Mittwoch, 30. August 2017

Verunglimpfen

Mit dem Verunglimpfen muss man aufpassen. Und zwar deshalb, weil kaum einer weiß, was das ist. Das liegt zunächst einmal daran, dass erst recht keiner weiß, was ein Glimpf ist. Wenn man nun herausgefunden hat, dass sich das Wort "Glimpf" aus dem althochdeutschen Wort "gilimpf" mit der Bedeutung „gelegen sein“ ableitet und "Glimpf" daher so viel wie "Schonung" bedeutet, könnte man "Verunglimpfen" auch mit "Verunschonen" übersetzen. Sich auf derartige linguistische Gymnastik einzulassen, dürfte in großen Bevölkerungskreisen nur auf geringe Gegenliebe stoßen. Das aber kann gefährlich sein.

Man muss mit dem Verunglimpfen nämlich auch deshalb aufpassen, weil bestimmte Verunglimpfungen sogar strafbar sind. Das Geniale an der Verwendung des weitgehend unbekannten Wortes "Verunglimpfen" in einem Strafgesetz ist zunächst, dass sich die Justiz dem Vorwurf der Verletzung des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes entziehen kann, weil es das Wort "Verunglimpfen" nun einmal gibt und desweiteren, dass man auf der Basis dieses justiziellen Geheimcodes ganz einfach biedere Bürger überrumpeln kann, die selbst nach dem Lesen der Vorschrift des § 90a Abs. 1 Nr. 2 StGB gar nicht genau wüssten, was man mit den Farben, der Flagge, dem Wappen oder der Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder ganz und gar nicht anstellen darf.

Mit einem prima Trick konnte die Polizei daher in Dresden am letzten Montag Teilnehmer einer Pegida-Demonstration überrumpeln, die mit bananenverzierten Deutschlandfahnen unterwegs waren und sich mit dem Vorwurf der Verunglimpfung der Flagge der Bundesrepublik Deutschland konfrontiert sahen. Denn selbst wenn die Staatsanwaltschaft den ganzen Glimpfblödsinn unter den Tisch fallen lässt, weil man dort natürlich weiß, das das öffentliche Tragen der Bananen-Fahnen gar keine keine Verunglimpfung der Bundesflagge war, kann man die Demonstranten nun wegen Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in die Pfanne hauen, denn die verdutzten Patrioten hatten sich natürlich gewehrt, als die bösen Polizisten die schönen Bananenflaggen klauen wollten. Das muss ein Riesenspass gewesen sein.        

Turboquerulantin, Kanalratte und Scheißhausfliege

Während sich Deutschlands fähigste Strafrechtler den Kopf darüber zerbrechen, ob es im Vorfeld der Bundestagswahlen den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, wenn sich ein Politiker während einer Wahlkampfveranstaltung öffentlich wünscht, eine Integrationsbeauftrage mit türkischen Wurzeln "in Anatolien entsorgen" zu können, lehnen sich entspannte Flachlandjuristen lässig zurück und betrachten wohlwollend das immer einfacher zu durchschauende Treiben der Turboquerlantin.

Diesmal wurde der Scherzbeauftragten mit Bückeburger Wurzeln vom Amtsgericht Nienburg durch eine einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 10.07.2017 verboten, einen unbescholtenen Bürger als Kanalratte zu bezeichnen und ihn mit einer Scheißhausfliege zu vergleichen. Juristisch leichte Kost, die mit wenigen Federstrichen zu erledigen ist und nur deshalb erwähnenswert ist, weil der rechtsfeindliche Provinzpanzer mit stählerner Ignoranz weiterhin vollkommen immun gegenüber der sich als sinnlos entpuppenden Juristerei des Amtsgerichts Nienburg ist.

Einstweilige Verfügungen, Hauptsacheurteile und Beschlüsse über Ordnungsgeld füllen die Akten ohne ersichtlichen Erfolg. Was nützt es, wenn die Tatbestände leicht subsumiert werden können aber für die sich anhäufenden gerichtlichen Entscheidungen jeglicher Vollstreckungsdruck fehlt? Die auf Facebook geteilten Worte der Turboquerulantin selbst formulieren eine schlichte Antwort: "Ab und zu drehe ich mich um. Nur um zu gucken, was mir am Arsch vorbeigeht."

Dienstag, 29. August 2017

Claudia Roth nicht ekelhaft II

Wer sich in der Berufungsverhandlung vor einer Strafkammer dem Vorwurf der Beleidigung der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und ausländischen Mitbewohnern ausgesetzt sieht und dann Begriffe wie "Kampfraum Stalingrad", "Walhall", die „Tafelrunde der Edlen“ und den „Adler der Ostfront" fallen lässt, ist einerseits wohl unbelehrbar ehrlich und andererseits von einem Vertrauen in die Kompetenz und Neutralität der deutschen Justiz geprägt, das man auch als Naivität bezeichnen könnte und schließlich als naiv bezeichnen muss, wenn man das Urteil des Landgerichts Köln vom 03.02.2017 zum Az.: 157 Ns 102/16 auch nur oberflächlich analysiert.

Der Angeklagte war in der ersten Instanz für den Versand einer E-Mail verurteilt worden, in der u.a. zu lesen war "Oder beginnt hier die humane Ausrottung des deutschen Volkes durch vollständige Durchrassung? So wurde es jedenfalls von dieser ekelhaften Claudia Roth in einer Talkshow herbeigesehnt!" und hatte sich im übrigen im Treppenhaus ein mindestens scharfes Wortgefecht mit ausländischen Hausgenossen, die später als Zeugen auftraten, geliefert, für das er ebenfalls zur Rechenschaft gezogen worden war.

Erwähenswert ist im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung unter Hausbewohnern, dass es das Gericht nur für strafmildernd hielt, dass der Angeklagte vom Zeugen ebenfalls beleidigt wurde. Die Voraussetzungen des § 199 StGB wurden verneint, obwohl der Zeuge angab, den Angeklagten ebenfalls beschimpft zu haben, weil der zeitliche Zusammenhang und die Reihenfolge der Äußerungen unklar geblieben seien. Da haben wohl die Gedanken an Stalingrad und die Ostfront die mentale Beweglichkeit des Landgerichts etwas einfrieren lassen, sonst hätte der Umstand, dass es für die Straffreiheit wechselseitiger Beleidigungen nach § 199 StGB nicht auf deren zeitliche Abfolge ankommt, sicherlich eine größere Rolle spielen müssen, denn "entscheidend ist allein, dass es sich um wechselseitige, d.h. unmittelbar aufeinanderfolgende, in einem spezifischen Zusammenhang stehende Beleidigungen handelt", vgl. Beschluss des OLG Koblenz v. 24.02.2011, Az.: 2 Ss 30/11.

So verwundert es dann auch nicht, dass das Gericht bei der Betrachtung der Äußerung über Frau Roth ganz unverhohlen die Hühneraugen zudrückte, allerdings noch einmal zu Lasten des Angeklagten. Dass Gericht verstieg sich angesichts des oben zitiertren E-Mail-Inhalts tatsächlich zu folgendem Nonsens: "Bezeichnet man einen Menschen als "ekelhaft", so impliziert dies, dass diesem Menschen eine unabhängig von der Situation, von seinem Verhalten, dem was er sagt oder tut, zukommende Eigenschaft anhaftet. Eine derartige Äußerung hat mit scharfem Meinungskampf in der Politik nichts zu tun, sondern dient einzig der persönlichen Herabwürdigung. Auch aus dem Kontext der Äußerung, den sonstigen Passagen des Schreibens und seinem Anlass, ergibt sich nichts Abweichendes." Schräg, oder? Aber es kommt noch besser: "Die Bezeichnung steht auch nicht in irgendeinem inhaltlichen Zusammenhang zu den sonstigen zulässigen Äußerungen des Angeklagten."

Das ist angesichts der E-Mail so falsch, dass es eigentlich keiner näheren Erörterung bedarf. Denn der Wortlaut der in Rede stehenden Äußerung zielt eindeutig auf den vom Angeklagten angeführten Umstand ab, dass Frau Roth angeblich die humane Ausrottung des deutschen Volkes durch vollständige Durchrassung herbeigesehnt hätte. Wie man auf die Idee kommen kann, der Ekel des Angeklagten gegenüber Frau Roth bezöge sich nicht wenigstens auch auf deren angebliche Einstellung zum deutschen Volk, bleibt unergründlich.

Zurück bleibt der fade Nachgeschmack, dass sich die deutsche Justiz mit den Prinzipien der Meinungsfreiheit immer dann besonders schwer tut, wenn dem Delinquenten eine "rassistische bzw. fremdenfeindliche Gesinnung" nachgesagt werden kann, die per se nicht strafbar ist. Es ist allerdings kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, warum gerade in solchen Fällen mit leicht durchschaubaren Falschbegründungen Grundrechte über Bord geworfen werden sollten. Das Landgericht muss sich deshalb schlicht eine Gesinnungsjustiz vorwerfen lassen, denn dass die Bezeichnung einer "ekelhaften Claudia Roth" im inhaltlichen Zusammenhang mit deren angeblich gewünschter Durchrassung steht, ist selbst für einen durchschnittlich begabten Gymnasiasten erkennbar.

Montag, 28. August 2017

Durch Staatsanwalt geprüfte Blogartikel

Für viele Richter auf der unteren Stufe der Gerichtsbarkeit scheint es gewöhnungsbedürftig zu sein, ihr zum Teil unanständiges Gewurstel in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt zu sehen. Jahrzehntelang vom Miteinander der Zeitungsverlage und Gerichtsverwaltungen gedeckt, verschwanden unspektakuläre Willkür und erschreckende Unfähigkeit von Richtern ohne großes Aufsehen in den Akten und den sie beherbergenden Kellern.

Spätestens mit den publizistischen Möglichkeiten des Internets war es jedoch mit der Gewissheit vorbei, im Halbdunkel selbstherrlicher Juristerei ungestört dem Ruhestand entgegendümpeln zu können. Nach Dekaden des Dornröschenschlafs ist es nachvollziehbar, wenn Amtsrichter ungeziemlichen Ruhestörungen durch anwaltliche Berichterstattungen nicht durch die Verbesserung eigener Arbeitsqualität entgegentreten mögen, sondern in ihrer Not lieber die Hilfe des Justizapparats höchstselbst erflehen.

Das klappt natürlich nur bedingt und trotz erheblichem Wohlwollen gegenüber den geplagten Richterseelen müssen bisweilen staatsanwaltliche Gütesiegel für Blogartikel verteilt werden, die sich auch beim besten Willen nicht mit Hilfe strafrechtlicher Sanktionen aus dem kollektiven Gedächtnis entfernen lassen. So wurden nach Strafanzeigen gegen den stets um ausgewogene Berichterstattung bemühten Verfasser folgende Blogartikel als von der Meinungsfreiheit gedeckt angesehen und das Verfahren bezüglich der dort erfolgten Äußerungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Begründet wurde die Verleihung dreier Gütesiegel wie folgt:

Amtsgericht Nienburg a.) "In seinem Artikel vom 20.04.2016 (Bl. 3 ff. Bd. I d.A.) kritisiert der Beschuldigte das „Amtsgericht Nienburg“ bzw. „die Justiz“ (Bl. 3, 4 Bd. I d.A.) und bemängelt „richterliches Duckmäusertum" (Bl. 4 Bd. I d.A.), „Arbeitsverweigerung“ (Bl. 6 Bd. I d.A.) und spricht von einem „Armutszeugnis“ (Bl. 5 Bd. I d.A.) bzw. dem Verfahren als „abstrusen Reigen“ (Bl. 7 Bd. I d.A.). Insoweit schwingt sich der Beschuldigte hier zwar zum Verfechter der Rechte seines Mandanten auf und will diese mittels seiner Artikel nun auch außergerichtlich wahren. Allerdings stellt sich die Veröffentlichung des fraglichen Artikels nicht mehr als Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S.d. § 193 StGB dar. Denn anders als bei Äußerungen in einem anhängigen Rechtsstreit greift dieser Rechtfertigungsgrund i.R. einer außergerichtlich betriebenen, an die Öffentlichkeit gerichteten Kampagne nicht (BGH, Urteil vom 17.12.1991 - VI ZR 169/91; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2005 - 20 W 298/04, vgl. Fischer, StGB, 63. Auflage - 2016, § 193 Rn. 7 ff.). Gleichwohl stellen zumindest diese Äußerungen des Beschuldigten inhaltlich noch keine Beleidigung i.S.d. §§ 185 ff. StGB dar. Denn unter Beachtung aller Begleitumstände bringen sie keine persönliche Missachtung bzw. Nichtachtung gegenüber einzelnen Personen zum Ausdruck. Es handelt sich vielmehr um eine allgemeine Unhöflichkeit, verbunden mit einer generellen Kritik an der aus Sicht des Beschuldigten unbefriedigenden Prozessführung (vgl. hierzu Fischer, a.a.O., § 185 Rn. 10). Persönliche Anfeindungen gegen einzelne, nicht namentlich genannte Richter enthält der genannte Artikel nicht, inhaltlich geht es vielmehr um eine Auseinandersetzung mit der Rechtssache selbst, die in tatsächlicher Hinsicht zumindest kursorisch dargestellt wird (Bl. 44 Bd. II d.A.)."

Amtsgericht Nienburg b.) "Ähnlich verhält es sich mit dem Artikel vom 18.05.2016 (Bl. 21 ff. Bd. I d.A.), in dem der Beschuldigte die „charakterlose Unentschlossenheit der Nienburger Robenträger“ (Bl. 23 Bd. I d.A.) anprangert. Hierzu hat er ausgeführt, er betrachte die Vertagung der Entscheidung über ein Ordnungsgeld als rechtswidrig und habe dies mit seinem Artikel zum Ausdruck bringen wollen (vgl. Bl. 43 Bd. II d.A.). Auch insoweit ist die Grenze zur Strafbarkeit nach § 185 Abs. 1 StGB noch nicht überschritten, es handelt sich um eine allgemeine Unhöflichkeit, nicht aber um eine auf persönliche Diffamierung zielende Schmähkritik."

Amtsgericht Nienburg c.) "Des Weiteren hat der Beschuldigte in seinem Artikel vom 12.07.2016 (Bl. 28 ff. Bd. I d.A.) der „niedersächsischen Justiz“ „Versagen“ (Bl. 29 Bd. I d.A.) vorgeworfen und behauptet, die „Nienburger Justiz“ vollziehe eine „Gratwanderung zur Strafvereitelung“ (Bl. 29 Bd. I d.A.). Bei der vorliegenden Äußerungen handelt es sich um eine auf Tatsachenbehauptungen basierende Meinungsäußerung, die grds. den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießt. In diesem Zusammenhang kommt dem Begriff der Rechtsbeugung dann aber nicht die Qualität einer Formalbeleidigung zu, sofern er im Zusammenhang mit einem bestimmten Verfahren oder Urteil verwendet wird, in sachliche Einwände eingebettet ist und damit als - scharfe - Zusammenfassung der Urteilskritik steht (AGH Saarland, Urteil vom 12.08.2002 - AGH 2/02 in MDR 2003, 180). Auch in dem genannten Artikel befasst sich der Besch. mit der von ihm als ungerecht empfundenen Verfahrensführung. Es handelt sich zumindest im Kern um eine sachliche Auseinandersetzung, nicht um eine bloße Schmähung der Entscheidungsträger."

Donnerstag, 24. August 2017

Selbstjustiz

Wenn die Staatsmacht nicht hilft, schützt sich der Niedersachse zuweilen selbst. Dass in früheren Zeiten auch Ritter und Fürsten nicht sicher sein konnten, das Volk ungestraft plündern zu dürfen, belegt der Kreuzstein am Schwarzen Busch in der Leineaue zwischen Ruthe und Koldingen. In Sichtweite von dem erst im 19. Jahrhundert errichteten Schloss Marienburg zeugt der mit einem Petruskreuz versehene Stein seit der Mitte des 15. Jahrhunderts davon, dass sich die einfachen Bürger auch von privilegierten Ständen nicht alles gefallen ließen.

Ritter Ludolff von Ruscheplate bewohnte die Burg Lauenstein am Rande des Ith und plünderte auf seinen Raubzügen regelmäßig die Bewohner des Calenberger Lands um Hannover. Mit den Calenberger Rittern bestand daher eine dauernde Feindschaft. Schließlich wurde er vor das höchste Landgericht im Calenberger Land in Ronnenberg geladen. Jedoch ignorierte der Raubritter von Burg Lauenstein die Ladung und hielt an seinen kriminellen Streifzügen durch das hannoversche Umland fest.

Der adelige Räuber fühlte sich derart sicher, dass er gar einer Hochzeitseinladung ins nahe gelegene Wilkenburg nachkam, von der seine Feinde nur zu gut wussten. Als er auf dem Rückweg von der Hochzeit über Pattensen ritt, stellte sich ihm eine vermummte Reiterschar in den Weg. Wegen deren Überzahl blieb dem Herrn von Burg Lauenstein nur die Flucht nach Ruthe, wo er sich Verstärkung durch Hildesheimer Verbündete erhoffte. Am Schwarzen Busch zwischen Koldingen und Ruthe wurde er jedoch von seinen schwer bewaffneten Verfolgern eingeholt und halbtot geschlagen.

Schließlich wurde er schwer verletzt und gefesselt mit den Beinen nach oben an den Ast einer Linde gehängt, wo ihn seine Verbündeten am nächsten Tag tot auffanden. Am Tatort liessen die Mörder des Raubritters später den Sühnestein mit dem Petruskreuz errichten, der bis heute noch dort steht und die Nachfahren des ehemaligen niedersächsischen Adels vor allzu großer Raffgier mahnt.

Donnerstag, 17. August 2017

Erfreuliches vom besonderen elektronischen Anwaltspostfach

Manche Kollegen fluchen, manche jammern über das beA und mein erster persönlicher Kontakt mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) scheint für den Kollegen, der mir eine besondere elektronische Anwaltspost über das Landgericht Bremen hat zukommen lassen, Teil eines Rettungsankers gewesen zu sein, den ich so nicht für möglich gehalten hätte: "In v.g. Streitsache muss ich auf diesem Weg um Verlängerung der heute abfaufenden Klageerwiderungsfrist um mindestens 2 Wochen nachsuchen. Am 04.08.2017 ist der Kanzleiserver abgestürzt und bisher ein Zugriff auf die Anwaltssoftware einschließlich Briefmanager nicht möglich. Daher kann die Klageerwiderung nicht gefertigt werden, das office-eMail-Programm ist davon nicht betroffen. vwxyz (Rechtsanwalt)". Das ist doch mal eine Werbung für das beA. Wenn bei einem Anwalt fast nichts mehr geht, rettet das besondere elektronische Anwaltspostfach eine Frist.

Mittwoch, 9. August 2017

Ehrenschutz und Liebe - nicht immer vertragen sie sich!

Manche Fragen werden schnell, manche langsam und manche gar nicht beantwortet. Nicht nie aber spät, jedoch nicht zu spät, möchte ich hier die vor etwa einem Jahr als Überschrift gestellte Frage eines Artikels noch einmal und jedenfalls in aller Deutlichkeit beantworten, nämlich ob der dort genannte Amtsgerichtsdirektor an irgendeinem kleinen Amtsgericht in Deutschland die Beklagte lieb hatte.

Nein, er hatte sie nicht lieb und er hat sie nicht lieb und wenn mich nicht alles täuscht, wird er sie auch nie lieb haben. Diese doch recht einfache Antwort hatte sich in dem von mir vor einem Jahr geschriebenen Artikel offenbar so gut versteckt, dass mich gut gemeinte Ratschläge der Staatsanwaltschaft und des Amtsgerichts Hannover und nicht zuletzt des Amtsgerichtsdirektors selbst davon überzeugen konnten, noch einmal in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass die etwa verstandene Andeutung einer außerehelichen Beziehung zwischen dem Direktor und der Beklagten, die zudem - völlig zu Unrecht - als Vorwurf der Korruption und Bestechlichkeit aufgefasst worden sein könnte, in meiner satirischen Darstellung ohne jegliche konkrete Anhaltspunkte erfolgte und die beiden Protagonisten meiner kleinen Geschichte ganz im Gegensatz zu haltlosen Spekulationen gerade nicht besonders gut aufeinander zu sprechen sind. Aber das war ja ohnehin jedem klar, dachte ich.

Montag, 31. Juli 2017

Landgericht Hannover - Fotografieerlaubnis nach Missverständnis

Ein Anruf, eine kurze Einleitung und die freundliche Frage, "wann wollen Sie denn kommen?" beendeten das kurze Missverständnis zwischen dem Präsidenten des Landgerichts Hannover und mir unter freundlicher Vermittlung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Celle, der als Dienstvorgesetzter sämtlicher im Bezirk des Oberlandesgerichts Celle tätigen Justizbediensteten einschließlich der dort tätigen Richter die Dienstaufsicht über die nachgeordneten Gerichte ausübt. Man sei beim Landgericht Hannover fälschlicherweise davon ausgegangen, dass ich geheime Gänge und sensible Sicherheitsvorkehrungen fotografieren wollte. Manchmal gelingt es mir einfach nicht, mich hinreichend klar auszudrücken und ich bin dankbar, dass wie im Fall von ungenau gestellten Anträgen im Zivilprozess, wenn das Gericht auf eine sachdienliche Antragstellung hinwirkt, hier das Oberlandesgericht Celle eingegriffen hat und meine Anfrage nach der Anfertigung von Aufnahmen des Inneren des Landgerichts Hannover gegenüber dem Präsidenten des Landgerichts Hannover so klar ausformuliert hat, dass mir mein Wunsch nach einer diesbezüglichen Fotografieerlaubnis schließlich doch noch erfüllt werden konnte.


Dienstag, 25. Juli 2017

Turboquerulantin - mit Peanuts beworfen

Die unumstrittene Herrscherin über das Amtsgericht Nienburg regiert nach wie vor mit unbarmherziger Strenge über die verzweifelte örtliche Justiz und läßt Ordnungsgeldbeschlüsse mit stoischer Ruhe an ihrem Mantel der Unbeugsamkeit abtropfen.

Die zarte Mahnung aus dem vorangegangenen Verfügungsverfahren von EUR 300,- verhallte ebenso ungehört in den lichten Auen der niedersächsischen Provinz wie die folgenden Ordnungsgelder über EUR 500,- und EUR 800,- im anschließenden Hauptsacheverfahren und Kenner der immer größer werdenden Fan-Szene der Turboquerulantin sind sich sicher, dass auch das jüngst mit Beschluss vom 18.07.2017 verhängte Ordnungsgeld über EUR 1.000,- nicht dazu führen wird, Nienburgs prominenten Richterschreck in ihrem Feldzug für die "Wahrheit" zu stoppen.

Mittlerweile konnte die streitbarste Naturgewalt des Nordens einen erfahrenen Top-Anwalt aus Oberhausen verpflichten, der ihr nicht nur im Kampf gegen die heimische Richterschaft mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln beisteht. Schafft es der mit allen Wassern gewaschene Rechtsanwalt aus der Wiege der Ruhrindustrie das personifizierte Aushängeschild der deutschen Justizopfer dem lästigen Klammergriff einer bemühten Gerichtsbarkeit zu entwinden? Wir werden es erfahren.

Donnerstag, 20. Juli 2017

Landgericht Hannover - keine Fotografieerlaubnis aus Sicherheitsgründen

Ab und zu kommt es vor, dass ich Urteile des Landgerichts Hannover auf meiner Homepage einstelle oder über dessen Entscheidungen in meinem Blog berichte und insoweit wäre es nützlich, für einen solchen Fall entsprechendes Bildmaterial zur Verfügung zu haben. Daher habe ich den Präsidenten des Landgerichts Hannover um eine Fotografieerlaubnis gebeten. Telefonisch hatte man mir schon zu verstehen gegeben, dass mein Vorhaben unerwünscht sei, aber ich hake nach:

"Neben einer Veröffentlichung von Fotos des Inneren des Landgerichts Hannover auf meiner Homepage möchte ich derartige Fotos auch verwenden, um auf diese Weise Blogartikel über Entscheidungen des Landgerichts Hannover illustrieren zu können. Mir ist durchaus bewusst, dass ich solche Artikel auch mit Außenaufnahmen, deren Anfertigung keiner Erlaubnis bedarf, illustrieren könnte. Da ich nur Fotos vom Inneren des Landgerichts Hannover anfertigen möchte, auf denen keine Personen zu sehen sind, ist für mich aber kein Grund ersichtlich, der insoweit meine Beschränkung auf bloße Außenaufnahmen rechtfertigen könnte." 

Ich bat das Gericht um eine schriftliche Begründung, die der Bedeutung der Pressefreiheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung trägt, um eine Ablehnung der Bitte nach einer Fotografiererlaubnis überprüfen lassen zu können. Die erneute Ablehnung einer Fotografiererlaubnis kam dann auch recht zügig, diesmal mit schriftlicher Begründung:

"Das Landgericht Hannover und seine Räumlichkeiten sind regelmäßig erheblichen Gefahren für die Sicherheit der Prozessbeteiligten aber auch für die Bediensteten des Landgerichts ausgesetzt. Wegen seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz zugewiesenen Aufgaben gehören auch Strafverfahren aus dem Bereich der Schwer- und Bandenkriminalität regelmäßig zu den Prozessen, mit denen das Landgericht befasst ist. Aus diesem Grunde finden auch umfangreiche Einlasskontrollen mit Personendurchsuchung statt. Möglichen gefährlichen Vorhaben kann und soll auch damit begegnet werden, dass Fotografien und Aufnahmen in dem Gerichtsgebäude selbst nicht hergestellt werden dürfen und auch nicht im Umlauf sind."

Dass im Landgericht Hannover strengere Maßstäbe gelten als im Oberlandesgericht München, ist erstaunlich. Dass Fotografien und Aufnahmen im Landgericht Hannover nicht hergestellt werden dürfen und auch nicht im Umlauf sind, ist schlicht falsch und ich habe nicht nur deshalb starke Zweifel daran, dass die umfassende Verweigerung der Anfertigung von Innenaufnahmen des Landgerichts Hannover rechtmäßig ist.

Dienstag, 18. Juli 2017

Regensburger Domspatzen

Es ist nur einer der größten Missbrauchsskandale innerhalb der Organisation, die sich römisch-katholische Kirche nennt und damit für Kenner von religiösen Sekten keine besondere Überraschung. Als "Gefängnis, Hölle und Konzentrationslager" beschreiben sexuell missbrauchte Kinder ihre Erfahrungen bei den weltbekannten Regensburger Domspatzen.

Über Jahrzehnte sollen laut einem Abschlussbericht 547 Kinder Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt geworden sein. Angesichts der weitgehenden Ignoranz von Justiz und Politik gegenüber dem organisierten Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche bleibt mir an dieser Stelle nicht viel mehr, als erneut auf den instruktiven Artikel auf Wikipedia hinzuweisen, der sich mit dem sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche befasst.

Vielleicht gibt ja auch Innenminister Thomas de Maizière nach Vorlage des Abschlussberichts eine kurze Stellungnahme ab, etwa: "Der religiös begründete Terror gegenüber Kindern hat mit dem Christentum nichts zu tun."

Mittwoch, 12. Juli 2017

Amtsgericht Hannover: Anwalt sieht rot

Wer als Anwalt beim Amtsgericht Hannover die Interessen seiner Mandanten vertritt, kommt in der Regel nicht umhin, seinen Fuß entweder in den Altbau des Amtsgerichts zu setzen oder den Neubau zu betreten. Als Hannoveraner sieht man schon gar nicht mehr hin, aber auswärtigen Kollegen werden die roten Skulpturen des Schweizer Bildhauers Jean Albert "Schang" Hutter noch auffallen, sind sie doch seit 1989 unmittelbar vor dem Altbau postiert oder sogar fest mit dem Neubau verbunden.


Erst bei genauerem Hinsehen wird man feststellen, dass die Stolperfallen durch Kabel miteinander verbunden sind und Gesichter haben, die an bebrillte Amtsrichter erinnern, die den vergleichsunwilligen Rechtsanwalt mit langer Nase aufzuspießen drohen. Die Kabel scheinen die Vernetzung der Justiz zu repräsentieren und wenn man nicht genau hinsieht, bleibt man entweder darin hängen oder fliegt auf die Schnauze. Letztlich scheint die auf einer hohen Säule für den Durchschnittsanwalt nicht zu erkennende Figur ein Hinweis darauf zu sein, dass dem einzelnen Anwalt nicht nur die Weitsicht fehlt, sondern auch die Erkenntnis, dass er von der Justiz beliebig geritten werden kann, wenn er sich keinen ausreichenden Überblick verschafft.

 

Montag, 10. Juli 2017

Anwaltstypen: Der Schwätzer

Der Amtsrichter möchte dem Gegenanwalt die Akte nicht zur Einsicht schicken, Empfangsbekenntnisse seien nicht zurückgesandt worden. Der Kollege rechtfertigt sich: "Eine Vertretung im vorliegenden Erkenntnisverfahren hat nicht stattgefunden. Der vormalige Prozessbevollmächtigte RA xxxxxxxxxxxxxx hat offensichtlich im Rahmen eines sog. Rundumschlages allen Gerichten/Behörden mitgeteilt, die Beklagte würde nun vom Unterzeichner vertreten, was in dieser Allgemeingültigkeit unzutreffend ist."

Das unkoordinierte Vorgehen der Kollegen ist interessant. Auch die Beklagte selbst sei an dem Chaos beteiligt: "Teilweise hat dies die Beklagte selbst ohne Absprache ebenfalls vorgenommen verbunden mit unübersichtlich gewordenen zahllosen Telefaxen und eMails hierher." Ich muss lachen. Die Situation, dass man von Mandanten mit Faxen und E-Mails bombardiert wird, kenne ich gut. Aber sollte man dies dem Gegner zur Kenntnis bringen und zugeben, dass man breits die Übersicht verloren hat?

Der Kollege verrät weitere Interna. Derzeit sei "ein Kontakt mit der Beklagten für die erforderliche Rücksprache problematisch." Das gefällt mir. Der Gegner verliert den Überblick und die Kommunikation ist gestört. Noch am selben Tag bestätigt ein anderes Gericht die anwaltliche Schilderung der Unordnung: "Der Beschwerde gegen den Beschluss wird nicht abgeholfen. Die Sache wird dem OLG Braunschweig zur Entscheidung vorgelegt. Entgegen der Ankündigung wurde die Beschwerde weder zurückgenommen noch begründet. Neue Gesichtspunkte haben sich nicht ergeben."

Ich bin zufrieden. Die gegnerische Front ist aufgeweicht und ich denke darüber nach, ob die schriftsätzlichen Mitteilungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten einen Verstoß gegen die in § 43 a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) normierte Schweigepflicht darstellen: "Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet." Auch § 2 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) verpflichtet zur Verschwiegenheit und gestattet eine Ausnahme nur bei Wahrnehmung berechtigter Interessen. Das schriftliche Plaudern über ein verkorkstes Mandat dürfte wohl nicht dazu gehören.

Donnerstag, 6. Juli 2017

Hannover im Würgegriff des Scheinadels

Ganz Hannover entblödet sich derzeit in einer Art Wettlauf der Unwissenden anlässlich einer Hochzeit zweier Menschen, von denen es der eine wohl ohne großes eigenes Zutun geschafft hat, von Politik und Presse als Welfenprinz gefeiert zu werden. Von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über den Stern bis hin zum NDR kennt der Unterwerfungsdrang der bürgerlichen Presse keine Grenzen und Herr Ernst August Andreas Philipp Constantin Maximilian Rolf Stephan Ludwig Rudolph Prinz von Hannover wird zum Erbprinz, Junior-Prinz, Welfenprinz und Adligen stilisiert.

Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ("Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit!") dienerte sich gar durch einen Lehrgang zum Standesbeamten, um Herrn Prinz von Hannover und Frau Ekaterina Malysheva heute im Neuen Rathaus von Hannover zu trauen zu dürfen und damit stellvertretend für die Bürger seiner Stadt ehrfürchtig das Haupt zu neigen. Ehrensache, dass die kirchliche Trauung am kommenden Samstag in der hannoverschen Marktkirche erfolgt, damit auch die durch Presse und Politik in die Irre geführten Bürger auf einer von ihnen als Adelshochzeit gefeierten Veranstaltung dem Mitglied einer Familie zujubeln dürfen, die ihren Reichtum über Jahrhunderte durch fragwürdige Privilegierungen und nicht zuletzt auch mit Hilfe der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entscheidend vergrößern konnte.

Dass der Adel durch die Aufhebung der öffentlich-rechtlichen Vorrechte längst abgeschafft wurde und die Nachteile der Geburt oder des Standes durch die Weimarer Reichsverfassung seit 1919 Geschichte sind, interessiert demokratisch legitimierte Institutionen und die Medienlandschaft genauso wenig wie der Umstand, dass Adelsbezeichnungen nach dem bis heute geltenden Artikel 109 der Weimarer Reichsverfassung nur noch Teil des Namens sind. Prinzen, Fürsten und Adelshäuser gibt es nicht mehr, wohl aber das Bedürfnis einer verdummten Gesellschaft, dem Scheinadel Privilegien zu gewähren, für deren Abschaffung das Bürgertum im 17. und 18. Jahrhundert nicht zuletzt mit Hilfe der freien Presse lange gekämpft hat.

Montag, 19. Juni 2017

Wutrichter im Unabhängigkeitswahn

Wenn ich dem amtsrichterlichen Hass nicht aus beruflichen Gründen entgegentreten müßte, könnte ich mich über die bizarren Ausfälle eines Amtsrichters aus Hagen gegenüber unserem Mandanten köstlich amüsieren. Das Schöne an seinem wirren Treiben ist jedenfalls der Umstand, dass er sich traut, seine ungebremste Wut in einen schwachsinnigen Beschluss zu gießen, die damit der Nachwelt gegenüber nicht nur belegbar sondern auch einfach zu übermitteln ist. Noch nützlicher als der Mut des Richters ist dabei dessen transparente Wortwahl, die auch dem ärgsten juristischen Laien plastisch vor Augen führt, an welch´ verlorene Seelen man als Rechtsuchender bei einem Amtsgericht geraten kann.

An die Stelle, in welcher bei einem Beschluss oder Urteil gewöhlich die formale Parteistellung wie "Antragsteller" oder "Kläger" zu finden ist, hat der Hagener Berserker die Formulierung "nicht existent" setzen lassen und auch wir wurden zu "sogenannten Prozessbevollmächtigten" degradiert. Im gleichen Atemzug musste sich unser Mandant noch die Bezeichnung "Nichtperson" gefallen lassen. Seit meiner juristischen Ausbildung sind mir zwar die Begriffe "natürliche Person" und "juristische Person" bekannt, die "Nichtperson" ist mir hingegen neu. Bei Google wurde ich jedoch schnell fündig und konnte der philosophischen Abhandlung "Person: vom alltagssprachlichen Begriff zum wissenschaftlichen Konstrukt" von Eva Marsal folgende Definition entnehmen: "Eine Nichtperson dagegen ein Mensch, der durch seine Unmenschlichkeit das Recht verwirkt hat, sich Mensch zu nennen, wie z. B. Adolf Hitler". Zu Gunsten des irrlichternden Amtsrichters werde ich unterstellen, dass sich seine juristische Unfähigkeit mit entsprechender Unbelesenheit paart und er die Wertung dieser Abhandlung gar nicht kennt.

In der Sache selbst ging es übrigens um eine nach § 68 Abs. 3 GKG gebührenfreie Streitwertbeschwerde im eigenen Namen gem. § 32 Abs. 2 RVG, deren Begründung den Richter offensichtlich zu neuen Höchstleistungen anspornte: "Das Gericht ist mit keinem Wort auf die im Antrag unter Nr. 6) ausgeführten Erwägungen zur Schwere der Rechtsverletzungen und die Bemessungsgrundlagen des § 48 Abs. 2 GKG eingegangen, sondern hat in Bezug auf eine zu treffende Ermessensausübung einfach überhaupt nichts ausgeführt. Das mag daran liegen, dass das Gericht durch die Konzentration auf unwesentliche Nebenaspekte des Verfahrens in Bezug auf die maßgeblichen Umstände des vorliegenden Falls ein wenig den Faden verloren hat und diesen Umstand durch die willkürliche Festsetzung des Streitwerts auf EUR 600,- und der damit verbundenen Konsequenz, sich die mangelhafte Verfahrensführung nicht von einer höheren Instanz bescheinigen lassen zu müssen, aus dem Blickfeld des Landgerichts rücken möchte."

Schließlich wissen wir alle, dass Willkür Richtern ja erst dann richtig Jux macht, wenn das Ergebnis von der nächst höheren Instanz nicht überprüft werden kann.

Freitag, 9. Juni 2017

Wutbürger vor dem Bundesverfassungsgericht

Die Welle der Empörung deutscher Wutbürger über die Altparteien im Parlament ist nun bis ins Bundesverfassungsgericht geschwappt. ln dem Verfahren über den Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung die etablierten Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wegen ihrer staatsfeindlichen und kriminellen Handlungen von der Bundestagswahl 2017 auszuschließen, hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 01.06.2017 zum Aktenzeichen  2 BvQ 30/17 entschieden, den Antrag abzulehnen, da eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde auf der Grundlage des Vorbringens des Antragstellers von vornherein unzulässig wäre. Das Begehren des Antragstellers sei kein statthafter Beschwerdegegenstand der Verfassungsbeschwerde. 

Zwar kann das Bundesverfassungsgericht nach § 32 BVerfGG im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist, dies gilt aber nicht, wenn die Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre.

Im vorliegenden Fall dürften die Argumente des Antragstellers im Hinblick auf staatsfeindliche oder kriminelle Handlungen der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ungehört verhallen, da der Antragsteller - staatsfeindliche und kriminelle Handlungen einmal unterstellt - wohl schon keine daraus resultierenden Grundrechtsverletzungen durch die Altparteien darstellen konnte, durch die er selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen wäre, Art. 93 I Nr. 4 a GG i.V.m. § 90 I BVerfGG. Verteidigt werden können immer nur eigene Rechte, die durch parlamentarisches Gewurstel der Parteien eben nicht unmittelbar betroffen sein können.

Dienstag, 16. Mai 2017

Turboquerulantin - Das Massaker nach Anwaltswechsel

Nach gefühlten 30 verlorenen Verfahren auf Seiten der Turboquerulantin haben wir den tapferen Kollegen aus Ettlingen verabschiedet und durften für das Rückspiel am Amtsgericht Duisburg-Ruhrort im Massaker-Verfahren einen Rechtsanwalt aus Oberhausen als Vertreter des angeblichen Justizopfers begrüßen. Dass es für den neuen Bevollmächtigten der Turboquerulantin nicht besser lief, war keine Überraschung, denn die von der Gegenseite angekündigten Beweise für einen rauschenden Triumph blieben schlicht aus.

Im Mittelpunkt des Prozesses stand ein Konto auf Facebook mit dem Namen "Turboquerulantin", dass angeblich von unserem Mandanten betrieben wurde. Von dort aus sollte er ein Massaker am Amtsgericht Nienburg angedroht haben. Eine falsche Tatsachenbehauptung, die nach höchstpersönlichem Einspruch der juristischen Geisterfahrerin gegen ein Versäumnisurteil vom Amtsgericht Duisburg-Ruhrort durch Urteil vom 10.04.2017 zum Az.: 10 C 313/16 erneut verboten wurde.

Das Amtsgericht musste sich auch mit der wiederkehrenden Behauptung einer Prozess- oder Verhandlungsunfähigkeit der TQ befassen, die regelmäßig durch nichtssagende ärztliche Bescheinigungen gestützt werden sollen: "Für eine Prozessunfähigkeit der Verfügungsbeklagten bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Vielmehr war erkennbar, dass die Verfügungsbeklagte die angebliche Verhandlungsunfähigkeit vorschob, um sich vor einer gerichtlichen Ahndung der Vorwürfe gegen sie zu schützen. Das lässt sich aus der Weigerung, eine aussagekräftige ärztliche Bescheinigung vorzulegen, entnehmen."

Wir haben die Masche der Turboquerulantin, sich vor unangenehmen Verfahren mittels Attest zu drücken, zum Anlass genommen, die Bestätigungen einer psychischen Krankheit als auch die mehrfache Bestätigung von Verhandlungsunfähigkeit oder Haftunfähigkeit durch den Hausarzt einer juristischen Überprüfung durch die Staatsanwaltschaft unterziehen zu lassen. Denn nach § 278 StGB macht sich ein Arzt strafbar, der ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einem Gericht wider besseren Wissens ausstellt. Als Allgemeinmediziner ohne das notwendige Fachwissen vor anstehenden Gerichtsterminen stereotype ärztliche Gesundheitszeugnisse auszustellen, die eine psychische Krankheit attestieren, könnte schlicht strafbar sein.

Mittwoch, 10. Mai 2017

krimineller Abi-Streich

Ulrich Dauben, Schulleiter am Quirinus-Gymnasium in Neuss, schließt rechtliche Konsequenzen für den jüngsten Abi-Streich an dem humanistischen Gymnasium mit über 700-jähriger Tradition nicht aus: "Es kann sein, dass Kollegen Anzeige erstatten."

Wenn Lehrer erwägen, die Staatsanwaltschaft auf Schüler des eigenen Abschlussjahrgangs anzusetzen, kann es nur um Verletzte oder einen hohen Sachschaden gehen - dachte ich. Tatsächlich muss man dem verabscheuungswürdigen Abi-Scherz eine kriminelle Energie bescheinigen, die ihresgleichen sucht. Den zu Grunde liegenden Sachverhalt beschreibt ein Brief dreier Lehrerinnen der Schule an ihre Schüler, mit welchem sie ihre Mitarbeit am Abiturgottesdienst 2017 aufkündigen, hinreichend genau:  

"An die Schülerinnen der Vorbereitungsgruppe des Abiturgottesdienstes 2017

Am 7. April 2017 wurden am Quirinus Gymnasium, einem öffentlichen Raum, mit Mehrheitsbeschluss der gesamten Jahrgangsstufe Q2 folgende bildliche und schriftliche Darstellungen vorgenommen:
Im Foyer wurde eine ca. 2 m große, erigierte Penisabbildung an eine Wand geklebt. Die heraus spritzenden Spermiendarstellungen wurden durch Fotos einiger Mitglieder des Lehrerkollegiums bedeckt. In der Glasvitrine vor dem Verwaltungsgang (Schulleitung und Sekretariat) stand ein ca. 20 cm großer Dildo mit folgendem Satz: "Weil sie ja jetzt nicht mehr mit uns ficken können - hier ein kleiner Ausgleich XOXO, Q 2"

Wir sind ausgesprochen entsetzt über diese sexistischen, überaus niveaulosen, sehr respektlosen und ehrabschneidenden o.g. bildlichen Darstellungen sowie schriftlich gemachten Äußerungen, die das gesamte Lehrerkollegium beleidigen und diffamieren. Daher sind wir nicht bereit, den Abiturgottesdienst weiter mit Ihnen zu planen und zu organisieren, und beenden unsere Tätigkeit.

Mit freundlichen Grüßen"

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals von einem bösartigeren Abi-Streich gehört hätte. Ein Penis-Mosaik an der Wand und ein Dildo nebst Kondom mit dem metaphorisch verwendeten Wort "ficken". Ein derartig widerwärtiges Verhalten verdient die Ausschöpfung aller zivil- und strafrechtlicher Sanktionen, die ein funktionierender Rechtsstaat zu bieten hat. Das Mitwirken an der Organisation eines Abiturgottesdienstes unter diesen Voraussetzungen wäre in der Tat ein verheerendes Signal an nachfolgende Schülergenerationen. Schließlich hatte Jesus nicht ohne Grund verkündet: "Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen." Von eigenen Schülern war da nicht die Rede.

An den gesamten Abi-Jahrgang kann man nur appellieren, die verantwortlichen Übeltäter nicht zu decken und dafür zu sorgen, dass sie ihrer gerechten Strafe nicht entgehen. Wer in seiner Schulzeit bisher nicht gelernt hat, Kameraden zu denunzieren, sollte sich diese letzte Möglichkeit nicht entgehen lassen und damit beweisen, dass er am Quirinus-Gymnasium zu einer verantwortungsbewussten und sozial ausgerichteten Lebensgestaltung befähigt wurde.

Dienstag, 9. Mai 2017

Geh´ nach hause du Hurensohn

Als Hannoveraner ist man derzeit sehr an den Spielen der Aufstiegsfavoriten der 2. Fussball-Bundesliga interessiert, was dazu führte, mir am Montagabend das Spitzenspiel zwischen dem Dritt- und Viertplatzierten der 2. Liga, Eintracht Braunschweig und Union Berlin, anzusehen. Als in der 54. Minute der Berliner Abwehrmann Roberto Puncec einen Konter der Braunschweiger durch ein Foulspiel an Christoffer Nyman unterband und nach seiner zweiten gelben Karte des Platzes verwiesen wurde, waren die Schmähgesänge zahlreicher Braunschweiger Fans deutlich für jeden Zuschauer hörbar: "Geh´ nach hause du Hurensohn."

Unzweifelhaft eine Beleidigung des Berliner Spielers durch zahlreiche Braunschweiger, die mit Hilfe von Kameras im Stadion sicherlich auch nachträglich noch identifizierbar wären. Da eine Beleidigung grundsätzlich nur auf Antrag verfolgt wird und antragsberechtigt in der Regel nur der Verletzte selbst ist, besteht wenig Hoffnung, dass die Braunschweiger Strafverfolgungsbehörden Ermittlungen aufnehmen werden, um ein rechtsstaatliches Exempel am blau-gelben Pöbel zu statuieren.

Ich gehe nicht davon aus, dass Roberto Puncec an der Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen die unbekannten Täter wegen gemeinschaftlich begangener Beleidigung interessiert ist und sich einen Strafantrag verkneifen wird, obwohl er sich angesichts der in der breiten Öffentlichkeit verübten Tat sicherlich nicht den üblichen Standardformulierungen der jeweiligen Staatsanwaltschaft nach einer Anzeigeerstattung wegen Beleidigung ausgesetzt sehen würde:

Der Anzeige wird mangels öffentlichen Interesses keine Folge gegeben, §§ 374, 376 StPO. D. Antragsteller(in) steht der Privatklageweg offen.

Gründe: Bei dem von d. Antragsteller(in) geschilderten Sachverhalt kommt nur ein Privatklagedelikt in Betracht (§ 374 StPO). Die öffentliche Klage wird in diesen Fällen von der Staatsanwaltschaft nur dann erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt (§ 376 StPO). Da der Rechtsfrieden über den Lebenskreis d. Verletzten hinaus nicht gestört ist und die Strafverfolgung kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit darstellt, ist im vorliegenden Fall eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft nicht geboten. Vorliegend erfolgte die beleidigende Äußerung nicht im öffentlichen Raum, sondern im Rahmen einer persönlichen Auseinandersetzung. Bei dieser Ausgangssituation kann ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nicht bejaht werden. Es steht dem Antragsteller frei, durch Erhebung einer Privatklage (§ 381 StPO) vor dem zuständigen Amtsgericht die beantragte Bestrafung des Täters selbst zu bewirken. Erfolgsaussichten einer Privatklage, die im vorliegenden Fall auch zumutbar ist, sowie etwaige zivilrechtliche Ansprüche werden durch diesen Bescheid nicht berührt.

Schade.

Donnerstag, 4. Mai 2017

Patentanwalt veruntreut 100 Millionen Euro

Wer als Rechtsanwalt vergisst, vom Mandanten verauslagte Gerichtskosten weiterzuleiten, kann schnell in Teufels Küche geraten. Zum Küchenchef des Teufels dürfte sich ein ehemaliger Patentanwalt gekrönt haben, der das Institut für Rundfunktechnik (IRT) als gemeinsame Forschungsstelle der öffentlich-rechtlichen Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio seit den siebziger Jahren beraten hat und dabei Erträge im dreistelligen Millionenbereich in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll.

Der Patentanwalt könnte unter Ausnutzung seiner Verhandlungsposition eigene Verträge über Patente des IRT mit einer internationalen Patentverwertungsgesellschaft geschlossen und auf diese Weise über Jahre enorm hohe Beträge vereinnahmt haben. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen des dringenden Verdachts der mehrfachen Untreue in einem besonders schweren Fall, wegen Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall und wegen Parteiverrats. Das Vermögen des beschuldigten Patentanwalts ist bereits durch einen Arrestbefehl des Landgerichts München I gesichert worden. So, und jetzt nochmal schnell die eigenen Umsätze überprüfen, ob nicht doch irgendwo Peanuts hängen geblieben sind und ich die GEZ-Gebühren bezahlt habe.