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Montag, 14. Juli 2014

Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts bei vorangegangenem schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO

Amtsgericht Leverkusen, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.06.2014 zum Az.: 21 C 28/14

Die im Kostenfestsetzungsantrag vom 28.05.2014 angemeldeten außergerichtlichen Kosten des Beklagten sind, wegen der darin angegebenen Gründe, erstattungsfähig:

I. Die nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu beurteilende Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Bevollmächtigten hängt davon ab, ob für den am Ort des Prozessgerichts ansässigen Beklagten die Zuziehung eines auswärtigen Bevollmächtigten im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008, Tz. 7 f.). In denjenigen Fällen, in denen die Partei an ihrem eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, kann die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts, der vor dem Prozessgericht auftreten kann, dort aber nicht zugelassen ist, grundsätzlich nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig angesehen werden, es sei denn, besondere Umstände lassen die Einschaltung des auswärtigen Rechtsanwalts geboten erscheinen (BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, unter II 2 b bb; vom 22. Februar 2007 - VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, Tz. 10).

II. Solche besonderen Umstände können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs namentlich dann gegeben sein, wenn die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache an einem Ort stattgefunden hat, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. Genauso wie die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann ein Unternehmen grundsätzlich einen Prozessbevollmächtigten auch an dem Ort beauftragen, an dem die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache erfolgt ist, selbst wenn das Unternehmen an diesem Ort weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. Denn im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation eines an einem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens und nicht darauf an, welche Unternehmensorganisation unter Erstattungsgesichtspunkten zweckmäßiger oder günstiger gewesen wäre.

Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof es nach der gewählten Betriebsorganisation als Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung gebilligt, wenn ein Versicherer bei streitig werdenden Leistungsablehnungen die Sache nicht mehr im eigenen Unternehmen weiterbearbeitet, sondern sie zur selbständigen Bearbeitung an einen externen Rechtsanwalt übergibt, der bei Fehlschlagen einer außergerichtlichen Klärung auch die Prozessführung wahrnimmt.

III. Die Situation im vorliegenden Fall ist mit der unter II. beschriebenen Konstellation vergleichbar.

Die Klägerin selbst hatte angesichts des Streitwerts ausdrücklich das schriftliche Verfahren nach § 495a ZPO beantragt, das Gericht ist diesem Antrag gefolgt. Es war davon auszugehen, dass eine mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren nicht erfolgen wird und Reisekosten nicht anfallen werden.

Der Beklagte ist schwerbehindert und kann seinen Wohnort nur in Begleitung von Pflegepersonal verlassen. In dieser Situation durfte sich der Beklagte mittels Internet einen Anwalt auswählen, der ihm in seiner Position als Beklagter zur Verteidigung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung am geeignetsten erschien, ohne dessen entfernten Kanzleisitz bei der Auswahl in kostenrechtlicher Hinsicht berücksichtigen zu müssen.

Weil der Beklagte im Internet sehen konnte, dass seine späteren Bevollmächtigten bereits erfolgreich gegen die ihn verklagende Gesellschaft vorgegangen waren,
( http://www.rechtsanwaltmoebius.de/urteile/ag-burgwedel_78-c-9-12_zufriedenheitsgarantie.pdf ) beauftragte der Beklagte die Unterzeichner mit der Rechtsverteidigung.

Ohne dass eine Partei die mündliche Verhandlung beantragt hat und ohne ersichtliche Notwendigkeit hat das Gericht dann wider Erwarten - denn nicht einmal Name und Geburtsdatum des Beklagten stimmten in dem von der Klägerin mit der Klage überreichten Vertragsexemplar überein - zur mündlichen Verhandlung terminiert.

Diese Situation ist vergleichbar mit der in oben genannter Situation zur Rechtsprechung des BGH, wenn ein Unternehmen einen Prozessbevollmächtigten auch an dem Ort beauftragen kann, an dem die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache erfolgt ist.

Als überraschender Weise eine mündliche Verhandlung anberaumt wurde, musste der Beklagte zur Wahrnehmung dieses Termins keine am Gerichtsort ansässigen Kollegen mit der Wahrnehmung des überraschenden Termins beauftragen, sondern konnte an seinen bisherigen Bevollmächtigten festhalten, diese mit der Wahrnehmung des anberaumten Gerichtstermins beauftragen und deshalb die zur Verteidigung notwendigen Reisekosten seiner Bevollmächtigten erstattet verlangen.