Dienstag, 31. Oktober 2023

HSV klagt auf Schadensersatz nach verlorenem Prozess um viagogo-Tickets

Nach der Niederlage der HSV Fußball Aktiengesellschaft vor dem Landgericht Hamburg durch das Urteil vom 14.10.2022 zum Az.: 312 O 106/20 verlangt der HSV nun mit einer weiteren Klage die Kosten des ersten Verfahrens in Höhe von über EUR 10.000,- als Schadensersatz und weitere Vertragsstrafen, weil die Beklagten trotz Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft weder Namen noch Anschrift der Zweiterwerber der Karten für das Derby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli genannt haben. Das Landgericht Hamburg hatte die erste Klage der HSV AG ganz überwiegend abgewiesen, weil die HSV AG keine Rechtsverletzung bei der Weitergabe der Tickets durch die in Stuttgart wohnenden Beklagten hatte darlegen können. Damit soll nun nicht das Unvermögen des HSV, den Beklagten eine Vertragsverletzung beim Weiterverkauf der Tickets nachzuweisen, maßgebliche Ursache für den durch den Prozess entstandenen Schaden beim HSV sein, sondern die Nichterteilung der gewünschten Auskunft durch die verklagten Ersterwerber der Fußball-Tickets.

Die neue Klage auf Schadensersatz wurde nun vom Landgericht Hamburg per Beschluss vom 27.10.2023 zum Az.: 312 O 184/23 an das Landgericht Stuttgart verwiesen, weil das vom HSV zunächst angerufene Landgericht Hamburg nicht zuständig war. Das Landgericht Hamburg wies darauf hin, dass im Falle des Anspruchs auf eine Vertragsstrafe die Klage auf Zahlung am Erfüllungsort der gesicherten Hauptverbindlichkeit in der Regel am Schuldnerwohnsitz zu erheben sei und im Falle eines Schadensersatzanspruchs der Erfüllungsort bei vertraglichen Ansprüchen derjenige der verletzten primären Leistungspflicht sei. Es könne dahinstehen, ob die Hauptleistungspflicht des Vertragspartners nach den AGB in der vollständigen Zahlung des für den Spielbesuch zu zahlenden Preises oder in der sich aus den AGB ergebenden Unterlassungsverpflichtung oder in der Erteilung der Auskunft bei Zuwiderhandlungen liege. Denn in allen drei Fällen sei nach § 269 I BGB Erfüllungsort der Wohnsitz des Vertragspartners. Nun wird in Stuttgart über die Zahlungsklage des HSV entscheiden.

Dienstag, 3. Oktober 2023

Brandmauerland

Brandmauer AfD
Die alte Mauer ist weg, die neue Mauer ist da und Deutschland feiert trotzdem. Am Tag der Deutschen Einheit im Jahre 2023 gibt keine deutsche Einheit mehr, denn quer durch Deutschland zieht sich eine Brandmauer. In der Architektur gibt es Brandmauern, die das Übergreifen von Feuer verhindern sollen. Die Brandmauer, die Deutschland aktuell teilt, ist eine politische Brandmauer. Sie soll den parteipolitischen Einfluß der AfD auf ein Minimum reduzieren und die AfD innerhalb des deutschen Parteienspektrums isolieren. Diese Brandmauer soll undurchlässig sein und jede Form der Kooperation mit der AfD auf europäischer, Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ausschließen.

Wie bei einer physischen Brandmauer scheint die Angst vor einer Bedrohung Antrieb für die Mauer eines totalen Kooperationsverbots zu sein. Es ist die Angst vor der AfD, die man regelmäßig schon den Schlagzeilen der Presselandschaft entnehmen kann, wenn von neuen "katastrophalen" Wahlprognosen zu Gunsten der AfD die Rede ist. Wovor haben die anderen Parteien so große Angst, wenn es ihrer Ansicht nach der totalen Ausgrenzung der AfD bedarf? Ist es die Angst davor, dass die Kooperation mit der AfD Deutschland in eine rechtsextreme und europafeindliche Diktatur führen würde oder fürchten Parlamentarier die Bedrohung ihrer eigenen politischen und damit auch wirtschaftlichen Zukunft?

Da eine Partei, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, vom Bundesverfassungsgericht gem. Art. 21 Abs. 2 GG i. V. m. § 13 Nr. 2, §§ 43 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz als verfassungsfeindlich eingestuft und verboten werden kann, sollte der erneute Weg in eine Diktatur schon deshalb verrsperrt sein und jedenfalls im gesetzgebenden Parlament keine Angst auslösen.

Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass der Versuch der umfassenden Ausgrenzung der AfD und deren pauschalen Verunglimpfung als Nazi-Partei vorrangig das Ziel hat, die jahrzehntelang bestehende Hackordnung der Parteien und deren Finanzierung möglichst aufrecht zu erhalten und eine starke Konkurrenz mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verdrängen. AfD-Politiker vom Format des Fraktionsvorsitzenden der AfD Thüringen machen es anderen Parteien verhältnismäßig leicht, die Klaviatur des NS-Vergleichs zu bedienen, wenn selbst die Justiz der Ansicht ist, Björn Höcke durfte als Nazi und Faschist bezeichnet werden. Das Kalkül der AfD-Gegner: "Wer mit Faschisten sympathisiert, ist nun mal selber einer. Ganz einfach."

Dennoch war die Flucht in die Brandmauertaktik von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil eine Kooperation aller anderen Parlamentarier mit den demokratisch gewählten Vertetern der AfD schon in dem Moment begann, als man zusammen in einem Parlament saß, die Sitzordnung im Plenarsaal akzeptierte und in Parlamentssitzungen gemeinsam abstimmte. Nur ein Beispiel: Am 07. April 2022 stimmten im Bundestag 176 Abgeordnete der CDU/CSU, 79 Abgeordnete der FDP, 76 Abgeordnete der AfD, 29 Abgeordnete der Linken, 9 Abgeordnete der SPD und 6 Abgeordnete der Bündnis90/Grüne gegen die Corona-Impfpflicht für Menschen ab 60 Jahren.

Insgesamt stimmten 296 Abgeordnete mit "Ja" und 378 Abgeordnete mit "Nein", so dass der Gesetzesentwurf scheiterte und von einer Brandmauer war keine Rede. Ersichtlich gab es stets nur den von Konkurrenzdenken geprägten Wunschtraum einer funktionierenden Brandmauer zwischen den Parteien, die parteipolitische Realität sah immer anders aus. Das werbewirksam inszenierte Brandmauerspielchen diente nur der Stigmatisierung der AfD und verschaffte den anderen Parteien eine willkommene Möglichkeit, sich nicht mit den politischen Argumenten der AfD auseinandersetzen zu müssen.

Damit hat die Angst der lange etablierten Parteien und deren ständig propagierter Wunsch einer umfassenden AfD-Ausgrenzung eine Brandmauer in der Bevölkerung Deutschlands geschaffen, die sich nun auch am Jahrestag der Wiedervereinigung nicht mehr wegfeiern läßt. Auf der einen Seite stehen die "Demokraten", auf der anderen Seite die "Nazis". In einer Demokratie sollten sich allerdings die besseren Argumente durchsetzen und keine Boykottpflicht. Wer unabhängig von politischen Inhalten das Verbot einer parlamentarischen Zusammenarbeit mit der AfD propagiert, grenzt bundesweit zwischen 10 und 30 Prozent des Wahlvolks aus und gibt diesen Wählern zu verstehen, dass man ihre Ansichten pauschal und ohne jede Anhörung ablehne und alles erdenklich mögliche unternehmen werde, dass ihr durch die Wahl erklärter Wille keinesfalls ernst genommen werde.

Deshalb haben sich alle Parteien, die eine Brandmauer gegen die AfD befürworten, als Demokratiefeinde entlarvt, denn das Wesen einer Demokratie ist mit dem Prinzip der Volkssouveränität verknüpft, in welcher die Staatsgewalt vom Volk ausgeht und dessen Stimme nach den Wahlen durch die von ihm gewählten Vertreter immer zu hören und soweit mehrheitsfähig auch zu berücksichtigen ist. Ganz einfach.