Mittwoch, 28. Oktober 2015

Wutbürger gegen Willkürjustiz

Sie erinnern sich an Meral Keskin, die erfundene Nebenklägerin aus dem NSU-Prozess? Ein Rechtsanwalt hatte die nicht existierende Nebenklägerin zweieinhalb Jahre im NSU-Prozess vertreten. Unter dieser Prämisse bekommt das großartige Wutbürgerkino auf youtube unter dem Titel "Die machtlose Richterin - Reichsbürger setzt sich durch" eine etwas andere Perspektive.

Ist es nicht grundsätzlich denkbar, dass sich eine erfahrene Schreibkraft bei Krankheit der Richterin kurzentschlossen die Robe überwirft und die Verhandlung leitet? Vielleicht kommt eine Referendarin auf die wahnwitzige Idee, ihre im Stau stehende Ausbilderin bis auf weiteres zu ersetzen? Unwahrscheinlich - aber dass ein Anwalt zweieinhalb Jahre lang für ein Phantom vor Gericht erscheint, ist nach meinem Dafürhalten noch abwegiger.

Seit Deutschlands berühmtester Prozessbeobachter mit seiner Berichterstattung für wahrnehmbare Risse in der Fassade richterlicher Erhabenheit gesorgt hat, werden Widerworte häufiger. Wer auf youtube nach oben genanntem Titel sucht, wird schnell den - mutmaßlich von einem Prozessbeobachter zu verantwortenden - unter Verstoß gegen § 169 GVG entstandenen Film finden, der genau aus diesem Grund vom höchstrechtstreuen Blogbetreiber nicht verlinkt wird. Dort wird eine Verhandlung am Amtsgericht Bielefeld für den zarten Robenhasen zum Debakel: "Sind Sie Richterin?" "Können Sie mir das bestätigen?" "Nein, ich unterschreibe Ihnen gar nichts" "Also können Sie sich nicht legitimieren?" "Doch ich kann mich legitimieren" "Warum tun Sie es dann nicht?" "Ich hab´ zwei Staatsexamen". "Ich bin Richterin, ich unterschreibe Ihnen nichts" und am Ende des etwa 13 Minuten langen Dramas dann die weiße Flagge des Gerichts: "Zum jetzigen Zeitpunkt werde ich die Verhandlung unterbrechen, das hat so keinen Sinn". Ein kleiner Sieg für den standhaften Bürger und seinen Prozessbeobachter.

Aus meiner Sicht sollte das Verlangen nach der Vorlage eines Ausweises auch bei Richtern nicht als Sakrileg behandelt werden, selbst wenn es keine offensichtlichen Zweifel an der Amtsinhaberschaft eines Robenträgers gibt. Denn allein das Gewicht des Justizgrundrechts auf den gesetzlichen Richter spricht dafür, sich davon vor der Verhandlung wenigstens ansatzweise überzeugen zu dürfen.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

BILD gegen die Meinungsfreiheit

Während SPIEGEL-online seinen Lesern lediglich gezielt die Möglichkeit zur Meinungsäußerung in Sachen "Flüchtlinge" einschränkt, macht BILD-online gezielt Jagd auf solche Nutzer von Facebook, die es wagen, ihre abseits der Linie der Partei oder jenseits des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden liegende Meinung öffentlich zu äußern.

Ist das auf die Prinzipien einer freiheitlich demokratischen Grundordnung hereingefallene Opfer erst einmal in den Hinterhalt der BILD-Agenten geraten, wird es an den online-Pranger gestellt, mit der Unverfrorenheit der Veröffentlichung einer eigenen Überzeugung konfrontiert und über die Hintergründe des Meinungsverrats unerbittlich verhört.

Viele durch BILD-Verhöre Geläuterte schwören ihrer Meinung reuig ab und geloben feierlich, sich in Zukunft nur noch gemäß der Doktrin des Politbüros zu äußern oder sich nur noch zu Kochrezepten und Fußballspielen mitteilen zu wollen. Grundlage der Verfolgung durch den BILD-Sicherheitsdienst ist der jüngst vom Parlament verabschiedete § 126a StGB, welcher der Wiedererlangung der zentralen Publizitätsmacht dienen soll: „Wer sich an einer Gruppe beteiligt, die aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung oder der Regeln des deutschen Gemeinschaftslebens Gewalttätigkeiten, Drohungen oder grobe Belästigungen gegenüber Personen oder böswillige Beschädigungen von Sachen oder Einrichtungen begeht, wird mit öffentlichem Pranger, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Haftstrafe bestraft.“

Die vom Sekretariat des BILD-Komitees sanktionierten Volksmeinungen werden zukünftig in einem bundesweit einsehbaren Meinungsstrafregister veröffentlicht, dessen Strafrahmen einmal im Monat vom nationalen Meinungsrat überprüft und aktualisiert wird. Der Katalog der über das bisher geltende Strafrecht hinausgehenden verbotenen Äußerungen liest sich mit Stand vom 21.10.2015 wie folgt:
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Montag, 19. Oktober 2015

Neues aus Regensburg von der Z9-Verwaltungs GmbH und Frank Drescher

Mit mittlerweile rechtskräftigem Versäumnisurteil zum Az.: 10 C 369/14 vom 07.09.2015 verturteilte das Amtsgericht Regensburg die zur Z9-Verwaltungs GmbH umfirmierte U+C Rechtsanwälte Urmann+Collegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und den ehemaligen Geschäftsführer der KVR Handelsgesellschaft mbH Frank Drescher zur Zahlung von EUR 651,80 wegen zur Abwehr einer unberechtigten Abmahnung entstandener Anwaltskosten, die bei einem zu Unrecht abgemahnten Online-Händler entstanden waren.

Das Gericht folgte damit dem schlüssigen Vortrag des abgemahnten Händlers, wonach die KVR-Handelsgesellschaft mbH ihren "Betrieb" lediglich aufgenommen hatte, um künstlich eine Wettbewerbssituation zu möglichst vielen Anbietern im Internet zu kreieren und diese dann jeweils wettbewerbsrechtlich abzumahnen und der Behauptung, dass es den Beklagten darum ging, durch rechtswidrige Massenabmahnungen Anwaltshonorare bzw. spätere Vertragsstrafen zu generieren. In der dem Urteil zu Grunde liegenden Klage wurde die dahingehende Argumentation wie folgt vertieft:

"Die KVR-Handelsgesellschaft mbH hatte lediglich minimale Umsätze erwirtschaftet, während ein Großteil der Artikel tatsächlich nie im Shop verfügbar waren und Bestellungen von Artikeln, welche die GmbH über Amazon anbot, ihrerseits storniert wurden. Hierdurch sollte insgesamt der Anschein gewahrt werden, dass eine Wettbewerbssituation zu den abgemahnten Händlern bestünde. Aus dem Aktenzeichenstamm der bekannt gewordenen Abmahnung ergibt sich, dass durch die Z9-Verwaltungs GmbH (Beklagte zu 1.) im Zeitraum 08.08.2012 bis 09.08.2012 insgesamt mindestens 371 und im Zeitraum 16.08.2012 bis 17.08.2012 mindestens weitere 671 Abmahnungen versendet wurden. Die KVR bzw. deren Vertreter haben gewusst, dass die Geschäftstätigkeit der KVR-Handelsgesellschaft mbH lediglich vorgetäuscht wurde und dazu diente, Anwaltshonorare und Vertragsstrafen zu kassieren. In rechtlicher Hinsicht stellt die Abmahnung der Beklagten gegenüber dem Kläger ein rechtsmißbräuchliches Verhalten im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG dar. Die Beklagten haben zusammen bewusst unlautere Ziele verfolgt, da ihr alleiniges Interesse darin lag durch die Abmahnungen Anwaltshonorare sowie Vertragsstrafen zu generieren. Insoweit stellt das Verhalten der Beklagten auch eine sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB dar.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 2) als Geschäftsführer der KVR-Handelsgesellschaft mbH ein Anspruch aus § 826 BGB zu. Die vom Beklagten zu 2) beauftragte Abmahntätigkeit war nicht nur gemäß § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich, sondern auch in objektiver sowie subjektiver Weise sittenwidrig und in verwerflicher Gesinnung ausgeführt. Die vorsätzliche Schadenszufügung ist sittenwidrig, da sie gegen das sogenannte Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens ergibt sich zudem aus dem verfolgten Ziel, den gewählten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung sowie den eintretenden Folgen. Insoweit ist anerkannt, dass auch der Missbrauch formaler Rechtspositionen zu einer Verletzung von § 826 BGB führen kann, wenn sich dieser nach Würdigung sämtlicher Umstände als besonders verwerflich herausstellt. Maßstab für eine Prüfung ist grundsätzlich die im Zeitpunkt der Handlung herrschende Sozialmoral im jeweiligen Lebenskreis (Palandt/Sprau, 72. Auflage, §826, Rn. 4 ff).

In der Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass demjenigen, der sich gegen eine unzulässige Abmahnung zur Wehr setzt ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB zustehen kann (vgl. AG-Schleiden Az. 9 C 158/12, AG-Bochum Az. 63 C 211/03, AG-Bochum Az. 9 S 289/03, OLG-Hamm 4. Senat Az. 4 U 149/09). Vorliegend ergibt sich die Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB vor allem aus der Tatsache, dass die Beklagten die Abmahnungen ausschließlich aus einer Gewinnerzielungsabsicht heraus vornahmen. Ein Tatsächlicher Wettbewerb bestand hingegen nicht. Auch wenn im Geschäftsleben eine gewisse Verdrängungsmentalität herrscht und es daher nicht unüblich ist, dass Wettbewerber sich gegenseitig abmahnen, so würde man, obwohl die Abmahnung vorliegend eine tatsächliche AGB Verletzung moniert, wohl von einer "Abzocke" sprechen. Die KVR-Handelsgesellschaft mbH war nie Mitbewerberin des Klägers, weshalb es vorliegend bereits offensichtlich an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis mangelte. Mitbewerber ist bekanntlich jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung stehen danach im Wettbewerbsrecht nur Mitbewerbern zu.

Die für die Annahme der Klagebefugnis i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderliche Stellung als Mitbewerber i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG lag damit schon nicht vor, da die Parteien nicht versuchten, Waren oder Dienstleistungen innerhalb derselben Verkehrskreise abzusetzen mit der Folge, dass das konkrete beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen hätte beeinträchtigen können. Dies würde voraussetzen, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen. Der räumlich maßgebliche Markt wird im Wesentlichen durch die Reichweite der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens bestimmt. Er kann örtlich oder regional begrenzt sein. Die Marktstellung des werbenden Unternehmens, die Attraktivität seines Angebots und die Reichweite seiner Werbung können für die Bestimmung der Grenzen des Marktes maßgeblich sein. Ein Anbieter für Küchengeräte, wie die KVR-Handelsgesellschaft mbH, steht offensichtlich nicht im Wettbewerb mit einem Anbieter von Goldkontakt-Steckverbindern für den Einsatz im Modellbau oder der Mess- und Regeltechnik, selbst wenn die Waren bundesweit über das Internet angeboten werden.

Auch die äußerst kurze Frist stützt den Anschein der Sittenwidrigkeit. Dem Kläger sollte offensichtlich keine Zeit gegeben werden gegen die Abmahnung vorzugehen. Zumindest aber entsteht der Verdacht einer Überrumpelung. Besonders verwerflich ist das Verhalten des Beklagten zu 2), da billigend in Kauf genommen wird, dass durch die Abmahnung und die dafür anfallenden Kosten auch die Existenzgrundlage umsatzschwacher Online-Händler gefährdet wird. Der Beklagte zu 2) haftet auch für das sittenwidrige Vorgehen. Eine sogenannte Durchgriffshaftung der Gesellschafter ist bei Sittenwidrigkeit anerkannt, da nicht die juristische Person, sondern die für sie Tätigen sittenwidrig handeln. Dem Kläger steht gegen die Beklagten zu 1) ebenfalls ein Anspruch aus § 826 BGB zu. Auch insoweit ergibt sich der Anspruch, aufgrund der sittenwidrigen Handlung gemäß § 138 BGB. Von einer verwerflichen Gesinnung der Vertreter der Beklagten zu 1) ist dem Sachverhalt nach auszugehen. Sie wussten um die mangelnde Ernsthaftigkeit der Gewerbstätigkeit der KVR-Handelsgesellschaft mbH, insbesondere war klar, dass der spezialisierte shop des Klägers nicht im Wettbewerbsverhältnis zu ihrer damaligen Mandantin stand. Trotz erkanntem Mangel des Unterlassungsanspruchs wurde die (Massen-) Abmahnung auch an den Kläger gesandt, in der Hoffnung, leicht das Honorar einstreichen zu können. Sie handelte offensichtlich und bewusst rechtswidrig."

Dienstag, 13. Oktober 2015

SPIEGEL ONLINE verzichtet auf Meinungsfreiheit

Wer bloggt weiß, was es heißt, eine Kommentarfunktion unter seinen Artikeln bereit zu halten. Es gibt Leser, die setzen sich konstruktiv mit dem Inhalt der Artikel auseinander, manche schreiben dünne Kommentare und einige irgendeinen Scheißdreck, der keinen interessiert. Aus diesem Konglomerat gilt es grundsätzlich zunächst die Kommentare herauszufiltern, die rechtswidrig sind. Der Rest wird durch die Meinungsfreiheit geschützt, wenngleich es ins Belieben des Seitenbetreibers gestellt ist, mehr Kommentare zu löschen, als nötig und auch missliebige Meinungen zu entfernen. Einige Publikationen verzichten ganz auf die Kommentarfunktion. Die Angst vor der Haftung des Betreibers ist zu groß oder die Meinung der Leser ist der Mühe nicht wert, kontrolliert zu werden.

SPIEGEL ONLINE berichtet nicht nur über Zeitgeschehen, sondern hat eigens eine Rubrik "Meinung", auf der alle erschienenen Kommentare, Debattenbeiträge und Artikel der Kolumnisten zu finden sind. Meinungsmachen ist ein ausgewiesenes Betätigungsfeld von SPIEGEL ONLINE. Wirklich wichtig scheint den Meinungsmachern allerdings nur die eigene Meinung zu sein, anders ist folgender Hinweis unter einigen Artikeln nicht zu interpretieren: "Liebe Leserinnen und Leser, im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf SPIEGEL ONLINE finden Sie unter diesem Text kein Forum. Leider erreichen uns zum Thema Flüchtlinge so viele unangemessene, beleidigende oder justiziable Forumsbeiträge, dass eine gewissenhafte Moderation nach den Regeln unserer Netiquette kaum mehr möglich ist. Deshalb gibt es nur unter ausgewählten Artikeln zu diesem Thema ein Forum. Wir bitten um Verständnis."

SPIEGEL-Artikel mit den Überschriften "Seehofers "Notwehr"-Sprüche: Rhetorisch braun", "Seehofer-Regierung: Bayern will Flüchtlinge nach Österreich zurückschicken" oder "Flüchtlinge: EU startet Umsiedlungsaktion - mit 21 Migranten" dürfen nicht kommentiert werden. Ob die Überwachung des Forums zwecks Eliminierung rechtswidriger Kommentare der Redaktion zu mühsam ist oder dem Trend der Macher zu diesem Thema entgegenstehende aber zulässige Meinungen gar nicht erst verbreitet werden sollen, kann man nur vermuten. Zum Thema "Flüchtlinge" ist die Meinungsfreiheit der Leser SPIEGEL ONLINE jedenfalls nichts wert.

Montag, 12. Oktober 2015

Willkommenskultur: "Lerne Deutsch an frischer Luft"

Was ein wenig an das Motto des Außenkommandos des Arbeitserziehungslagers Lahde in Steinbergen erinnern könnte, ist tatsächlich die Aktion "Lerne Deutsch an frischer Luft", bei welcher ehrenamtliche Bürger aus Rinteln gemeinsam mit Flüchtlingen öffentliche Arbeiten übernehmen und hat rein gar nichts mit der ausweglosen Situation von Zwangsarbeitern aus Osteuropa im Steinbruch Steinbergen bei Rinteln in den letzten beiden Jahren des Zweiten Weltkriegs zu tun.

Einen merkwürdigen Beigeschmack hat es allerdings schon, wenn die Schaumburger Zeitung in der Rubrik „Aktuelles Rinteln“ am 05.10.2015 unter der Überschrift „Flüchtlinge säubern Exter Weg und pflücken Äpfel“ meldet, dass Emiljano und Dejan aus dem Flüchtlingsheim am Kerschensteiner Weg eine Hecke zurückschnitten, Hausmüll und sieben Autoreifen aus der Mühlenexter fischten und den weggeworfenen Unrat entlang des Exter Weges bis nach Rinteln säuberten.

Das Ergebnis der Aktion scheint einzig am körperlichen Einsatz der Sprachschüler gemessen zu werden: „Ein großer blauer Müllsack kam zusammen. Drei Stunden dauerte der Einsatz.“ Leider wird bei diesem freiwilligen Einsatz von Flüchtlingen im Landkreis Schaumburg nicht vermeldet, wie sich die Sprachkenntnisse der Heimatvertriebenen an der frischen Luft über Arbeitskommandos und deutschsprachige Aufdrucke von Einwegverpackungen hinaus entwickelt haben, so dass der aufmerksame Leser nicht um den Eindruck herum kommt, dass das Erlernen der deutschen Sprache bei dieser Aktion nicht allzu sehr im Vordergrund gestanden hat.

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Suchen se immer noch die kinox.to-Fritzen?

fragt mich mein Sohn angesichts des Angebots unter der Domain "kinox.to" und der Tatsache, dass dort mittlerweile alle 6 Folgen der ersten Staffel der Serie "FEAR THE WALKING DEAD" in deutscher Sprache angeboten werden.

Schließlich wurde die erste Staffel selbst in den USA erst im Oktober 2015 abgeschlossen. Damit scheint die Frage angesichts der Aktualität des Angebots auf "kinox.to" bereits beantwortet. Man könnte auch dem Slogan auf der Seite selbst folgen: "still best online movie streams - Legends never die!" Vor knapp einem Jahr stürmte eine Spezialeinheit der Polizei erfolglos ein Wohnhaus in der Nähe von Lübeck, weil sich die mutmaßlichen Betreiber von "kinox.to", die 21 und 25 Jahre alten Brüder Kastriot und Kreshnik Selimi, dort aufgehalten haben sollen, um sie der Generalstaatsanwaltschaft Dresden zu überstellen. Mittlerweile werden die beiden Jungs mit einem internationalen Haftbefehl gesucht, weil sie sich bereits im Juli 2014 aus Deutschland abgesetzt hatten.

In Kürze: Die Betreiber von "kinox.to" werden weiter gesucht, die Website selbst funktioniert, ist auf dem neusten Stand und offensichtlich konnte bislang auch das Geschäftsmodell als solches nicht erfolgreich angegriffen werden, denn die über "kinox.to" geschaltete Werbung läuft weiter und generiert offensichtlich weitere Einnahmen, auf die höchstwahrscheinlich von den Betreibern auch immer noch zugegriffen werden kann.

Die länderspezifische Top-Level-Domain (ccTLD) des Inselstaates Königreich Tonga ".to" scheint weiterhin ein sicherer Hafen zu sein, denn die Registrierungsstelle Tonic („Tongan Network Information Center“) operiert vom Konsulat des Königreichs Tonga in San Francisco unter diplomatischem Schutz und bietet keine Abfragemöglichkeit über die Identität der Domaininhaber, weil deren Kunden nach Angaben des Unternehmens derartige Informationen als eine Verletzung der Privatsphäre betrachten. Der Betrieb einer Second-Level-Domain unter der Top-Level-Domain ".to" kann daher als anonym bezeichnet werden, weil für die Registrierung einer Domain und die Bezahlung laufender Kosten auch postalisch versandte Schecks an die Tonic Domains Corp., P.O. Box 42, Pt San Quentin, CA 94964, U.S.A., akzeptiert werden.

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Schaumwaffeln mit Migrationshintergrund

Nachdem ich erst spät lernen durfte, dass die Nutzung des Wortes "Neger" gar strafrechtliche Konsequenzen mit sich bringen kann, war ich unglaublich erleichtert, dass ich meine Kinder mit Hilfe der Stefan Wenner Technologies aus Empfingen abseits meines althergebrachten - aber eben diskriminierenden - Wortschatzes zu unvoreingenommenen Europäern erziehen kann, ohne ihnen die Süßigkeit, die mir als Kind noch als "Negerkuss" und "Mohrenkopf" vertraut war, vorenthalten zu müssen.

Denn mit der Eintragung der Marke "Schaumwaffeln mit Migrationshintergrund" in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts und dem Vertrieb des so bezeichneten Produkts wird auf dem deutschsprachigen Süßwarenmarkt mit wünschenswerter Marktmacht endlich ein politisch korrektes Produkt angeboten, dass sich in nachahmenswerter Klarheit von einer diskriminierenden Wortwahl distanziert, die jahrzehntelang die deutsche Sprache in Verruf gebracht hat.

Irgendwann wird sicher auch die in der Fleischbranche unverhältnismäßig ironische Wortwahl "Schnitzel mit dem verbotenen Namen" der Vergangenheit angehören und sich stattdessen das "Rotationseuropäerschnitzel" durchsetzen, so dass kommende Generationen deutscher Verbraucher immer weniger von Begriffen behelligt werden, deren Verwendung in der Vergangenheit zweifellos zu einer umfassenden moralischen Desensibilisierung geführt hat.