daten aller Mitglieder an drei Vereinsmitglieder herausgeben, um diesen noch rechtzeitig vor der Jahreshauptversammlung und der Aufsichtsratswahl zu ermöglichen, allen Mitgliedern ihre Kandidaten und deren Konzepte vorzustellen.

Nach dieser klaren und keineswegs überraschenden gerichtlichen Niederlage des Vereins erhielten die Mitglieder eine E-Mail vom Verein mit der Nachricht, dass er vom Amtsgericht Hannover im einstweiligen Verfügungsverfahren und im Hauptsacheverfahren zur Herausgabe der Daten direkt an die Antragsteller und nicht nur an einen Treuhänder verurteilt worden war. Diese Entscheidung widerspreche eklatant geltendem Recht, insbesondere der Datenschutzgrundverordnung. Sie sei "in keiner Weise nachvollziehbar".

Ein geradezu entlarvendes Statement für den Vorstand, dass er die insoweit einhellige bundesdeutsche Rechtsprechung vom Amtsgericht Hannover bis hin zum Bundesgerichtshof in Zivilsachen in keiner Weise nachvollziehen kann. Das ist entweder ein Zeichen für eine schwache Auffassungsgabe oder eine taktische Lüge, um das Behindern der vereinsinternen Opposition gegenüber den Mitgliedern offensiv zu verteidigen. Für die letzte Variante spricht der Umstand, dass sich die Rechtsprechung schon seit langer Zeit klar festgelegt hat und das Prinzip der Mitgliedschaftsrechte auch für Laien recht anschaulich formuliert hat. Daher reichen wenige Zitate von einschlägigen Urteilen aus, um die Entscheidungen des Amtsgerichts Hannover tatsächlich als in jeder Weise nachvollziehbar erscheinen zu lassen:

"Nach nahezu einhelliger Meinung in der Literatur steht einem Vereinsmitglied kraft seines Mitgliedschaftsrechts ein Recht auf Einsicht in die Bücher und Urkunden des Vereins zu, wenn und soweit es ein berechtigtes Interesse darlegen kann, dem kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Vereins oder berechtigte Belange der Vereinsmitglieder entgegenstehen. Zu den Büchern und Urkunden des Vereins zählt auch die Mitgliederliste. Sind die Informationen, die sich das Mitglied durch Einsicht in die Unterlagen des Vereins beschaffen kann, in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert, kann es zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck der geforderten Informationen oder auch deren Übermittlung in elektronischer Form verlangen. In Übereinstimmung mit der Literatur billigt auch die Rechtsprechung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, nahezu einstimmig dem einzelnen Vereinsmitglied einen Anspruch auf Einsicht bzw. Herausgabe der Mitgliederliste jedenfalls dann zu, wenn es ein berechtigtes Interesse geltend machen kann. ... Unter welchen Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse des einzelnen Vereinsmitglieds anzunehmen ist, Kenntnis von Namen und Anschriften der anderen Vereinsmitglieder zu erhalten, ist keiner abstrakt generellen Klärung zugänglich, sondern aufgrund der konkreten Umstände des einzelnen Falles zu beurteilen. Ein solches Interesse ist jedenfalls gegeben, wenn es darum geht, das nach der Satzung oder nach § 37 BGB erforderliche Stimmenquorum zu erreichen, um von dem in dieser Vorschrift geregelten Minderheitenrecht, die Einberufung einer Mitgliederversammlung zu verlangen, Gebrauch zu machen. Es kann jedoch selbstverständlich auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 37 BGB zu bejahen sein, wenn aufgrund der Umstände des konkreten Falles die in der Mitgliederliste enthaltenen Informationen ausnahmsweise erforderlich sind, um das sich aus der Mitgliedschaft ergebende Recht auf Mitwirkung an der vereinsrechtlichen Willensbildung wirkungsvoll ausüben zu können (OLG Saarbrücken aaO; OLG München, Urt. v. 15. November 1990 - 19 U 3483/90 juris Tz. 7)"." [Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.06.2010 - II ZR 219/09]

"Der Beklagte kann sich allerdings nicht auf die Herausgabe bzw. Nennung der Namen der Mitglieder - unter Schwärzung ihrer Adressen - beschränken. Denn durch die Mitteilung der Anschriften soll das die Einsichtnahme begehrende Mitglied gerade in die Lage versetzt werden, sich mit anderen Mitgliedern in Verbindung setzen zu können, um das für die Beantragung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung erforderliche Stimmenquorum zu erreichen. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte mitgeteilt hat, dass einige seiner Mitglieder nicht die Herausgabe bzw. Mitteilung an die Kläger wünschten. Denn allein die lediglich hypothetische Möglichkeit des Missbrauchs der Einsicht in die Liste der Mitglieder beeinträchtigt nicht schon deren Belange; hinzutreten muss vielmehr, dass in der Person der Anspruchsteller konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die durch die Einsicht in die Mitgliederliste offenbarten personenbezogenen Daten für vereinsexterne Zwecke missbraucht werden könnten." [Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 30.07.2014 - 8 U 10/14]

"Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht ein berechtigtes Interesse an der Mitgliederliste auch im Hinblick auf die geplante Kandidatur des Geschäftsführers der Klägerin für den Aufsichtsrat des Beklagten bejaht. Dieses Interesse ist entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb zu verneinen, weil der Geschäftsführer der Klägerin sein Desinteresse an einer Kandidatur dadurch dokumentiert habe, dass er sich in der Mitgliederversammlung am 4. Juli 2011 nicht zur Wahl für den Aufsichtsrat gestellt habe, obwohl dies nach § 15 Abs. 4 der Satzung möglich gewesen sei. Die Revision verkennt, dass eine solche Kandidatur ohne vorherige vereinsinterne Wahlwerbung aussichtslos ist (vgl. OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677, 678). Eine erfolgversprechende Wahlwerbung vor der Abstimmung in der Mitgliederversammlung kann der Geschäftsführer der Klägerin aber nur betreiben, wenn er die Namen und die Anschriften der anderen Vereinsmitglieder kennt." [Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.04.2013 - II ZR 161/11]

"Der Senat verkennt hierbei nicht, dass anwaltliche Vertreter von Anlegern die aus Auskunftsverfahren der vorliegenden Art gewonnenen Erkenntnisse zur Kontaktaufnahme mit bislang unbekannten Anlegern nutzen können. Allein dadurch wird jedoch nicht die konkrete Gefahr eines Datenmissbrauchs begründet. Erfolgt die Kontaktaufnahme etwa im Auftrag des obsiegenden Auskunftsklägers, scheidet ein Missbrauch bereits dann aus, wenn ein Kläger den Kontakt deshalb sucht, um sich mit den anderen Anlegern über aus seiner Sicht hinsichtlich der Gesellschaft bestehende Probleme auszutauschen. Ebenso wenig ist es bedenklich, wenn ein Klägeranwalt im Auftrag seines Mandanten durch die Kontaktaufnahme mit anderen Anlegern z.B. versucht, eine Interessengemeinschaft unter den Anlegern zu organisieren. Nutzt der Anwalt eines (erfolgreich) auf Auskunft klagenden Anlegers dagegen die Daten eigenmächtig, d.h. ohne eine dahingehende Beauftragung durch den Anleger im Rahmen der Verfolgung von dessen Interessen, zur Werbung um konkrete Mandate, liegt darin zwar ein Missbrauch der Daten. Dieser kann aber zum einen nicht dem klagenden Anleger als eigener Missbrauch angelastet werden, sofern er nicht mit dem missbräuchlich Handelnden kollusiv zusammenwirkt. Zum anderen sind in diesem Fall berufsrechtliche (durch Einschaltung der Aufsicht der Rechtsanwaltskammern), wettbewerbsrechtliche (vgl. hierzu OLG München, GRUR-RR 2012, 163; OLG Köln, BeckRS 2013, 01363; allgemein Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 11.96; siehe auch AG Weilheim, NJW 2013, 243) und datenschutzrechtliche (siehe hierzu Paul, GWR 2011, 225, 230) Rechtsbehelfe gegeben, um gegen ein derartiges missbräuchliches Verhalten eines Anwalts vorzugehen. Ein Anlass, wegen der (bloß abstrakten) Gefahr des Missbrauchs der Daten durch seinen Anwalt dem klagenden Anleger die Auskunft zu verweigern, besteht in diesen Fällen nicht." [Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.02.2013 - II ZR 134/11]

Die plausible Darstellung der Judikatur des sich aus der Mitgliedschaft bei einem Verein ergebenden Rechts auf Mitwirkung an der vereinsrechtlichen Willensbildung als nicht nachvollziehbar zu erklären, kann damit als durchschaubarer und hoffentlich vergeblicher Versuch gewertet werden, den sich wehrenden Mitgliedern die Schuld an der vereinsinternen Misere zuzuschieben.   

Samstag, 7. März 2015

Hannover 96 gegen Bayern München

Wenn es schon im Stadion nicht läuft, sollte wenigstens außerhalb der Arena für Stimmung unter den Fans gesorgt werden. Deshalb wurden wohl auch gegen Inhaber von Karten für das Spiel Hannover 96 gegen Bayern München Abmahnungen durch die Anwaltskanzlei Becker & Haumann aus Dortmund gegen Fans ausgesprochen, die ihre Tickets auf ebay angeboten haben.  

Vor dem schweren Spiel gegen die Bayern hat es aber auch andere Post gegeben, allerdings von der Klubführung selbst. In einem offenen Brief von Hannover 96 an seine Fans heißt es dort: "Wir haben verstanden!" An dieser Behauptung bestehen Zweifel, insbesondere von Leuten, die in letzter Zeit durch die Rechtsanwaltskanzlei Becker & Haumann abgemahnt wurden. Sie hätten sich statt einer Abmahnung durch einen Rechtsanwalt vielmehr folgendes Schreiben von Hannover 96 gewünscht:

Liebe Fans und Freunde von Hannover 96,
wir haben verstanden!

Wir haben uns durch Abmahnungen an private ebay-Verkäufer ein Stück weit vom Wesentlichen abbringen lassen. Von unserem Weg, von unseren Zielen, von unserer Leidenschaft.

Und auch das ist eben so: Wir haben die Situation, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat und die ganz sicher niemand so haben wollte, unterschätzt und uns vom Recht des Stärkeren treiben lassen. Wir als Klub hätten uns eher zu Wort melden müssen - und nicht durch Abmahnungen von Rechtsanwälten. Ohne Wenn und Aber. Aus purer Überzeugung haben wir strafbewehrte Unterlassungserklärungen verlangen lassen. So geht es nicht weiter.

Es sollte nicht mehr um Abmahnungen aus der Vergangenheit gehen. Auch nicht um die Honorarinteressen einzelner Anwälte. Wir alle sollten einmal tief Luft holen und uns überlegen, worum es geht: Um das Gefühl der Fans. Um Arbeitnehmer, die Bundesligakarten kaufen um einen Klub zu sehen, der kurz vor der Insolvenz gestanden hat und dann von der Regionalliga bis in die Bundesliga aufgestiegen ist. Um Familien, um Gruppen, um Einzelne, um Freundeskreise, die Karten kaufen und diese manchmal auch ohne Unrechtsbewusstsein mit geringem Gewinn oder auch mit Verlust verkaufen. Auch sie wollen sich nach mehr als zehn Jahren in Zukunft auf das Wochenende und Hannover 96 in der 1. Bundesliga freuen und sich nicht während der Woche mit Anwaltsschreiben auseinandersetzen.

Wir sind nicht blauäugig. Klar, die Stimmung wird sich nicht kurzfristig ändern, nur weil wir das Abmahnen von Fans durch Anwälte sein lassen - aber es geht um mehr als das. Wir sind sicher, dass dieser Klub, diese Stadt und diese Mannschaft so viel wert sind, dass auch private Ticketverkäufe über ebay die Stimmung der Fans in der HDI Arena nicht trüben können. Denn was sind schon einige private Ticketverkäufe im Gegensatz zum gewerblichen Tickethandel?

Von Abmahnungen gegen unsere Anhänger werden wir in Zukunft absehen und diese wieder unterstützen. Hand drauf! Zudem freuen wir uns tatsächlich auf das Spiel gegen Bayern München. Wir wissen auch, dass viele unserer Fans in Sorge sind, was das Ergebnis am Samstag angeht - aber es gibt wirklich Schlimmeres, als sich mit dem besten Verein der Welt vor ausverkauftem Haus in einem Punktspiel messen zu dürfen.

Viele Traditionsvereine die in der Bundesliga spielen, mahnen private Ticketverkäufe ab, obwohl die Sicherheit in den Stadien durch solche Verkäufe gar nicht berührt wird. Viele würden gerne mit uns tauschen und in Zukunft nicht die eigenen Fans abmahnen. Denn wir sind in Zukunft nicht mehr dabei. Und wir werden uns in Zukunft gegen den gewerblichen Tickethandel stellen. Niemals allein. Wir gehen Hand in Hand!

Los jetzt - packen wir es alle gemeinsam an!

Montag, 23. Februar 2015

Abmahnung durch Hannover 96

Die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, Robert-Enke-Straße 1 in 30169 Hannover, will als alleiniger Veranstalter für Fußballspiele von Hannover 96 in der HDI Arena den unkontrollierten Handel zum Schutz der eigenen Fans bekämpfen. So lautet jedenfalls die Behauptung in einer Abmahnung der Rechtsanwälte aus der Kanzlei BECKER & HAUMANN aus der Kaiserstraße 21-23, direkt gegenüber dem Landgericht Dortmund.

Nur durch die Unterbindung des unkontrollierten Tickethandels sei es möglich, rivalisierende Fangruppen zu trennen oder Gewalttätigkeiten in den Stadien durch Hooligans zu verhindern. Bei einem anonymen Verkauf über ebay oder Ticketbörsen sei eine solche Kontrolle nicht mehr möglich. Zu diesem Zwecke habe der Ligaverband (DFL) im Jahr 2014 neun "Fairplay"-Regeln für den offiziellen Ticket-Zweitmarkt beschlossen:

1. Angebot eines serviceorientierten "Offiziellen Ticket-Zweitmarkts"
2. Eine stabile und faire Preispolitik.
3. Bekämpfung des Schwarzmarkts.
4. Keine Profitmaximierung.
5. Der Ticketpreis entspricht maximal dem Originalpreis für Einzeltickets.
6. Die Servicegebühr für den Tickettausch beträgt max. 15 % pro Bestellung.
7. Die Versandgebühren sind marktüblich gestaltet.
8. Die Clubs garantieren die Sicherheit des Angebotes und der Tickets.
9. Sensibler Umgang mit persönlichen Daten der Fans und die Garantie der Einhaltung aller         gesetzlichen Vorschriften zum Datenschutz.

Weil beim Angebot der Hannover 96-Tickets über eBay die ATGB nicht abgebildet wurden, ein Preisaufschlag von über 10% verlangt wurde und die unautorisierte Abbildung des Sitzplans der HDI-Arena verwendet wurde, sei eBay-International dazu verpflichtet gewesen, die zum streitgegenständlichen Anbieternamen hinterlegten Kontaktdaten bekannt zu geben. Infolgedessen konnte der Anbietername konkret zugeordnet werden.

Die aus Filesharing-Abmahnungen bekannte Argumentation, dass im Falle einer vergleichsweisen Erledigung des Gegenstands der Abmahnung nur ein Streitwert in Höhe von 2.500,00 EUR für die Anwaltskosten zu Grunde gelegt werde und der abgemahnte Sachverhalt durch Zahlung eines Schadenersatzbetrags in Höhe von weiteren 250,00 EUR erledigt sei, widerspricht ein wenig den abschließenden Formulierungen der Abmahnung, wonach Hannover 96 besonderen Wert auf den Dialog mit seinen Anhängern und Kunden lege, die mit dem Verein in aller Regel emotional eng verbunden seien.

Es erscheint zumindest fraglich, ob die Wertschätzung eines Dialogs mit der kostenpflichtigen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt ihren angemessenen Ausdruck findet. Einen gefühlvollen Dialog mit einer anwaltlichen Abmahnung einzuleiten scheint eine besondere Spezialität der Kanzlei BECKER & HAUMANN zu sein.

Freitag, 4. April 2014

Niedersachsenderby - Hannover 96 zur Ticketherausgabe gezwungen

"Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller für das Bundesligaauswärtsspiel der Profimannschaft von Hannover 96 am 06.04.2014 bei Eintracht Braunschweig eine seinem Vertrag entsprechende Eintrittskarte der Kategorie "Stehplatz ermäßigt" im Eintracht-Stadion in Braunschweig zu übergeben, und zwar ohne dass der Antragsteller verpflichtet wird, den durch die Antragsgegnerin bereitgestellten Bustransfer zu dem Spiel zu nutzen."

Mit diesem Tenor zum Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 04.04.2014 zum Az.: 406 C 3516/14 ist die Einigung zwischen Hannover 96, dem Niedersächsischen Innenministerium, der Polizei und dem gastgebenden Club Eintracht Braunschweig auf einen Derby-Zwangstransport für den Auswärtsdauerkarteninhaber, der sich mit einer einstweiligen Verfügung gegen diese Regelung gewehrt hatte, vom Tisch.

Jeder 96-Fan, der über Hannover 96 eines der für Hannoveraner reservierten Auswärtstickets erwerben wollte, sollte dies nur in Verbindung mit einem organisierten Bustransport tun können. Der Beschluss wurde bereits per Gerichtsvollzieher zugestellt und die Karte für das Spiel herausgegeben. Nach Aussagen des Präsidenten von Hannover 96 werden Auswärtsdauerkarten in der nächsten Saison deshalb mit 99%iger Sicherheit nicht mehr angeboten. Selbst schuld ihr bösen Fans, was besteht Ihr auch auf die Einhaltung einer vertraglichen Regelung.

Montag, 31. März 2014

Hannover - Zwangstransport zum Derby bleibt

Weil Hannover 96 den Verfügungsklägern im Streit über die 96-Auswärtsdauerkarten für das Niedersachsen-Derby zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 am 06. April 2014 drei Ehrenkarten ohne Verpflichtung zur Anreise im Bus auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Hannover hinterlegt hat, hat sich nach Ansicht des Amtsgerichts Hannover das Eilbedürfnis für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung erledigt. Eine Sachentscheidung wird es nicht geben.

Die Verfügungskläger können nun ohne den Zwang zum Bustransport zum Derby fahren und das Gericht wird über die Verfahrenskosten zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Mit diesem Schachzug hat Hannover 96 grundsätzliche Worte des Gerichts zum Buszwang vermieden und die übrigen Fans, die eines der 2100 Auswärtstickets über 96 in Anspruch nehmen möchten, können dies weiterhin nur in Verbindung mit einer Busfahrkarte zwecks kontrollierter Anreise tun.

Wenn das Gericht im Rahmen der Kostenentscheidung später zu dem Ergebnis kommt, dass Hannover 96 die Verfahrenskosten wegen der Rechtswidrigkeit des Zwangstransports tragen muss, ist das Derby nebst Ticketvergabe natürlich längst zu den Bedingungen des Bundesligaclubs gelaufen.  

Donnerstag, 27. März 2014

Hannover - Zwangstransport für böse Buben

Die Angst vor Krawallen beim Niedersachsen-Derby zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 am 06. April 2014 treibt die Verantwortlichen zu rechtswidrigen Absprachen bei der Kartenvergabe. Jeder Normalfan, der über Hannover 96 eines der 2100 Auswärtstickets erwerben möchte, soll dies nur in Verbindung mit einer Busfahrkarte für einen überwachten Transport tun können. Die Tickets werden erst im Bus verteilt. Das gilt auch für die Inhaber der von Hannover 96 zur Saison 13/14 erstmals verkauften Auswärtsdauerkarten.

Ein kurzer Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Erwerb der Auswärtsdauerkarte 2013/2014 zeigt, dass die Einigung zwischen Hannover 96, dem Niedersächsischen Innenministerium, der Polizei und dem gastgebenden Club Eintracht Braunschweig zum Zwangstransport jedenfalls im Hinblick auf Auswärtsdauerkarten eine rechtswidrige Seifenblase ist, die der Kollege Dr. Andreas Hüttl nach Informationen des SPIEGEL vor dem Amtsgericht Hannover platzen lassen wird.

Ein erboster Fan beschreibt seine Situation des ihm aufgenötigten Anreisemodus wie folgt: "So wie es bei mir aussieht muss ich von Augsburg (aktueller Wohnort, ICE) - Hannover (wegen der Busfahrt) - aBSchaum (Spiel) - Hannover (Busfahrt zurück) - aBschaum (Zugfahrt) - Salzgitter (Auto), damit ich zu meinen Eltern fahren kann, wo ich dann eine Nacht da schlafen kann."

Der Fan als lästiges Detail im wirtschaftlich orientierten Fußballunternehmen? Nicht ganz - der Zwang zur Anreise im Bus gilt natürlich nicht für die Inhaber von VIP-Tickets.

Dienstag, 5. November 2013

Stadt mit dem verbotenen Namen

Das wichtigste Niedersachsen-Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig und das erste Bundesliga-Derby beider Vereine seit 1976 findet nach dem Aufstieg der Eintracht am kommenden Freitag statt und wirft seine Schatten schon lange voraus. Das Spiel findet auf Antrag beider Vereine nicht am Todestag von Ex-Nationaltorhüter Robert Enke (10. November) statt und für das Heimspiel der Roten gegen Eintracht Braunschweig wurden nur 47 200 Tickets für 49 000 verfügbare Plätze verkauft, um vier freie Blöcke als Pufferzonen zwischen Fangruppen und "neutralen" Zuschauern zu errichten. Fans von Hannover 96 kontrollieren nachts den Bereich ums Stadion, um Braunschweiger Farbangriffe auf das Stadion zu verhindern und ein Mitarbeiter der Stadt Hannover ließ sich durch die Derby-Stimmung zu einem Verwaltungshandeln hinreißen, auf das die Stadt mit einem Disziplinarverfahren reagiert hat. In der Wegbeschreibung einer Genehmigung für einen Fanmarsch von Anhängern der Hannover Scorpions zum Eisstadion am Pferdeturm wurde ein Halt am Braunschweiger Platz als „Zwischenstopp am Platz der verbotenen Stadt“ bezeichnet.

Freitag, 25. Januar 2013

Hannover 96 verbietet Zeichenfolge ACAB per Stadionordnung

Hannover 96-Präsident Martin Kind will auf Anregung der Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen mittels ausdrücklicher Aufnahme des Kürzels ACAB, welches in der Regel für die Abkürzung des englischen Slogans „ALL COPS ARE BASTARDS“ verwendet wird, in die Stadionordnung dafür sorgen, dass Polizisten im Niedersachsenstadion durch Wahrnehmung dieses Kürzels nicht beleidigt werden.

Nach § 4 dieses Regelwerks sind verbale Äußerungen, Parolen oder Fangesänge sowie entsprechende Gesten und Symbole, die nach Art oder Inhalt geeignet sind, Dritte aufgrund von Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung zu diffamieren oder die als Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen eingestuft sind oder diesen zum Verwechseln ähnlich sehen, verboten. Dazu gehören auch Kleidungsstücke, deren Herstellung, Vertrieb oder Zielgruppe nach allgemein anerkannter Auffassung einen rechtsextremen Bezug dokumentieren.

Während sich bundesdeutsche Strafrichter mit der Einordnung der Buchstabenkombination ACAB als beleidigend noch schwer tun, hat Hannover 96 keine vergleichbaren Schwierigkeiten und will über die Stadionordnung eine umstrittene Rechtsfrage für sich selbst regeln. Ob Meinungsäußerung oder Beleidigung soll für 96 jedenfalls zweitrangig sein.

Das Landgericht Karlsruhe hatte in seinem Urteil vom 08.12.2011 zum Aktenzeichen: 11 Ns 410 Js 5815/11 noch zu Bendenken gegeben, dass es ist mit der Meinungsfreiheit des Artikel 5 Grundgesetzes unvereinbar sei, wenn sich ein Gericht nicht hinreichend vergewissert, dass die mit Strafe belegten Äusserungen den ihnen beigemessenen kränkenden Sinn auch wirklich hätten. Vielmehr müssen der sprachliche Zusammenhang und die außertextlichen Begleitumstände des konkreten Einzelfalls, soweit diese für die Adressaten der Äußerung wahrnehmbar waren, berücksichtigt werden.

Weil sich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Äußerung des Angeklagten, der lediglich einen Buchstaben der Zeichenfolge im Stadion hochgehalten hatte, nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen liess, dass der Angeklagte seine Aussage “All cops are bastards” konkret auf die im Stadion anwesenden Polizeibeamten bezog und er diese dadurch in ihrer Ehre herabsetzen wollte, wurde der Fussbalfan freigesprochen. 

Gegen diese Auffassung hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe durch Urteil vom 19.07.2012 zum Aktenzeichen - 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12 - Bedenken geäußert: “Bei der Bewertung der Buchstabenkombination "A.C.A.B.", die nach allgemeinem Erfahrungswissen die Abkürzung für die englischsprachige Parole "all cops are bastards" sei, liege es wegen der darin liegenden abwertenden Kennzeichnung einer Person als Bastard allerdings nahe, der Bezeichnung grundsätzlich beleidigenden Charakter im Sinne des § 185 StGB beizumessen; ebenso liege es nahe, dieses Werturteil auf die bei dem verfahrensgegenständlichen Spiel eingesetzten Polizeibeamten und damit einen umgrenzten, grundsätzlich beleidigungsfähigen Personenkreis zu beziehen. Zudem könne bei der Beurteilung, ob es sich bei der Äußerung "A.C.A.B." nach Wortsinn und bestimmenden Begleitumständen um eine vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckte und damit nicht strafbare Kritik handle, berücksichtigt werden, dass die pauschal verunglimpfende Bezeichnung von Polizeibeamten als "Bastarde" ihrer sprachlichen Fassung nach – anders als etwa die Bezeichnung von bei einer Demonstration eingesetzten Polizeikräften als "Schlägertruppe" oder von bei einer Verkehrskontrolle eingesetzten Polizeibeamten als "Wegelagerer" – in keinem auch nur ansatzweise erkennbaren sachlichen Bezug zum Beruf des Polizisten als solchem, zur polizeilichen Tätigkeit im allgemeinen oder zum Verhalten von Polizeikräften speziell bei Einsätzen im Zusammenhang mit Großveranstaltungen wie Demonstrationen oder Fußballspielen stehe.“

Ob an den Einlasskontrollen im hannoverschen Stadion auch solchen Zuschauern der Eintritt verweigert werden soll, welche lediglich einzelne Bestandteile der Zeichenfolge ACAB, also etwa einzelne Buchstaben auf Transparenten oder Kleidungsstücken, mit sich führen, ist derzeit noch nicht bekannt.

Sonntag, 16. September 2012

Ein Massenmörder in der Bundesliga

Tödliche Pässe, Freistoßgranaten und Elfmeter-Killer verprechen den Zuschauern in der Fußball-Bundesliga eine Mordsgaudi und den Vereinen einen Riesenreibach. Totenschädel auf den Trikots von Fortuna Düsseldorf haben Tradition und die für die FC St. Pauli Vermarktungs GmbH & Co. KG ebenfalls vom Jolly Roger (Piratenflagge) abgeleitete Totenkopffahne ist eine beim Deutschen Paten- und Markenamt unter der Registernummer 39610901 eingetragene Marke

Störend wirkt es dagegen, wenn Fans das martialische Vokabular des Kicker-Kosmos aufgreifen und eine Fahne basteln, um ihre Interpretation des Totenkults im Fussballsport umzusetzen. So geschehen in Hannover, als 96-Fans im Heimspiel gegen Schalke 04 eine Fahne mit dem Konterfei des Serienkillers Friedrich Heinrich Karl Haarmann in die Höhe reckten. Ein Massenmörder, der 1879 in Hannover geboren und 1925 wegen 24-fachen Mordes im Gerichtsgefängnis hinter dem Hauptbahnhof geköpft wurde. Er soll seine Opfer gar zu Wurst verarbeitet haben.

Die Akzeptanz der öffentlichen Zuneigung zu Schwerverbrechern braucht seine Zeit und die ist in Hannover einfach noch nicht reif, meint jedenfalls der Präsident von Hannover 96, Martin Kind: „Geht gar nicht – und ist verboten. Wir werden alles tun, was wir machen können, damit die Fahne Samstag gegen Werder nicht im Stadion ist.“

Nach § 4 Abs. 1 der Stadionordnung sind jedoch nur verbale Äußerungen, Parolen oder Fangesänge sowie entsprechende Gesten und Symbole, die nach Art oder Inhalt geeignet sind, Dritte insbesondere aufgrund von Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung zu diffamieren oder die als Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen eingestuft sind oder diesen zum Verwechseln ähnlich sehen, verboten. Das passt nicht.

Vielleicht ein kleiner Kunstgriff? Weil nach § 4 Abs. 3 h) der Stadionordnung auch das Mitführen von werbenden oder kommerziellen Gegenstände untersagt ist und sich das Motiv der Fan-Fahne als Werbung für ein vergleichbares Fritz Haarmann-T-Shirt einordnen läßt, muss der Scherenschnitt des enthaupteten Totmachers draussen bleiben. Zur Not hilft auch die Generalklausel des § 3 der Stadionverordung, wenn andere Personen mehr als nach den Umständen unvermeidbar belästigt werden.

Solange also Hannover Fritz Haarmann kein Denkmal setzt, wie es Hamburg für den - gleichfalls, nur eben viel früher - geköpften Piraten Klaus Störtebeker verantworten konnte, wird einer der berühmtesten Söhne der niedersächsischen Landeshauptstadt auch als Motiv auf einer Fahne im hannoverschen Stadion nicht willkommen sein. Bleibt zu hoffen, dass die Fans nicht auf die Idee kommen, bei Gelegenheit gar das Haarmann-Lied anzustimmen:

„Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen,
macht er Hackefleisch aus dir.
Aus den Augen macht er Sülze,
aus dem Hintern macht er Speck,
aus den Därmen macht er Würste
und den Rest, den schmeißt er weg.“

Dienstag, 24. Januar 2012

Fußball-Bundesliga: EUR 2.500,- Vertragsstrafe bei Kartenverkauf über Ebay

Wer sich zufällig der Rückseite einer Eintrittskarte von Hannover 96 nähert, könnte auf Formulierungen stossen, die so gar nicht ins Bild einer innigen Verbundenheit zwischen Fan und Verein und des Verbraucherschutzes des 21. Jahrhunderts passen: "Der Weiterverkauf ist nicht gestattet. Ein Umtausch der Karte ist ausgeschlossen." Also entweder mit Blinddarmentzündung in die Nordkurve oder die OP-Schwester beschenken? Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Heimspiele von Hannover 96 sind nicht ganz so streng: "Dem Ticketinhaber ist es insbesondere untersagt, im Rahmen einer privaten Weitergabe die Tickets zu einem höheren Preis als den, der auf den Tickets angegeben ist, zu veräußern". Die Geschäftsbedingungen passen natürlich nicht auf die Karte und hängen auch nicht in den städtischen Krankenhäusern aus. Der Fachmann würde die Diskrepanz zwischen Kartentext und Geschäftsbedingung sofort als wettbewerbswidrig erkennen. Das nützt dem erkrankten Fan freilich nichts, lediglich die OP-Schwester freut sich.

Im übrigen enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Heimspiele von Hannover 96 noch andere Überraschungen, wie die bereits in der Überschrift erwähnte Vertragsstrafe bis zu EUR 2.500,- bei Verkauf mit Gewinn. Die Eintrittskarte wird ungültig und dem Karteninhaber kann ohne Entschädigung der Zutritt zum Stadion verweigert werden. Ausserdem drohen der Ausschluss vom zukünftigen Kartenkauf und ein Stadionverbot. Ein "tödlicher" Fehler im Sinne der Bedingungen wäre es auch, seine Karte über Ebay zum Verkauf anzubieten.

Das darf doch nicht wahr sein, denkt man beim Lesen der Vorschriften, die Hannover 96 dem treuen Fan beim Kartenerwerb macht. Darf es auch nicht: "Die Zulässigkeit des Weiterverkaufs von Eintrittskarten zu Spielen der Fußball-Bundesliga" habe ich deshalb etwas genauer betrachtet.