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Montag, 12. Juni 2023

Katholischer Priester wittert Volksverhetzung

Im Rahmen eines Streits um die Lesestunde einer Drag-Queen für Familien mit Kindern in einer Filiale der Münchner Stadtbibliothek hat sich nun ein katholischer Priester aus München öffentlich für queere Menschen in die Bresche geworfen. Mit seiner Strafanzeige wegen des Verdachts der Volksverhetzung durch Plakate der AfD, die auch auf Facebook mit der Parole "Hände weg von unseren Kindern!" und einem Foto von einem Jungen, dem sich von hinten eine geschminkte Person mit Bart nähert, zu sehen sind, will der Gottesmann angeblich Drag-Queens vor dem öffentlichen Anprangern als potentielle Missbrauchstäter schützen.
 
Eine durchaus verständliche Geste des Geistlichen, wenn man bedenkt, dass der katholische Theologe und Psychotherapeut Müller Anfang 2010 anhand von Statistiken schätzte, dass schon zu dieser Zeit in Deutschland etwa zwei bis vier Prozent aller katholischen Kleriker, also rund 350 bis 700, Kinder oder Jugendliche sexuell missbrauchten. Wenn man sich dann noch daran erinnert, dass in einem damals von Bischof Reinhard Marx in Auftrag gegebenen Gutachten einer Anwaltskanzlei über Missbrauchsfälle im Erzbistum München und Freising von einer besonders hohen Dunkelziffer bei kirchlichen Missbräuchen ausgegangen wurde, weil dort gezielt einschlägige Akten vernichtet worden sein sollen, kann man dem forschen Priester aus der bayerischen Landeshauptstadt nur Recht geben.

Denn gegen die katholische Kirche und seine Pädoprofis kann auch der schrillste Haufen farbenfroher Drag-Queens nicht anstinken und es könnte zu einer gefährlichen Ablenkung führen, wenn die AfD-Plakate den Eindruck erwecken sollten, offen gelebte Homosexualität sei gefährlicher für Kinder als die zerstörerischen Machenschaften der im verborgenen agierenden Missbrauchssekte unter dem Kreuz. Ob sich der als besonders besorgt präsentierende Münchner Priester mit seinem Vorpreschen einen besonders warmen Schafspelz überwerfen möchte, kann ich nicht beurteilen, aber der schwammige Tatbestand der Volksverhetzung würde nicht zum ersten Mal für taktische Spielchen bei der Meinungsbildung benutzt.

Montag, 23. Mai 2022

Facebook: Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen, § 353d StGB

Seit Facebook den Menschen die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Planeten 24 Stunden pro Tag per Text- und Bildnachricht darüber zu informieren, wie langweilig und belanglos das eigene Leben ist, wird davon ausgiebig Gebrauch gemacht. Insbesondere schlicht strukturierte Menschen mit ausgeprägtem Geltungsdrang betteln auf Facebook um Aufmerksamkeit in der Hoffnung, von Menschen beachtet zu werden, denen sie selbst schon lange und intensiv folgen oder gar regelmäßig Bewunderung schenken.

Der Drang, endlich einmal selbst ins Rampenlicht zu gelangen, ist mitunter derart groß, dass ganz bewusst Grenzen überschritten werden, die die Rechtsordnung entweder zum Schutz ihrer Bürger oder gar zum Schutz eigener Prinzipien aufgestellt hat. Ein bundesweit bekanntes Beispiel dafür, dass eine derart verirrte Person mit vollem Vorsatz andere Menschen beleidigt oder falschen Verdächtigungen aussetzt, nur um selbst ins Schlaglicht der Beachtung zu gelangen, sind die grotesken Fälle der Turboquerulantin.

Ein schlichtes Gemüt gepaart mit einer unpfändbaren Erwerbsunfähigkeitsrente ließ den kriminellem Mitteilungsdrang derart reifen, dass das Amtsgericht Nienburg am Ende zahlreicher Prozesse und Ordnungsgeldverfahren entnervt aufgab und die Turboquerulantin so schonend wie möglich behandelte, um sich ihrem rechtsverachtenden Zorn wegen der damit verbundenen Arbeit möglichst dauerhaft zu entziehen.

Nun scheint ein geistiger Tiefflieger aus Niedersachsen den von der Turboquerulantin besetzten Thron umstoßen zu wollen, indem er sich mit umschweifenden Gesten in den Fokus der Justiz drängt. Zivilrechtliche Verurteilungen scheinen dem TQ-Lehrling dabei nicht ausreichend zu sein, denn Bewunderung erlangt man in kriminellen Kreisen bekanntermaßen erst mit strafrechtlich beachtlichem Wirken. Unter Facebook-Quertreibern ist insbesondere ein Verstoß gegen § 353d StGB beliebt, um seinen Mut vor der versammelten Gemeinde zu beweisen.

Eine kleine Kostprobe seines kriminellen Könnens lieferte der TQ-Lehrling daher schon am vergangenen Wochenende, als er den Wortlaut von einem amtlichen Dokument eines bei der Staatsanwaltschaft Hannover noch laufenden Strafverfahrens in wesentlichen Teilen über sein Facebook-Profil öffentlich mitteilte und dabei nicht nur die vollständigen Namen verdächtiger Facebook-Nutzer preisgab, sondern auch den Umstand, dass der Polizei von Facebook bereits gespeicherte IP- Adressen übermittelt wurden. Schließlich wurde die verbotene Mitteilung gar von der Preisgabe einer verdächtigen E-Mail-Adresse gekrönt.

Anders als es die gesetzliche Bezeichnung des Straftatbestands "Verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen" auf den ersten Anschein vermuten lässt, werden von der Tatvariante nach § 353d Nr. 3 StGB Dokumente aus dem gesamten Verlauf des Strafverfahrens geschützt, mithin auch aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, also dem Stadium vor der Entscheidung der Staatsanwaltschaft darüber, ob letztlich eine Anklage erhoben werden soll.

Denn nach herrschender Meinung dient § 353d Nr. 3 StGB zwei unterschiedlichen Schutzzwecken. Einerseits soll die Unbefangenheit der an dem Verfahren Beteiligten geschützt werden, andererseits sollen die vom Verfahren betroffenen Personen davor geschützt werden, durch die Veröffentlichungen an den Pranger gestellt zu werden, noch bevor eine gerichtliche Überprüfung erfolgt ist. Wegen dieser doppelten Schutzrichtung kann die Tat auch durch die vom Verfahren selbst betroffene Person begangen werden.

Selbstverständlich habe ich wegen dieser verbotenen Veröffentlichung umgehend Strafanzeige gegen den TQ-Lehrling bei der Staatsanwaltschaft Hannover gestellt, denn es ist für mich als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht hinnehmbar, dass durch eine vorweggenommene öffentliche Diskussion amtlichen Prozessmaterials, verbunden mit einseitigen Stellungnahmen, eine Voreingenommenheit bei den Justizbehörden entsteht, welche die bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bestehende Unschuldsvermutung der angeprangerten Facebook-Nutzer gefährdet.

Freitag, 29. Oktober 2021

Die böse Frisöse

Seit es Mobiltelefone mit umfangreichen Computer-Funktionalitäten und Konnektivitäten gibt, sind viele Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht mit dem Computer verdienen, in der Lage, die Höhe- und Tiefpunkte ihres Lebens rund um die Uhr über das Internet zu verbreiten. Viele solcher Menschen verbringen einen gehörigen Teil ihrer Lebenszeit damit, nicht nur Neuigkeiten über die eigene Person mitzuteilen, sondern auch Neuigkeiten über andere Personen zu verbreiten, wobei es ihnen nicht darauf ankommt, dass sie diese Menschen kennen und die geposteten Neuigkeiten auch stimmen. Damit derartige Veröffentlichungen nicht ganz ungehört im Nirvana des weltweiten Netzes verhallen, gibt es Facebook und innerhalb dieser Plattform die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten vermeintlich interessante Nachrichten in Gruppen auszutauschen, die sich über individuelle Interessen definieren.

Eine dieser zahlreichen Gruppen auf Facebook ist die Gruppe "Friseure" mit knapp 15.000 Mitgliedern, welche in irgendeiner Weise beruflich dem Friseurhandwerk verbunden sind. Eine der wichtigsten Mitgliedsbedingungen dieser Gruppe ist die Fähigkeit, lesen zu können und es ist davon auszugehen, dass besonders aktive Mitglieder nicht nur lesen, sondern auch schreiben können, um sich mit Hilfe letztgenannter Fertigkeit deutlich sichtbar in die Gruppe einbringen zu können. Keine unbedingte Voraussetzung für die Gruppenmitgliedschaft in der Facebook-Gruppe "Friseure" ist dagegen das geistige Vermögen, die Gruppenregeln neben dem Lesen auch verstehen zu können. Und genau dieses Unvermögen ist einer bösen Frisöse zum Verhängnis geworden, als sie glaubte, sich mit einer den Betrieb und Kredit eines Mitbewerbers gefährdenden unwahren Tatsachenbehauptung in die Gruppe einbringen zu müssen.

Obwohl eine Gruppenregel bestimmt, dass in der Gruppe "Friseure" keine öffentlichen Menschen diskreditiert werden dürfen, tat die böse Frisöse mit den Worten "Der Herr Wendt ist doch mit seinem Salon pleite gegangen, ich hab ja nicht mal Zeit, den Mist zu gucken" genau dies im Rahmen eines Postings über die PRO7-Sendung taff - SOS - Einsatz der Beauty-Retter. Eine gehässige und vor allen Dingen rufschädigende Unwahrheit muss natürlich niemand über sich ergehen lassen und so wurde die böse Frisöse durch einen Rechtsanwalt mit einer Abmahnung außergerichtlich aufgefordert, derartigen Unfug zu unterlassen und sich bei Meidung einer Vertragsstrafe zu verpflichten, eine derartige Boshaftigkeit auch in Zukunft zu unterlassen. Angesichts des bereits öffentlich zur Schau gestellten Unvermögens, die Gruppenregeln der "Friseure" zu verstehen, überraschte es anschließend nicht, dass auch auf die Abmahnung hin lediglich das rechtswidrige Posting gelöscht aber darüber hinaus kein Vertragsstrafeversprechen abgegeben wurde, welches die Wiederholungsgefahr für ihre schädigende Äußerung hätte ausräumen können.

Auch die mit der Erwiderung auf die folgende Unterlassungsklage betrauten Kollegen hatten keine Möglichkeit zu glänzen und warfen mit Ausflüchten um sich, die kaum einer Entgegnung wert waren. Am besten gefiel mir noch "Weiterhin sollte es seitens der Beklagten eher eine Frage sein und keine Behauptung. Die Beklagte hat fälschlich ein Komma und kein Fragezeichen gesetzt" und es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte die angegriffene Behauptung seit 2017 nicht wiederholt habe. Erst das Landgericht Hamburg konnte die böse Frisöse mit einem wohlgemeinten Hinweis davon überzeugen, dass sie die haltlose Herabwürdigung meines Mandanten besser nie veröffentlicht hätte und am Ende wenigstens auf die Abmahnung durch den Anwalt hätte reagieren sollen. So bleib dem gehässigen Schmierfink am Ende keine andere Möglichkeit, als die Klage für begründet zu erklären, durch ein Anerkenntnisurteil verurteilt zu werden und tief in die Tasche zu greifen, um bei einem Streitwert von EUR 10.000,- zwei Anwälte und auch das Landgericht Hamburg bezahlen zu können.

Dienstag, 12. Oktober 2021

Turboquerulantin - Landgericht Hagen mit Promirabatt

Ein Versprechen hält man und diesem Grundsatz fühlt sich sogar unsere Turboquerulantin verpflichtet, wenn sie gelobt: "Ich bleibe so wie ich bin und lasse mich von niemandem verändern." Getreu dieses Lebensmottos hat unser kleinkrimineller Wonneproppen nun wieder eine Bestätigung vom Landgericht Hagen dafür erhalten, dass sich die deutsche High Society auch in Zukunft im Kampf gegen den Scheinadel aller Herren Länder auf die TQ verlassen kann. Ein klitzekleines Ordnungsgeld von EUR 500,- kann unseren Adelsschreck natürlich nicht davon abhalten, der deutschen Gerichtsbarkeit auch in Zukunft zu zeigen, dass das bürgerliche Recht nicht gleichmäßig für alle gilt. Frühberentet, rechtlich betreut und in der Privatinsolvenz kann man sich in Deutschland fast alles erlauben. Jedenfalls im Zivilrecht.

Den Beweis dafür liefert der Beschluss des Landgerichts Hagen vom 23.08.2021 zum Az.: 8 O 11/20. Schon im vorangegangenen Verfügungsverfahren zum Az.: 8 O 47/20 war unserem Türbchen genau das verboten worden, was sie heute immer noch mit Freuden auch nach dem Urteil zur Hauptsache macht, nämlich die Unterschrift des Klägers via Facebook veröffentlichen. Im Verfügungsverfahren gab es für diesen Rechtsbruch nach Erlass der einstweiligen Verfügung am 20.04.2020 bereits ein Ordnungsgeld von EUR 500,- und am 03.08.2020 dann ein erhöhtes Ordnungsgeld von EUR 1.500,-.

Dass wir nun im Hauptsacheverfahren wieder mit einem Ordnungsgeld von EUR 500,- beginnen, halte ich nicht für zwingend, weil sich der Tenor des Hauptsacheverfahrens nicht vom Verfügungsverfahren unterscheidet. Ich schätze da eher den Ansatz des Amtsgerichts Gelsenkirchen, dass nach dem Verbotsbeschluss im Verfügungsverfahren zum Az.: 405 C 78/20 die Widerspenstigkeit unseres Türbchens zunächst mit einem Ordnungsgeld von EUR 500,- bedacht hat, beim zweiten Ordnungsgeld dann auch auf EUR 1.500,- gesprungen ist und nach dem gleichlautenden Urteil in der Hauptsache zum Az.: 409 C 169/20 schon beim ersten Ordnungsgeldbeschluss gleich mit einem Ordnungsgeld in Höhe von EUR 2.000,- angefangen hat.

Die Arithmetik der Ordnungsgelder in Nordrhein-Westfalen bleibt spannend, denn natürlich macht die Turboquerulantin wie angekündigt weiter und auch wir haben in Hagen und Gelsenkirchen erneut Ordnungsgeldanträge gestellt. Alle machen einfach immer weiter. Toll.

Donnerstag, 7. Oktober 2021

Wutrichter erneut gescheitert

Wie vorausgesehen, hat die erste Zivilkammer des Landgerichts Hagen dem Wutrichter vom Amtsgericht Hagen dessen Beschlussparodie mit deutlichen Worten um die Ohren gehauen. Eine solche Prognose war keine Kunst, denn wie auch ein juristischer Laie schon anhand der grotesken Begründung der angefochtenen Entscheidung erkennen konnte, basierte die Verweigerung der Prozesskostenhilfe auf rein persönlichen Motiven des juristischen Geisterfahrers mit Robe. Seine Abneigung gegen unseren Mandanten hatte er ja schon in einem anderen Verfahren deutlich zum Ausdruck gebracht, bevor er sich dort schließlich selbst für befangen erklärte. Wie gewohnt sachlich hat das Landgericht Hagen mit Beschluss vom 13.08.2021 zum Az.: 1 T 107/21 den amtsrichterlichen Unfug korrigiert.   

Die Antragsgegnerin musste sich im Beschluss des Landgerichts hinter die Ohren schreiben lassen, dass sie sich die in einem eigenen Posting auf Facebook wiedergegebene Beleidigung eines Dritten zu eigen gemacht habe, indem sie das Posting mit den erkennbaren Schimpfworten wie Schwachkopf, Hampelmann, Trottel und Spasti in ihr Profil kopiert und positiv kommentiert hatte. Dadurch habe sie gezeigt, dass sie sich mit dem beleidigenden Inhalt des fremden Postings identifiziere. Allein daraus, dass sie erkennbar gemacht habe, dass die kopierte Äußerung ursprünglich nicht von ihr stamme, sei keine hinreichende Distanzierung zum Inhalt der im eigenen Profil wiedergegebenen Beleidigung zu erkennen.

Von besonderer Bedeutung ist dieser Fall eigentlich nur, weil er als unumstößlicher Beleg für die Tatsache gewertet werden muss, dass es unter Richtern immer wieder Spezialisten gibt, die ihre tiefe Abneigung gegenüber einer Partei des Rechtsstreits ausleben, in dem sie ohne Hemmungen eigene Moralvorstellungen an Stelle des geltenden Rechts zum Maßstab machen und so zu der von ihnen gewünschten Entscheidung kommen. Natürlich wurde der gewollte Rechtsbruch auch im vorliegenden Fall notdürftig mit juristischen Floskeln kaschiert, um sich nach außen nicht vollends als Marionette eigener Charakterschwäche zu entblößen. Angesichts der dem Fall zu Grunde liegenden leicht erkennbaren Beleidigung bleibt allerdings unklar, weshalb sich der Wutrichter mit dieser evident gewollten Fehlentscheidung zum Gespött der Hagener Justiz gemacht hat.

Insbesondere bei Amtsrichtern erlebt man es aber immer wieder, dass sie sich für einen Weg entscheiden, der offensichtlich gegen geltendes Recht verstößt und man fragt sich als Anwalt, was der Antrieb dafür ist, sich vorsätzlich von den Grundregeln der Juristerei zu entfernen. Vorliegend habe ich das Gefühl, dass unser Wutrichter die richterliche Unabhängigkeit und damit den Mangel an internen Sanktionsmöglichkeiten dazu nutzt, seine Frustration über einen aus seiner Sicht zu banalen juristischen Lebenslauf zu kompensieren, in dem er der Justiz, die seine Kompetenz, die er sich selbst zuschreibt, vorgeblich nicht zu würdigen weiß, durch willkürliche Entscheidungen genau die Schäden zufügt, die die Justiz bei ihm für den Fall befürchtet, dass ihm anspruchsvollere Tätigkeiten als solche eines Amtsrichters zugewiesen würden.

Letztlich sind die Irrungen des Wutrichters ein trauriges Beispiel für Überreaktionen auf die gestiegenen Anforderungen bei der Arbeit in der Justiz, in der trotz hohen Zeitdrucks, fehlender Wertschätzung der Arbeitsleistung und begrenztem Einfluss auf den Arbeitsprozess zunehmend seelische Belastungen auftreten, die in Kombination mit hohen fachlichen Anforderungen überdurchschnittlich häufig zu psychischen Erkrankungen führen. Das gleiche gilt natürlich auch für andere Beschäftigte in öffentlichen Verwaltungen und bei Mitarbeitern aus dem Gesundheits- und Sozialwesen.

Allein das Vorliegen eines abgeschlossenen Hochschulstudiums führt natürlich nicht zu einer Immunität in Bezug auf geistige Krankheiten. Vielmehr könnten gerade bei Richtern wegen ihrer hohen Qualifikation und mangelnder Kontrolle im Arbeitsalltag signifikante Belastungsstörungen und daraus resultierende Fehlentscheidungen lange übersehen und deshalb auch nicht als Hilferufe von psychisch Erkrankten erkannt werden.

Donnerstag, 12. August 2021

Die singende Moorleiche

Der erschreckende Umgang von Facebook-Nutzern untereinander bringt immer wieder Rechtsfragen mit sich, die geklärt werden müssen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die rechtliche Einordnung der öffentlichen Bezeichnung einer Rentnerin auf Facebook als "singende Moorleiche" und damit die Bewertung, ob dies eine ehrverletzende Missachtung der so bezeichneten Person und damit eine strafbare Beleidigung darstellt, oder ob die Äußerung in der Subkultur der modernen Kommunikationsmedien eher als humorvolle Äußerung verstanden wird, die vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Eine interessante Frage, deren Beantwortung angesichts des unbestimmten Tatbestands des § 185 StGB, der da lautet "Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.", nicht ganz einfach zu beantworten ist.

Denn das Gesetz hilft schlicht nicht weiter. Was eine Beleidigung ist, hat der Gesetzgeber gar nicht definiert. Die Beurteilung, ob eine ehrbeeinträchtigende Äußerung rechtswidrig und strafbar ist, verlangt daher jedenfalls eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Interessen, die zunächst eine Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen der Äußerung und ihrer Bedeutung erfordert. Sinnvoll ist es daher, sich zunächst dem Begriff "Moorleiche" zuzuwenden. Eine Moorleiche ist ein Leichenfund, der durch die Weichteilkonservierung im sauren Milieu eines Hochmoores unter Sauerstoffabschluss und der Wirkung von Huminsäure gut erhalten blieb. Der Begriff Moorleiche für die Fundgattung menschlicher Leichen und Leichenteile aus Mooren wurde 1871 von der holsteinischen Wissenschaftlerin Johanna Mestorf geprägt.

Die meisten Moorleichenfunde stammen aus der Eisenzeit. Eine weibliche Moorleiche ist damit nicht nur eine tote Frau, sondern eine schon sehr lange tote Frau und damit liegt die Vermutung nah, dass die Bezeichnung einer Rentnerin als Moorleiche einen deutlich herabsetzenden Charakter hat. Keine Frau wird es mögen, wenn man sie öffentlich für älter hält, als sie ist und erst recht nicht, wenn man sie als zwar noch recht gut erhalten, aber dennoch als vor sehr langer Zeit gestorben bezeichnet. Allerdings darf man angesichts der gewichtigen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, wonach die konkrete Situation der Äußerung erfasst und unter Berücksichtigung ihrer kontextbezogenen Bedeutung hinreichend gewürdigt werden muss, nicht übersehen, dass die in Rede stehende Rentnerin nicht nur als überdurchschnittlich alter Leichenfund, sondern gar als singende Tote tituliert wurde.

Man wird also auch abwägen müssen, welchen Charakter die der Moorleiche zugeschriebene Fähigkeit zum Gesang hat. Sollte die Zuordnung der Gesangskunst auf Facebook erfolgt sein, um die Betroffene dem Publikum gegenüber identifizierbar zu machen, also etwa um eine alternde Schlagersängerin dadurch erkennbar bei ihren Fans herabzuwürdigen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung des unflätigen Lästermauls hoch, denn nach herrschender Meinung ist für eine Strafbarkeit erforderlich, dass der beleidigende Gehalt der Äußerung erkannt wird und der von der Beleidigung Betroffene identifizierbar ist. Es ist dabei unerheblich, ob der Beleidigte auch Adressat der Äußerung ist, so lange ein Dritter erkennen kann, wer mit der herablassenden Äußerung gemeint ist.

Weil die konkrete Äußerung öffentlich einsehbar auf Facebook gepostet wurde, liegt der Verdacht nah, dass die als Beleidigung einzustufende Herabsetzung gar als sogenanntes Cybermobbing zu identifizieren ist, weil sie mehrfach erfolgte. Denn beim Cybermobbing werden technische Kommunikationsmittel wie die von Facebook verwendet, die, das Mobbing einmal in Gang gesetzt, mit einfachen Mitteln von weiteren Personen ausgenutzt werden können. Cybermobbing ist die gezielte, wiederholte und damit anhaltende negative Ausgrenzung eines Einzelnen durch Dritte mittels Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie, welche die Lebensgestaltung des Opfers nachhaltig beeinträchtigt. Dies wird im vorliegenden Fall spätestens dann der Fall sein, wenn sich der persönlichkeitsrechtsverletzende Spitzname "singende Moorleiche" durch mehrfache Wiederholungen in den sozialen Netzwerken erst einmal herumgesprochen hat.

Leider ist es jedoch bei einem gezielten und strategisch gut vorbereiteten Cybermobbing schwierig, einen Verursacher ausfindig zu machen, der nach §§ 1004 analog, 823 Abs.1 BGB zur Unterlassung der beleidigenden Äußerung herangezogen werden könnte, weil erfahrene Mobber die Infrastruktur des Internets gut kennen und wissen, dass nicht nur die Intims- und Privatsphäre des Opfers geschützt ist, sondern das Recht auf Anonymität als Ausprägung der grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsentfaltung aus Art. 2 GG auch für den Täter gilt und ihm auf diese Art und Weise die informationelle Selbstbestimmung zu Gute kommt, die jedem das Recht gibt, zu bestimmen, was er der Öffentlichkeit Preis gibt und was nicht. Damit bleibt für die als singende Moorleiche diffamierte Rentnerin nur die Hoffnung, dass der Verantwortliche einen Fehler macht, der ihn namentlich erkennbar werden lässt, wie es schon so manchem unvorsichtigen Mobber auf Facebook passiert ist.

Dienstag, 13. Juli 2021

Facebook-Gruppe - Klage gegen Ausschluss

Die Mitgliedschaft in einer Facebook-Gruppe sorgt bisweilen für heftigen Streit. Mal wird auf den bösen Administrator geschimpft, weil er Beiträge in einer Facebook-Gruppe löscht, mal wird gemotzt, weil er bestimmte Postings gar nicht erst zulässt. Von größerem Gewicht kann allerdings der Streit sein, wenn ein Mitglied aus einer Gruppe entfernt wird und die Wiederaufnahme begehrt. Dann wird man sich intensiv mit den Gründen des Ausschlusses befassen müssen und  - sofern es diese gibt - mit den jeweiligen vom Inhaber erstellten Gruppenregeln.

Von entscheidender Bedeutung ist natürlich zunächst die Frage, wer überhaupt Inhaber der Facebook-Gruppe ist, von dem man die erneute Aufnahme in die Gruppe verlangen könnte, wenn man aus einer Facebook-Gruppe entfernt wurde. Mit einem solchen Fall befasste sich das Amtsgericht Bruchsal in seinem Urteil vom 23.09.2020 zum Az.: 4 C 16/20, als eine im E-Commerce erfolgreiche Händlerin mit einer Klage versuchte, sich erneut Zutritt zu einer Gruppe bei Facebook zu verschaffen, nachdem sie aus dieser entfernt worden war.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Kurs gebucht, zu dem nach Ansicht der Klägerin auch die Mitgliedschaft in der Facebook-Gruppe gehörte, aus der sie gnadenlos ausgesperrt worden war. Der Inhaber der Gruppe war allerdings der Geschäftsführer der Beklagten persönlich und nicht die Beklagte selbst, bei welcher sie den Kurs gebucht und bezahlt hatte. Es kam, wie es kommen musste, wenn man die einfachsten Regeln eines Rechtsstreits nicht beachtet. Eine dieser Regeln lautet: Verklage nie den Falschen.

Obwohl sich das Amtsgericht Bruchsal wohl liebend gern mit den Fragen beschäftigt hätte, ob der Klägerin zu Recht der Zutritt zu der Facebook-Gruppe beispielsweise wegen Inaktivität, Verstoß gegen die Klarnamenpflicht oder auch die Nutzung eines irreführenden Namens unter Verwendung einer bekannten Marke verwehrt wurde, ob es für die Entfernung aus der Gruppe einer Abmahnung bedurft hätte oder ob Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte bestehen, konnte es nur eine Entscheidung geben: Die Klage wurde abgewiesen, weil die Klägerin von der Beklagten eine unmögliche Leistung im Sinne des § 275 BGB verlangt hatte. Wer nicht Gruppeninhaber ist, kann auch den Zugang zu einer Facebook-Gruppe nicht gewähren.

Eigentlich ganz einfach, aber manchmal sind Wünsche, Sehnsüchte oder der unbändige Drang, etwas Unmögliches mit gerichtlicher Hilfe erzwingen zu wollen, so groß, dass selbst die grundsätzlichen Regeln eines Zivilprozesses ignoriert werden, um das Gefühl eigener Hilflosigkeit zu überwinden. Andererseits kann es natürlich passieren, dass sich ein Amtsrichter nicht von Recht und Gesetz leiten lässt, um seiner Vorstellung von Gerechtigkeit genüge zu tun. Hier ist das allerdings nicht passiert.     

Donnerstag, 24. Dezember 2020

Ich wünsche ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr



Aus dem niedersächsischen Bollwerk im Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit sende ich insbesondere den Leser meines Blogs und den Freunden auf Facebook weihnachtliche Grüße und die besten Wünsche für das neue Jahr. Hoffen wir, dass sich die Justiz auch im kommenden Jahr an den Grundsatz "Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen" erinnert und jeden Rechtsbruch angemessen sanktioniert. Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Ralf Möbius LL.M..   


Sonntag, 19. April 2020

Corona-Widerstand wird nicht geduldet

Die Solidaritätskundgebung auf dem Vorplatz des Polizeigebäudes in der Römerstraße in Heidelberg, bei der etwa 150 unerschrockene Streiter am Mittwoch, den 15. April 2020, ihre Solidarität mit der prominenten Fachanwältin für Medizinrecht Beate Bahner, die nach einer Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht den Corona-Shutdown mit sofortiger Wirkung für beendet erklärt und im Anschluß daran die Corona-Auferstehungs-Verordnung vom 11. April 2020 erlassen hatte, bleibt nicht ungesühnt.

Das Polizeipräsidium Mannheim richtete unmittelbar nach der offenbar rechtswidrigen Zusammenrottung eine 12-köpfige Ermittlungsgruppe ein mit dem Ziel, die bislang ungeklärten Vorgänge um den Corona-Widerstand mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu analysieren und alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu identifizierten, die mit dem Willen, sich ohne Rücksicht auf geltendes Recht zu versammeln, vorsätzlich gegen die verbindliche Corona-Verordnung verstoßen haben.

Durch die Einbindung hochgerüsteter Spezialkräfte aus dem Bereich der forensischen Videoauswertung und die Hinzuziehung intensiv geschulter Kriminaltechniker kann davon ausgegangen werden, dass sämtliche Personen zur Verantwortung gezogen werden können, die sich an der Bildung der unkontrollierbaren Meute direkt unter den Augen der Polizei beteiligt haben. Während der Kundgebung des uneinsichtigen Pöbels hatten sich die Polizeikräfte auch nicht von Wir-sind-das-Volk-Rufen provozieren lassen und äußerst besonnen mit einer Deeskalationsstrategie reagiert.

Der Gerechtigkeit kann vor allem deshalb genüge getan werden, weil von der verbotenen Solidaritätsbekundung zahlreiche Videoaufzeichnungen in den sozialen Netzwerken wie Youtube und Facebook öffentlich zugänglich gemacht wurden. Diese Videosequenzen wurden zum Teil bereits ausgewertet und mehrere Versammlungsteilnehmer konnten bereits identifiziert werden. Konkrete Ermittlungen zur Bestrafung der Rechtsbrecher wurden unverzüglich aufgenommen und es kann davon ausgegangen werden, dass auch in Heidelberg das Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht.

Freitag, 28. Februar 2020

Amtsrichtertaktik

Die Klägerin möchte sich in eine Facebook-Gruppe einklagen und der Kollege investiert eine 2-seitige Klage. Weil die Klägerin aus Berlin kommt und er selbst aus Köln, bittet er das Amtsgericht Bruchsal um ein schriftliches Verfahren ohne mündliche Verhandlung gem. § 495a ZPO. Der Streitwert liegt bei höchstens EUR 600,-. Zwar kommt die Beklagte aus Bruchsal, aber ich müsste aus Hannover anreisen, so dass auch ich das Gericht um die Durchführung des schriftlichen Verfahrens bitte. Als Anwalt kann man an diesem Prozess EUR 112,50 ohne Postpauschale und Umsatzsteuer verdienen, so dass die Reisekosten die im Prozess anfallenden Gebühren um ein vielfaches übersteigen würden.

Allerdings antworte ich mit einem 35-seitigen Schriftsatz, den das Gericht wohl nicht lesen und erst recht nicht verstehen möchte. Das Amtsgericht terminiert daher umgehend auf Mai 2020 um 09:40 Uhr und sagt: "Das Gericht beabsichtigt nicht die Anordnung des schriftlichen Vefahrens". Bei einer fünftündigen Autofahrt müßte ich entweder um 04:00 Uhr losfahren oder in Bruchsal übernachten, der Kollege aus Köln könnte zwei Stunden länger schlafen. Wenn sich irgendein Rechtswalt aus Bruchsal erbarmt, könnte man ihn darum bitten, für eine Teilung der Gebühren den Termin wahrzunehmen, für die verbleibenden EUR 56,25 würde ich dann auf jeden Fall Lotto spielen. § 495a ZPO bestimmt, dass das Gericht sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen kann, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Dazu gehört dann wohl auch, nicht ein Wort über das geheim ausgeübte Ermessen zu verlieren, das dazu geführt hat, trotz entgegenstehender Anträge beider Anwälte mündlich zu verhandeln. Ich halte die Terminierung eher für den selbstgefälligen Versuch der Amtsrichterin, eine Klagerücknahme zu erreichen. Nichts Neues unter der juristischen Grasnarbe Deutschlands.

Donnerstag, 6. Februar 2020

Turboquerulantin geisteskrank?

In den Schreibstuben am Amtsgericht Nienburg hat es sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass ein medizinisches Sachverständigengutachten darüber erstellt werden soll, ob sich die Turboquerulantin hinsichtlich des Bereichs der Führung von Rechtsstreitigkeiten in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Nun ist nicht jeder Prozesshansel, der es fertig bringt, mindestens drei Rechtschreibfehler in jedem zu Papier gebrachten Satz unterzubringen, geistesgestört. Auch zehn aufeinander folgende Ordnungsgelder wegen stets neuer Verstösse gegen ein einziges Unterlassungsurteil bedeuten nicht zwingend einen krankhaften Hang zum Rechtsbruch, sondern können möglicherweise auch nur das Resultat der zutreffenden Überlegung sein, dass das Amtsgericht Nienburg die gebotenen Vollstreckungsmaßnahmen am Ende ohnehin im Sande verlaufen lässt, weil die örtliche Ziviljustiz aus unbekannten Gründen einen nicht unerheblichen Schutzreflex zu Gunsten meiner Lieblingskriminellen entwickelt hat.

Auch die Bearbeitung der oben abgebildeten Grafik durch unser Türbchen höchstselbst lässt eher den Schluss zu, dass sie trotz all ihrem querulatorischen Wirken immer noch die Möglichkeit hat, Rechtsbrüche strategisch vorzubereiten. Wer den Text des abfotografierten Schriftsatzes liest, wird an Hand des geschwärzten Teils erkennen, dass der dort befindliche Teil den Lesern des Twitter-Kanals der TQ bewusst vorenthalten werden soll, um an ihrem Eingangsstatement keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen. Tatsächlich wird im fotografierten Schriftsatz nämlich ausdrücklich klar gestellt, dass RA Möbius mit dem abgebildeten Facebook-Sticker nichts zu tun hat, wie sich dem am Ende abgebildeten ungeschwärzten Vortrag entnehmen lässt. Die Aussage "Solche Straftaten : Cybermobbing, Hetze, Beleidigungen, Prozessbetrug, Datenmissbrauch usw tätigt der RA R. Möbius und unterstellt vorher der Gegenpartei diese Karikaturen hergestellt zu haben, nachdem er zugeben musste, dass er es selber war." ist damit - abseits ihres kriminellen Gehalts - auch nachweislich falsch.
               
Man darf also gespannt sein, ob der vom Amtsgericht Nienburg bemühte Nervenarzt in seinem Gutachten ausführen wird, dass man in den Handlungen der Turboquerulantin eine psychopathologische Qualität sehen kann, die den Anschein hat, dass sich ihr querulatorisches Tun verselbständigt hat und es nicht nur um die Abwehr eines bestimmten Anspruchs geht. Das Oberlandesgericht Hamm beschreibt dies in seinem Beschluss vom 10.06.2014 zum Az.: 11 SchH 27/12 in Bezug auf den dort begutachteten Querulanten wie folgt: "Außerdem sei es beim Antragsteller offenbar bereits zu einer wahnhaft zu nennenden Gewissheit gekommen, "man" – oder sogar das gesamte Rechtssystem – habe sich gegen ihn verschworen, so dass von einem Querulantenwahn auszugehen sei. Aus gutachterlicher Sicht sei dieses querulatorische Bemühen vergleichbar mit den Auswirkungen einer psychotisch begründeten krankhaften seelischen Störung der zufolge der Antragsteller (höchstens) in deutlich vermindertem Umfang in der Lage sei, in dem betroffenen Lebensbereich von außen kommende Reize oder von innen andrängende Impulse kognitiv zu bewerten, ihnen die Anforderungen der Realität entgegenzusetzen oder gar Alternativverhalten zu entwickeln. Dies seien deutliche Hinweise darauf, dass der Antragsteller in seinem überdauernden Wahn so “erstarrt” sei, dass ihm jede Möglichkeit fehle, in dem betroffenen Lebensbereich der Führung von Rechtsstreitigkeiten sein Denken und Handeln steuern zu können."

Ich selber neige nicht zuletzt wegen der oben dargelegten Unterstellungen zu meiner Person dazu, dass unser Türbchen zwar über ein bloß unterdurchschnittliches intellektuelles Leistungsvermögen verfügt, aber sich noch nicht in einem Zustand befindet, in welchem man von einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit und einer daraus resultierenden Prozessunfähigkeit reden kann. Sie ist zweifelsohne nicht die hellste Kerze unter der Sonne, aber ihr Verstand ist noch nicht so verdunkelt, dass sie für ihr kriminelles Handeln nicht einstehen müsste. Und um nicht immer nur einseitig über die schützende Hand der Nienburger Ziviljustiz über ihren einzigen Justiz-Pop-Star berichten zu müssen, habe ich mir nun mal erlaubt, die Strafverfolgungsbehörden über den oben abgebildeten Twitter-Post zu meinem Nachteil zu unterrichten. Von dem zu erwartenden Schutzreflex der ermittelnden Staatsanwaltschaft zu Gunsten der Turboquerulantin werde ich dann zu einem späteren Zeitpunkt berichten.

Donnerstag, 9. Januar 2020

TWOO und digitale Eifersucht

Digitale Eifersucht ist mittlerweile ein weit verbreitetes Phänomen und führt nicht selten zu Wutausbrüchen oder Gewalt. Immer und überall gibt es die Möglichkeit, per Handy ins Internet zu gelangen und durch zahlreiche soziale Netzwerke wie Facebook, Whatsapp, Instagram oder Twitter sowie zahlreiche Partner- und Sex-Portale bieten sich unbegrenzte Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen.

Diese unbegrenzte Verfügbarkeit menschlicher Kontakte bietet natürlich eine ebenso unbegrenzte Möglichkeit für Eifersuchtsdramen. Wenn dann ein Partner den E-Mail-Account des anderen - einverständlich oder unerlaubt - durchsucht und auf eindeutige Botschaften aus Dating-Portalen trifft, steht das Scheitern der Beziehung im Raum. Die Ausrede unverlangt zugesandter Nachrichten zieht nur in den seltensten Fällen und mindestens der Verdacht, sich in einem Portal angemeldet zu haben, lässt sich kaum ausräumen.

Umso härter kann es Menschen treffen, die tatsächlich unverlangt zugesandte E-Mails von Dating-Sites bekommen, die vorgaukeln, es bestünde bereits ein Kontakt oder eine Mitgliedsanfrage sei lediglich bestätigt worden. In einem solchen Moment kann eine langjährige Freundschaft bereits beendet sein, ohne dass der scheinbar auf der Suche nach sexuellen Abenteuern Ertappte jemals die Möglichkeit erhält, sich zu verteidigen. Innerhalb von Beziehungen wird der Grundsatz rechtlichen Gehörs nämlich nicht immer gewahrt. Wer zum Gefahrentest einmal sein eigenes E-Mail-Konto nach dem Stichwort "TWOO" durchsucht, hat gute Chancen, einen Treffer zu landen, denn die sogenannte Social-Discovery-Plattform TWOO, die 2011 von der Massive Media Match NV gestartet wurde, schickt durchaus unverlangte Werbe-E-Mails, die einen ehrlichen Partner in Bedrängnis bringen können.

Auf unsere Abmahnung im Namen eines unserer Mandanten, der ohne vorherigen Kontakt eine SPAM-E-Mail von TWOO bekommen hatte, reagierte die Massive Media Match NV aus Gent in Belgien jedenfalls nicht, so dass das Amtsgericht Hannover um Hilfe gebeten wurde und schließlich mit Datum vom 24.09.2019 ein Urteil zum Az.: 550 C 8252/19 erließ, mit welchem die Massive Media verurteilt wurde, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, an die vom Kläger unterhaltene E-Mail-Adresse elektronische Post zu Werbezwecken zuzusenden oder zusenden zu lassen. Ob unser Mandant mit diesem Urteil in der Hand seine Beziehung retten konnte, bleibt allerdings geheim.

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Geklaute Fotos und Texte auf Facebook

In manch finsteren Gegenden scheint es sich immer noch nicht herumgesprochen zu haben, dass das Internet und natürlich auch das soziale Netzwerk Facebook kein rechtsfreier Raum ist. Immer wieder werden fremde Bilder und Texte auf Facebook in persönlichen Profilen veröffentlicht, ohne die Rechte der Urheber zu beachten. Dabei ist es eigentlich ganz einfach, denn § 97 UrhG bestimmt, dass ein Bilder- oder Textpirat vom Urheber bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann dabei regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden, vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2013 - I ZR 55/12. Wer also fremde Bilder oder Texte auf Facebook veröffentlicht, sollte nicht überrascht sein, wenn er vom Autor oder Fotografen abgemahnt wird, denn wer will schon seine Werke auf der kommerziellen Werbeplattform Facebook kostenfrei um die Welt geschleudert sehen?

Wer Mark Zuckerbergs Werberegal mit Inhalten zur Generierung von Werbeeinnahmen füllen will, mag dies mit eigenen Fotos oder Gedichten tun, sollte aber die Hände und insbesondere auch die Maustaste von fremden Werken lassen. Wie in Deutschland mittlerweile üblich, tun sich auch im Urheberrecht ertappte Rechtsverletzer gerne selber leid, ohne in der Lage zu sein, ein angemessenes Unrechtsbewusstsein zu entwickeln. Oftmals wird dabei auch über die durch das rechtswidrige Treiben entstandenen Abmahnkosten gejammert, obwohl das Urheberrechtsgesetz durch § 97a Absatz 3 Satz 1 UrhG mit verständlichen Worten bestimmt, dass vom Urheber der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für eine berechtigte Abmahnung verlangt werden kann.

Schließlich eröffnet die Regelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG ein weiteres Feld für die Steigerung des Selbstmitleids, wenn es der Verletzte wagt, vom Klauer als Schadensersatz den Betrag zu verlangen, den der Pirat als angemessene Vergütung hatte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dass dieser Schadensersatz danach berechnet wird, was bei vertraglicher Einräumung der Nutzungsrechte ein vernünftiger Lizenzgeber verlangt und ein vernünftiger Unternehmer gewährt hätte, ist wenigstens für die nach § 105 UrhG von den Landesregierungen bestimmten Gerichte für Urheberrechtsstreitsachen eine Selbstverständlichkeit und man kann sich als Urheber insoweit auf weitaus mehr Sachverstand verlassen, als dies an Gerichten ohne Spezialzuständigkeit üblich ist.

Samstag, 29. Juni 2019

Turboquerulantin - Das Massaker-Endspiel in Duisburg

Mit Spannung fiebern justizkritische Journalisten in ganz Deutschland dem Termin am 05.07.2019 im Amtsgericht Duisburg-Ruhrort entgegen, in welchem es auch um die Aufdeckung der Verantwortlichkeit für die bekannte Facebook-Seite "Turboquerulantin" geht, dessen Inhaber gedroht hatte: "Am 29.06.2016 wird aufgeräumt unter der ganzen Lügnerbande - Die Turboquerulantin wird alle zur Rechenschaft ziehen, die je über sie hergezogen sind. Es wird ein Massaker im Amtsgericht Nienburg geben !". Eine prominente niedersächsische Journalistin war anschließend durch eine einstweilige Verfügung verurteilt worden, es zu unterlassen, zu behaupten, dass ein Vertreter des französischen Adelshauses Montfort-l'Amaury das Massaker im Gericht angedroht hatte und damit verantwortlich für die Facebook-Seite "Turboquerulantin" sei.

Im Eilverfahren konnte die freie Journalistin keine stichhaltigen Beweise für ihre Behauptung vorlegen und war mit Urteil vom 10.04.2017 durch das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort dem Antrag unseres Mandanten entsprechend verurteilt worden. Auch im Berufungsverfahren konnte sich die justizkritische Online-Redakteurin nicht mit ihrer Version des Geschehens um den streitbaren Grafen durchsetzen und die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort wurde nach freundlichem Hinweis durch das Landgericht Duisburg vom 16.10.2017 schließlich per Beschluss vom 28.11.2017 zurückgewiesen. Der Verfasser des streitgegenständlichen Kommentars konnte auch von den Ermittlungsbehörden nicht identifiziert werden.

Im Termin am 05.07.2019 handelt es sich nun um das Hauptsacheverfahren im Streit über die Massaker-Drohung, in welchem nun auch zahlreiche weitere Themen auf der Tagesordnung stehen, wie der Vorwurf des Prozessbetrugs durch die gräflichen Anwälte und das damit zusammenhängende Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe sowie ein hoher Schadensersatzanspruch der aufrechten Journalistin, den sie bisher unzulässiger Weise nur im Vorverfahren gestellt hatte. Bisher liegt der auf EUR 10.000,- bezifferte Gegenantrag dem Gericht nicht im Klageverfahren vor. Das Haus Montfort-l'Amaury ist deshalb auch nicht zu einer Stellungnahme zu bewegen, ob man bereit sei, auf finanzielle Forderungen der Gegenseite einzugehen, um eine riskante Widerklage zu vermeiden.

Gerüchte aus anderen Verfahren besagen dagegen, dass die prozesserfahrene Journalistin Zeugen gegenüber schon vor Jahren zugegeben habe, die Facebook-Seite "Turboquerulantin" selbst zu betreiben, was dem Duisburger Verfahren deswegen besondere Brisanz verleiht, weil sie ihre streitgegenständliche Behauptung zu Lasten des Adelsvertreters dann sogar wider besseren Wissens erhoben hätte. Kenner der Szene rechnen allerdings mit einem Versäumnisurteil, weil die streitbare Journalistin gesundheitlich zu angeschlagen sei, um sich dem schwerwiegenden Vorwurf, selbst hinter der berühmt-berüchtigten Seite auf Facebook zu stecken, in Duisburg zu stellen. Eine Variante, die dem Kläger sicherlich entgegen käme, um der drohenden Schadensersatzforderung seiner Widersacherin zu entgehen.

Dienstag, 7. Mai 2019

"seine Läden liefen damals alle auf seine Schwester"

Hört sich nicht so schlimm an? Wer im Geschäftsverkehr auf einen tadellosen Ruf angewiesen ist, könnte das anders sehen. Denn die Behauptung einer sogenannten Strohmann-Lösung in der Vergangenheit wirft zumindest für die Vergangenheit das Licht mangelnder Seriösität auf den Geschäftsmann und ist durchaus auch geeignet, Zweifel an seiner heutigen Kompetenz zu wecken.

Da die in der Überschrift zitierte Behauptung über Facebook verbreitet wurde und dem Geschäftsmann missfiel, weil sie nachweislich falsch war, untersagte das Amtsgericht Hamburg durch Beschluss vom 14.09.2018 zum Az.: 36a C 207/18 deren Verbreitung über das Internet. Denn grundsätzlich tritt die Meinungsfreiheit bei unwahren Tatsachenbehauptungen hinter das Persönlichkeitsrecht zurück.

Der Ausgleich zwischen den Anforderungen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsschutz wird dadurch erreicht, dass demjenigen, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstellt, Sorgfaltspflichten auferlegt werden, deren Umfang sich nach dem Einzelfall richtet. Da die Ermittlung der Wahrheit von Tatsachenbehauptungen oft schwierig ist, trifft denjenigen, der sich nachteilig über einen Dritten äußert, im Rechtsstreit eine erweiterte Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er Belegtatsachen für seine Behauptung vorweisen kann, vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2007, Az. VI ZR 144/07. Da niemals auch nur irgendein Geschäft auf die Schwester des Antragstellers lief, erließ das Amtsgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung, die mittlerweile durch Abgabe der Abschlusserklärung auch rechtskräftig geworden ist.

Montag, 29. Oktober 2018

Veröffentlichung privater Nachricht auf Instagram unzulässig

Innerhalb gesellschaftlicher Randgruppen wird Andersdenkenden oft nicht die Toleranz entgegengebracht, welche die Randgruppe selbst von der Gesellschaft einfordert. Aus diesem Grund musste sich das Landgericht Hamburg mit einer via Instagram und Facebook veröffentlichten Privatnachricht eines homosexuellen Mannes befassen, die mittels dieser Social-Media-Dienste entgegen dem Willen des Versenders veröffentlicht und so für eine Mobbing-Kampagne genutzt wurde.

Die persönliche Nachricht "Hoffentlich ist das ein Sonderzug. Die armen Fahrgäste könnten einem sonst leid tun bei all den Kaputten. Wäre ja Horror, wenn die normal zahlenden Gäste durch solche Clowns belästigt werden. Wieso können homosexuelle Männer sich nicht einfach benehmen wie jeder normale andere Mensch auch? Sind das Männer oder Trullas mit Penis? Alle reden von Gleichstellung, benehmen sich aber wie Crystal Meth Britneys nur saufen, ficken, Drogen... schade eigentlich, dass das auf uns normale homosexuelle Männer immer so abfärbt - obwohl man mit all dem 0 am Hut hat." über die Anreise zu einer Pride erboste den Empfänger derart, dass er glaubte, die nur für ihn bestimmte Mitteilung auf Instagram veröffentlichen zu dürfen.

Ein Irrtum, wie jetzt das Landgericht Hamburg entschied. Denn wie der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 25. Mai 1954 ausgeführt hatte, sei jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers, woraus folge, dass ihm grundsätzlich allein die Befugnis zustehe, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, denn jeder unter Namensnennung erfolgenden Veröffentlichung von Aufzeichnungen eines noch lebenden Menschen werde von der Allgemeinheit eine entsprechende Willensrichtung des Verfassers entnommen. Die Fassung der Aufzeichnungen und die Art ihrer Bekanntgabe unterliege der Kritik und Wertung der öffentlichen Meinung, die aus diesen Umständen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Verfassers ziehe. Eine ungenehmigte Veröffentlichung oder ungenehmigte Weiterleitung einer privaten Nachricht zur Veröffentlichung sei insoweit ein unzulässiger Eingriff in die für jeden Menschen geschützte Geheimsphäre.

Durch die ursprüngliche Veröffentlichung der persönlichen Nachricht des Antragstellers auf Instagram und dem späteren Teilen der von einem Dritten weiter veröffentlichten Nachricht auf Facebook hatte sich der Antragsgegner die rechtswidrige Veröffentlichung des Dritten zusätzlich zu Eigen gemacht. Er wusste, dass es sich um eine private Nachricht an ihn handelte und er hatte durch das weitere Teilen als Vertiefung der Rechtsverletzung sein Einverständnis mit der folgenden Veröffentlichung der nur an ihn gerichteten Nachricht kundgetan. Zweifelsohne war schon die erste Veröffentlichung der persönlichen Nachricht des Antragstellers auf Instagram eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, die später nur noch vertieft wurde und als Auslöser ein nicht hinwegzudenkendes Ereignis für die Hetzkampagne gegen den Antragsteller war.

Die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hatte bereits das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg mit Beschluss vom 04. Februar 2013 zum Az.: 7 W 5/13 fortgeführt und bestätigt, dass die Veröffentlichung einer privaten Mitteilung in sozialen Medien grundsätzlich unzulässig sei. Das gilt natürlich auch für die Veröffentlichung einer Privatnachricht mittels Instagram, wie nunmehr das Landgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 21.08.2018 zum Az.: 324 O 372/18 festgestellt hat. Der als einstweilige Verfügung erlassene Beschluss wurde mittlerweile durch die Abgabe einer Abschlusserklärung als Entscheidung in der Hauptsache anerkannt und ist insoweit auch rechtskräftig.

Montag, 15. Oktober 2018

Die Turboquerulantin erobert Bremen

Nach dem Siegeszug der Turboquerulantin in Bayern und Schleswig-Holstein war es nun für sie an der Zeit, auch dem Bundesland Bremen ihre Aufwartung zu machen. Wie gemeinhin üblich, hatte Niedersachsens prominenteste Journalistin wieder einmal unseriösen Quellen vertraut und in einem aufsehenerregenden Bericht schwerwiegende Diebstahlsvorwürfe geäußert und nicht belastbare Hintergrundinformationen zu einer versuchten Kindesentführung veröffentlicht.

Auch das Landgericht Bremen ließ sich nicht durch den Promi-Bonus der Turboquerulantin blenden und verurteilte sie antragsgemäß zur Unterlassung der angegriffenen Berichterstattung. In seinem Urteil vom 06.09.2018 zum Az.: 7 O 715/17 wies das Gericht darauf hin, dass ein Unterlassungsanspruch (anders als ein etwaiger Schadensersatzanspruch) kein Verschulden voraussetze und es nicht darauf ankomme, was die Klägerin der Turboquerulantin gegenüber geäußert habe. Entscheidend sei lediglich, ob die Beklagte beweisen könne, dass die Klägerin tatsächlich gestohlen habe und mit dem Verdacht der Kindesentführung aufgegriffen worden sei, wofür sie keinen Beweis angeboten habe.

Auch der Streitpunkt der Wiederholungsgefahr wurde vom Landgericht Bremen überzeugend dargestellt: "Für das Bestehen der Wiederholungsgefahr ist unerheblich, ob es die „Bianca xxxxxxx Mitteilungsgruppe“ bei Facebook noch gibt. Denn die Klägerin macht weder Beseitigung noch Widerruf geltend, sondern Unterlassung der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Behauptungen im Internet. Da die Beklagte sich geweigert hat, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, besteht grundsätzlich Wiederholungsgefahr. Denn die Beklagte könnte die getätigten Äußerungen in anderen Mitteilungsplattformen bei Facebook wiederholen."

Trotz den überzeugenden Kritiken für ihre Darbietungen in Dachau und Pinneberg sowie dem gefeierten Debut in Bremen steht die Fortsetzung der "Deutschland ich komme-Tournee" der Turboquerulantin derzeit noch in den Sternen, denn nach Differenzen mit dem aktuellen Tourmanagement ist sogar der Wiederholungsauftritt in Bayern gefährdet, der nach der grandiosen Performance am Amtsgericht Dachau vor einem noch größeren Publikum beim Landgericht München fest gebucht war.

Mittwoch, 18. Juli 2018

Turboquerulantin erobert Bayern

In aller Stille mausert sich Niedersachsens prominenteste Enthüllungsjournalistin nun auch zum bundesweiten Justizstar. Nachdem ihre querulantische Premiumqualität in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mittlerweile unumstritten ist, hat die Turboquerulantin jüngst auch die bayerische Justiz von ihrer Durschschlagskraft überzeugen können. Das Amtsgericht Dachau bescheinigte der Turboquerulantin daher mit Urteil vom 19.06.2018 zum Az.: 2 C 1091/17, eine Abmahnung via facebook ignoriert und grundlos die Behauptung aufgestellt zu haben, die Klägerin sei eine Frau die Cybermobbing betreibt, lügt, krank ist und man ihr daraufhin ihr Kind wegnahm. Kenner wissen schon lange, dass es eine leichte Übung unserer Serienheldin ist, ihr unbekannte Dritte wegen unhaltbarer Gerüchte mit wenigen Facebook-Postings fachgerecht in die Pfanne zu hauen. Die nicht ganz neue Masche der Turboquerulantin, nicht mehr den unerbittlichen Kampf um Wahrheit zu proklamieren, sondern mit dem Kopf in der Schlinge von gehackten Facebook-Profilen zu schwafeln, hat das Amtsgericht Dachau schnell durchschaut. Ob die Justiz in Schleswig-Holstein das Cybermobbing aus Niedersachsen ebenfalls durch Urteil mit einem Qualitätssiegel versieht, werden wir in Kürze beantworten.

Sonntag, 27. Mai 2018

Amtsgericht Gelsenkirchen: Hund hat Persönlichkeitsrechte

Für große Aufmerksamkeit unter Tierfreunden sorgt derzeit eine Entscheidung des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 15.05.2018 zum Az.: 405 C 177/18, das die öffentliche Berichterstattung über einen Hund verboten hatte, sofern die Äußerung Rückschlüsse auf dessen Identität zulässt.

Bislang wurde in der bundesdeutschen Judikatur lediglich darüber diskutiert, ob es für Tierhalter ein Recht am Bild des eigenen Tieres gebe, das sich eventuell aus den Persönlichkeitsrechten des Eigentümers herleiten ließe. Nach § 90a BGB sind Tiere nämlich keine Sachen und werden durch besondere Gesetze geschützt. Allerdings sind auf Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften nur dann entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

Ohne anderweitige Bestimmungen kann man daher davon ausgehen, dass die Anfertigung von Fotografien fremder Hunde und deren nichtgewerbliche Veröffentlichung allgemein zulässig ist. Jedenfalls gilt dies dann, wenn das Tier frei zugänglich ist und die Anfertigung der Fotografien somit ohne Eingriff in das Hausrecht oder die Privatsphäre des Eigentümers des Gegenstandes möglich ist. Es gibt in Anlehnung an § 22 KunstUrhG kein Recht am Bild der eigenen Sache und damit entsprechend auch kein Recht am Bild des eigenen Hundes. Denn die Herstellung von Abbildungen eines Hundes greift in keiner Weise in das Recht des Eigentümers zum Besitz und zur Benutzung seines Hundes ein. Ein individuelles Tierrecht am eigenen Bild ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Obwohl damit bislang einhellige Meinung war, dass selbst die Fotografie eines fremden Tieres nicht in die Rechte des Eigentümers und auch nicht in die Rechte des Tieres eingreift, ist das Amtsgericht Gelsenkirchen nunmehr noch einen Schritt weiter gegangen und hat grundsätzlich sogar die Berichterstattung über einen Familienhund untersagt, sofern dieser durch Namen, Daten oder Abkürzungen identifizierbar ist. Damit hat es dem Hund ein Persönlichkeitsrecht zuerkannt, der im bundesdeutschen Zivilrecht bisher nur für Personen bekannt ist. In der juristischen Fachwelt wird darüber gerätselt, auf welche Rechtsgrundlage das Amtsgericht Gelsenkirchen den Schutz der Persönlichkeit des Hundes stützt. Einigkeit herrscht allerdings darüber, dass sich dieser Schutz nur aus den in § 90a BGB genannten besonderen Gesetzen in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 BGB analog ergeben kann. Dazu gehört etwa das Tierschutzgesetz, welches natürlich auch im Hunderecht einschlägig ist.

Weil es sich bei dem Urteil des Gerichts nur um ein Versäumnisurteil handelt, liegen bislang leider keine Entscheidungsgründe vor und es muss erst der endgültige Ausgang des Verfahrens abgewartet werden, um die Entscheidung des Amtsgerichts Gelsenkirchen aus tierrechtlicher Sicht abschließend bewerten zu können. Der einschlägige Tenor des Urteils liegt jedoch schon im Originaltext vor und lautet wie folgt: "Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, sich über die Klägerin, ihre Familie (Mutter, Vater, Schwester, Kinder, Hund), ihre Geschichte unter Nennung ihres Namens/Daten/Abkürzungen, unter Nutzung öffentlich zugelassener Beiträge/Kommentare von der Klägerin (bei facebook oder dergleichen) oder in anderer Weise, die geeignet sind, Rückschlüsse auf die Identität zuzulassen, öffentlich zu äußern."

Anfragen zum Urteil beantwortet das nordrheinwestfälische Ministerium der Justiz unter der Telefonnummer 0211 8792-255 oder -464 oder per E-Mail via pressestelle@jm.nrw.de

Donnerstag, 8. Februar 2018

facebook-sperre.de

Einen Mandantenköder unter dem schlagkräftigen Domain-Namen "facebook-sperre.de" hat ein geschäftstüchtiger Anwalt aus Regensburg mit der mutigen Forderung "Facebook wegen Sperrung jetzt verklagen!" in den Ozean der Facebook-Fischchen geworfen. Grundsätzlich eine tolle Idee, denn "Wenn es uns allen gemeinsam gelingt, Facebook durch viele tausend Klagen unter Druck zu setzen, wird sich an der Löschpraxis von Facebook etwas ändern."

Bei vielen tausend Klagen wird sich natürlich auch ein bisschen was am Honoraraufkommen der Anwaltschaft ändern, wenn der bayerische Kollege bereit ist, die vielen tausend Klagen nicht ganz alleine durchzuziehen. So ganz alleine soll die Prozessflut gegen Facebook ohnehin nicht gestemmt werden, denn "Aufgrund des Prozessrisikos empfehlen wir derzeit, nur bei Bestehen einer Rechtsschutzversicherung gegen Facebook vorzugehen." Das nenne ich mal eine faire Geste gegenüber den vielen tausend Facebook-Nutzern, diese nicht ohne den Kostenschutz einer willigen Rechtsschutzversicherung ins offene Messer laufen zu lassen.

Ich gehe mal davon aus, dass auch der pfiffige Rechtsanwalt aus Regensburg eine allumfassende Rechtsschutzversicherung hat, denn seit dem Urteil des Landgerichts Hamburg in Sachen "Ebay-Anwalt" vom 17.06.2008 zum Az.: 312 O 937/07 sollte zumindest einschlägig spezialisierten Kollegen bekannt sein, dass es Dritten gemäß §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG sogar dann untersagt ist, ohne Zustimmung des Inhabers einer Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn die angebotenen Dienstleistungen nicht einmal denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt.

Im besagten Urteil hatte das Landgericht Hamburg seinerzeit recht überzeugend bekräftigt, dass der Rechtsanwalt durch die Verwendung des Zeichens "ebay" in mehreren Domain-Namen den Ruf der Marke und des gleichlautenden Unternehmenskennzeichens mit deren Qualitätsvorstellungen genutzt hat, um diese auf seine Anwaltskanzlei zu übertragen. Der Anwalt nutzte die Unterscheidungs- und Anziehungskraft sowohl der Marke "ebay" als auch des gleichlautenden Unternehmenskennzeichens unter anderem mit der Domain „rechtsberatung-ebay.de“ aus, um auf sein geschäftliches Angebot aufmerksam zu machen. Ob das bei der Domain "facebook-sperre.de" auch der Fall ist? Immerhin ist Facebook zweifelsohne eine bekannte Marke und so darf man gespannt sein, wie lange der mutige Kollege seine anwaltlichen Dienste noch mit Hilfe einer Domain unter Verwendung des Namens des größten sozialen Netzwerks der Welt anbietet.