Samstag, 29. Juni 2013

"Messer weg, Messer weg", dann ein Schuss ...

Das Amateurvideo auf YouTube zeigt die Situation in ausreichender Qualität und regt die Betrachter zu einer Diskussion auf Basis des im Video gezeigten Geschehens an. Zwischen den Positionen "Der Bulle ist ein Mörder" und "Es war richtig zu schießen" sind wohl sämtliche denkbaren Positionen vertreten.

Ein nackter Mann mit einem Messer war gestern im Berliner Neptunbrunnen auf einen Polizisten zugegangen und hatte weder auf die gezogene Schusswaffe noch auf die gleichzeitigen Rufe "Messer weg, Messer weg" reagiert. Erst der unmittelbar auf die Rufe folgende Schuss ließ den Angreifer inne halten, zurückweichen und schließlich zu Boden gehen. Um den Brunnen stehende Polizisten stiegen in den Brunnen und erneut ertönte der Ruf "Messer weg". Es ist zu sehen, wie der am Boden liegende Angreifer immer noch Abwehrbewegungen macht. Der Mann starb wenig später im Rettungswagen.

Die Diskussion um die Notwehrsituation für die Polizei in Berlin ist die eine Seite des Geschehens. Die andere Seite ist die sofort aufkeimende Diskussion um die Veröffentlichung derartiger Videos. Der CDU-Fraktionsvize im Deutschen Bundestag Michael Kretschmer soll folgendes geäußert haben: „So etwas darf nicht gepostet werden. Wenn es etwas gibt, wo Facebook sofort reagieren muss, damit die Bilder aus dem Netz genommen werden, dann sind das solche Fälle.“ Derartige Bilder seien „menschenverachtend“.

Aus meiner Sicht ist weder die Dokumentation derartigen Geschehens noch die Publikation der Dokumentation menschenverachtend. Allenfalls kann das gezeigte Geschehen eine Menschenverachtung dokumentieren. Der Staat wird sich an die Transparenz der Gegenwart durch die für jedermann verfügbare Technik gewöhnen müssen.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Sauladen

Die Überschrift skizziert in einem Wort, was das Arbeitsgericht Hannover von einer Hausverwaltung hält, die für mehrere große Immobilien-Gesellschaften deren Wohnungen in Hannover verwaltet und in einer Klage schwere und strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen eine ehemalige Mitarbeiterin erhob.

Zurückhaltend aber dennoch hinreichend deutlich spricht das Arbeitsgericht davon, dass es "ein eher fragwürdiges Licht auf die Büroabläufe bei der Klägerin" wirft, wenn erst einige Jahre nach der Begründung von Mietverhältnissen bzw. bei Beendigung von Mietverhältnissen feststgestellt wird, dass sich nicht ersehen lässt, ob überhaupt eine Mietkaution gezahlt wurde und dann entsprechende Nachweise bei den Mietern selbst (!) angefordert werden.

Die klagende Hausverwaltung hatte sich angesichts intern schrillender Alarmglocken wegen eines Fehlbetrags von € 40.867,98 bei zu vereinnahmenden Mietkautionen dazu hinreissen lassen, eine ehemalige Mitarbeiterin auf Schadensersatz wegen nicht auffindbarer Mietkautionen zu verklagen.

Denn es zählte es auch zu den Aufgaben der Beklagten, Wohnungsübergaben an neue Mieter durchzuführen und wegen einer schwierigen Mieterstruktur gab es die Anweisung, dass eine Wohnung erst dann an neue Mieter vergeben werden darf, wenn diese die Kaution geleistet haben. Es kam dabei vor, dass neue Mieter die Kaution bei der Übergabe in bar leisteten und hierfür dann auch von der Beklagten eine Quittung erhielten. Vereinnahmte Barbeträge waren in das Büro der Klägerin zu bringen und wurden dann mehr oder weniger zeitnah auf entsprechende Konten eingezahlt.

Offensichtlich erstreckte sich dieses "mehr oder weniger" nicht nur auf die Höhe der Kautionen, sondern auch auf die grundsätzliche Weiterleitung der Gelder. Am Ende war das Chaos perfekt, viel Geld fehlte und ein Sündenbock mußte her. Natürlich durfte das nicht der gegenüber den großen Immobilien-Gesellschaften rechenschaftspflichtige Geschäftsführer der Hausverwaltung selbst sein und so fiel die Wahl auf eine ehemalige Angestellte, die sich nach der Idee der Klägerin daran erinnern sollte, wohin denn ein Teil des Geldes geflossen sei.

In Anbetracht der Tatsache, dass selbst die aktuelle Buchhaltung der Hausverwaltung den Fehlbeträgen hilflos gegenüberstand, ein eher hoffnungsloser Schachzug. Auch insoweit wurde das Arbeitsgericht Hannover im Urteil vom 13.06.2013 zum Az. 7 Ca 48/13 deutlich: "Wenn die Klägerin darauf verweist, dass ihre Buchhaltung und Kontenführung regelmäßig von Wirtschaftsprüfungsunternehmen geprüft und nie beanstandet worden sind, so erscheint dies dem Gericht angesichts eines von der Klägerin behaupteten Gesamtbetrags von € 40.867,98 unklarer Kautionen, die nicht einzelnen Mietverhältnissen zugeordnet werden konnten, kaum glaubhaft oder muss gegen die Gründlichkeit der Prüfungen sprechen."

Eine vornehme Beschreibung der Verhältnisse in einem Sauladen. Dass die Schadensersatzklage gegen die ehemalige Mitarbeiterin abgewiesen wurde, versteht sich von selbst.

Mittwoch, 19. Juni 2013

Die systematische Abschaffung aller ungebrauchten Gmail-Konten

Wir kennen Sie alle: Penisverlängerungen, Viagra-Schnäppchen und jede Menge Gewinnbenachrichtigungen, die empfehlen, "dass Sie PDF angehдngter Datei anzuzeigen".

Lustige Rechtschreibfehler, skurrile Sätze und kyrillische Buchstaben entlarven in der Regel derartige Zusendungen als Massen-Spam.

So auch die jüngst erhaltene Nachricht, die allerdings nicht vom Google Spam-Filter erkannt wurde. Der Versender möchte die Kontrolle über möglichst viele Gmail-Konten erhalten - allerdings auch ohne der Phishing-Mail den letzten sprachlichen Schliff gegeben zu haben:

Sehr geehrtes Mitglied,


In Anbetracht der Verstopfung unseres Netzes, das die Abschaffung aller ungebrauchten Gmail-Konten bewirken wird, wird unser Dienst gezwungen, Ihr Konto zu schließen. Um jede Unannehmlichkeit zu vermeiden, bitten wir Sie, uns die nachstehenden Informationen zu liefern. Sie müssen das Formular  genau ausfüllen. Andernfalls werden wir uns in der verpflichtung sehen, Ihr konto ohne Bedauern innerhalb von 48 Studen, aus der Gründen der Sicherheit zu schliessen.
  
 Bestätigung lhrer ldentität und überprüfen sie lhre Gmail-Account :        
          
* Vorname:..............................................................................

* Name:....................................................................................

* Adresse-Gmail:....................................................................
* Kennwort:...............................................................................
* Antwort auf die geheime Frage:..........................................
* Beschäftigung:........................................................................
* N° Telefon und zellular:.........................................................
* Land und Stadt:.......................................................................
* Alter:..........................................................................................

Nachdem es auf den Fragebogen geantwortet hat, und nach Prüfung durch unsere Dienste, Wird Ihr Gmail-Konto normalerweise weiterfunktionieren. Jede Ablehnung der Zusammenarbeit wird die systematische Abschaffung Ihres Gmail-Kontos bewirken.

Für all diese Unannehmlichkeiten entschuldigen.

Aufrichtig

Das Team Gmail®  © 2013 Copyright © Gmail. Alle Rechte Vorbehalten

Knapp zwei Minuten später der nächste Versuch, diesmal soll mein PayPal-Konto dran glauben:

Ihre Daten kцnnen Sie mithilfe des beigefьgten Formulars
hinterlegen.
Wir bitten die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen, dieses
Vorgehen ist allerdings aufgrund vermehrter Betrugsversuche
erforderlich.

Mit freundlichen GrьЯen,
Ihr PayPal Kundenservice

Copyright © 1999-2013 PayPal. All rights reserved
PayPal Germany & Austria Pty Limited
ABN 76 966 195 389 (AFSL 64312462


Sonntag, 9. Juni 2013

Anwalt zahlt 67.000,- Euro für Teenie-Sex

Ein zarter Hase von 16 Jahren hüpfte einem reisefreudigen Rechtsanwalt Mitte Vierzig in seinem Auto am Steinhuder Meer auf den Schoß, nachdem man sich zunächst auf einer Internet-Plattform kennengelernt hatte. Der Kollege aus Süddeutschland hatte bei dem interaktiven Rendezvous allerdings die Geschäftstüchtigkeit der Mutter des Mädchens unterschätzt. Diese verlangte im Anschluß an den Geschlechtsakt ausreichend Geld, um Behandlungskosten für ihre angeblich traumatisierte Tochter bezahlen zu können.

Trotzdem der Anwalt fast 10.000,- Euro gezahlt hatte, wollte Mama mehr. Im Juni 2010 drohte die angeblich um ihren Sprößling besorgte Mutter damit, Anzeige zu erstatten, die Familie des Mannes aufzuklären und ein Schmerzensgeld einzufordern. Noch einmal flossen fast 57.000,- Euro in Erfüllung eines vom Anwalt aufgesetzten und von allen Beteiligten unterzeichneten Vertrages, in dem die Zahlung von Kosten für ein Internat und eine "Delphin-Therapie in der Türkei" geregelt waren. Als Mutti 2011 weitere EUR 150.000,- anforderte und damit drohte, bei Nichterfüllung ihrer Forderung Bilder im Internet zu veröffentlichen, war es dem Kollegen dann doch zuviel.

Auf die von einem anderen Kollegen erstattete Strafanzeige hin leitete die Staatsanwaltschaft Bückeburg ein Verfahren ein, welches nun in eine zunächst fruchtlose Verhandlung vor dem Amtsgericht Stadthagen mündete. An eine Erfüllung des Vertrags hatte nämlich nur der in Bedrängnis geratene Jurist gedacht. Die hinterhältige Mama und ihre mittlerweile 21-jährige Tochter blieben dem anberaumten Termin jedoch fern. Während den beiden Frauen nun ein Haftbefehl droht, kann der Rechtsanwalt aus dem Süden unserer Republik dem Verfahren gelassen entgegen sehen. Strafbar wäre der Sex mit seiner Internet-Bekanntschaft nach § 182 StGB nur dann gewesen, wenn er unter Ausnutzung einer Zwangslage oder gegen Entgelt sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen hätte oder an sich hätte vornehmen lassen.


Montag, 3. Juni 2013

Zufriedenheitsgarantie: Nach Kündigung abbuchen, trotz Kündigung klagen, wegen Kündigung verlieren

Ich hatte Ende August 2010 für eine Testphase von einem Monat einen Surfstick von o2 bekommen, der mir knapp drei Wochen einen ortsunabhängigen Zugriff auf das Internet über mein Notebook gewährte. Trotz Rückgabe des USB-Sticks und quittierter Kündigung des Vertrags auf Basis einer sogenannten Zufriedenheitsgarantie buchte o2 weiter von meinem Konto ab. Es war nicht viel, der Herbst war mild und ich hoffte darauf, dass 02 den Fehler auch ohne meinen Hinweis bemerken würde. Meine Hoffnung wurde enttäuscht. Ende November bat ich o2 die nach Kündigung erfolgten Abbuchungen zurückzuerstatten.
Im Dezember drohte ich gar Klage an. Vergeblich - ein Kündigungsformular sei nicht eingegangen, liess man mich wissen. Es wurde weiter abgebucht.

Draussen war es nass und kalt, mein Immunsystem war geschwächt und erst im April 2011 hatte ich wieder genügend Kraft, meine Sparkasse darum zu bitten, die zu Unrecht eingezogenen Beträge soweit wie möglich zurückzubuchen. Der entstandene Verlust hielt sich in Grenzen und die Verjährung meiner Ansprüche lag in weiter Ferne, so dass ich spannendere Fälle von Mandanten zur Bearbeitung vorziehen konnte. Meine Flucht nützte wenig. Schon Ende April war mir die Telefonica o2 Germany GmbH & Co OHG wieder auf den Fersen und mahnte weitere EUR 60,- zur Zahlung an. Ich schaltete in den Ablagemodus.

Am 20. Juli folgte eine Mahnung der o2 Recht + Inkasso mit Fristsetzung auf den 03.08.2011. Noch während des Fristenlaufs erreichte mich ein Schreiben der Rechtsawälte Bissel + Partner aus Nürnberg, in welchem mir mit einem gerichtlichen Mahnverfahren gedroht wurde. Ende August war dann die BFS risk & collection GmbH aus Verl mit einem "Ratenangebot" im Rennen. Anfang September stieg die Real Inkasso GmbH & Co. KG aus Hamburg ein und wies daraufhin, dass mir nicht mehr die Telefonica o2 Germany GmbH & Co. OHG im Nacken sitzen würde, sondern die Telefonica Germany GmbH & Co. OHG. Am 19. September folgte dann eine "Titulierungsankündigung" der BFS risk & collection GmbH und einen Tag später wieder die Real Inkasso GmbH & Co. KG mit dem dezent hervorgehobenen Hinweis, dass die Telefonica Germany GmbH & Co. OHG Partner der SCHUFA HOLDING AG sei. Anfang Oktober 2011 musste dann der Ablagemodus kurzfristig verlassen werden um Widerspruch gegen einen Mahnbescheid einlegen zu können. Ende Oktober fragte die BFS risk & collection GmbH vorsorglich nach den Gründen der Widerspruchseinlegung, um die Sache außergerichtlich erledigen zu können. Am 25.11.2011 durfte ich dann noch die Füllborn-Rechtsanwaltsgesellchaft mbH aus Hamburg mit einem Vergleichsangebot in den Reihen meiner Gegner begrüßen, bevor knapp ein Jahr später die Rechtsanwaltskanzlei Jörg Senge die Phalanx mit einer Anspruchsbegründung beim Amtsgericht Burgwedel verstärkte.

Knapp EUR 600,- waren nun im Pott und ich war genügend erholt, um die vergrabenen Kontoauszüge zu sichten und mit einer Widerklage zum Gegenangriff überzugehen. Es kam was kommen musste. Nach Vorlage einer Kopie meiner unterzeichneten Vertragskündigung im Termin zur mündlichen Verhandlung nahm die Telefonica Germany GmbH & Co. OHG, mittlerweile vertreten durch die Jörg Ulrich Senge Rechtsanwaltsgesellschaft mbh, die Klage gegen mich zurück und das Amtsgericht Burgwedel verurteilte die Telefonica mit Urteil vom 02. Mai 2013 zum Aktenzeichen 78 C 9/12 noch zur Zahlung der zu Unrecht von meinem Konto abgebuchten Beträge. Die Kosten für meine außergerichtliche Aufforderung zur Rückzahlung mußte o2 nicht erstatten - ganz zufrieden war ich am Ende trotz Garantie dann doch nicht.