Gelangweilt vom biederen Dasein als braver Bürger? Unzufrieden mit den bösen Politikern und zu verklemmt, um sich auf Partnerbörsen oder Seitensprungportalen auszutoben?
Eine ideale Freizeitbeschäftigung scheint da die Teilnahme an einer Hass-Gruppe auf Facebook zu sein. Sogenannte "hate groups" haben längst Tradition und lassen sich auf Facebook mit wenigen Mausklicks kostenfrei und anonym erstellen.
Für einen Spießbürger ist es allerdings nicht ganz einfach, ein ausreichend konformes Motto zu finden, dass den implementierten Drang zum Gehorsam mit dem Freiraum verbindet, beifallsheischende Hasstiraden ablassen zu können. Antisemitische Hass-Gruppen sind ungehörig ungesetzlich und antimuslimische Hass-Propaganda ein abgegriffenes Nudelholz für Unterschichten.
Eine tolle Spielwiese für den aufrechten Deutschen ist dagegen eine Hass-Gruppe von Adelsfreunden, in der er sich als strammer Traditionalist stolz positionieren kann. Offenbar liegt für den verunsicherten Bundesbürger in Zeiten allgemein beklagten Werteverfalls nichts näher, als sich durch Profilierung in einer Hassgruppe jener auch auf Facebook nach sozialer Exklusivität strampelnden Gemeinschaft bei ihrem Versuch, anderen einen gesellschaftlichen Vorrang vorzugaukeln, welcher spätestens mit der Aufhebung der Standesvorrechte und der Auflösung der Hausvermögen des Adels erloschen war, anzudienen.
Das Internet scheint mittlerweile ein beliebter Tummelplatz für Ewiggestrige und ihre Leibeigenen zu sein, was man nicht nur an der Entwicklung auf Facebook erkennen kann, sondern sich auch auf anderen Websites wie etwa fake-gotha.eu widerspiegelt. Wie die rechtswidrige Diffamierung und Herabsetzung Dritter in solch virtuellen Versammlungen allerdings deutlich zeigt, ist die emsige Schreiberei bestenfalls eine Gruppentherapie von Durchschnittsbürgern zur Bekämpfung von Minderwertigkeitsgefühlen angesichts unüberwindbarer Bedeutungslosigkeit in der physischen Welt und der verzweifelte Schrei nach gesellschaftlicher Anerkennung mittels schlichter Ausgrenzung von Personen, denen man sich überlegen glaubt. Schon die Wortwahl des derartig organisierten Pöbels entlarvt ihren Glauben jedoch als armselige Fehleinschätzung.
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Mittwoch, 9. Januar 2013
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