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Sonntag, 16. September 2018

Facebook Sperrung und Löschung rechtswidrig

Mit zwei bemerkenswerten Entscheidungen haben das Landgericht Frankfurt und das Oberlandesgericht München der Ohnmacht der Facebook-Nutzer gegen die Löschung von Kommentaren und Sperrungen von Facebook-Profilen ein Ende gesetzt.

Beiden Entscheidungen ist gemein, dass sich Facebook-Nutzer erfolgreich gegen die Löschung von Kommentaren und die anschließende Sperrung ihrer Facebook-Profile durch Facebook gewehrt hatten. Die Gerichte hatten erkannt, dass jeder Nutzer mit Facebook einen Vertrag hat, in dessen Rahmen beide Seiten zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet sind, § 241 Abs. 2 BGB.

Im Rahmen dieses gegenseitigen Rücksichtnahmegebots habe Facebook dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Rechnung zu tragen und dürfe keine Kommentare löschen, die vom Recht der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Das Landgericht Frankfurt hatte mit Beschluss vom 14.05.2018 zum Az.: 2-03 O 182/18 ausgeführt, dass ein Nutzer verlangen kann, dass Facebook die Löschung und Sperrung einer Äußerung unterlässt, wenn die Meinungsfreiheit eine Löschung und Sperrung aufgrund dieser Äußerung nicht rechtfertigt.

Das Oberlandesgericht München hatte mit Beschluss vom 24.08.2018 zum Aktenzeichen 18 W 1294/18 entschieden, dass eine im Streit stehende Äußerung offensichtlich nicht als „direkter Angriff auf Personen wegen ihrer Rasse, Ethnizität, nationalen Herkunft, religiösen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder aufgrund von Behinderungen oder Krankheiten“ und damit als „Hassbotschaft“ im Sinne der Definition von Facebook in ihrem Regelwerk gewertet werden durfte, sondern Teil einer persönlichen Auseinandersetzung mit einer individuellen Kritikerin sei, die vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt ist. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit beschränke sich nicht nur auf das Recht, sich zu aktuellen Ereignissen zu äußern, weshalb es rechtswidrig sei, die Löschung einer streitgegenständlichen Äußerung zu einer auf der Facebook-Seite von "Spiegel-Online" geführten Debatte zu Grenzkontrollen vorzunehmen und die Teilnehmerin auf diese Weise aus der konkreten politischen Debatte auszuschließen.

Beide Entscheidungen haben wegen der gewachsenen Bedeutung der Teilhabe jedes einzelnen Bürgers an an der politischen Diskussion im Internet einen hohen Stellenwert beim Schutz der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit, obwohl es sich bei beiden Entscheidungen jeweils nur um eine einstweilige Verfügung handelt. Mit der Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes hatte die Bundesregierung noch versucht, die im Internet mit harten Bandagen geführte Diskussion um aktuelle politische Inhalte zu knebeln, in dem sie Online-Netzwerke wie Facebook verpflichtete, "offenkundig strafbare Inhalte" unter Androhung von Ordnungsgeldern von bis zu 50 Millionen Euro binnen 24 Stunden nach einem Hinweis auf deren Rechtswidrigkeit zu löschen. Wie geplant wurden von Diensten wie Facebook natürlich nicht nur rechtsverletzende Beiträge gelöscht, sondern im Zweifel auch kritische aber nicht rechtsverletzende Beiträge der Zensur unterworfen, um drohende Geldbußen jedenfalls zu vermeiden.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz war bislang ein recht erfolgreiches Werkzeug dafür, durch die Androhung hoher Bußgelder eine Überregulierung der Meinungsvielfalt durchzusetzen, die im Zweifelsfall auch Beiträge löscht, welche tatsächlich von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Die Beschlüsse der Gerichte aus Frankfurt und München geben den Facebook-Nutzern damit nicht nur ein taugliches Werkzeug in die Hand, gegen ungerechtfertigte Löschungen und Sperrungen vorzugehen, sondern entziehen sozialen Netzwerken wie Facebook damit auch die Hoheit über die Ermittelung der Grenzen der Meinungsfreiheit und legen diese zurück in die Hände dafür ausgebildeter Volljuristen bei den Gerichten. Wer seine persönliche Meinung gegenüber Facebook und meinungsfressenden Denunzianten wirksam verteidigen möchte, hat dafür seit kurzem sogar obergerichtliche Rückendeckung.

Donnerstag, 23. September 2010

Der böhse Onkel wird gegrillt - das schöne N-Engelchen brav chillt


Morgen ist es soweit, Kevin Russell, ehemaliger Sänger der im Jahre 2005 aufgelösten Rockband "Böhse Onkelz", wird der der IV. Großen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main überantwortet. Das Gericht wird über die Anklage der Staatsanwaltschaft verhandeln, die dem 46-jährigen Iren fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung, fahrlässige Körperverletzung, Unfallflucht sowie Täuschung über den Verdächtigen einer Straftat vorwirft.

Nach deren Ermittlungen ist Russell hinreichend verdächtig, in der Silvesternacht 2009 mit einem auf eine andere Person zugelassenen Audi A 8 die Bundesautobahn 66 auf der rechten Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von etwa 230 km/h befahren zu haben, obwohl er unter dem Einfluss von Kokain, Methadon und Diazepam stand und deshalb nicht mehr fahrtüchtig war. Angeblich berührte er einen vor ihm mit ca. 100 km/h fahrenden PKW an der hinteren linken Seite, wodurch beide Fahrzeuge ins Schleudern gerieten und gegen die Leitplanke prallten. Dadurch geriet das andere Fahrzeug in Brand und wurde zerstört. Es entstand ein Sachschaden von EUR 5000,-. Fahrer und Beifahrer erlitten schwere Verletzungen, die längere Krankenhausaufenthalte erforderlich machten. Der Fahrer trug Verbrennungen an mehreren Körperstellen, eine Leberblutung, eine Milzruptur sowie eine Verletzung der linken Niere davon. Dem Beifahrer musste neben erlittenen Verbrennungen eine Hand samt Handgelenk amputiert werden.

Die angeklagten Taten werden im Einzelnen mit folgenden Strafen bedroht. Fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung - Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe; fahrlässige Körperverletzung - Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe; Unfallflucht - Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe; Vortäuschung einer Straftat - Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Wir erinnern uns an ein anderes kürzlich in Hessen verhandeltes Promischicksal. Das schöne N-Engelchen Nadja Benaissa wurde wegen gefährlicher Körperverletzung sowie versuchter gefährlicher Körperverletzung, die mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet werden können, zu lediglich zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Um ihre AIDS-Krankheit wissend, hatte Benaissa einen Mann durch ungeschützten Geschlechtsverkehr angesteckt, ein weiterer Mann hatte Glück und wurde nicht infiziert.

Als strafmildernd sah das Gericht neben ihrem Geständnis die schwierigen Lebensumstände des 28-jährigen Popsternchens an. Ihre Jugend ohne Familie, zwei Jahre im Frankfurter Drogenmilieu und der Glamour der "No Angels" hätten in der Zeit als Jugendliche und Heranwachsende „erhebliche Defizite in der persönlichen Gesamtreife“ bewirkt.

Kevin Russell könnte nach Angaben auf der Website der Band auf ähnliche Boni bei der Strafzumessung verweisen. Allerdings ist er strafrechtlich vorbelastet. Wegen der Alkoholkrankheit der Mutter und der beruflich bedingten Abwesenheit des Vaters zerbrach seine Familie früh. Russell litt als Kind unter Abweisungserlebnissen, was sich später in Gewaltausbrüchen und Autoaggression niederschlug. Nach dem gewaltsamen Tod eines engen Freundes nahm er täglich große Dosen an Kokain und Heroin. Im Jahre 2006 wurde Russell nach einem Drogenexzess in ein künstliches Koma versetzt und überlebte.

Wegen der auch für böse Onkels geltenden Unschuldsvermutung ist es eigentlich noch zu früh, bereits jetzt über Strafzumessungsgründe zu spekulieren. Doch in der Presse sind andere Stimmen zu hören. So vermeldet BILD: "Jetzt ist es amtlich – obwohl er bis zuletzt immer alles feige abstritt! BILD erfuhr: „Böhse Onkelz“-Sänger Kevin Russell ist DER Amok-Fahrer, der auf der A66 den schrecklichen Unfall mit zwei Schwerstverletzten verursachte. Und ein Ermittler: „Nach Aktenlage geht er mit Sicherheit ins Gefängnis...“"

In anderen Medien wird das Verlangen nach "Zivilcourage und Aufrichtigkeit" des Angeklagten laut, der sich nach Auskunft der Frankfurter Staatsanwaltschaft zur Sache noch nicht eingelassen hat. Moralisch wird Russell das Schweigerecht des Angeklagten als Wertentscheidung der Verfassung damit schon im Vorfeld des Prozesses abgesprochen.

Während der verurteilte N-Engel Nadja wieder gerngesehen auf Promi-Events rumbusselt, muss sich der tätowierte Querkopf Kevin daher auf eine härtere Abrechnung einstellen. Schon im Jahre 2000 traf er mit dem Onkelz-Titel "Knast" eine düstere Prognose: "Ich ging zu weit - Von Verzweiflung getrieben - Die Geschichte meines Lebens wird im Knast weitergeschrieben."