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Donnerstag, 3. November 2022

HSV verliert Klage wegen viagogo-Tickets

Eine empfindliche Niederlage musste die HSV Fußball Aktiengesellschaft (AG) kürzlich vor dem Landgericht Hamburg einstecken, als deren Klage wegen angeblicher viagogo-Verkäufe größtenteils abgewiesen wurde. Die Kartenkäufer hatten jeweils zwei Karten für das Heimspiel des HSV gegen den FC St. Pauli am 22.2.2020 für insgesamt EUR 302,00 erworben und wegen persönlicher Verhinderung an Dritte weiterverkauft. Nach dem Spiel erhielten die Ticketverkäufer eine Abmahnung der HSV AG mit der Aufforderung, derartiges in Zukunft zu unterlassen sowie Namen und Anschrift der Empfänger der Karten für das Derby zu benennen, weil die Karten angeblich über die Ticketplattform www.viagogo.de zu einem Preis von EUR 361,00 bzw. EUR 349,62 weiter veräußert worden seien.

Außerdem forderte die HSV AG eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 1.000,- sowie die Zahlung der für die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.029,35. Weil die Kartenverkäufer keiner der Aufforderungen der HSV AG Folge leisteten, klagte diese gegen die Fußballfreunde vor dem Landgericht Hamburg auf Unterlassung, ohne Zustimmung der HSV AG Eintrittskarten für Heimspiele der Bundesligamannschaft der HSV AG über einen Internet-Marktplatz zu veräußern, auf Zahlung der geforderten Vertragsstrafe nebst Abmahnkosten sowie darauf, Auskunft zu erteilen, wann, auf welche Weise und an wen die Eintrittskarten zu welchem Preis weitergegeben wurden.

Das Landgericht Hamburg wies die Klage der HSV AG mit Urteil vom 14.10.2022 zum Az.: 312 O 106/20 ganz überwiegend ab und verurteilte die HSV AG zur Übernahme der gesamten Prozesskosten. Lediglich die Klage auf Auskunft erachtete das Landgericht Hamburg in beschränktem Umfang für begründet. Das Gericht stellte fest, dass die HSV AG keine Rechtsverletzung durch die Beklagten dargelegt hätte und die Kartenverkäufer grundsätzlich berechtigt gewesen seien, die Bundesligakarten an Dritte weiterzugeben. Dass die Verkäufer die Ticktes über viagogo.de zum Verkauf angeboten hätten, habe die HSV AG weder dargelegt noch bewiesen. Die Kartenverkäufer seien auch nicht zur weiteren Sachaufklärung verpflichtet gewesen, da die HSV AG keine Tatsachen vorgetragen habe, aus denen sich eine Pflichtverletzung der Beklagten ergeben hätte.

Ob die Kartenverkäufer die Eintrittskarten zu den Spielen der Fußball-Bundesliga selbst bei viagogo verkauft hatten, diese den Verkauf über viagogo durch Dritte gebilligt hätten oder aber der Verkauf über viagogo gänzlich ohne Zutun und Kenntnis der Ersterwerber abgelaufen ist, sei vollkommen unklar. Ein Unterlassungsanspruch der HSV AG scheide genauso aus wie der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe oder Abmahnkosten. An wen die Ticketkäufer die Eintrittskarten für die Spiele gegen den FC St. Pauli weitergegeben hatten, müssten diese allerdings sagen, weil sich diese Pflicht schon aus den gültigen Geschäftsbedingungen der HSV AG ergebe.

Mit diesem Urteil des Landgerichts Hamburg wurde wieder einmal bestätigt, dass das Bestreben der Lizenznehmer der DFL Deutsche Fußball Liga e.V., nämlich die Vereine und Kapitalgesellschaften, welche sich die Nutzung der Formate "Bundesliga" oder "2. Bundesliga" gesichert haben, bei dem Bestreben, die Fußballfans mit Hilfe von überzogenen Geschäftsbedingungen zu drangsalieren, klare Grenzen haben. Mit der bloßen Spekulation, weil von Fußballfans gekaufte Karten letztlich über viagogo vertrieben wurden, müssten die Erstkäufer dieser Karten auch etwas mit dem viagogo-Verkauf zu tun haben, kommen die Clubs nicht weiter. Schon der Bundesgerichtshof hatte festgestellt, dass vielfach als Verkäufer in Betracht kommende Privatpersonen nicht wirksam einem Weiterverkaufsverbot unterworfen sein würden.

Ein Verkaufsverbot komme nicht in Betracht, wenn Karten privat verschenkt worden seien, der Erwerber am Besuch des Spiels plötzlich gehindert ist oder wenn bei einer Kartenbestellung Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Clubs nicht wirksam einbezogen wurden. Das grundsätzliche Konzept von viagogo hat auch deshalb Bestand, weil für den Durchschnittskunden erkennbar ist, dass auf der Online-Plattform von Viagogo Tickets weiterverkauft würden. Das Unternehmen gibt nämlich nicht an, Erstverkäufer zu sein. Während die DFL Deutsche Fußball Liga e.V. mit dem Verkauf von Fernsehrechten jährlich über eine Milliarde Euro verdient, Fußballtrainer und Fußballspieler Millionen einstecken und viagogo beim Ticketvertrieb in einem Multimillionenmarkt mitmischt, setzen Bundesligavereine Anwälte auf Endverbraucher an, die bestenfalls dann bescheidene Gewinne für Ticketverkäufe einstreichen, wenn die Karten für begehrte Spiele knapp geworden sind.

Wem "sein Verein" derart ans Herz gewachsen ist, dass er menschenunwürdige Qualen erleiden würde, wenn er das Spiel seiner Wahl nur in einer Kneipe ansehen könnte, hat in der Regel die Möglichkeit, sich Vorzugsrechte für Stadionbesuche über den Erwerb von Dauerkarten oder Mitgliedschaften in Vereinen oder Fan-Clubs zu sichern. Die Preise für Eintrittskarten zu Spielen der Fußball-Bundesliga haben längst die Sphäre der Kosten eines Restaurantbesuchs überschritten und die erwirtschafteten Gewinne werden an Kicker ausgeschüttet, die sich durch ihren Halbtagsjob Luxusimmobilien und Edelkarossen leisten können, die mehr Geld kosten, als viele Fußballfans im ganzen Leben verdienen werden.

Das Geschwätz der Fußball-Aktiengesellschaften und Vereine über sozialverträgliche Preise bei Stadionbesuchen zur Begründung der juristischen Verfolgung von Kartenverkäufern ist angesichts der Preise in der Milliardenindustrie Fußball längst ein untaugliches Feigenblatt. Tatsächlich geht es um die Ausübung von Macht. Dem Gelegenheitsbesucher, Ultra oder Dauerkarteninhaber soll unmissverständlich vermittelt werden, dass er sich als einfacher Konsument strikt an Stadionordnungen und Allgemeine Ticket-Geschäftsbedingungen zu halten hat. Der Fußballfan wird auf unterster Ebene mit seitenlangen und kleingedruckten Geschäftsbedingungen vorgekocht, um ihn im Falle eines Weiterverkaufs von Eintrittskarten mit dem Hinweis verspeisen zu können, dass für den mickrigen Gewinn eines schlichten Endverbrauchers kein Platz im Fußballbusiness ist.

Mittwoch, 22. Januar 2014

FC St. Pauli entert OLG Hamburg

Der Totenkopf mit den gekreuzten Knochen wurde schon lange vor Gründung der Fußball-Bundesliga als Piratenflagge in Form des "Jolly Roger" als Todesdrohung genutzt und ist seit den 80er Jahren inoffizielles Wappen des Fußball-Club St. Pauli von 1910 e. V.. Es entstammt wohl der Hausbesetzer-Szene der Hafenstraße in Hamburg und darf als ein Zeichen der Rebellion gegen das Establishment aufgefasst werden. Ursprünglich wurde das Symbol nur von den treuesten Fans getragen und in Eigenregie in einem Fanladen verkauft. Später wurde der Totenkopf markenrechtlich geschützt und ist heute fester Bestandteil des Merchandising und weltweites Kennzeichen des FC St. Pauli.

Allerdings betreibt der Verein das Geschäft mit den Fanartikeln schon seit Langem nicht mehr allein. In den 90er Jahren trat der Verein seine Rechte an den damaligen Präsidenten Heinz Weisener zur Absicherung von Forderungen in Millionenhöhe ab. Aus dieser Abhängigkeit konnte sich der Kiezklub erst im Jahre 2000 mit Hilfe des Sportvermarkters Upsolut Sports AG aus Hamburg befreien. Zusammen gründete man die FC St. Pauli Merchandising GmbH & Co. KG, an welcher der Klub und Upsolut zu jeweils 50 Prozent beteiligt waren.

Zur Finanzierung des Rückkaufes von TV-Rechten schloss der Verein im Jahr 2004 einen Markennießbrauch- und Merchandisingvertrag (MMV) mit der Upsolut Merchandising GmbH & Co. KG ab. Gegenstand waren deutsche Marken und Gemeinschaftsmarken mit Totenkopf und gekreuzten Knochen und der Vereinsname mit kreisförmiger Anordnung um das Hamburger Wappen. Gemäß diesem mit einer Laufzeit von 30 Jahren versehenen Vertrag wurde der Verein nur noch mit zehn Prozent an den Erlösen aus dem Merchandising beteiligt. Zudem wurden dem Verein vertraglich eigene Merchandisingaktivitäten untersagt.

Nachdem ein Rechtsgutachten im Auftrag des Vereins zu dem Ergebnis kam, der Vertrag sei aufgrund seiner Exklusivbindung kartellrechtswidrig und wegen des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sogar sittenwidrig, reichte der FC St. Pauli Klage vor dem Landgericht Hamburg ein. Diese Klage blieb zunächst erfolglos, weil das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 06.01.2011 zum Az.: 315 O 451/09 nicht zu erkennen vermochte, dass der MMV gegen die guten Sitten verstößt. Die Dauer von 30 Jahren sei keine unangemessene den Sportverein benachteiligende Vertragsdauer und auch kartellrechtliche Überlegungen konnten dem FC St. Pauli nicht zum Durchbruch verhelfen.  

In der Berufungsverhandlung beschränkte das OLG-Hamburg nun per Urteil vom 12.12.2013 zum Az. 3 U 38/11 die Laufzeit des Vertrages und das Wettbewerbsverbot auf 10 Jahre. Auch die vertraglich vereinbarte Abfindungsklausel wurde für unwirksam erklärt. Lediglich dem Antrag, den Vertrag auch rückwirkend aufzuheben, kam das Gericht nicht nach. Der Hamburger Fußballverein dürfte, soweit die Entscheidung rechtskräftig wird, ab dem 1. Juli 2014 seine Merchandisingprodukte wieder vollumfänglich selbst vermarkten.

Die Perspektiven des klammen Kiezklubs könnten sich hierdurch klar verbessern. Schließlich hat kein anderer Fußballverein in den vergangenen Jahren größere Zuwachsraten bei dem Verkauf von Fanartikeln verzeichnen können. Während der der FC Bayern München im Geschäft mit seinem Logo weit vorne liegt und allein für 2012/13 einen Umsatz von über 85 Millionen Euro ausweist, dürften Borussia Dortmund und Schalke 04 die Plätze 2 und 3 belegen. Es wird jedoch geschätzt, dass der FC St. Pauli zwischen Platz vier und sieben der umsatzstärksten deutschen Fussballclubs liegt. Für einen Zweitligaverein eine Rekordposition, die sich bei einer Selbstvermakrtung des Totenkopfs mittelfristig auch sportlich auswirken dürfte. Allerdings haben die Vertreter der Upsolut Merchandising bereits die Einlegung der Revision angekündigt, um auf diese Weise weiter an den Marken des Vereins vom Millerntor verdienen zu können.

Sonntag, 16. September 2012

Ein Massenmörder in der Bundesliga

Tödliche Pässe, Freistoßgranaten und Elfmeter-Killer verprechen den Zuschauern in der Fußball-Bundesliga eine Mordsgaudi und den Vereinen einen Riesenreibach. Totenschädel auf den Trikots von Fortuna Düsseldorf haben Tradition und die für die FC St. Pauli Vermarktungs GmbH & Co. KG ebenfalls vom Jolly Roger (Piratenflagge) abgeleitete Totenkopffahne ist eine beim Deutschen Paten- und Markenamt unter der Registernummer 39610901 eingetragene Marke

Störend wirkt es dagegen, wenn Fans das martialische Vokabular des Kicker-Kosmos aufgreifen und eine Fahne basteln, um ihre Interpretation des Totenkults im Fussballsport umzusetzen. So geschehen in Hannover, als 96-Fans im Heimspiel gegen Schalke 04 eine Fahne mit dem Konterfei des Serienkillers Friedrich Heinrich Karl Haarmann in die Höhe reckten. Ein Massenmörder, der 1879 in Hannover geboren und 1925 wegen 24-fachen Mordes im Gerichtsgefängnis hinter dem Hauptbahnhof geköpft wurde. Er soll seine Opfer gar zu Wurst verarbeitet haben.

Die Akzeptanz der öffentlichen Zuneigung zu Schwerverbrechern braucht seine Zeit und die ist in Hannover einfach noch nicht reif, meint jedenfalls der Präsident von Hannover 96, Martin Kind: „Geht gar nicht – und ist verboten. Wir werden alles tun, was wir machen können, damit die Fahne Samstag gegen Werder nicht im Stadion ist.“

Nach § 4 Abs. 1 der Stadionordnung sind jedoch nur verbale Äußerungen, Parolen oder Fangesänge sowie entsprechende Gesten und Symbole, die nach Art oder Inhalt geeignet sind, Dritte insbesondere aufgrund von Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung zu diffamieren oder die als Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen eingestuft sind oder diesen zum Verwechseln ähnlich sehen, verboten. Das passt nicht.

Vielleicht ein kleiner Kunstgriff? Weil nach § 4 Abs. 3 h) der Stadionordnung auch das Mitführen von werbenden oder kommerziellen Gegenstände untersagt ist und sich das Motiv der Fan-Fahne als Werbung für ein vergleichbares Fritz Haarmann-T-Shirt einordnen läßt, muss der Scherenschnitt des enthaupteten Totmachers draussen bleiben. Zur Not hilft auch die Generalklausel des § 3 der Stadionverordung, wenn andere Personen mehr als nach den Umständen unvermeidbar belästigt werden.

Solange also Hannover Fritz Haarmann kein Denkmal setzt, wie es Hamburg für den - gleichfalls, nur eben viel früher - geköpften Piraten Klaus Störtebeker verantworten konnte, wird einer der berühmtesten Söhne der niedersächsischen Landeshauptstadt auch als Motiv auf einer Fahne im hannoverschen Stadion nicht willkommen sein. Bleibt zu hoffen, dass die Fans nicht auf die Idee kommen, bei Gelegenheit gar das Haarmann-Lied anzustimmen:

„Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen,
macht er Hackefleisch aus dir.
Aus den Augen macht er Sülze,
aus dem Hintern macht er Speck,
aus den Därmen macht er Würste
und den Rest, den schmeißt er weg.“