Der Tod der deutschen Lehramtsstudentin türkischer Abstammung, Tugçe Albayrak, die bis zu ihrem Tod Deutsch und Ethik auf Lehramt an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studierte, ist in aller Munde. Während der Migrationshintergrund des Opfers ein wesentlicher Aufhänger für die allgemeine Berichterstattung ist, rückt der Migrationshintergrund des Täters in diesem Fall nur deutlich in den Hintergrund.
Obwohl die Richtlinie 12.1 des Presserats bei der Berichterstattung über Straftaten vorschreibt, dass die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt wird, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht, ist in vielen Zeitungen zu lesen, dass der 18-jährige Senal M. aus der Region Sandžak im Südwesten Serbiens stammt und ihm über 15 Ermittlungsverfahren wegen schweren Diebstahls, Sachbeschädigung, Ladendiebstahls und gefährlicher Körperverletzung zugeschrieben werden. Trotz aller Dramatik ist ein begründbarer Sachbezuug zum Migrationshintergrund von Opfer und Täter nicht ersichtlich. Nächtliche Schlägereien mit tödlichem Ausgang sind leider alltäglich.
Es scheint, dass die Richtlinie 12.1 so zu interpretieren ist, dass durch die Nennung der Nationalität und der ethnischen Zugehörigkeit des Opfers ein begründbarer Sachbezug für die Nennung der Nationalität des Täters entsteht. Tatsächlich ist es aber doch so, dass die Zugehörigkeit von Opfern oder Tätern zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten eine Information ist, über deren Erheblichkeit sich der Leser eine eigene Meinung bilden können muss.
Wie hoch das Bedürfnis an einer zutreffenden Berichterstattung im Hinblick auf identitätsbildende Faktoren bei den Beteiligten an einer Straftat ist, lässt sich an der ausführlichen Berichterstattung zum Migrationshintergrund des Opfers Tugçe Albayrak erkennen und es ist nicht einzusehen, weshalb die Berichterstattung über den Migrationshintergrund des Täters dem Ungleichgewicht auch einer nur selbstverschriebenen Zensurregel unterliegen soll.
Zum Glück bindet eine Selbstverpflichtungserklärung nur die Mehrzahl der deutschen Verlagshäuser an den Pressekodex und stellt insoweit kein bindendes Recht dar. Unabhängige Blogger sind dagegen ausschließlich der Wahrheit verpflichtet und unterliegen insofern nur dem allgemeinen Äußerungsrecht.
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Sonntag, 30. November 2014
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