Seit Reichsbürger der Justiz in deutschen Gerichten die Stirn bieten, taucht immer wieder die Frage auf, wer sich vor wem legitimieren muss. Muss sich der Prozessbeteiligte vor dem Richter ausweisen oder muss auch der Richter eine Urkunde vorlegen, die seinen Status als Richter belegt? Das Amtsgericht Cottbus möchte schon vermeiden, dass Personen das Gericht betreten und Straftaten begehen, die sich nicht ausweisen können oder wollen und die glauben, ihre Identität mit irgendwelchen Fantasieausweisen nachweisen zu können. Ohne gültigen Ausweis kann das Gericht nicht betreten werden.
Auch vor dem Amtsgericht Nördlingen wurde schon Personen der Einlass wegen wegen der Vorlage von Fantasieausweisen verwehrt und zwei Männer wurden festgenommen, weil einer mit Robe als Richter verkleidet war und ein anderer fälschlicherweise vorgab, Staatsanwalt zu sein. Im Amtsgericht Wuppertal wurden bereits Richter aufgefordert, sich mittels Ernennungsurkunde auszuweisen und auch vor dem Amtsgericht Karlsruhe haben Reichsbürger die Legitimation des Gerichts angezweifelt und verlangt, der Richter möge sich ausweisen oder anderweitig seine Legitimation belegen. Eine derartige Ausweispflicht für Richter besteht allerdings nicht und das Urteil eines falschen Richters hätte keinen Bestand.
Interessanter wird die Sache dagegen, wenn es um die Identität der am Rechtsstreit beteiligten Parteien geht. Allerdings ist die Identität einer Partei keine Prozessvoraussetzung, sondern hat nur Bedeutung für deren korrekte Bezeichnung im Prozess. Spannend wird es allerdings dann, wenn es um Zweifel an der Existenz einer Partei geht. Der Bundesgerichtshof hatte bereits die Frage zu klären, ob es einen bis in die Revisionsinstanz auftretender Kläger überhaupt gab. Denn die Existenz einer Partei ist eine Prozessvoraussetzung, weshalb jedes Gericht einen möglichen Mangel der Existenz von Amts wegen und in jeder Verfahrenslage gem. § 56 Abs. 1 ZPO prüfen muss.
§ 56 Abs. 1 ZPO verpflichtet die Gerichte zwar nicht, in jedem Rechtsstreit von Amts wegen eine umfassende Prüfung aller in dieser Vorschrift genannten Prozessvoraussetzungen vorzunehmen. Sie haben in dieser Hinsicht lediglich einen Mangel von Amts wegen zu berücksichtigen. Eine Prüfung ist aber dann angezeigt, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass Prozessunfähigkeit vorliegen oder eine Partei ihre Rechts- und Parteifähigkeit verloren haben könnte. Entsprechendes gilt für die Frage, ob eine Partei überhaupt existiert (vgl. Urteil des XII. Zivilsenats des BGH vom 29.9.2010 - XII ZR 41/09).
Die Existenz und damit die Parteifähigkeit jeder an einem Rechtsstreit beteiligten Partei gehört zu den Prozessvoraussetzungen ohne die ein Sachurteil nicht ergehen darf (BGHZ 86, 184, 188 f.; 134, 116, 118). Das Gericht ist deshalb gehalten, alle in Frage kommenden Beweise zu erheben, wobei es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden ist, weil der Grundsatz des Freibeweises gilt, so dass der Beweis mit allen möglichen Mitteln erhoben werden kann (BGH Urteil vom 9. Januar 1996 - VI ZR 34/95 - NJW 1996, 1059, 1060 und Beschluss vom 16. Mai 1991 - IX ZB 81/90 - NJW 1992, 627, 628).
Sofern bei berechtigten Zweifeln die Identität einer Partei nur festgestellt werden kann, wenn diese bereit ist, einen gültigen Ausweis vorzulegen, damit sich das Gericht einen Eindruck von der Echtheit des Dokuments verschaffen kann, dies aber verweigert wird, kann der Prozess nicht gewonnen werden. Denn dann muss das Gericht davon ausgehen, dass die Partei nicht existiert, sondern ein Dritter unter falschem Namen im Rechtsverkehr auftritt und prozessiert. Die Korrektur eines Urteils auf die richtige Person scheidet in einem solchen Fall aus, weil aus dem Akteninhalt nicht deutlich wird, wer dieser Dritte ist und welche Partei tatsächlich gemeint ist, (vgl. Urteil des XII. Zivilsenats des BGH vom 29.9.2010 - XII ZR 41/09).
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Montag, 20. Juli 2020
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