Freitag, 12. November 2010

Von der Schattenseite des Lebens als Fachanwalt für IT-Recht: Das ebay-Handy für EUR 46,40

Der ebay-Käufer übersieht nach Erwerb den Hinweis auf mögliche Abholung und kauft sich einfach ein anderes Handy. Das Telefon meines Mandanten will er nicht mehr. Verkäufer: "Hallo, ich habe mit dem Anwalt gesprochen. Er wird sofort Klage einreichen damit ihnen sämtliche Kosten auferlegt werden. ... Ich gebe Ihnen letztmalig Gelegenheit zur Vertragserfüllung." Käufer: "Machen Sie das!"

Die Klage besteht neben Rubrum und Antrag genau aus 5 Sätzen, das Verfahren findet nach § 495a ZPO schriftlich statt und einer Replik bedarf es nicht. Der Käufer zahlt am Ende knapp den fünffachen Preis:

1,3 Verf.geb., § 2 Abs. 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG; EUR 32,50
1,2 Term.geb., § 2 Abs. 2, 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG; EUR 30,00
Postpauschale, 7002 VV RVG; EUR 12,50
Ust. 19%, 7008 VV RVG; EUR 14,25
Gerichtskosten Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, Nr. 1210; EUR 75,00
Kaufpreis für das Handy; EUR 46,40
Gesamtsumme; EUR 220,65

Als Mahnung für Besserwisser und Zeitdiebe das Urteil des Amtsgerichts Hannover.

6 Kommentare:

  1. Da ich demnächst meine Falliste zusammenstellen muss, frage ich mich, ob ein solch einfacher Fall, abgesehen vom sehr geringen Streitwert, grundsätzlich geeignet wäre?

    Gibt es hier überhaupt einen besonderen Bezug für einen Fachanwalt im IT-Recht? Reicht hier der Vertragsschluss im Fernabsatz allein schon aus, um die Sache im Zusammenhang mit dem Fachanwalt für IT-Recht zu sehen? Ich kann es mir irgendwie nicht vorstellen, da man ansonsten die Fallzahlen allein durch Fälle mit Abo-Fallen zusammenbekommen könnte.

    MFG

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  2. Auch mittlerweile unproblematisches IT-Recht ist IT-Recht. Die Bedeutung einer "Auktion" hat der BGH mit Urteil zwar schon lange geklärt, dennoch bleibt der Fernabsatz klassisches IT-Recht.

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  3. Das Urteil wundert mich jetzt auch ein wenig, ich dachte lt. Fernabsatzgesetz hat man bei jeglichem Kauf nicht angepasster, physikalische Ware 14 Tage Rücktrittsrecht.
    Oder gilt das nur für professionell tätige?

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  4. Kein Widerrufsrecht unter Privatleuten:

    § 312b
    Fernabsatzverträge

    (1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, ...

    Die §§ 312 d, 355 BGB sind daher nicht anwendbar.

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  5. Oder um mal die EU-Richtlinie zu zitieren:
    "1. "Vertragsabschluß im Fernabsatz" jeden zwischen einem Lieferer und einem Verbraucher geschlossenen, eine Ware oder eine Dienstleistung betreffenden Vertrag, der im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems des Lieferers geschlossen wird, wobei dieser für den Vertrag bis zu dessen Abschluß einschließlich des Vertragsabschlusses selbst ausschließlich eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken verwendet;

    2. "Verbraucher" jede natürliche Person, die beim Abschluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;

    3. "Lieferer" jede natürliche oder juristische Person, die beim Abschluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt;"
    http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31997L0007:DE:HTML

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  6. und im BGB:

    § 13
    Verbraucher

    Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

    § 14
    Unternehmer

    (1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

    (2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

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