Ein Termin vor einem Amtsgericht in einer niedersächsischen Kleinstadt, der vielleicht hätte spannend werden können, endete in Warterei, denn die Beklagte erschien nicht.
Das war nicht unbedingt zu erwarten, denn es wurde umfangreicher Schriftwechsel geführt und auch ein Sachverständigengutachten eingeholt. Bei einem Streitwert von EUR 403,41 ist ein Vorschuss von EUR 1.000,- für ein Sachverständigengutachten grundsätzlich eine mutige Investition. Insbesondere dann, wenn der Kläger eine negative Feststellungsklage erhoben hat und für das behauptete Nichtbestehen des gegnerischen Zahlungsbegehrens beweispflichtig ist.
Das Gutachten war für den Kläger allerdings günstig und offenbar sah das die Beklagte ebenso. Während der Wartezeit entwickelte sich ein Gespräch über die Zulässigkeit der Veröffentlichung des gerichtlich eingeholten - und für die Öffentlichkeit durchaus interessanten - Gutachtens. In der Unterhaltung offenbarte der Amtsrichter die feste Überzeugung, als Richter an von ihm verfassten Urteilen ein Urheberrecht inne zu haben. Interessanter Weise habe er zu diesem Thema aber keine einzige Entscheidung gefunden. Liegt es gar an der mangelnden Streitlust seiner Kollegen?
Für die erfolglose Suche des Amtsrichters gibt es eine einfachere Erklärung, denn § 5 Abs. 1 Urhebergesetz bestimmt, dass Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfaßte Leitsätze zu Entscheidungen keinen urheberrechtlichen Schutz geniessen. Daher wird es auch in Zukunft keine einschlägige Entscheidung zu diesem Thema geben und ich werde sein Urteil mit gutem Gewissen veröffentlichen und es in besonderer Erinnerung behalten - sofern er sich zu einer Entscheidung nach Aktenlage erbarmt.
Dienstag, 15. Januar 2013
Amtsrichter beansprucht Urheberrecht an Urteil
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Seit wann bestimmen die Prozessrollen, wer welche Beweislast zu tragen hat? Ist bei der negativen Feststellungsklage die Zulässigkeitshürde übersprungen, indem das rechtliche Interesse hinreichend dargelegt ist, muss vielmehr der Beklagte beweisen, dass seine Forderung existiert.
AntwortenLöschenIn der Tat missverständlich formuliert. Grundsätzlich trägt der Fordernde die Beweislast. Nach Ansicht des Gerichts sollte hier aber nicht die Beklagte beweisen, dass der Kläger den Anmeldebutton gedrückt hat, sondern der Kläger, dass seine eingetragenen Daten bereits ohne Nutzung des Anmeldebuttons übertragen wurden.
AntwortenLöschenFür die Behauptung: "Die Daten werden und wurden nicht nur nach einem Klick auf einen blauen Button übertragen, sondern bereits vor Abbruch des Anmeldevorgangs ohne einen weiteren Button zu betätigen." hat das Gericht den Kläger als beweispflichtig angesehen.
Die niedersächsische Kleinstadt würde aber nun schon -öffentlich- interessieren.
AntwortenLöschenhttp://kanzlei-siebers.de
Peine
AntwortenLöschenHaben Sie das Rätsel denn vor Ort noch auflösen können?
AntwortenLöschenNein, ich hoffe auf eine rege Korrespondenz nach Veröffentlichung des Urteils.
AntwortenLöschenWie jetzt - Sie kannten § 5 UrhG etwa auch nicht??
AntwortenLöschenBlasphemie!
AntwortenLöschenIntessant hierzu:
AntwortenLöschenDas Bundeverfassungsgericht beantsprucht für seine Urteile das Urheberrecht!
Ruft man auf der Seite des BVerfG ein Urteil auf, so steht oben im Kopfbereich "Copyright (c) BVerfG"
Beispiel: http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20121204_1bvl000412.html
Da sieht man mal, was Webdesigner und Agenturen so alles verzapfen. Warten wir, bis der erste eine negative Feststellungsklage erhebt.
Löschenöhem, "Copyright" ungleich "Urheberrecht". Einfach mal übersetzen.
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