Dienstag, 29. August 2023

Rammstein - Ermittlungen gegen Till Lindemann eingestellt

Die der Presse heute zu entnehmenden Nachrichten, dass die Staatsanwaltschaft Berlin ein gegen Till Lindemann, den Sänger der Band Rammstein, geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von Sexualdelikten wie auch Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz eingestellt hat, lassen sich auf eine Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin vom 29.08.2023 zurückführen.

Die Auswertung der verfügbaren Beweismittel – vor allem der Presseberichterstattung, die sich auf anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber bezieht, wie auch der ergänzenden Vernehmung von Zeuginnen – habe keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass Till Lindemann gegen deren Willen sexuelle Handlungen an Frauen vorgenommen, diesen willensbeeinflussende oder -ausschaltende Substanzen verabreicht oder gegenüber minderjährigen Sexualpartnerinnen ein Machtgefälle ausgenutzt hat, um diese zum Geschlechtsverkehr zu bewegen. Strafrechtlich relevante Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz lägen ebenfalls nicht vor.

Das klingt aus der Sicht von Herrn Lindemann zunächst einmal äußerst erfreulich. Allerdings waren die Ermittlungen aufgrund von Anzeigen Dritter im Zusammenhang mit Presseberichten eingeleitet worden und die dort lediglich wiedergegebenen Angaben von Zeuginnen und Zeugen konnten durch die Ermittlungen nicht bestätigt werden. Von erheblicher Bedeutung in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren war deshalb der Umstand, dass sich mutmaßliche Geschädigte bislang überhaupt nicht an die Strafverfolgungsbehörden gewandt hatten. Die Möglichkeit, etwaige Tatvorwürfe ausreichend zu konkretisieren, bestand für die Staatsanwaltschaft daher ebenso wenig wie die Gelegenheit, sich einen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Geschädigten und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben im Rahmen von Vernehmungen zu verschaffen.

Die Angaben der Zeugin Kyla Shyx, die zunächst über „Youtube“ Vorwürfe erhoben hatte, stellten entweder Rückschlüsse aus Beobachtungen dar oder seien ihr von anderen geschildert worden. Zu dem aus den Medien bekannten Vorfall zum Nachteil der sich als Shelby Lynn bezeichnenden Person im Umfeld des Konzerts der Band Rammstein in Vilnius am 22. Mai 2023 haben die litauischen Behörden die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt. Der Staatsanwaltschaft Berlin lagen Unterlagen der litauischen Behörden vor. Diese wurden ausgewertet. Auch hier ergaben sich keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte für Sexualstraftaten durch Till Lindemann.

Der in der Presseberichterstattung dargestellte Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen über eine junge Frau, die vermeintlich als 15-Jährige eine sexuelle Beziehung mit Lindemann eingegangen sein will, konnte ebenfalls nicht erhärtet werden. Denn auch diese Zeugin blieb anonym und konnte deshalb nicht vernommen werden. Gegen die Tourmanagerin war aufgrund von Medienberichten wegen des vermeintlichen Zuführens junger Frauen bei Konzerten von Rammstein in den Backstagebereich Anzeige erstattet worden. Insoweit haben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten ergeben. Das gegen sie geführte Verfahren wurde daher in gleicher Weise eingestellt.

Damit ist einerseits festzuhalten, dass die umfangreiche Verdachtsberichterstattung während des Ermittlungsverfahrens zu einer medialen Vorverurteilung in strafrechtlicher Hinsicht geführt hat, die im Ergebnis nicht haltbar ist. Die Beurteilung des nicht strafbaren Verhaltens von Herrn Lindemann vor, während und nach Konzerten der Band Rammstein kann von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens unberührt bleiben. Anderseits ist festzuhalten, dass die Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht in Rechtskraft erwächst und die Ermittlungen jederzeit wieder aufgenommen werden können, sollten neue Verdachtsmomente zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen und sich etwa vorhandene unmittelbare Zeugen und Zeuginnen den erforderlichen Vernehmungen stellen.

Sollten die Kollegen, welche zivilrechtliche Unterlassungsansprüche wegen unzulässiger Äußerungen über Till Lindemann verfolgen, einen unverhältnismäßigen Drang zur Herbeiführung gerichtlicher Entscheidungen entwickeln, könnte bei den zivilrechtlich in Anspruch genommenen Personen ein ebenso hohes Bedürfnis entstehen, nach bislang unbekannten Zeugen und Zeuginnen zu forschen, die für eine Entlastung in möglichen Zivilprozessen sorgen könnten. Sollten diese Zeugen sich dann aktenkundig äußern, könnte dies enventuell zu einer neuen Runde im Wettlauf um die Wahrheit in Sachen Rammstein führen.

Montag, 21. August 2023

Trotz lebenslanger Altersrente weiter arbeiten

Rente
"Schon früh war für Ulrich Sprakel klar, dass er der Familientradition folgen und Anwalt werden wird. „Das Berufsbild des Anwalts hat mich immer sehr interessiert“, sagt der 66 Jahre alte Jurist. Seit gut einem halben Jahr ist er offiziell Rentner und finanziell gut aufgestellt. Ans Aufhören denkt er jedoch noch lange nicht." So fängt der Artikel unter dem Titel "ABSICHERUNG FÜRS ALTER Wie ein Anwalt für die Rente vorgesorgt hat" in der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18.08.2023 an, den der Volontär Ole Kaiser geschrieben hat. Immer wieder lese ich in der Presse über Kollegen, denen die Robe zur zweiten Haut geworden zu sein scheint.

Vor über sieben Jahren hatte ich mich schon einmal über einen hannoverschen Kollegen ausgelassen, der seine Zulassung als Rechtsanwalt wohl auch mit ins Grab nehmen wird. Auf den aktuellen FAZ-Artikel habe ich eine ähnliche Antwort: "Schon früh war für Ralf Möbius klar, dass er keiner Familientradition folgen und Anwalt werden wird. „Das Berufsbild des Anwalts hat mich immer sehr interessiert“, sagt der 61 Jahre alte Jurist. Seit gut einem viertel Jahr ist er offiziell Rentner und finanziell gut aufgestellt. Ans Aufhören denkt er jedoch schon seit über 10 Jahren." 

Sich im Gegensatz zu meiner Einstellung an seinen Beruf als Rechtsanwalt auch im Rentenalter festzuklammern könnte damit zusammenhängen, dass das eigene Selbstbild vor allen Dingen von der gesellschaftlichen Stellung als Anwalt abhängt und über die Jahre andere Perspektiven abseits eines juristischen Blickwinkels schlicht verkümmert sind. Vielfach wird sich der erarbeitete Lebensstandard nur mit der Altersrente nicht auf einem gleichbleibenden Niveau erhalten lassen, so dass viele Kollegen lieber weiter arbeiten, als deutlich kürzer zu treten.

Schließlich werden die Brötchen als Rechtsanwalt zum Ende des Berufslebens auch immer leichter verdient, weil sich Arbeitsabläufe durch die große Berufserfahrung deutlich verkürzen lassen und ein gewachsener Mandantenstamm stetig neue Mandate erzeugt. Es ist deshalb meistens leichter, als verrenteter Anwalt einfach weiter zu arbeiten, als den geordneten Rückzug in den Ruhestand anzutreten. Wer Kaviar dem Dosenfisch vorzieht, darf die Robe deshalb auch gerne etwas länger tragen.