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Dienstag, 3. Juni 2014

Examensbetrug mit System - ein alter Hut

Gastbeitrag von 'the knight'    Worüber regt Ihr Euch eigentlich so auf? Schon in den 90er Jahren zu meinen Studienzeiten war dieses System gang und gäbe. Wer wissen wollte, wie es lief, erfuhr dies binnen weniger Tage. Dann ging man zu einer bekannten Person, die Examenshausarbeit lieferte man als Kopie ab und bekam binnen 3-4 Tagen die Lösungsskizze. Das kostete 4.000 DM und für jeden Punkt über 4 Punkte 1.000 DM extra.

Einige unserer Bonzenkinder spachen ganz offen: "Ja, ich bin reich und wäre dumm, diesen Vorteil nicht zu nutzen." Absolut skrupellos. Da man äußerst vornotenorientiert ist, reichte eine zweistellige Hausarbeit zumindest zum Bestehen. Meist mit "befriedigend". Vielfach läuft das doch so: Die Person hat die und die Note, an der kann man nicht vorbei. Außerdem werden die Noten und Punkte nach der Gaußschen Normalverteilung vergeben. Dabei liegt der Zenit der Kurve bei 5 Punkten. Wer also durch Betrug 7, 11 oder 14 Punkte in der Hausarbeit macht, verschiebt andere nach links.

Und von Prüfern weiß ich, dass sie dann, wenn die Hausarbeit ein Ausreißer nach oben war und die Klausuren so lala, haben die der Person ein wenig auf den Zahn gefühlt und merken lassen: "Wir wissen Bescheid"; das war´s dann aber auch. Oder Sie merkten: Der kennt einen Teil der Fragen, dann konnten sie die Note "vollbefriedigend" eventuell verhindern, ein oberes "befriedigend" hatte die Person aber dennoch - und einige nach links verschoben. Für den öffentlichen Sektor, Versicherung etc. reicht das allemal. "Man" weiß seit den 80er Jahren, was da läuft, praktiziert jedoch eine erfolgreiche Vogel-Strauß-Taktik: Kopf in den Sand, nix hören, nix sehen, nix sagen. Oder waren das etwa andere Tierchen? Meiner Meinung nach kann man Herrn Richter am Amtsgericht L. nicht genug danken. Er hat nachhaltig aufgeräumt mit dem blinden Zutrauen in die Noten. Das ist für immer vorbei. Keine Personalabteilung wird mehr nur nach Note einstellen. Never ever. Und das ist auch gut und richtig so.

Dass Herr L. ein Geständnis machen wird, erwarte ich sicher. Die Personen, die im Examen betrogen haben, werden keine Ruhe mehr finden. Wer mit uns in den Räumen der Justiz oder angemieteten Sälen und an all´ den anderen Orten geschrieben hatte und wie wir diesen grausamen Stress ausgehalten hat, auch die vielen, vielen, die zusammengebrochen sind (Erbrechen, Nervenzusammenbruch, Nasenbluten, wortlos gegangen, Wutanfall, Weinkrämpfe, Ohnmacht), der wird mit denen, deren Selbstbewußtsein durch gekaufte Examensbestandteile olympische Höhen ereicht hatte, keinerlei Mitleid empfinden können, wenn diese fallen. Sportliche Fairness ist hier absolut verfehlt. Dass die "bekannte Person" auch in den Klausuren "ihre Leute" gecoacht hatte, habe ich mit eigenen Augen gesehen. Bessere als ich fielen in den Klausuren durch. Ich hatte einfach stählerne Nerven. Und Glück und sehr, sehr viel gelernt!