- "Halt die Fresse, fick die Presse, Kay Du Bastard bist jetzt vogelfrei Du wirst in Berlin in Deinen Arsch gefickt wie Wowereit"
- "Ich verkloppe blonde Opfer so wie Oli Pocher"
- "Ich mach´ Schlagzeilen, fick deine Partei und ich will das Serkan Törun jetzt ins Gras beisst" (es folgen zwei Schüsse)
- "Ich schiess´ auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz"
Unabhängig von der vom Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehobenen Schwierigkeit, den Begriff der Kunst abschließend zu definieren, stellt das Lied "Stress ohne Grund" jedenfalls ein Kunstwerk dar, welches in freier schöpferischer Gestaltung die Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse der beiden durch das in bildungsfernen Bevölkerungskreisen einschlägige Streben nach Erfolg und materiellem Wohlstand geprägten Künstler mittels einer bestimmten Musikform zur Anschauung bringt. Und wie gemeinhin bekannt, ist das Grundrecht der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht mit einem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt versehen. Dennoch ist die Kunstfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet, sondern findet ihre Grenzen unmittelbar in anderen Bestimmungen der Verfassung, die ein in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ebenfalls wesentliches Rechtsgut schützen.
Gerade wenn man den Begriff der Kunst im Interesse des Schutzes künstlerischer Selbstbestimmung weit fasst und nicht versucht, mit Hilfe eines engen Kunstbegriffs künstlerische Ausdrucksformen, die in Konflikt mit den Rechten anderer kommen, von vornherein vom Grundrechtsschutz der Kunstfreiheit auszuschließen, muss sichergestellt sein, dass Personen, die durch Künstler in ihren Rechten beeinträchtigt werden, ihre Rechte auch verteidigen können und in diesen Rechten auch unter Berücksichtigung der Kunstfreiheit einen wirksamen Schutz erfahren. In dieser Situation sind die staatlichen Gerichte den Grundrechten beider Seiten gleichermaßen verpflichtet. Auf strafrechtliche und private Klagen folgende Eingriffe in die Kunstfreiheit sind daher daran zu messen, ob sie den Grundrechten der Künstler und der durch das Kunstwerk Betroffenen gleichermaßen gerecht werden würden.
Weil die Redewendung "in Deinen Arsch gefickt wie Wowereit" durch den Umstand, dass Analverkehr insbesondere unter homosexuellen Männern eine übliche Form des Geschlechtsakts ist, lediglich als allgemeiner und vulgärer Hinweis auf die Homosexualität des Berliner Bürgermeisters Wowereit verstanden werden darf, welche letzterer selbst in der Öffentlichkeit bestätigte, kann dieser Teil des Liedes wohl nicht als Persönlichkeitsrechtsverletzung gewertet werden. Ein auch äußerst vulgärer Hinweis auf die Homosexualität des Berliner Bürgermeisters sollte die Kunstfreiheit des Liedtextes in seiner Gesamtheit insoweit nicht einschränken können.
Die Zeile "Ich verkloppe blonde Opfer so wie Oli Pocher" greift aus keiner Perspektive entscheidend in die Rechte von Herrn Pocher ein, weil selbst die Benennung als "Opfer" keine Bezeichnung wäre, welche in diesem Zusammenhang das Grundrecht der Kunstfreiheit einzuengen vermag. Darüber hinaus bleibt offen, ob insoweit nicht sinnbildlich angedeutet werden soll, dass Herr Pocher selbst bereits Dritte zu Opfern gemacht - sozusagen verkloppt - hat und die Künstler ihm insoweit nur nacheifern möchten, (vgl. Landgericht Hannover, Urteil vom 11.01.2006, Az.: 6 O 73/05).
Der lediglich als überspitzte Formulierung und allgemein durchaus als geschmacklos zu bewertende Wunsch, dass "Serkan Törun jetzt ins Gras beisst", kann auch unter der Prämisse, dass dieser Äußerung über den integrationspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Musikstück zwei Schüsse folgen, nicht als Bedrohung gewertet werden, zumal sich dieser Zeile keinerlei Wertung entnehmen läßt, dass die Künstler über die blosse Äußerung des Wunsches hinaus an dessen Umsetzung denken oder gar mitwirken möchten. Denn unerläßlich für die objektive Tatseite des § 241 StGB ist nämlich, daß die Tathandlung nach Art und Umständen objektiv geeignet ist, bei einem "normal" empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit der Ankündigung zu erwecken. Wegen dieses objektiven Maßstabs werden all die Ankündigungen aus dem Deliktsbereich ausgeschlossen, die nicht als objektiv ernst zu nehmende Bedrohung mit einem Verbrechen angesehen werden können, selbst wenn der Bedrohte sich davon hat beeindrucken lassen. Dem Tatbestand unterfallen demzufolge nicht Handlungen und Äußerungen, die zwar nach dem äußeren Erscheinungsbild eine "Verbrechensandrohung" zu enthalten scheinen, die aber nach ihrer konkreten Erscheinungsform als provozierender Liedtext zweier um Aufmerksamkeit buhlender Sprechgesangskünstler nicht die Besorgnis zu rechtfertigen vermögen, daß ein "normal" empfindender Mensch durch sie ernstlich beunruhigt werden könnte (vgl. Amtsgericht Rudolstadt, Beschluss vom 09.07.2012, Aktenzeichen 355 Js 15271/12 1 Ds jug).
Die Wendung "Ich schieß´ auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz" scheint jedoch auch im Lichte der Kunstfreiheit eine unzulässige Äußerung zu sein, weil sich die Künstler insofern selbst eines Verbrechens gegen Frau Roth rühmen und damit eine auf die Politikerin bezogene Menschenverachtung einhergeht, die durch eben diese Kundgabe von Missachtung und Nichtachtung als Beleidigung gem. § 185 StGB aufgefaßt werden muß. Zwar wird unter der Massgabe der konkreten Kunstform auch insoweit nicht von einer Bedrohung nach § 241 StGB ausgegangen werden können, aber die mit dem Lied einhergehende Beleidigung von Frau Roth dürfte ihr aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitetes Persönlichkeitsrecht und den damit verbundenen Anspruch auf Achtung ihrer Persönlichkeit verletzen und insofern einen Abwehranspruch gegenüber der ehrverletzenden Äußerung begründen.
Insgesamt ist die Aufregung um die Veröffentlichung des Songs ein gelungener Marketingerfolg, da sich aggressive Rap-Texte in der Hauptzielgruppe jugendlicher Konsumenten besonders gut verkaufen lassen. Die Publicity ist eine schlichte Folge der Tatsache, dass auch die führenden Musiklverlage dazu übergegangen sind, unter jugendlichen und erwachsenen Kriminellen glaubwürdige und damit umsatzträchtige Stars zu suchen, um diese gezielt zur Gewinnmaximierung in Musikproduktionen einzubinden. Damit bekommen auch vermehrt sozial benachteiligte Musiker eine Chance, sich erfolgreich in das Wachstumsstreben der Medienindustrie zu integrieren. Mit der Veröffentlichung des umstrittenen Musikstücks "Stress ohne Grund" hat Bushido jedenfalls gezeigt, dass er seine Lektion als Schulabbrecher im Medienbusiness gelernt hat und ein würdiger Träger des ihm vom Burda-Verlag im Jahre 2011 verliehenen Bambi-Integrationspreises ist.
Deutschland?
AntwortenLöschenJustiz? Politik? Das Ding ist doch längst im Eimer!
Zwei Opportunisten die sich solange mögen, wie der Eine dem Anderen nützlich ist. Armselig.
LöschenEine besonnene und gelungene Analyse!
AntwortenLöschenIn dem Video wird noch eine Person im den Kofferraum gepresst und am Schluss des Videos verbrannt.
AntwortenLöschenDas Video ist ein Aufruf zu Gewalt. Bushido mag noch davonkommen. Aber seine Fans, seine Nachahmer, die sich keine creme de la creme Mediananwälte leiten können und die die Feinheiten des Rechtsgeschäfts nicht kennen, werden von Bushido verheizt.
Die Analyse lenkt von der wirklichen und gefährlichen, verfassungswidrigen Aussage des Videos ab. Typisch für geschäftstüchtige Rechtsanwälte.
Herr Möbius, wollen Sie Bushido dem Oliver Moser bzw. der Julia Bezzenberger als Mandant abspenstig machen?
Wenn Bushido auch bei Ihnen verliert, würde ich gerne Ihre Argumente erfahren, mit denen Sie Bushido dann beruhigen werden.
Ein lukratives Geschäft wird es bleiben.
Herr Schälike,
Löschender Artikel ist sicher keine Werbung, die sich an einen bestimmten Mandanten richtet. Zu der Tragweite der Verfassungswidrigkeit eines Musikstücks empfehle ich die Lektüre des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Lied "Deutschland muss sterben". Wir werden erleben, dass dieser Videoclip ohne rechtliche Folgen bleiben wird. Lukrative Geschäfte für Künstler und Anwälte wird es weiter in derartigen Konstellationen geben. Wenn Sie sich um Deutschland sorgen, kann ich das nachvollziehen. Dann sollten allerdings nicht geschäftstüchtige Anwälte und Künstler im Zentrum Ihrer Sorge stehen.
Herr Möbius,
Löschendie Rechsprechung besagt anderes als Sie darlegen. Dass Wowereit ein Homosexueller ist, ist bekannt. Alle weiteren Details sind Intimsphäre. Auch wenn diese stimmen, kann es verboten werden, das öffentlich darzulegen. Wie Wowereit sein Sexleben konkret lebt, wissen weder Bushido noch Sie. Da hilft nach der heutigen Rechtsprechung auch die Kunstfreiheit nicht.
In dem von Ihnen zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lied "Deutschland muss sterben" werden kein Namen genannt. Es geht, wenn man der heutigen Rechtsprechung folgt, um die „Persönlichkeitsrechte“ von Deutschland. Da gelten andere Verbotsmaßstäbe (Zensurregeln) als bei den Persönlichkeitsrechten natürlicher Personen.
Außerdem ist auch die Kunstfreiheit in den BVerfG-Urteil beschränkt worden:
Freiheit der Kunst findet ihre Grenzen allein in den Grundrechten Dritter in anderen verfassungsrechtlich geschützten Gütern (vgl.BVerfGE 81, 278 <292> ). Daher schließt Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine Bestrafung nach § 90 a Abs. 1 StGB wegen Verunglimpfens oder böswilligen Verächtlichmachens der Bundesrepublik Deutschland nicht generell aus (vgl.BVerfGE 81, 278 f.; 81, 29 8 ff. ). Im Lichte des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG darf der Schutz des Staates und seiner Symbole nach § 90 a StGB aber nicht zu einer Immunisierung des Staates gegen Kritik und selbst gegen Ablehnung führen. Vielmehr bedarf es stets einer einzelfallbezogenen Abwägung der widerstreitenden Verfassungsrechtsgüter (vgl.BVerfGE 81, 278 <294>
Herr Schälike,
Löschenwas Sie sagen ist ja grundsätzlich richtig. Ich bleibe allerdings bei meiner Auffassung, dass die Zeile "in Deinen Arsch gefickt wie Wowereit" keine Tatsachenbehauptung dahingehend ist, dass Herr Wowereit regelmäßig passiven Analverkehr geniesst, sondern ein allgemeiner Hinweis auf seine Homosexualität ist, die seine Rechte nicht - auch nicht durch die vulgäre Form des Hinweises - verletzt. Im Übrigen ist es einfach nichts besonderes und damit anrüchiges, wenn man als Homosexueller "in den Arsch gefickt" wird - jedenfalls kann diese Redewendung aus meiner Sicht nicht zum Anlass genommen werden, in die Freiheit der Kunst eingreifen.
Herr Möbius,
LöschenIch teile Ihre Meinung, aber die Rechtsprechung ist leider anders.
Wir werden es vielleicht erleben.
Aber etwas zuviel Aufwand für diesen Unterschicht"musiker", oder?
AntwortenLöschenWenn Sie meinen Aufwand meinen, müssen Sie diesen als Ventil für den Schwachsinn verstehen, den ich den ganzen Tag in der Tagespresse lese. Nur lesen kann ich nicht mehr.
LöschenDie Fangemeinschaft dieser Rapper leben meistens von Hartz 4 oder anderen Sozialleistungen. Mit regelmäßigem Einkommen und Pflege durch die Ämter lässt es sich angenehm gegen diese Gesellschaft protestieren. Bushido verdient sein Geld durch diese Fans, die in ein paar Jahre später es nicht mehr sein werden, aber es wächst nach. Die ordinairen Äußerungen kann man in Deutschland in fast jedem zweiten Spielfilm hören, Arschficker und abknallen usw. gehört zum täglichen Sprachgebrauch, also was solls, der Markt ist da und er bedient diesen, das ist Marktwirtschaft und sonst nichts. Warum aufregen?
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