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Montag, 31. Dezember 2018

Der Spickzettel im dritten Versuch des zweiten juristischen Staatsexamens

Um Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Richter zu werden, benötigt man nicht nur ein erfolgreich abgeschlossenes Jura-Studium, sondern auch ein ebenso erfolgreich abgeschlossenes Referendariat. Das Studium und anschließend auch das Referendariat werden mit juristischen Staatsprüfungen beendet und entsprechend als erstes und zweites Staatsexamen bezeichnet. Die Durchfallquoten in beiden Examina sind hoch und so kann es passieren, dass man nach 6 Jahren Studium und 2 Jahren Referendariat noch auf der Zielgeraden scheitert. Erst wer seine Klausuren einigermaßen ordentlich abgeliefert hat, wird überhaupt zur mündlichen Prüfung geladen und darf Hoffnungen haben, auch die letzte Hürde zu meistern.

Die psychische Belastung ist natürlich enorm und wird nicht durch den Umstand gemildert, dass jeder Kandidat nur zwei Versuche hat. Höchstens in Ausnahmefällen wird vom zuständigen Justizministerium ein dritter Examensversuch genehmigt. Über einen solchen Kandidaten, der nach zwei vergeblichen Versuchen im zweiten Staatsexamen mit einer Ausnahmegenehmigung im dritten Versuch endlich zur abschließenden mündliche Prüfung geladen wurde, habe ich ein Urteil gefunden, dessen Dramatik wohl nicht nur Juristen nachvollziehen können. Zu Beginn einer mündlichen Prüfung des zweiten Staatsexamens gilt es, einen 20-minütigen Aktenvortrag zu halten, auf den man sich nach Erhalt der entsprechenden Akte eine Stunde lang vorbereiten kann, um der Kommission in freier Rede eine Lösung zu präsentieren. Und in dieser Situation ist einem bedauernswerten Prüfling folgendes passiert, das ich direkt aus dem Urteil zitieren möchte:

"Am 15.11.2006 fand die mündliche Prüfung des Klägers statt. Nachdem dieser den ihm für die Vorbereitung auf den Aktenvortrag zugewiesenen Tisch im Vorbereitungsraum verlassen hatte, wurde von der Aufsicht, die zwei liegengelassene Stifte in das von dem Kläger auf dem Tisch vergessene Federmäppchen zurücklegen wollte, in dem Mäppchen neben 4 Stiften, einem Textmarker, einer Tablette und Bonbons ein ca. 3,8 x 5 cm großer beidseitig handschriftlich beschrifteter gelber Zettel aufgefunden. Auf der einen Seite des Zettels befinden sich mit Bleistift geschriebene Anmerkungen zur Geschäftsführung ohne Auftrag einschließlich der einschlägigen Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Auf der anderen Seite sind mit blauer Schrift einzelne Rechtsbehelfe des 8. Buches der ZPO samt einschlägiger Vorschrift aufgeführt sowie mit Bleistift eingeklammert, wem - Gläubiger (Gl.) oder Schuldner (Sch.) - diese zustehen."

Der Laie ahnt, was der Fachmann schon weiß. Das Prüfungsamt bewertete den Aktenvortrag am Ende mit 0 Punkten, weil ein nicht zugelassenes Hilfsmittel in der Prüfung verwendet wurde und damit endete auch der dritte Durchgang im zweiten Staatsexamen mit einem Fehlschlag. Ein vergessener 3,8 x 5 cm großer Zettel beendete die juristische Laufbahn, die ohne die eigene Nachlässigkeit jedenfalls hätte fortgesetzt werden können, denn der Aktenvortrag war ohne den Täuschungsversuch zunächst mit vier Punkten bewertet worden und hätte damit zu einem Bestehen insgesamt gereicht. Das in bestem Juristendeutsch abgefasste Urteil nach der gegen die Entscheidung des Prüfungsamts gerichteten Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln zum Az.: 6 K 5366/07, lässt erahnen, welche Leiden der gescheiterte Jurist durchleben musste, bevor er sein endgültiges Scheitern schwarz auf weiß übermittelt bekam. Spickzettel-Fans sollten aus dieser Erfahrung lernen, dass nicht nur die Anfertigung und Verwendung eines Spickzettels größte Sorgfalt erfordert, sondern auch der Entsorgung des unerlaubten Hilfsmittels ungetrübte Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Eine ca. 3,8 x 5 cm große Nachspeise aus Papier hätte hier schlimmere Magenschmerzen verhindern können.   

Freitag, 7. November 2014

Verkauf von Prüfungsthemen für das zweite juristische Staatsexamen - Anklageerhebung

Nun wird das Strafverfahren also losgehen gegen den Amtsrichter, der zum Landesjustizprüfungsamt Niedersachsen (Foto) abgeordnet worden ist und daran anschließend Lösungen für Prüfungsarbeiten an Examenskandidaten verkauft haben soll. Die Presseinformation der Staatsanwaltschaft Verden (Aller) Nr. 12/14 vom 07.11.2014 lautet wie folgt:

Am heutigen Freitag hat die Staatsanwaltschaft Verden gegen einen 48-jährigen ehemaligen Mitarbeiter des Niedersächsischen Landesjustizprüfungsamts Anklage wegen Bestechlichkeit im besonders schweren Fall, Verletzung des Dienstgeheimnisses und versuchter Nötigung bei dem Landgericht Lüneburg erhoben. Er soll Prüfungsinhalte für die zweite juristische Staatsprüfung an elf Rechtsreferendare verraten oder ihnen die Weitergabe angeboten haben.

Der aus dem Wendland stammende Angeschuldigte war in Niedersachsen als Richter tätig und seit dem Jahre 2011 Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamts in Celle. Laut der 52‑seitigen Anklageschrift der Zentralstelle für Korruptionsstrafsachen der Staatsanwaltschaft Verden soll er über zwei Jahre bis zum März dieses Jahres allein sechs Referendaren die Inhalte von Prüfungsklausuren oder Vorträgen mit Lösungshinweisen gegen teilweise 5-stellige Bargeldbeträge angeboten haben. Einer der Prüfungskandidaten soll nach Zahlung der vereinbarten Gegenleistung Sachverhaltsdarstellungen und Lösungsskizzen erhalten haben. In fünf weiteren Fällen besteht der Verdacht, dass der Angeschuldigte die Inhalte von Aktenvorträgen, Klausuren und mündlichen Prüfungen oder entsprechende Lösungshinweise dazu Prüfungskandidaten überlassen hat.

Da nicht ermittelt werden konnte, ob und in welchem Umfang Gegenleistungen erfolgt sind, besteht in diesen Fällen lediglich der Verdacht der Verletzung von Dienstgeheimnissen. Der Angeschuldigte soll Prüfungskandidaten, die bereits einmal durch das zweite Staatsexamen durchgefallen waren, von sich aus angesprochen haben. Vier Referendaren, von denen er laut Anklage erhebliche Geldbeträge verlangt hatte, soll er gedroht haben, sie wegen übler Nachrede anzuzeigen, falls diese sein Angebot verraten würden. Da die so Bedrohten aber gegenüber den Ermittlungsbehörden ihr Wissen preisgegeben haben, besteht insofern nur der Verdacht der versuchten Nötigung. Die Referendare, denen der Angeschuldigte tatsächlich Prüfungsinhalte verraten haben soll, waren entweder bereits einmal durch die Prüfung durchgefallen oder wollten sich in einem Wiederholungsversuch verbessern. In einem Fall dürfte allein der Wunsch nach einer besonders guten Prüfungsleistung Auslöser für die Nutzung der illegal erlangten Lösungshinweise gewesen sein.

Der Angeschuldigte befindet sich seit Juni dieses Jahres in Haft in einer deutschen Untersuchungshaftanstalt. Er war aufgrund eines Europäischen Haftbefehls im März 2014 in Mailand von der italienischen Polizei festgenommen und drei Monate später nach Deutschland ausgeliefert worden. Mit der Anklage, die sich nur gegen ihn richtet, werden ihm insgesamt 11 einzelne Straftaten vorgeworfen. Soweit der Verdacht der Bestechung oder der Beihilfe dazu gegen andere Personen besteht, werden die Ermittlungen gesondert fortgeführt. Dies gilt insbesondere für die Referendare, die die Lösungshilfen von dem Angeschuldigten angenommen haben sollen.

Zum Hintergrund: Die Zentralstelle für Korruptionsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Verden ist zuständig für die Verfolgung von Korruptionsstrafsachen, für die die Landgerichte Stade, Verden und Lüneburg örtlich zuständig sind. Der Sitz des Niedersächsischen Landesjustizprüfungsamts ist in Celle und liegt damit im Zuständigkeitsbezirk des Landgerichts Lüneburg.

Zu den Strafvorschriften:

§ 332 Strafgesetzbuch Bestechlichkeit (1) Ein Amtsträger ..., der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar. (2) ... (3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat, 1. bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder, 2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

§ 335 Strafgesetzbuch Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung (1) In besonders schweren Fällen wird 1. eine Tat nach a) § 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, ... mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ... bestraft. (2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn ... 3. der Täter gewerbsmäßig ... handelt, ... .

§ 353b Strafgesetzbuch Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht (1) Wer ein Geheimnis, das ihm als 1. Amtsträger, ... anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 240 Strafgesetzbuch Nötigung (1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. (3) Der Versuch ist strafbar.

Freitag, 25. April 2014

Prüfungsthemen gegen Sex?

Ein anonymes Schreiben an Fraktionschefs im niedersächsischen Landtag behauptet, dass der zum Landesjustizprüfungsamt Niedersachsen abgeordnete Richter, der über Jahre hinweg Rechtsreferendaren Lösungen für Prüfungsaufgaben im Staatsexamen angeboten hatte, dieses auch im Tausch gegen Liebesdienste getan haben soll. Insider halten dies für unwahrscheinlich, weil ein derartiger Tausch für den in Italien mit einer jungen rumänischen Prostituierten und EUR 30.000,- in bar festgesetzten Richter kaum attraktiv gewesen sein dürfte.

Kein Gerücht dagegen ist die Aufstockung des niedersächsischen Antikorruptionsteams von 12 auf 36 kampferprobte Richter und Staatsanwälte, die in drei taktische Einheiten aufgeteilt versuchen sollen, Examensbetrüger zu entlarven. Eine Einheit wird sich mit von der Staatsanwaltschaft übermittelten Verdachtsfällen befassen, eine andere die etwa 200 für den korrupten Richter als besonders attraktiv geltenden Examenswiederholer durchleuchten und ein drittes Team wird auffällige Notensprünge untersuchen.

Wenn die Untersuchungen zu lange dauern, sollen weitere Korruptionsbekämpfungsteams gestellt werden. Über die Auswahlkriterien der Antikorruptionskämpfer im Dienste der niedersächsischen Justiz herrscht weiterhin Unklarheit. Insbesondere ist nicht bekannt, wie eine persönliche Nähe der Sonderprüfer zu den etwa 2000 zu überprüfenden Volljuristen ausgeschlossen werden konnte.

Mittwoch, 2. April 2014

Das grosse Schwitzen beginnt - 2000 juristische Staatsexamina werden überprüft

Wegen der Korruption des zum Landesjustizprüfungsamt Niedersachsen abgeordneten Richters, der über Jahre hinweg Prüfungslösungen an Examenskandidaten verkauft hatte, werden nun etwa 2000 juristische Staatsexamina aus Niedersachsen von zwölf Sonderprüfern auf Unregelmäßigkeiten untersucht, teilte Justizstaatssekretär Wolfgang Scheibel am Mittwoch in Hannover mit. Vom Zeitpunkt des Arbeitsbeginns des auf illegale Nebeneinnahmen spezialisierten Richters im Jahre 2011 werden sämtliche Prüfungsakten durchleuchtet. Wie viele juristische Berufsanfänger sich auf ein Ende ihrer noch jungen Karriere einstellen müssen, ist derzeit noch nicht bekannt. Der geschäftstüchtige Richter wartet seit seiner von der italienischen Polizei in Mailand beendeten Flucht auf die Auslieferung nach Deutschland.

Dienstag, 1. April 2014

Verkauf von Prüfungsthemen für das zweite juristische Staatsexamen

Während die Nebenverdienste deutscher Richter durch Vermarktung der von ihnen verfassten Urteile gestern noch im Zentrum der Kritik standen, liegt der Fokus des Interesses jetzt auf einem zum Landesjustizprüfungsamt Niedersachsen abgeordneten Richter, der über Jahre hinweg Themen an Examenskandidaten verkauft und dafür jeweils mehrere tausend Euro vereinnahmt hat.

Bis nach Mailand ist der korrupte Schwarzkittel noch gekommen, bevor er von der italienischen Polizei festgenommen wurde. Weil dem Justizministerium schon vor einiger Zeit Unregelmäßigkeiten aufgefallen sind und die zuständige Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Korruption informiert hatte, wurde auch das Büro des an das Landesjustizprüfungsamt in Celle abgeordneten Richters durchsucht.

Es ist zu vermuten, dass einige der zahlungskräftigen Rechtsreferendare mit ihrem erkauften Prüfungswissen nicht sorgsam gehaushaltet hatten, um ja keinen Verdacht zu erregen. Natürlich fällt es mittelfristig im Prüfungsamt auf, wenn durchschnittlich begabte Examenskandidaten auf der Zielgeraden mit dem Fachwissen von Spitzenjuristen glänzen oder sich stark angeschlagene Hürdenläufer mit Leichtigkeit ein mittleres "Befriedigend" ergattern.

Am Ende werden sich die masslosen Auftritte im zweiten Staatsexamen weder für den korrupten Richter noch für die mittlerweile als Volljuristen arbeitenden Ex-Referendare gelohnt haben. In einer Berufswelt, in der Rechtsanwälte mit einem "Ausreichend" oft nicht erwünscht sind, ist ein derartiges Vorkommnis allerdings keine echte Überraschung. Also nicht wundern, wenn der ein oder andere Kanzleibriefkopf überraschend umgestaltet wird oder sich Kollegen plötzlich beruflich umorientieren. Einige Schicksale von Volljuristen, die sich auf der sicheren Seite des juristischen Daseins gewähnt haben, werden in naher Zukunft dramatische Wendungen erfahren.  

Mittwoch, 7. März 2012

1. juristisches Staatsexamen: Die erfolgreiche Verwendung unerlaubter Hilfsmittel

Weil ich die Schlagzeilen von jurablogs.com regelmäßig überfliege, erfasst mich stets ein wohliger Schauer beim Anblick von Meldungen aus der Prüfungssphäre juristischer Staatsexamina. Es gibt einige B.l.o.g.s., die sich vornehmlich mit der juristischen Ausbildung befassen und zahlreiche A.r.t.i.k.e.l. vor dem Hintergrund juristischer Prüfungen. Durchfallquoten von 29,5% im zweiten Staatsexamen, Gnadenanträge nach zwei erfolglosen Prüfungsdurchgängen und Selbstverstümmelungen bei Prüfungsangst sind der Stoff, aus dem die Albträume sind, die ich mir ersparen konnte.

Erinnere ich mich schaudernd an die eigene Prüfungssituation, schiebt sich bei mir automatisch und mit Ehrfurcht das Bild eines Kommilitonen vor mein geistiges Auge, der - in der ersten von vier Reihen direkt vor dem Aufsichtstisch sozusagen hilflos ausgeliefert sitzend - vor der Anfertigung einer Klausur genau in dem Moment, als die Aufsichtsperson das Fenster zu Beginn der Prüfung schloss, lässig die vorbereiteten juristischen Schemata aus seiner Jacketinnentasche holte und in die vom Landesjustizprüfungsamt zur Verfügung gestellte Gesetzessammlung einschob.

Nerven wie Stahlseile, denn dieser Augenblick war wirklich die einzige Chance, um sich den Zugriff auf das unerlaubte Hilfsmittel "Die Schemata" während dieser Klausur des ersten juristischen Staatsexamens zu sichern. Für den fachfremden Leser sei angemerkt, dass Gesetzesparagraphen regelmäßig in einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden und bisweilen durch von der Rechtsprechung entwickelte Kriterien, die sich nicht im Gesetz finden, ergänzt werden müssen. Wenn dann juristische Aufbauschemata derart gestaltet werden, dass diese sich von den Blättern der zu Examenszwecken zugelassenen Loseblatt-Gesetzessammlungen äußerlich nicht unterscheiden, können diese während der schriftlichen Prüfung im Examen bei einer Einordnung in die zugelassenen und vom Prüfungsamt zur Verfügung gestellten Loseblatt-Gesetzessammlungen nur sehr schwer entdeckt werden.

In der Endphase meines Studiums waren "Die Schemata" allgemein bekannt und der Trick, deren Lochung zum Rand hin aufzuschneiden, um diese während der Prüfung schnell und unauffällig in die zugelassene Loseblatt-Gesetzessammlung einschieben zu können, war kein Geheimnis. Auch nicht für die juristischen Prüfungsämter der Bundesländer, die bei Prüfungskontrollen dennoch fündig wurden und sich mit Beschwerden an den Verlag wandten, der die zugelassenen Loseblatt-Gesetzessammlungen herausgibt, weil die Ämter die verfassungsmäßig garantierte Chancengleichheit bei Staatsprüfungen verletzt sahen.

Der angesprochene Verlag nahm daraufhin den Herausgeber von "Die Schemata" aus wettbewerbsrechtlichen Erwägungen erfolgreich vor dem Oberlandegericht München auf Unterlassung in Anspruch. Dem Herausgeber der bei Jurastudenten auch im Examen beliebten Orientierungshilfe wurde durch das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 21. August 1997, Az.: 6 U 5813/96, verboten, die juristischen Studienhilfen "Die Schemata" im Format 19,3 cm x 14,8 cm auf weißem Papier, bei denen der Abstand der Lochung mit der des zugelassenen Loseblattwerkes identisch ist, als Loseblattausgabe oder in Leimbindung anzubieten, feilzuhalten oder zu verbreiten.

Denn es sei wettbewerbswidrig, wenn juristische Aufbauschemata derart gestaltet würden, dass diese sich von den Blättern der zu Examenszwecken zugelassenen Loseblatt-Gesetzessammlungen äußerlich nicht unterscheiden und deshalb im Examen bei einer unzulässigen Einordnung in die zugelassenen Loseblatt-Gesetzessammlungen nur schwer entdeckt werden könnten. Damit würden einerseits Täuschungen durch Examenskandidaten gefördert und andererseits der Absatz zugelassener Werke bedroht, weil deren Zulassung durch die Prüfungsämter infolge der Täuschungsgefahr zu Examenszwecken gefährdet sei.

Man darf daran zweifeln, dass das beantragte Verkaufsverbot von "Die Schemata", deren nahtlose Einordnung in jede private Gesetzessammlung nie beanstandet werden konnte und die nur wegen des rechtswidrigen Einsatzes durch Studenten zu Täuschungszwecken in Verruf geriet, tatsächlich gerechtfertigt war. Die prüfungserfahrenen Richter aus München hatten dem Prüfungsspuk seinerzeit jedenfalls eine Grenze gesetzt.

Seit September 2006 sind "Die Schemata" wieder erhältlich. Das Format der beliebten Prüfungshilfe aus dem JSP Verlag ist nunmehr jedoch leicht größer als jenes der zu Prüfungszwecken zugelassenen Loseblatt-Gesetzessammlungen und der nervenstarke Kommilitone von damals ist heute auch als Rechtsanwalt für IT-Recht in Hannover tätig.

Mittwoch, 27. April 2011

Rechtsanwälte mit der Note "ausreichend" in beiden Staatsexamina unerwünscht


In der neusten Kammerkurzmitteilung 4/2011 der Rechtsanwaltskammer Celle werden für das Landgericht Lüneburg Arbeitsgemeinschaftsleiter für die viermal im Jahr beginnende anwaltliche 4. Pflichtstation zur Ausbildung von Rechtsreferendaren gesucht.

Allerdings sollen sich nur Kolleginnen und Kollegen bei der Rechtsanwaltskammer melden, die über mindestens ein Staatsexamen mit der Note „befriedigend“ verfügen.

Da nützen weder Promotion noch Master of Laws, auch drei Fachanwaltstitel helfen hier nicht weiter. Selbst erfolgreiche Kanzleigründer oder die schlauesten Füchse unter den Strafverteidigern müssen draussen bleiben, wenn hier nicht mindestens ein befriedigendes Staatsexamen vorgewiesen werden kann. Schade für die angehenden Kollegen in der Referendarausbildung, denn welcher berufserfahrene Anwalt ohne die geforderte Mindestnote wird denn nach einem solchen Aufruf darum bitten, seine über Jahre erworbenen Fachkenntnisse angehenden Volljuristen vermitteln zu dürfen. Ein "Verblassen" der Examensnoten auch Jahre nach dem Berufseinstieg als Rechtsanwalt scheint es in diesem Fall nicht zu geben.

Der Notenanforderung scheint der Glaube an eine Qualitätssicherung der Ausbildung junger Juristen mittels Examensnote zu Grunde zu liegen, obwohl die Kammer die Bedeutung anwaltlicher Beteiligung am Ende allgemeiner formuliert: "Die Mitarbeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in den Arbeitsgemeinschaften ist ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Juristenausbildung."