Mittwoch, 28. April 2010

myfab.com vs myfab.de - Möbelversand verliert Prozess und muss auch Kosten wegen unberechtigter Abmahnung übernehmen


Braunschweig, 28.04.2010. Das Start-up MyFab provozierte mit einer Abmahnung gegen einen Webdesigner auf Löschung der Domains myfab.de und my-fab.de erfolgreichen Widerstand. Es behauptete auch in der folgenden Klage, Opfer eines Domain-Grabbers geworden zu sein, der die Domains lediglich zu Sperrzwecken und in der Absicht registriert habe, sie sich von MyFab abkaufen zu lassen.

Das Konzept von MyFab.com ist einfach. Designmöbel werden zu Niedrigpreisen angeboten. Ein Ledersofa im Bauhausstil mit der "unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers" von 5.000 Euro, wird für 999 Euro angeboten. Möglich ist dies, weil keine Margen für Großhändler und Möbelhäuser anfallen und der Kunde seine Waren im Internet bestellt und per Containerschiff aus China nach Hause geliefert bekommt.

Im Zuge des Versuchs, die Domains myfab.de und my-fab.de unmittelbar nach Gründung der MyFab Deutschland GmbH zu registrieren, musste das Start-up feststellen, dass beide Domains schon registriert waren.

In seiner Klage behauptete MyFab dann, der verklagte Webdesigner habe sich die Domains im Januar 2009, ein 3/4 Jahr nachdem die MyFab-Unternehmensgruppe ihre Tätigkeit aufgenommen habe, registriert, um MyFab gezielt zu behindern. Es sei "schlicht undenkbar", dass er sich die Phantasiebezeichnung "myfab" zufällig selbst ausgedacht hätte. Vorgerichtlich wurde sogar angedroht, den Webdesigner als Domaininhaber für sämtliche Umsatzausfälle, die MyFab aufgrund der "Blockade" entstünden, haftbar zu machen, wenn er die Domains nicht freiwillig aufgeben würde.

Allerdings konnte der angebliche Domain-Grabber schon mit der Klageerwiderung durch Vorlage einer DENIC-Auskunft zweifelsfrei nachweisen, dass er die Domains bereits im Mai 2007 für sich reserviert hatte und damit sogar noch Monate vor Gründung der französischen Muttergesellschaft tätig geworden ist.

Der Beklagte ist als freier Mitarbeiter zweier Werbeagenturen in Hannover für den Bereich Webdesign, Domainregistrierung, Markendesign, und Datenbankerstellung verantwortlich und betreibt zusammen mit seinen Arbeitgebern unter myfab.de ein Informationsportal zur digitalen Heimfabrikation.

Das Konzept der Heimfabrikation durch „Personal Fabricator“, kurz „Fabber“ genannt, hatte den Webdesigner begeistert und zur Registrierung der Domains myfab.de und my-fab.de wegen der Planung eines Portals geführt, welches wegen seines Studienabschlusses zum Zeitpunkt der Abmahnung aber noch nicht fertig war.

"Ich war von der Idee der Fabber fasziniert, weil derartige 3D-Drucker im Gegensatz zu Standard-Papierdruckern reale und benutzbare Gegenstände ausdrucken können. Aus meiner Sicht eine kleine Revolution, die wir unter einem Portal darstellen möchten. Die Registrierung einer schlagkräftigen Domain wie myfab.de lag insoweit natürlich nah", erläuterte der verklagte Webdesigner aus Laatzen bei Hannover.

Wegen der offensichtlich falschen Abmahnung durch MyFab verlangte er dann im Wege der Widerklage seinerseits Schadensersatz für die ihm bei seinem Rechtsanwalt entstandenen Kosten. Hierzu äußert sich der Vertreter des angeblichen Domain-Grabbers, Fachanwalt für IT-Recht Ralf Möbius: "Eine bloße Unterstellung einer Namens- oder Markenrechtsverletzung ohne fachgerechte Prüfung der Priorität einer Domainregistrierung ist geradezu vorsätzlich rechtsverletzend und muss zum Ersatz der durch dieses Verhalten bei dem Beklagten entstandenen Kosten führen".

Ein Vertrauensmoment zugunsten von MyFab hatte nicht vorgelegen, da die Domains myfab.de und my-fab.de erkennbar bereits vor Gründung der französischen Muttergesellschaft von MyFab durch den beklagten Webdesigner registriert wurden und der Bundesgerichtshof einen solchen Umstand schon vor Abfassung der Abmahnung als regelmäßig beachtlich eingestuft hatte.

Denn spätestens seit der Entscheidung des BGH mit Urteil vom 24.04.2008, Az. I ZR 159/05 - "afilias.de“, verletzt ein Nichtberechtigter, für den ein Zeichen als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain ".de" registriert ist, das Namens- oder Kennzeichenrecht desjenigen, der an einem identischen Zeichen ein Namens- oder Kennzeichenrecht hat, grundsätzlich nicht, wenn das Namens- oder Kennzeichenrecht des Berechtigten erst nach der Registrierung des Domainnamens durch den Nichtberechtigten entstanden ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 09.09.2004 – I ZR 65/02, GRUR 2005, 430 = WRP 2005, 488 – „mho.de“).

Schliesslich wurde diese Rechtsprechung vom BGH, Urteil vom 19.02.2009 - I ZR 135/06 - "ahd.de", noch einmal bestätigt. Eine Rechtsverletzung durch Domainregistrierung liegt nämlich nicht vor, wenn ein der Domain entsprechendes Unternehmenskennzeichen erst nach der Registrierung der Domain in Gebrauch genommen wird und für den Domaininhaber zum Registrierungszeitpunkt kein besonderes Interesse eines bestimmten Unternehmens erkennbar war, gerade jene dieser Geschäftsbezeichnung entsprechende Domain zu verwenden.

Diesen Umstand hatte MyFab weder zum Zeitpunkt der Abfassung der Abmahnung noch zum Zeitpunkt der Klagerhebung beachtet, da MyFab von einem ganz anderen Datum der Registrierung der streitgegenständlichen Domains ausging, obwohl es ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, neben der Stellung von einem Dispute-Eintrag bei der DENIC auch eine History bezüglich der streitbefangenen Domains bei der DENIC anzufordern.

Folgerichtig wurde die Klage des Möbel-Start-up-Unternehmens MyFab gegen den Webdesigner auf Löschung der Domains myfab.de und my-fab.de nicht nur abgewiesen, sondern der Chinamöbel-Versand wegen der unberechtigten Abmahnung sogar zur Übernahme der dem Webdesigner im Rahmen der vorgerichtlichen Korrespondenz durch seinen Anwalt entstandenen Kosten verurteilt.

Das Urteil des Landgerichts Braunschweig zum Az. 9 O 2367/09 liegt noch nicht mit Begründung vor. *Update* jetzt hier verfügbar: myfab

Dienstag, 20. April 2010

Beim Bund ist alles doof

Unter der Überschrift "Linken-Abgeordnete verhöhnt unsere Soldaten" resümiert die BILD-Zeitung am 20.04.2010 zu dem obenstehend abgebildeten Plakat der Linksjugend folgendes:

"Besonders vor dem Hintergrund der Opfer, die auf deutscher Seite in diesen Tagen zu beklagen sind, kann die Kampagne der Linken gegen die Bundeswehr nur als widerwärtig bezeichnet werden.“

Wie die BILD-Zeitung berichtet, soll der Kollege Rechtsanwalt Marco Buschmann, FDP-Bundestagsabgeordneter und nach Angaben der "BILD" auch Rechtsexperte, die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Yvonne Ploetz, aufgefordert haben, das an der Tür ihres Abgeordnetenbüros aufgehängte Plakat sofort zu entfernen. „Es ist unerhört, dieses geschmacklose Plakat in den Räumen des Bundestages aufzuhängen“, soll der Kollege Buschmann zu "BILD" gesagt haben.

Wenn man unterstellt, dass die Bundestagabgeordnete Yvonne Ploetz das Plakat aufgehängt hat, um ihre Meinung "Beim Bund ist alles doof" kundzutun, so dürfte dies ohne Zweifel auch und gerade für Bundestagsabgeordnete eine zulässige Form der Meinungsäußerung sein.

Wenn man weiter annimmt, dass mindestens die Textteile "Wüste doof" und "gesprengt werden doof" einen konkreten Anhaltspunkt für die Meinung darstellen, die "Bundeswehr in Afghanistan ist doof" - etwa weil neben vielen zivilen und anderen militärischen Opfern in Afghanistan auch schon über 50 Bundeswehrsoldaten ums Leben gekommen sind -, so verdeutlicht auch dieser Ansatz doch wohl nur die Diskussionswürdigkeit der These "Beim Bund ist alles doof", als die eher einfältige Annahme, das Aufhängen eines solchen Plakates stelle eine "unerträgliche Verhöhnung der ISAF-Soldaten" (so laut BILD der saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Funk) dar.

Gerade als Anwalt und sogenannter Rechtsexperte sollte man doch in der Lage sein, sich differenzierter mit der Meinung anderer Abgeordneter auseinanderzusetzen, als die unter Parlamentariern tatsächlich "unerträgliche" Forderung zu erheben, die Kundgabe einer freien Meinung sofort zu unterlassen.

Alles in allem eine schöne Gelegenheit, Artikel 38 Abs. 1 unseres Grundgesetzes für all diejenigen Experten zu zitieren, die mit dem Begriff Meinungsfreiheit wenig und dem sogenannten Grundsatz eines freien Mandats von Bundestagsabgeordneten noch weniger anfangen können:

"Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen."