Dienstag, 11. September 2012

Penistrillerpfeife und Bundesadler

Der Bundesadler schützt bundesweit. Er gewährt Schutz durch Recht und Gesetz, wahrt anerkannte sittliche Werte und hält seine Schwingen auch durch Urteile und Urkunden über Personen und deren Rechte. Wer des Bundesadlers unwürdig ist, darf ihn nicht führen. Das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland führt den Bundesadler in seiner Standarte, er ist das staatliche Hoheitszeichen Deutschlands und genau deshalb auch wählerisch.

Der Bundesadler hat zur Wahrung der guten Sitten beizutragen. Der Begriff der guten Sitten ist der sittlichen Auffassung und dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zu entnehmen. Er ist wandelbar, sein Inhalt bestimmt sich nach den jeweils geltenden durchschnittlichen sittlichen Anschauungen der in Betracht kommenden beteiligten Kreise. Wer einen beachtlicher Teil des Publikums in seinem Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletzt, kann nicht auf den Schutz des Bundesadlers vertrauen.

So gesehen haben der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und eine Penistrillerpfeife etwas gemeinsam. Auf den Bundesadler müssen beide verzichten. Wulff, weil er am 17. Februar 2012 nach Beantragung der Aufhebung seiner Immunität durch die Staatsanwaltschaft Hannover als Bundespräsident zurückgetreten ist und die Penistrillerpfeife, weil für sie eine Musterurkunde mit dem Bundesadler als Zeichen hoheitlicher Anerkennung durch das Geschmacksmustergesetz nicht ausgestellt werden darf. Jedenfalls für die Penistrillerpfeife hat das Bundespatentgericht per Beschluss zum Az.: 10 W (PAT) 711/99 rechtskräftig festgestellt, sie sei "unanständig".

Sonntag, 9. September 2012

Bettina Wulff und Google

Die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Bettina Wulff, wehrt sich gegen die Verbreitung von rufschädigenden Gerüchten. Personen, die über ein Gerücht mehr wissen möchten, kommen in vielen Fällen auf die Idee, Informationen über dieses Gerücht mit Hilfe der Suchmaschine Google im Internet zu suchen. Google unterbreitet dem Suchenden bei der Eingabe von Suchworten seit einiger Zeit Vorschläge, welche weiteren Begriffe die Suche vervollständigen könnten. Die ergänzenden Vorschläge werden dabei aus den häufigsten Suchanfragen nach dem gleichen Begriff zeitlich vorangehender Nutzer im Rahmen einer sogenannten Autocomplete-Funktion generiert.

Wenn also viele Leute nach einem Namen in Verbindung mit den Schlagworten eines Gerüchts suchen, werden zukünftig Suchenden von Google bei der Suche nach dem gleichen Namen genau die Begriffe als ergänzender Suchvorschlag gemacht, nach denen andere Leute bereits häufig gesucht haben. Derzeit wird der Name "Bettina Wulff" bei Google im Rahmen der Autocomplete-Funktion mit Schlagworten verknüpft, mit denen die Namensträgerin sich nicht in Verbindung gebracht sehen will. Es sind Begriffe, die den Kern der Gerüchte ausmachen, gegen deren Verbreitung sich Frau Wullf bereits anderweitig erfolgreich gewehrt hat.

Das Oberlandesgericht München hatte sich mit Urteil vom 29.09.2011 zum Az.: 29 U 1747/11 bereits mit einem vergleichbaren Fall befasst und eine Haftung von Google für Suchvorschläge, die im Rahmen der automatischen Vervollständigung einer Suchanfrage bedingt durch die Häufigkeit ähnlicher Suchanfragen anderer Nutzer generiert werden, abgelehnt. Nach Ansicht der Münchner Richter würden nämlich nicht eigene Inhalte von Google, sondern lediglich Suchanfragen zeitlich vorangehender Nutzer als fremde Inhalte angezeigt. Für den verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsnutzer der Suchmaschine sei bereits aufgrund des maschinellen Charakters von Google klar, dass lediglich das Ergebnis fremden Suchverhaltens als Resultat eines vollständig automatisierten Vorgangs wiedergegeben werde. Dieser Eindruck würde dadurch gefestigt, dass im Rahmen des Ergänzungsvorschlags lediglich eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von Wörtern angezeigt werde, denen der Durchschnittsnutzer schon deshalb keine inhaltliche Aussage zu einem sinnhaften Ganzen entnehme, weil sich eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten ergäben.

Das kann man natürlich auch anders sehen. Richtig ist zwar, dass sich die ergänzenden Suchvorschläge auf vorangehende Suchanfragen von Dritten zurückführen lassen. Jeder Suchvorschlag ist jedoch das Ergebnis einer Programmierung von Google, welches zweifellos auch innerhalb der Website von Google angezeigt wird. Um einen fremden Inhalt handelt es sich insoweit jedenfalls nicht. Richtig ist auch, dass im Rahmen der Autocomplete-Funktion lediglich Wörter angezeigt werden. Allerdings dürfte sich bei einer Kombination aus Namen und Schlagwort jedenfalls dann eine einzige Deutungsmöglichkeit aufdrängen, wenn das Schlagwort ohne weiteres als Beschreibung des Namensträgers aufgefasst werden kann. Dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Apfel" wird eine andere Bedeutung beigemessen als dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Bardame".

Im Ergebnis unterstützt die Autocomplete-Funktion von Google jedenfalls die Verbreitung von Gerüchten, wenn diese bereits anderweitig erfolgreich gestreut wurden und auch bislang anhnungslos Suchenden wird von Google in einem solchen Fall der Vorschlag gemacht, die gesuchte Person doch einmal unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Es ist deshalb durchaus angebracht, nachzufragen, ob Google die Unterlassung der Verbreitung eines ehrverletzenden Suchvorschlags im Rahmen einer Störerhaftung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB schuldet, vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom: 30.06.2009 zum Az.: VI ZR 210/08.

Denn ebenso wie der Verleger die Quelle einer von einem Presseerzeugnis ausgehenden Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist, kann beim Fernsehen das Sendeunternehmen als "Herr der Sendung" zur Unterlassung verpflichtet sein. Diese Grundsätze gelten auch für den Betreiber einer Website, der insoweit "Herr des Angebots" ist und es ist nicht zu leugnen, dass Google die Suchvorschläge beherrscht und durchaus in der Lage wäre, Schlagworte, die in Kombination mit einem Namen ehrverletzend wirken, jedenfalls nach Hinweis des Betroffenen aus der Vorschlagsliste der Autocomplete-Funktion zu entfernen.

Dienstag, 4. September 2012

"Wenn die Wessis in unserem Stadion jubeln, krieg´ ich das Kotzen"

Wegen dieses Fernseh-Statements von Unioner Christopher Quiring (21) nach dem verlorenen Berliner Derby an der Alten Försterei zwischen dem 1. FC Union Berlin und Hertha BSC (1:2) am vergangenen Montag schrillen die Alarmglocken der gesamtdeutschen Vereinigungsmeierei.

Die unerhörte verbale Auferstehung der Demarkationslinie zwischen den ehemaligen deutschen Staaten durch einen Fußballspieler gehört bestraft, finden nicht Wenige.

Der Ruf nach Spielsperren wird laut, die mediale Erziehung zur Meinungsfeindlichkeit hat gefruchtet. Wo die Zensur fehlt, wird Strafe gefordert. Wo "Scheißmillionäre" die Stadien des geeinten Vaterlands regieren ist eben kein Platz für die Meinungsfreiheit von Fußballspielern, die glauben, ihrer Enttäuschung nach einem verlorenen Spiel durch herkömmliche Abgrenzungen mit dem Gegner Luft machen zu dürfen. Gefordert wird der Spieler mit Eiern in der Hose, dem Herz am richtigen Fleck und der Zunge stets im Zaum. Wie erbärmlich. Eisern Union ist Osten, Hertha ist Westen und wenn die Wessis bei den Ossis gewinnen, dürfen die auch das Kotzen kriegen!

Dienstag, 28. August 2012

Flotter Dreier auf Facebook

Die Mandantin ist erschüttert, denn der jüngst über Facebook gewonnene Liebhaber hatte sich noch vor dem ersten physischen Kontakt als Verräter entpuppt. Das soll nun mit anwaltlicher Hilfe gesühnt werden. Über Wochen hatte die virtuell betrogene Mandantin ein äußerst inniges verbales Verhältnis mit einem graumelierten Mittvierziger von einer Erscheinung, wie ihn die älteren Leser noch aus der Tabakwerbung im Fernsehen in Erinnerung haben. Nur in den ersten ein oder zwei Chat-Sessions unterhielt man sich noch über Beruf, Beziehungen und allerlei Banalitäten des Alltagslebens, bevor man „endlich“ zur Sache kam.

Fortan wurde fast nur noch über intime Vorlieben gesprochen und am Ende einer Session kam es (wohl) häufig zum gemeinsamen aber durch räumliche Distanz gekennzeichneten Orgasmus in dem von Zuckerberg gespendeten Liebesnest. Schließlich gestand die Mandantin während einer fleischlich dominierten Turtelei mehr für ihr virtuelles Gegenüber zu empfinden. Das Wort „Liebe“ soll gefallen sein. Offensichtlich ein Tabubruch, denn unvermittelt sah sich die geständige Chatterin einem Schwall wüster Beleidigungen ausgesetzt, die so gar nicht zu dem pfeiferauchenden Gentleman aus dem ihr mittlerweile auch ans Herz gewachsenen Facebook-Profil passen wollte.

Umgehend und schwer enttäuscht brach sie die Konversation ab und eleminierte auch die so vielversprechend verlaufene Facebook-Freundschaft. Doch bereits am nächsten Tag meldete sich der gerade verflossene Partner mit einer Nachricht und klärte darin die vor den Kopf gestoßene Gespielin auf. Er sei verheiratet und habe zur Auffrischung seiner sexuell nur noch schwach glimmenden ehelichen Beziehung im Einverständnis mit seiner Frau einen Dreierchat auf Facebook initiiert, ohne dabei den außerehelichen Chatpartner einzuweihen. Seine Ehefrau habe sich meistens parallel in sein Konto eingeloggt* und den Chat im Nachbarzimmer über einen eigenen Computer nicht nur verfolgt, sondern sich zwischendurch auch unter seinem Namen an der Konversation beteiligt – und erregt. Dies habe seiner abgekühlten ehelichen Beziehung neue Impulse verliehen und den Geschlechtsverkehr mit seiner Frau wieder zu einer regelmäßigen Institution werden lassen. Das Liebesgeständnis des Vortages habe jedoch eine Überreaktion seiner Frau ausgelöst und zu den derben Beschimpfungen geführt, für die er zwar nichts könne aber sich dennoch entschuldigen möchte.

Die Entschuldigung kam allerdings nicht so an, wie es sich der erfinderische Ehemann erhofft hatte, denn mit der Enthüllung des verheimlichten Dreiers war das Vertrauen endgültig dahin und der Kontakt fortan mit Hilfe einschlägiger Facebook-Einstellungen so weit als möglich blockiert. Der Mandantin ist nun nach Vergeltung im richtigen Leben zu Mute und sie war für den Einwand, dass man auf Facebook noch nicht einmal wisse, mit wem man es tatsächlich zu tun habe, so gar nicht empfänglich.

* Bei Einhaltung der "Erklärung der Rechte und Pflichten" sollte ein solcher Fall eigentlich ausgeschlossen sein: Nr. 4 Registrierung und Sicherheit der Konten, 8. Du wirst dein Passwort (oder deinen geheimen Schlüssel, wenn du ein Entwickler bist) nicht weitergeben, eine andere Person auf dein Konto zugreifen lassen oder anderweitige Handlungen durchführen, die die Sicherheit deines Kontos gefährden können.             

Donnerstag, 23. August 2012

Staatsanwaltschaft Hannover: Gewaltverherrlichender Film einer Nachbarschaftsinitiative?


Die unheilige Sehnsucht nach der Sperrung von missliebigen Inhalten im Internet hat nun auch die kommunalverfassungsrechtlichen Niederungen der Landeshauptstadt Hannover erreicht. Ein von Zwischenrufen besorgter Eltern aufgeschreckter Bezirksbürgermeister bat die Staatsanwaltschaft Hannover einen Film, der von der Nachbarschaftsinitiative Linden-Nord auf youtube hochgeladen wurde, so schnell wie möglich zu sperren, weil sich entsetzte Eltern über die Darstellung und klare "Verharmlosung von Gewalt“ des Films beschwert hätten.

Hintergrund für das Video „Party in Hannover Linden-Nord“ ist der als lästig empfundene Umstand, dass das alkoholaffine Freizeitangebot in diesem Stadteil nicht nur zu nächtlicher Stunde eine beträchtliche Anzahl von sozialromantisch geprägten Oberschülern und feierwütigen Studienabbrechern anzieht, welche den verbliebenen bodenständigen Teil der Einwohner des beschaulichen Viertels durch eine bisweilen als ausufernd zu bezeichnende Freizeitgestaltung um seinen wohlverdienten Erholungsschlaf bringt.

Für die Staatsanwaltschaft Hannover war eine strafrechtliche Relevanz des Kurzfilms jedoch nicht erkennbar, so dass der verstörende Streifen auch zukünftig die labilen Gemüter jugendlicher Betrachter aus dem Gleichgewicht bringen wird, denn es ist nicht zu erwarten, dass die niedersächsische Landesmedienanstalt den an sie weitergeleiteten Ruf nach Zensur des wackeren Ortsvorstehers erhören wird.

Mittwoch, 22. August 2012

Rechtsanwalt "auch zugelassen am OLG Frankfurt" und "gegrillt" vom OLG Köln

Der von einer Kollegin auf Unterlassung vor dem Landgericht Köln verklagte Rechtsanwalt verwendete in seinem Briefpapier oben rechts unter der Angabe seines Namens den deutlich kleiner geschriebenen Zusatz "Rechtsanwalt auch zugel. am OLG Frankfurt". In der Berufungsinstanz war das OLG Köln im Urteil vom 22.06.2012 zum Aktenzeichen 6 U 4/12 - anders als vorab das Landgericht Köln - der Ansicht, dass ein Unterlassungsanspruch bestünde.

Das Oberlandesgericht Köln war zum einen der Auffassung, dass die Parteien trotz erheblicher räumlicher Distanz in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander stünden und zum anderen sei die Angabe im Briefkopf objektiv dazu geeignet und darauf gerichtet, den Absatz des Handelnden zum Nachteil des Absatzes des jeweils anderen zu fördern. Beide Parteien böten ihre Dienstleistung als Rechtsanwalt potentiellen Mandanten an und seien trotz räumlcher Distanz um die Erlangung von Mandaten auch zulasten des jeweils anderen bemüht. Die irreführende Aussage "Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt" sei ferner von wettbewerblicher Relevanz, weil ein Verbraucher dem Zusatz im Briefkopf zu Unrecht entnehmen könne, der Beklagte verfüge über eine spezielle Zulassung und sei zumindest für ein Berufungsverfahren besser als andere Kollegen geeignet. Das OLG Köln hielt die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG daher für überschritten.

Die Revision gegen das Urteil wurde ausdrücklich zugelassen, denn das Oberlandesgericht Saarbrücken hatte im Beschluss vom 30.11.2007 zum Aktenzeichen 1 W 193/07 zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Angabe "zugelassen am OLG u. LG Dresden" anders entschieden:

Das saarländische Gericht hatte bereits Zweifel daran, dass die Angabe "zugelassen am OLG u. LG Dresden" objektiv dazu geeignet sei, die Stellung des Beklagten im Wettbewerb mit anderen Anwaltskanzleien zu fördern, nachdem die Zulassung der Rechtsanwälte bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch die am 1. Juni 2007 in Kraft getretene Neuregelung aufgehoben worden war und damit jedem Rechtsanwalt die Möglichkeit eröffnet wurde, bei allen Landgerichten und Oberlandesgerichten Deutschlands aufzutreten. Jedenfalls sei die Fehlerhaftigkeit der Briefkopfangabe eher dazu geeignet, sich nachteilig auf die Einschätzung der Kanzlei des Beklagten auszuwirken, als Werbeeffekte zu ihren Gunsten zu entfalten, womit die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG gerade nicht überschritten werde. Wettbewerblich geschützte Interessen anderer Anwälte würden nur in unerheblichem Maße beeinträchtigt, weshalb ein Unterlassungsanspruch nicht bestehe.

Freitag, 17. August 2012

Muschiaufstand - Rowdytum aus religiösem Hass

Zwei Jahre Straflager für religiös motiviertes Rowdytum lautete das Urteil gegen die drei Künstlerinnen der Moskauer Punk-Band Pussy-Riot. Das klingt zunächst einmal hart, relativiert sich jedoch, wenn es stimmt, dass der Strafrahmen des russischen Gesetzes bis zu sieben Jahre Haft für das Protestgebet gegen Wladimir Putin und den russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill in Russlands wichtigstem Gotteshaus hergäbe.

Schnell sind die Kommentare deutscher Politiker zu lesen. Es sei Putins Prozess und Urteil gewesen, das jeder Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hohnspreche. Von einem gefährlichen Präzedenzfall ist die Rede und die Kanzlerin kritisiert ein unverhältnismäßig hartes Urteil, welches nicht im Einklang mit den europäischen Werten von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie stehe, zu denen sich Russland unter anderem als Mitglied des Europarates bekannt habe.

Zunächst einmal verbieten sich derartige Äußerungen angesichts der verbreiteten Unkenntnis über das russische Recht und dem Mangel des Wissens darüber, ob der Strafrahmen bei vergleichsweise hart sanktionierten Straftaten grundsätzlich ähnlich ausgeschöpft wird. Im übrigen wurden die für den Protest genutzte russisch-orthodoxe Kirche als auch die Worte gegen „die Scheiße Gottes“ wohl bewusst gewählt und dürften den einschlägigen Tatbestand des russischen Strafgesetzbuches erfüllen. Denke ich.

Ich denke aber auch, dass der Kern des weltweit als solches empfundenen Übels nicht in dem Urteil selbst begründet ist, sondern in der Tatsache, allein die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse oder Würdenträger mit Freiheitsstrafe oder überhaupt strafrechtlich zu ahnden. Leider hat man von den Wichtigtuern, die sich gegen das Urteil des russischen Gerichts wenden, vorab keine Kritik an dem zugrundeliegenden Straftatbestand oder dessen Strafrahmen gehört. Sollte dieser Umstand nicht nur Unwissen und Gleichgültigkeit sondern auch dem Respekt gegenüber dem gesetzgebenden russichen Staatsorgan geschuldet sein? Ein Respekt, dem man dem wohl auf Basis des geltenden russischen Rechts urteilenden Gericht nicht zu schulden glaubt?

Ich bin mir sicher, dass die politische Bühne nur zur eigenen Profilierung genutzt wird und kein Politiker auch nur einen Gedanken an die Tatsache verschwendet, dass die öffentliche Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, in Deutschland nach § 166 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann. Denn Religion ist nicht nur in Russland ein Instrument der Macht.

Mittwoch, 15. August 2012

"Ich schlag´ Dich tot!"

Nach einem unerfreulichen Telefongespräch zwischen Mutter und Sohn, in dessen Verlauf es zu einem Mißverständnis gekommen war und die Mutter das Gespräch abrupt beendet hatte, warf der in einer heilpädagogisch-therapeutischen Fördereinrichtung untergebrachte Sohn der Erzieherin, der er die Schuld für das Mißverständnis gab, den Telefonhörer vor die Füße und behauptete wütend, sie habe seiner Mutter "Scheiße erzählt". Er fuchtelte mit der Faust vor ihrem Gesicht herum und schrie: "Ich schlag´ Dich tot!".

Die Staatsanwaltschaft erhob in der Folge Anklage wegen eines Vergehens der Bedrohung nach § 241 Abs. 1 StGB: "Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."

In einer den Amtsgerichten nicht immer eigenen Weisheit lehnte das Amtsgericht Rudolstadt mit Beschluss vom 09.07.2012 zum Aktenzeichen 355 Js 15271/12 1 Ds jug die Eröffnung des Hauptverfahrens allerdings ab. Denn bei der bereits nach der Art der Vornahme zu einer Störung des individuellen Rechtsfriedens ungeeigneten Handlung des Angeschuldigten handele es sich vielmehr um jugendtümliche Groß- und Wichtigtuerei, die jugendlichem Übermut und somit den Antriebskräften der Entwicklung entspränge, und nicht um kriminelles Unrecht, so daß dem Geschehen von vornherein jegliche tatbestandliche Relevanz im Sinne des § 241 Abs. 1 StGB abzusprechen sei.

Samstag, 11. August 2012

Salvatorische Klausel

Ausnahmsweise nicht in Sachen Filesharing sondern diesmal unter Berufung auf ein Urteil des OLG Hamburg vom 02.04.2008 zum Az.: 5 U 81/07 macht die U + C Rechtsanwälte Urmann+Collegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Zeißsstraße 9, 93053 Regensburg, im Namen der KVR Handelsgesellschaft und ihrem Geschäftsführer Frank Drescher mit einer Abmahnung darauf aufmerksam, dass eine sogenannte Salvatorische Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders als Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu werten sei. Als Belohnung für den freundlichen Hinweis möchten die Kollegen EUR 651,80 auf Basis eines Streitwerts von EUR 10.000,- abrechnen.

Eine solche Salvatorische Klausel in den AGB lautet in etwa wie folgt: "Die Vertragspartner werden die nichtige Klausel durch eine wirksame Klausel ersetzen, die dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich am nächsten kommt.“ und enthält ansonsten keinen konkreten Regelungsgehalt zum Vertrag. Es handelt sich damit um eine allgemeine Bestimmung, die sich auf die gesamten AGB bezieht und als Vorsorge dagegen gedacht ist, dass eine AGB-Bestimmung wegen Unwirksamkeit ersatzlos entfallen könnte.

Das OLG Hamburg ist der Ansicht, eine solche Salvatorische Klauseln erfasse damit auch jene AGB-Bestimmungen, die sich im Vorfeld eines Vertragsschlusses auswirken, wie Bestimmungen, die das Zustandekommen des Vertrags, dessen nähere Ausgestaltung oder Vorschriften über die Speicherung von Kundendaten im Falle eines Vertragsschlusses regeln. Sie seien deshalb auch dazu gedacht, die Nachfrageentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen und dem Verwender Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Es sei für die Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer Salvatorischen Klausel auch unerheblich, ob tatsächlich eine unwirksame Regelung in den AGB enthalten sei und die Salvatorische Klausel zur Anwendung gelange, weil sie stets darauf abziele, gegenwärtige oder zukünftige Vertragsbestimmungen vor den Folgen einer etwaigen rechtlichen Unwirksamkeit möglichst effektiv im Sinne des Klauselverwenders zu schützen.

Etwas ausführlicher hatte schon das Landgericht Hamburg in einem Urteil vom 14.09.2006 zum Az.: 327 O 441/06 argumentiert:

Eine so genannte Salvatorische Klausel, durch welche die Vertragsparteien für den Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung vereinbaren, diese durch eine andere zu ersetzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt, weiche von dem gesetzlichen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion in § 306 Abs. 2 BGB ab. Nach diesem Prinzip gelte bei der Unwirksamkeit einer Klausel das dispositive Gesetzesrecht und nicht der gerade noch zulässige Inhalt der Klausel. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion stelle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB einen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung dar (KG NJW 1998, 829, 831). Es sei ein besonderes Anliegen des deutschen und europäischen AGB-Rechts, dass der Verwender von AGB nicht risikolos unwirksame AGB verwenden kann.

Zudem verstosse eine derartige Salvatorische Klausel auch gegen das Transparenzgebot und damit gegen Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH NJW-RR 1996, 783, 789). Treu und Glauben verpflichteteen den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die streitige salvatorische Klausel mache es dem Verbraucher jedoch praktisch unmöglich, bei Vertragsschluss von dem Inhalt der letztlich geltenden AGB zuverlässig Kenntnis zu nehmen.

Weil jedoch nicht jede Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel zugleich einen relevanten Wettbewerbsverstoß i. S. v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG beinhaltet, stellt sich dennoch die Frage, weshalb eine Salvatorische Klausel, die wegen ansonsten gesetzeskonformer AGB nicht zur Anwendung gelangen kann, als insofern lediglich formaler Rechtsverstoß immer zur Erhebung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs taugen soll. Denn der blosse Wille, den Klauselverwender im Eventualfall möglichst effektiv zu schützen, ohne dass die salvatorische Klausel im konkreten Fall zur Anwendung gelangen kann, dürfte einen Wettbewerber tatsächlich nicht spürbar beeinträchtigen.

Mittwoch, 25. Juli 2012

Und ewig grüßt das Hakenkreuz

Der bisweilen hysterische Umgang der deutschen Justiz mit allem , was nur im Entferntesten an die Insignien des Dritten Reichs erinnern könnte, regte meine Erinnerung an vor einiger Zeit nur überflogene fotografische Fundstücke auf der zumindest Eingeweihten bekannten Website unter der Domain buskeismus.de an.

Ein erfrischendes Gespräch mit einem aufmerksamen niedersächsischen Justizwachtmeister und eine berufliche Begegnung mit einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg über den willkürlichen selbstsuggestiven Vorgang beim Betrachten eines Kreuzes aus zwei schwarz/weißen Balken auf rotem Grund machten mich dann endgültig neugierig auf die Reaktion Hamburger Justizwachtmeister beim Anblick historisch interessierter Architekturfotografen mit schussbereiter Kamera.

Um es vorwegzunehmen: Ein freundlicher Gruß nach getaner Arbeit im 1912 eingeweihten Hanseatischen Oberlandesgericht und gähnende Leere im 1903 fertiggestellten Ziviljustizgebäude Hamburg, in welchem auch das Landgericht Hamburg untergebracht ist, bestätigten die Erwartung einer in derartigen Angelegenheiten jedenfalls entspannt agierenden hanseatischen Justiz.


Angesichts der beim Fotografieren der langweiligen Fassade des Neubaus des hannoverschen Amtsgerichts hervorgerufenen Resonanz und der in Hamburg zu erzielenden beachtlichen fotografischen Ausbeute ein durchaus bemerkenswerter Unterschied. Da jene die erwähnten Hamburger Justizgebäude schmückenden Hakenkreuze deutlich älter sind als unsere Republik, käme eine restriktive Handhabung für die Anfertigung von Lichtbildern in diesen Gerichten aber auch dem Versuch der Unterdrückung wahrer Verhältnisse gleich. Leider schweigt sich auch der Hamburgische Richterverein auf seiner Website soweit ersichtlich zu den architektonischen Finessen der beiden Gebäude in der Rubrik "Gerichtsgebäude in Hamburg (Geschichte und Architektur)" aus.



Im Vorwort zu den Mitteilungen des Hamburgischen Richtervereins mit dem Aufsatz "Von der Gerichtslaube zum Sievekingplatz - Gerichtsgebäude in Hamburg -" von Karin Wiedemann wird nur davon berichtet, dass die Hamburger Justiz in "geschichtsträchtigen und ästhetisch bedeutungsreichen Gebäuden" arbeitet und im Kapitel X. "Ius est ars boni et aequi" findet sich ansonsten nur ein Hinweis darauf, dass die Steinmetze in der Vorhalle des Oberlandegerichts Hamburg Zittauer Sandstein und in der großen Treppenhalle Sandstein und Levantegranit verarbeiteten. Kein Wort zu den steinernen Hakenkreuzgirlanden.


Die einleitenden Worte des Kapitels VIII, "Heilige Hallen", verdienen daher in diesem Zusammenhang zitiert zu werden: "Das Gebäude des Hanseatischen Oberlandesgerichts am Sievekingplatz zu betreten, heißt, in eine andere Welt zu tauchen. Schon beim Eintreten umfängt den Besucher eine Stille, die merklich mit dem lauten Verkehrslärm und der Geschäftigkeit des Sievekingplatzes kontrastiert. Eine beeindruckend hohe und weite Treppenhalle, überwölbt von einer blaugestirnten Kuppel, erfüllt im Inneren, was das antikisierende Äußere an Erhabenheit verspricht. Welchen Eindruck dies auf den Besucher macht, hängt davon ab, in welcher Funktion er das Gebäude betritt. Studenten und Referendare werden das Bedrückende und Überwältigende noch ebenso aufnehmen wie es der rechtsuchende Bürger tun wird, der die heiligen Hallen nur gelegentlich betritt." Wie wahr.


Auch die Pressemdeldung zum Festakt im Hanseatischen Oberlandesgericht anläßlich des 100-jährigen Jubiläums am 28. März 2012 erwähnte bei den "Besonderheiten der Innenausstattung" neben der weitläufigen Eingangshalle, dem prunkvollen, zu großen Teilen mit Marmor versehenen Plenarsaal, der in Eiche gehaltene Bibliothek und den vier auf Repräsentation angelegten Sitzungssälen die besonderen Ornamente an den beiden großen Treppen der Eingangshalle nicht. Verständlich.


Letztlich ist es dann auch nur konsequent, sich nicht gegen Fotografien eines Zustands zu wehren, der auch heute nicht besonders beachtet wird und bisher keinen Anlaß zum Einschreiten geboten hat. Ich möchte allerdings doch gerne wissen, was der Angeklagte im oben erwähnten Verfahren über die Strafbarkeit der öffentlichen Verwendung des von ihm gestalteten Kreuzes aus zwei schwarz/weißen Balken gedacht hat, als er vor seiner endgültigen Verurteilung die opulent mit Hakenkreuzen geschmückten Treppenaufgänge in den "Heiligen Hallen" des Hanseatischen Oberlandesgerichts beschritten hat.

Die ersten beiden Fotos zeigen Details der Treppenaufgänge im Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg, die Treppengeländer und die Tore befinden sich im Ziviljustizgebäude Hamburg.

Montag, 23. Juli 2012

Chatüberfall von Dr. Abmahnung

Nichtsahnend recherchierte ich im Internet nach Informationen zu den Angewohnheiten des Amtsgerichts Hamburg in Filesharing-Verfahren. Ich stiess unter der vielsagenden Adresse www.dr-abmahnung.de auf ein Urteil aus Hamburg, dass vor Kurzem genau durch die Richterin gefällt wurde, welche mir nun freundlicherweise ein Anerkenntnis der Klageforderung empfahl. Bevor ich mich jedoch in Ruhe mit dem Urteil befassen konnte, sprang mich mit einem Klingeln unvermittelt ein Pop-up-Fenster an:

"Vorname Name: Willkommen! Wie kann ich Ihnen helfen?"

Selbstverständlich antwortete ich höflich, um zu erfahren, ob tatsächlich ein individuelles Gespräch stattfinden sollte. Das tat es. Es endete mit:

"Vorname Name: Rufen Sie an, dann sprechen wir schnell ..".

Eine sensationelle Mandatsanbahnung. Wer sich still und heimlich über aktuelle Rechtsprechung informieren will, wird umgehend eingesackt. Das funktioniert über einen Live-Chat von snap engage. Eine Lizenz kann über http://www.snapengage.com eingekauft werden.
Eine derartige Live-Chat-Lösung darf jedoch in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht automatisch personenbezogene Daten wie Geo-Lokationen, Referrer und Browser-Fingerprints aufnehmen, was bei snap engage der Fall sein soll: "Das SnapEngage Widget erfasst alle benötigten Informationen. E-Mail, Beschreibung, Betriebssystem, Browser, Sprache, Ort, usw. und einen Screenshot - alles an einem Ort." Es wird gar damit geworben, dass bei einem Seitenwechsel der Chat aufrecht erhalten bleiben kann und die Information, auf welcher Seite der Besucher gewechselt hat, gespeichert wird. 

Auch im Hinblick auf § 43b Bundesrechtsanwaltsordnung dürfte der Chatüberfall des werten Kollegen "tödlich" sein, denn Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Rote Karte.

Samstag, 21. Juli 2012

Huitzilopochtli

Huitzilopochtli war der Kriegsgott und Sonnengott der Atzteken, die um 1500 grosse Teile Zentralmexikos beherrschten. Ein fester Bestandteil der atztekischen Religion waren Menschenopfer zu Ehren ihrer Götter.
Im Glauben an seine Kraft als Kriegsgott wurden Huitzilopochtli Kriegsgefangene von benachbarten Stämmen als Opfer dargebracht. Dem Regengott Tlaloc wurden dagegen vorzugsweise Kinder geopfert, denn viele Tränen verhießen viel Regen. Bei den religiösen Opferungen hielten vier Priester das Opfer auf dem Opferstein einer Pyramide an Händen und Füßen fest und ein Priester schnitt das Herz mit einem Messer heraus. Archäologischen Fundstücken zu Folge wurden bei der Religionsgemeinschaft der Atzteken auch kannibalische Festmähler zu Ehren der Götter abgehalten.
Die Opferungen waren für die Atzteken absolut elementar, denn sie sollten nicht nur Regen oder Erfolg sondern auch den Sonnenaufgang des neuen Tages sicherstellen. Aus heutiger Sicht werden religiöse Menschenopfer als soziokulturell rückständiger Aberglaube betrachtet und weltweit strafrechtlich sanktioniert. Die rituelle Entfernung von Körperteilen lebender Menschen aus religiösen Gründen ist dagegen auch heute noch in vielen Ländern der Erde ein gesellschaftlich anerkannter Brauch.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Mutter, warum hat Du mich beschnitten?

Während sich einige Juristen in der aktuellen Diskussion um die strafrechtliche Bedeutung der Beschneidung von Jungen der in der Praxis des vorauseilenden Gehorsams geübten politischen Führung Deutschlands mit dem gewohnten Selbstverständnis staatstragender Willfährigkeit der Rechtswissenschaft mit juristischen Argumenten andienen, ohne beim Leser auch nur das Gefühl aufkommen zu lassen, sie könnten die Bedeutung der Vorhaut beim Geschlechtsakt je am eigenen Leib erfahren haben, interviewt der beschnittene Filmemacher Michael Schaap seine Mutter über deren Motive bei der Entscheidung, ihn als Kind beschneiden zu lassen und beleuchtet die Probleme der Beschneidung an Hand von Interviews mit Betroffenen und Medizinern. Auch für solche Juristen sehenswert, die Geschlechtsverkehr für lästiges Beiwerk notwendiger Reproduktion halten und einen interessanten juristischen Aufsatz stets der eigenen sexuellen Betätigung vorziehen würden.

Dienstag, 17. Juli 2012

Scheißurteil

Ich habe kurz überlegt, mich aber nach anfänglichem Zögern bei der Überschrift doch für die Wiedergabe meines ersten Gedankens nach dem Lesen eines Urteils des Landgerichts Mannheim in einem Domainrechtsstreit entschieden. Es gibt immer wieder Urteile, die ich für falsch halte. Dabei kommt es durchaus vor, dass ein Amtsgericht meint, nur Kaufleute könnten Verträge mit einer bestimmten Firma schliessen und deshalb die Zahlungsanspflicht eines Verbrauchers verneint, während ein anderes Amtsgericht der Auffassung ist, trotz des Mangels der Kaufmannseigenschaft müßte ein Verbraucher an eben diese Firma zahlen.

Mit ähnlicher Leichtigkeit kann ein und derselbe Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt die Domain flugplatz-korbach.de für unterscheidungskräftig halten und die Domain flugplatz-speyer.de als lediglich allgemein beschreibend definieren - mit entsprechend unterschiedlichen Ergebnissen für die jeweiligen Flugplatzbetreiber. Dass viele Gerichte nichts hören, wenig sehen und häufig mit anderen Dingen beschäftigt sind, ist leider kein Einzelfall (Bild oben).

Dennoch nimmt das jüngste Urteil aus Mannheim einen besonderen Platz in meiner Kuriositätensammlung ein. Dazu muss man wissen, dass dem Landgericht Mannheim nach der Verordnung des Justizministeriums von Baden- Württemberg über Zuständigkeiten in der Justiz (§ 140 Abs. 2 MarkenG iVm § 13 Abs. 1 ZuVOJu) vom 20. November 1998 die Kennzeichen-, Gemeinschaftsmarken- und Geschmacksmuster- und Gemeinschaftsgeschmacksmusterstreitsachen für den gesamten Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe zugewiesen wurden und man ruhig erwarten darf, in derartigen Streitsachen bei der zuständigen Kammer auch auf einen überdurchschnittlichen Sachverstand zu treffen. Schliesslich betonte das Landgericht Mannheim schon im geschichtsträchtigen Urteil vom 8. März 1996 zum Aktenzeichen 7 O 60/96 in der bekannten Entscheidung zur Domain heidelberg.de (NJW 1996, 2736), dass die Unterscheidung einer bestimmten Person von anderen Personen die klassische Funktion des Namens ist.

Der dem hier in allen Belangen ungenügenden Urteil zu Grunde liegende Sachverhalt ist schnell erklärt: Der Geschäftsführer des Internetproviders C. XXXX GmbH registriert die Domain eines mittelständischen Autohauses nach dem Muster "autohaus-meinname.de" auf sich selbst als Inhaber und weigert sich gegen Ende des Vertragsverhältnisses mit der C. XXXX GmbH auch nach mehrfacher Aufforderung, die Domain auf das Autohaus als Kunden zu übertragen oder zu löschen.

Ein schlichter Klassiker der Kundenerpressung bei drohendem Vertragsende, der in dieser Konstellation schon als ausgestorben gilt, weil auch die schimmeligste Internetbude mitbekommen hat, dass das Namensrecht eines Kunden bei der Registrierung einer Domain zu beachten ist und die Domain deshalb stets auf den Kunden zu registrieren ist. Im Grunde für jeden Rechtsanwalt unter dem Gesichtspunkt eines nicht gar zu niedrigen Streitwertes ganz erfreulich, noch einmal ein einfaches Fällchen aus der Rumpelkiste "Domaingrabbing" vor die Flinte zu bekommen und gar vor Gericht abdrücken zu können. Aus gebührentechnischer Sicht eigentlich noch erfreulicher, wenn dann in Mannheim eine Kammer zusammenhockt, die auch gegen eherne Zitate der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vollständig immun ist:

"Grundsätzlich liegt bereits in der durch einen Nichtberechtigten vorgenommenen Registrierung eines Zeichens als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain "de" eine Namensanmaßung und damit eine Verletzung des Namensrechts desjenigen, der ein identisches Zeichen als Unternehmenskennzeichen benutzt, (BGH; Urteil vom 09.09.2004 - 1 ZR 65/02 -).

Eine Beeinträchtigung berechtigter geschäftlicher Interessen ist im Allgemeinen dann gegeben, wenn ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain "de" benutzt und sich damit unbefugt ein Recht an diesem Namen anmaßt. Ein solcher unbefugter Namensgebrauch liegt grundsätzlich schon in der Registrierung, weil bereits damit die den berechtigten Namensträger ausschließende Wirkung einsetzt (BGHZ 149, 191, 199 - shell.de). Daher kann derjenige, dem an dieser Bezeichnung ein eigenes Namensrecht zusteht, im allgemeinen bereits gegen die Registrierung eines Domainnamens durch einen Nichtberechtigten vorgehen (BGHZ 155, 273, 276 f. - maxem.de).

Ausnahmsweise kann jedoch der Funktionsbereich des Unternehmens auch durch eine Verwendung der Unternehmensbezeichnung außerhalb des Anwendungsbereichs des Kennzeichenrechts berührt werden. In diesen Fällen kann der Namensschutz ergänzend gegen Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden, die - weil außerhalb des geschäftlichen Verkehrs oder außerhalb der Branche und damit außerhalb der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr - nicht mehr im Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens liegen (BGH; Urteil vom 09.09.2004 - 1 ZR 65/02 - www.mho.de)."

Das Landgericht Mannheim hat diese Rechtsprechung an sich abperlen lassen und unter dem Az.: 7 O 522/11 mit Urteil vom 11.05.2012 allen Ernstes behauptet, dass das Autohaus gegen den Geschäftsführer des Providers  - der persönlich keinen Vertrag mit dem Autohaus hat - keinen Anspruch darauf habe, dass dieser gegenüber der DENIC die Löschung der Domain „autohaus-meinname.de" erklärt. Denn unter kennzeichenrechtlichen Aspekten schieden Ansprüche schon deshalb aus, weil der Kläger die Homepage durch die C. XXXX GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte ist, erstellen ließ und auf der Homepage ausschließlich die wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers dargestellt werde. Dadurch würde auch nicht in das Namensrecht des Klägers eingegriffen.

In Kürze: Der Anspruch auf Löschung einer Domain gegenüber einem Domaininhaber als Nichtnamensträger besteht für den Namensträger dann nicht, wenn Dritte die unter der Domain abrufbaren Inhalte vertragsgemäß erstellt haben und diese zutreffend die wirtschaftliche Tätigkeit des Namensträgers darstellen. Schlicht falsch oder wie eingangs erwähnt: Scheißurteil (nicht rechtskräftig). (s. Oberlandesgericht Karslruhe, Urteil vom 13. März 2013 zum Az.: 6 U 49/12)

Samstag, 14. Juli 2012

10 Millionen Euro im Kampf gegen das Kölner Beschneidungsurteil

Der Schweizer Geschäftsmann und jüdisch orthodoxe Mulitmillonär Edi Gast hat die Gründung eines Fonds zum Kampf gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.05.2012, Az.: 151 Ns 169/11, wonach die Beschneidung eines Kindes aus rein religiösen Gründen eine strafbare Körperverletzung sei, bekannt gegeben. Wie das weltgrößte Online-Portal für ultraorthodoxes Judentum, Behadrei Hareidim, berichtet, sollen aus dem von Edi Gast eingerichteten Fonds Aktivitäten von Rechtsanwälten und Lobbyisten im europäischen Parlament und der Europäischen Union bezahlt werden. Wer um finanzielle Unterstützung aus dem Fonds bittet, muss einen detaillierten Haushaltsplan vorlegen und ihn an Rechtsanwalt Mordechai Tzivin per E-Mail an n@tzivinlaw.com übersenden. Der prominente israelische Kollege aus Tel Aviv ist international tätig und hat sich einen Namen durch die weltweite Verteidigung israelischer Bürger gemacht.

Ich gehe davon aus, dass eine Inanspruchname des Fonds kaum nötig sein wird, weil der bundesdeutsche Gesetzgeber in rekordverdächtiger Zeit eine Regelung verabschieden wird, die mit dem Ziel des Fonds in Einklang steht. Vielleicht läßt sich ja noch ein Strafprozeß mit Hilfe der Fondsgelder initiieren, um das Parlament ein wenig unter Zeitdruck zu setzen.

Freitag, 13. Juli 2012

Vorhautcaust

Die Konferenz Europäischer Rabbiner betrachtet das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.05.2012, Az.: 151 Ns 169/11, wonach die medizinisch nicht indizierte Beschneidung eines Kindes ein rechtswidriger Eingriff sei, als schwersten Angriff auf jüdisches Leben in Deutschland seit dem Holocaust.

"Ein Verbot der Beschneidung stellt die Existenz der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland infrage", äußerte der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner in Berlin. Auf eine erneute Anklage und anschliessende höchstrichterliche Entscheidung wollen die Rabbiner nicht warten. Auch nach dem Kölner Urteil würden die von den Synagogen bestellten Beschneider die Entfernung der Vorhaut von Knaben fortsetzen. Dieser unverhohlene Willen zum Rechtsbruch korrespondiert mit einer Äußerung des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, in einem Gespräch mit dem FOCUS: „Die Beschneidung ist für den jüdischen Glauben absolut elementar und nicht verhandelbar“.

Verhandelbar ist jedoch glücklicherweise das Grundrecht von Kindern auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung, so dass muslimische und jüdische Gläubige darauf vertrauen dürfen, sich nur für eine Übergangsfrist strafbar zu machen. Wie der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Israel, Andreas Michaelis, in einem eilig verfassten Schreiben vom 9. Juli 2012 zum Kölner Beschneidungsurteil an Knessetpräsident Rivlin äußert, wird die Bundesregierung "das Urteil sorgfältig analysieren und mögliche Konsequenzen dieser Einzelfallentscheidung in Ruhe prüfen."

Damit ist klar ersichtlich, dass nach der parlamentarischen Sommerpause eine gesetzliche Regelung geschaffen wird, damit Juden und Muslime in Deutschland in Zukunft wieder straffrei Stücke von Kinderpimmeln abschneiden dürfen.  

Donnerstag, 12. Juli 2012

Der Fachanwalt für IT-Recht als ehrenamtlicher Internetwächter

Zahlreiche Internetnutzer verstehen den Fachanwalt für IT-Recht offenbar als Instanz, dessen ureigenes Interesse es ist, für die Einhaltung von Rechtsvorschriften im Internet zu sorgen. Sozusagen ehrenamtlich. Nun will ich nicht gleich behaupten, dass mich Rechtsverstöße im Internet abseits einer Mandatierung grundsätzlich nicht interessieren. Allerdings ist die Grundidee selbst des auf IT-Recht spezialisierten Anwalts die Generierung von Einnahmen zur Bestreitung des Lebensunterhalts.
Mit dieser Grundidee korrespondiert die Position eines ehrenamtlichen Internetwächters leider nicht.

Um weitschweifende Erläuterungen gegenüber den sich selbst als untergeordnete Internetwächter verstehenden Nichtmandanten zu vermeiden, hat sich die Übersendung einer Vollmacht bewährt, die den Traum der Ehrenamtlichkeit durch das Hervorrufen des Interesses, eigene Kosten zu vermeiden, platzen läßt:

"Guten Tag,

beim Surfen im Internet gelangte ich auf nachfolgend genannte Webseite: http://www.....de/ , beim näheren Betrachten dieser Seite wollte ich wissen, wer der Betreiber diese Webpräsenz ist. Ich klickte auf die Seite Impressum und musste feststellen, dass diese Seite keine Angaben bzw. falsche Angaben im Impressum macht. Hier der Direktlink zum Impressum: http://www.....de/page.php?seite=impressum.php . Ich finde es skandalös das es Betreiber von solchen Portalen gibt, welche keine Angaben im Impressum tätigen. Bitte nehmen Sie sich dieser Sache an.

Mit freundlichen Gruß
M. ...


Sehr geehrter Herr M. ...,

bitte senden Sie uns per Fax oder als pdf-Datei die beigefügte Vollmacht zu, dann werden wir den Seitebetreiber anschreiben.

Mit freundlichen Grüßen
Fachanwalt für IT-Recht

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich werde keine Vollmacht unterschrieben. Wenn Ihnen der rechtlose Tatbestand eines Verstoßes gegen das TMG gleichgültig sein sollte, so werde ich selbst tätig werden. Ich werde nun eine Anzeige bei der Polizei stellen mit Hinweis darauf, dass ich einen Anwalt auf diesen Tatbestand hingewiesen habe und erspare mir Kosten welche mir, sofern der Seitenbetreiber nicht ermittelt werden kann, auferlegt werden.

Mit freundlichen Gruß
M. ...


Sehr geehrter Herr M. ...,

für die Mimimierung eines Kostenrisikos auf Ihrer Seite haben wir volles Verständnis. Viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen
Fachanwalt für IT-Recht"

Montag, 9. Juli 2012

Rechtsanwaltsabwehrformblatt

Auf der Gegenseite ein Stuhlgrosshandel. Der scheint im Internet ab und an Probleme mit der Abwicklung von Reklamationen seiner Kunden zu haben und versucht, den drohenden Prozess mit einem Keil zwischen Rechtsanwalt und Mandant abzuwehren.
Ein vorformulierter Text im Antwortschreiben auf die anwaltliche Geltendmachung von Ansprüchen des Kunden soll diesen verunsichern. Man darf die Zeilen durchaus als Unterstellung meines Bestrebens als Anwalt bezeichnen, meinen Mandanten ohne Rücksicht auf Kosten in ein Gerichtsverfahren zu drängen:    

"Nachfolgend, WICHTIGER HINWEIS zu den möglichen Kosten im Falle eines Rechtsstreites:

Der Fairness halber fordern wir Sie auf, Ihren Mandanten über die mit einer Gerichtsverhandlung in Verbindung stehenden tatsächlichen Kosten aufzuklären, wobei keinesfalls ausgeschlossen werden kann dass diese teilweise oder auch ganz allein ... zu tragen wären; unabhängig von Sachverständiger Kosten, welche ebenso von Ihrer Mandantschaft vorab in voller Höhe zu bezahlen wären.

Erklären Sie ... hierbei bitte auch, auf welchen erhöhten Betrag speziell Ihre Rechtsanwaltskosten ansteigen, sofern es im Zuge einer Güteverhandlung zu einer Einigung kommt und dass dieser Ausgang bestenfalls zur Debatte stehen dürfte. Wir denken dass Ihr Mandant das Recht haben sollte, von Ihnen in EURO und CENT auf die Kosten hingewiesen werden sollte, welche zu Guter Letzt für Ihn entstehen könnten. Oder sehen Sie sich tatsächlich in der Lage Ihrem Mandanten schriftlich zu erklären, dass im Falle einer Gerichtsverhandlung keinerlei Kosten auf ihn zukommen können bzw. werden?

Unter vorgenannter Voraussetzung haben Sie unser vollstes Einverständnis dafür, mit uns keine weiteren Diskussionen zu führen. Allein deshalb, da Sie diese tatsächlich und ausführlich mit Ihrer Mandantschaft führen sollten.

Nach hier beschriebener eindeutiger Rechtslage, dürften Sie ... tatsächlich nicht mehr anraten einen ggf. speziell für diesen aufwendigen und sehr teuren Prozess zu führen.

Da Sie als Rechtsanwalt die durch eine Gerichtsverhandlung entstehenden Kosten selbst nicht zu tragen haben, sollte es allein die Entscheidung jenes ... sein, das damit verbundene hohe (Kosten-) Risiko zu tragen. Zumal das (Kosten-) Risiko für Ihre Mandantschaft völlig unverhältnismäßig  hoch erscheint, auch in Anbetracht des tatsächlichen geringen Streitwertes.

Wir würden es in Anbetracht der tatsächlichen Gegebenheiten als äußerst unfair und somit nahezu als unredlich ansehen, sollten Sie Versuche starten, Ihren Mandanten in ein derart hohes (Kosten-) Risiko zu „treiben“ ohne dass für Sie selbst auch nur das geringste Risiko besteht. Das darum, da Sie anhand vorliegender Vollmacht in jedem Fall dazu berechtigt Ihre nicht unbeträchtlichen (Rechtsanwalt-) Kosten erstattet zu bekommen."


Weil diese Zeilen durchaus als geeignet erscheinen, eine Unsicherheit bei der Mandantschaft auszulösen, dürfte die Mühe lohnen, die Rechtschreibfehler zu verbessern. Denn der Drang von Anwälten, zum eigenen Vorteil in einer Auseinandersetzung Kosten zu produzieren und das diametral entgegenstehende Interesse der Mandanten, eigene Kosten zu vermeiden, dürfte eine häufig anzutreffende Grundkonstellation in der Rechtsberatung sein. Bei einem Streitwert von EUR 1.764,92 von einem aufwendigen und sehr teuren Prozess zu sprechen, wird hier allerdings der Verwendung des Formblatts geschuldet sein. Jedenfalls ist das Schreiben des Händlers ein Anlass, abschliessend auf einen nützlichen Gerichtskostenrechner hinzuweisen.

Mittwoch, 4. Juli 2012

Uli Hoeneß stellt Münchner Staatsanwalt wieder ein - Schwere Brandstiftung im Fall Breno doch nicht "lächerlich"

Nach der Verurteilung des 22-jährigen Bayern-Profis Breno Vinicius Rodrigues zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis ohne Bewährung wegen schwerer Brandstiftung durch das Münchner Landgericht kann die Staatsanwaltschaft München wieder in voller Besetzung weiterarbeiten. Weil sich die Kompetenz des Präsidenten des Fußball-Club Bayern München e. V. und Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG, Uli Hoeneß, allenfalls auf Fußball beschränkt, gab es natürlich insoweit weder eine Entlassung noch die Wiedereinstellung eines Staatsanwalts.

Wir erinnern uns allerdings daran, dass Herr Hoeneß die Inhaftierung des brasilianischen Kickers einerseits als lächerlich und andererseits gar als unmenschlich bezeichnet hatte. Wie sich die Münchner Staatsanwaltschaft aufgeführt habe, sei ein Wahnsinn, bemerkte damals der auch heute noch nicht ganz allmächtige Uli. Das Landgericht setzte den Haftbefehl gegen Breno nach der Urteilsverkündung auch wieder in Kraft und Breno wurde umgehend festgenommen. Weil Breno vor Gericht angegeben hatte, regelmäßig Schlafmittel aus der medizinschen Abteilung der Bayern bekommen zu haben, ermittelt die Staatsanwaltschaft München nun gar wegen möglicher Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz beim FC Bayern.

Die geheimen Zeichen der Neonazis beim Deutschen Patent- und Markenamt Teil 2

Vorbild für eine Markenanmeldung war ein sogenannter Thorshammer aus Silber, wie er in dem 1906 erschienen Buch "Kulturgeschichte Schwedens von den ältesten Zeiten bis zum elften Jahrhundert nach Christus" von Oscar Montelius illustriert wurde (Abbildung oben). Der Thorhammer wurde 1875 in Erikstorp am Ufer des Vättersees als Teil einer der wichtigsten wikingerzeitlichen Schatzfunde Schwedens entdeckt. Der Schatz von Erikstorp kam bei der Feldarbeit auf einer kleinen Anhöhe in einem trockengelegten Moor zutage. Experten gehen davon aus, dass der Schatz um 975 in die Erde gelangt war. Wie auch auf der über 100 Jahre alten Abbildung zu sehen ist, wird eine liegende Unendlichschleife von zwei aufrecht stehenden kleineren Unendlichschleifen flankiert.

Diese Zeichenfolge findet sich auch in dem Thorhammer wieder, dessen Markenschutz abgelehnt wurde. Denn nach Ansicht des DPMA würde die Gesamtheit der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den Thorhammer als ein Zeichen verstehen, in dem „Heil Hitler" gelesen werden könne: "Die angemeldete Bildmarke stellt einen sog. „Thor(s)hammer" dar, in dem zweimal die Zahl „8" deutlich erkennbar ist. In der rechtsextremen Szene steht die Zahlenkombination „88" für die Buchstabenkombination „HH" (entsprechend der 8. Stellung des Buchstabens im Alphabet), wobei unter „HH" die Grußformel „Heil Hitler" verstanden wird." Die Einräumung eines staatlichen Monopolrechts an einem Zeichen, in dem „Heil Hitler" gelesen werden könne, widerspreche aber den gesellschaftlichen Wertvorstellungen beachtlicher Teile des deutschen Publikums.

Der Beschluss des DPMA zum Az.: 30 2010 029 419.1/25 vom 11.01 2012 wurde rechtskräftig, denn der Mandant mochte nicht mehr dafür zahlen, dass sich das Deutsche Patent- und Markenamt naheliegenden Argumenten verschloss. Weder der Hinweis auf das über tausend Jahre alte Vorbild, noch die grundsätzliche Unbedenklichkeit selbst der Zeichenfolge "HH" waren hilfreich. Denn obwohl "HH" auf Autokennzeichen für die Hansestadt Hamburg steht, "AH" bei der Deutschen Bahn für den Hamburger Hauptbahnhof und die Zahlen "18" und "88" weder aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch noch dem Grundgesetz verbannt sind, rückte das Amt keinen Millimeter von seiner Meinung ab und klammert sich blind an die in dem Artikel "Die geheimen Zeichen der Neonazis beim Deutschen Patent- und Markenamt" veröffentlichte Codeliste.

Dass die Versagung der Eintragung der Marke im vorliegenden Fall jedenfalls zu weitreichend war, weil es hier weder um die Zeichenfolgen „HH“ noch „88“ ging und nicht einmal zwei auseinander stehende Ziffern „8“ in Rede standen, sondern zwei räumlich deutlich von einander entfernt stehende Unendlichzeichen, belegt eine historisch bedingte Berührungsangst des DPMA im Bezug auf verdächtige Zeichenfolgen, die vorliegend zu einer reflexartigen Überreaktion geführt hat.