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Montag, 22. Oktober 2012

Vergewaltigerdenkmal

Hannover gilt allgemein als „hässlich“, „grau“ und „langweilig“. Dass das grundlegend falsch ist, konnte der interessierte Betrachter aus der Ferne in der jüngsten Vergangenheit deutlich erkennen, als Ex-Präsident Christian Wullf und seine Frau Bettina der Republik demonstrierten, dass sogar Bewohner der Region Hannover „schön“, „bunt“ und „aufregend“ sein können. Wer fand es nicht schön, wie bunt es unser Wulffi in der Poltik trieb und am Ende mit über 200.000,- Euro jährlichem Ehrensold für die ganze Aufregung belohnt wurde?

Auch dem hannoverschen Fußball wird derzeit alles andere als Langweiligkeit attestiert und der Fan von der Leine läßt gar Grossmut walten, wenn er den Volkszorn vergangener Zeiten verjähren läßt und Toleranz beweist, indem er den im Jahre 1925 hingerichteten hannoverschen Serienmörder Friedrich Heinrich Karl Haarmann wohlwollend in seine Reihen aufnimmt. Während der Hang der 96er-Fan-Szene zu derartiger Nachsicht im Lager der lachshäppchenorientierten VIP-Szene auf Magengrummeln stößt und das Engagement zur Entfernung des harmlosen Haarmann-Fähnchens selbst in der überregionalen Presse nachzulesen war, läßt die niedersächsische Landeshauptstadt höchstselbst ihre Bürger in Herrenhausen Jahr ein und Jahr aus unter einem beeindruckenden Denkmal flanieren, welches einen nackten Mann zeigt, der sich mit Macht einer entblößten Frau aufdrängt.

Denn wenn der fünfjährige Sohn seinen Vater im Großen Parterre der Herrenhäuser Gärten mit dem Finger auf die Skulptur von Antonio Laghi zeigend fragt, "Papa, was macht der Mann da mit der Frau?" und sein zwölfjähriger Bruder an Stelle des Vaters ohne zu zögern antwortet, "Er will sie vergewaltigen", ist es nicht nur an der Zeit, über die Erziehung der eigenen Kinder nachzudenken, sondern auch darüber, welches Vorhaben des nackten Muskelmannes aus Stein den braven Niedersachsen von ihrer Hauptstadt in Herrenhausen präsentiert wird. Vordergründig handelt es sich um die Darstellung der Überwältigung der Göttin Proserpina durch den Gott der Unterwelt Pluto, von dem es heisst, dass er sein Opfer in die Unterwelt entführte und zu seiner Gemahlin machte.

Nun, wie macht man aber eine Frau mit Gewalt zur Gemahlin? Angesichts der Tatsache, dass Pluto mit seiner in Stein gemeißelten Gestik nicht den Eindruck erweckt, über die Beiwohnung als eheliche Pflicht mit Proserpina diskutieren zu wollen, liegt die Annahme nicht fern, die Szene im Herrenhäuser Garten zeige den tatbestandlichen Einstieg in eine Vergewaltigung.

Das beeindruckende Vergewaltigerdenkmal liegt übrigens etwa 100 Meter entfernt von der 1676 erbauten Grotte, die nach den Plänen von Niki de Saint Phalle umgestaltet wurde. Ein Werk der 2002 verstorbenen Künstlerin und einzigen Ehrenbürgerin von Hannover, deren Leben nicht zuletzt vom sexuellen Mißbrauch durch ihren Vater im Kindesalter nachhaltig beeinflußt wurde.