Donnerstag, 12. November 2015

Der böse Wolfgang hat "Lawine" gesagt

Ein neues Mosaiksteinchen im sich abzeichnenden Meinungsäußerungsdiktat ist der gegenüber dem Bundesminister der Finanzen Wolfgang Schäuble geäußerte Vorwurf, er hätte die Flüchtlingskrise (ist Krise zu drastisch?) oder sagen wir besser die Flüchtlingswelle (ist eine Welle gefährlich?) nicht mit einer Lawine vergleichen dürfen. Denn: "Menschen in Not sind keine Naturkatastrophe" und "Niemand sollte Schwierigkeiten verschweigen oder schönreden, aber genauso sollte auch niemand mit seinen Worten Öl ins Feuer gießen", so Bundesjustizminister Heiko Maas.

Damit hat der böse Heiko im Zusammenhang mit der Flüchtlingskatastrophe (ist Katastrophe übertrieben?) das Wort "Feuer" genutzt. Eine verbale Auseinandersetzung über Menschen in Not ist aber kein Feuer. Hat auch Bundesjustizminister Heiko Maas mit der Verwendung der Metapher "Öl ins Feuer gießen" Öl ins Feuer gegossen? Es sind schwierige Zeiten für Meinungsäußerungen und da sollte man seine Meinung entweder gar nicht erst äußern oder aber ganz ganz vorsichtig sein. Denn eine falsche Meinung zu haben kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

"Ob wir schon in dem Stadium sind, wo die Lawine im Tal unten angekommen ist, oder ob wir in dem Stadium im oberen Ende des Hanges sind, weiß ich nicht", hatte Wolfgang Schäuble gesagt und dazu erläutert, dass Lawinen ausgelöst werden können, "wenn irgendein etwas unvorsichtiger Skifahrer ein bisschen Schnee in Bewegung setzt". Was für eine unsägliche Hetze aus dem Munde eines deutschen Politikers.

Der Ressortleiter Politik im Hause des Meinungskontrollinstituts SPIEGEL ONLINE ordnet die schwere Verfehlung Schäubles dann auch folgerichtig als "Entgleisung" ein: "Wer schon einmal in den Alpen eine Lawine gesehen hat, weiß um deren zerstörerische Kraft. Lawinen wälzen alles nieder, Bäume, Häuser. Sie begraben Menschen unter sich, sie töten." Wer nun glaubt, der Journalist übertreibe in seiner Analyse und habe bei seiner Empörung ein Rad ab, sollte sich darüber im Klaren sein, dass Fahrzeuge mit fehlenden Rädern nicht zu kontrollieren sind und Menschen töten können. Das ist ein falsches, ein gefährliches Bild, denn eine derart vernichtende Kraft kann dem Journalisten sicher nicht unterstellt werden.

9 Kommentare:

  1. Ich finde "Krise" schon zu scharf.
    Es ist eine Krise, seit wir sie medial herbeireden.
    Ohne Krise hätten wir möglicherweise sogar schon Lösungen für die echten Probleme gefunden, z.B. wie kriegt es Deutschland und seine Bevölkerung hin, dass kein Flüchtling in diesem Winter erfireren muss. Oder genug essen hat.
    Die Versorgung der Flüchtlinge ist keine Krise. Die Versorgung der sog. "Sorgen" ist die eigentliche Krise.

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    1. Das kann man durchaus so bewerten, wie Sie das tun. Aber das jemand, der das anders - etwa so wie Schäuble es tut - bewertet, sich gleich dem Vorwurf einer "Entgleisung" ausgesetzt sieht, ist eine Tendenz, die der Meinungsfreiheit entgegenwirkt.

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    2. Eine vom medialen Mainstream abweichende Meinung zu haben ist eine Sache, sie auch zu äußern kann in unserer Zeit brandgefährlich sein (Ein Brand kann Menschenleben gefährden)! Aber ist es nicht gerade die Meinungsmache, die es mit irgendwelchen Tatarenmeldungen brandeilig hat? Einerseits. Übertreibung macht anschaulich, und Herr Sch. hat sehr schön veranschaulicht. Aber dass diese Veranschaulichung aus lauter vermeintlicher politischer Korrektheit noch überveranschaulicht wird ohne über den Sinngehalt des Gesagten nachzudenken, dass stimmt bedenklich und erinnert an Manipulation. Beispielsweise hat SPON schon die Kommentarfunktion für gewisse Themen ausgesetzt, mit der heuchlerisch-verlogenen "Begründung", dass man mit der Moderation so vieler "böser" Postings nicht mehr nachkomme. Ja, Schäuble sagt, was bei SPON dem Verbote anheimfällt, oder wie jetzt?

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    3. "... ist eine Tendenz, die der Meinungsfreiheit entgegenwirkt."
      Wieso? Im Spiegel sagen sie doch auch nur ihre Meinung. Wer einer Meinung widerspricht schränkt doch nicht die Meinungsfreiheit ein?
      Für einen Rechtsanwalt hört sich das sehr beliebig und politisch motiviert an.
      Und wer Schäuble eine "Entgleisung" vorwirft äußert auch nur seine Meinung.
      Wenn wir das konsequent zuende denken, ist Ihr Blogeintrag eine Einschränkung der Meinungsfreiheit des Spiegels.
      Ist doch völlig absurd.

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    4. Offenbar ist Ihnen entgangen, wie heftig im SPON durch "Auswahl" oder besser Nichtzulassung von Beiträgen und Sperrung von andersdenkenden Postern, die der hM der Red. zuwiderlaufen, manipuliert wird. Eine wahrheitsgemäße Wiedergabe von Meinungen der Zeit findet dort ihre Grenze in der Borniertheit der Red. Einerseits schwingen sich die Mediengestalten zur vierten Gewalt auf, andererseits manipulieren Sie. Das ist auch bei Schäuble passiert: ein künstliches Pressegetobe und eine Fehlentrüstung (stw."Hetze") über das Gesagte, angefeuert von Andersdenkenden.

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    5. Bei der Betrachtung von Meinungsäußerungen muss außer dem Inhalt der Äußerungen auch das Mittel der Verbreitung gewürdigt werden und da hat eine Meinungsäußerung auf SPIEGEL ONLINE natürlich ein anderes Gewicht als jene auf einem Blog. Die Rechtsprechung hat bei zulässigen Äußerung einer wahren Tatsache das Rechtsinstitut der sogenannten Prangerwirkung entwickelt, das hier deshalb nicht in Rede steht, weil es bei in der Öffentlichkeit getätigten Äußerungen von Politikern über aktuelle politische Ereignisse nicht darum gehen kann, dass die Berichterstattung über das Verhalten des Politikers ein derart schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder wesentlicher Teile desselben nach sich ziehen könnte, als dass die Berichterstattung verboten werden müsste. Dennoch kann eine viel beachtete negative Berichterstattung - die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist - über anderweitig geäußerte Meinungen dazu führen, dass andere Personen mit der gleichen Meinung davon abrücken, diese ebenfalls öffentlich zu äußern, weil sie sich nicht den gleichen Vorwürfen mit ähnlicher Breitenwirkung ausgesetzt sehen möchten. Rechtlich gesehen ist die Berichterstattung von SPIEGEL ONLINE, mein Blogeintrag und Schäubles Äußerung natürlich von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Meinungsmacht eines großen Presseerzeugnisses ist aber ungleich größer als die eines einzelnen Politikers und insofern kann diese Macht genutzt werden, um ein Ungleichgewicht in der Meinungsvielfalt zu erreichen.

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    6. "Die Meinungsmacht eines großen Presseerzeugnisses ist aber ungleich größer als die eines einzelnen Politikers und insofern kann diese Macht genutzt werden, um ein Ungleichgewicht in der Meinungsvielfalt zu erreichen."
      Dem kann ich nur voll zustimmen. Die manipulative Reichweite eines international beachteten Presseorgans ist ungleich viel größer als jene einer Regionalzeitung. Und wer erst in den Klauen eines großen Vogels (Volturidae) gelandet ist kommt nur noch mit sehr viel Glück da wieder heraus, mag sein Standpunkt richtig, bedenkenswert oder auch falsch sein. Das sorgt, bewusst oder unbewusst, dafür, dass die Schere im Kopf "schnipp" macht. Es ist schon seltsam, dass die Presse anscheinend daran arbeitet, die Meinungsvielfalt zu zerquetschen. Das Grundrecht "Freedom of Speech" hat hier leider nicht die Tradition und den Stellenwert, der unserem Lande guttun würde.

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  2. Wenn in einem Pressemedium die Meinung eines Politikers kritisiert wird, ist das per Definitionem keine Verletzung der Pressefreiheit oder Meinungsfreiheit. Bei einem so hochrangigen Politiker wie Schäuble kann auch wohl niemand ernsthaft behaupten, dass SPON eine größere Meinungsmacht hätte als eben dieser Politiker - im Gegensatz zum Artikel von SPON wird der Satz von Schäuble sicher auch in vielen anderen Pressemedien - teils auch unkommentiert - wiedergegeben. Wir sind auch weit davon entfernt, dass ein Pressemedium so etwas wie ein Monopol hätte - wem der SPON nicht passt, der hat genügend andere Zeitungen und Magazine zur Auswahl, nicht zu sprechen von unzähligen Blogs, Fernseh- und Radiosendungen und internationalen Medien.

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  3. Buske&Käfer vom LG HH&OLG HH sollte man fragen. Diese Sprachaufseher und Überzeugungstäter werden uns dann vorschreiben dürfen, wie in Deutschen zu sprechen ist.

    Wozu sollen wir selbst nachdenken und die deutsche Sprache frei nach Schnauze nutzen? Zu gefährlich. Muss verboten werden die lockere Nutzung der deutschen Sprache.

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