Samstag, 30. April 2011

Alles ist Jura: Nationalkeeper Manuel Neuer wird von den "Ultras Gelsenkirchen" ausgeschlossen - Recht so?


Der geplante Wechsel von Nationaltorhüter und nunmehr Ex-Ultra Manuel Neuer von Schalke 04 zum FC Bayern München hatte nun erste juristische Konsequenzen. Neuers Mitgliedschaft bei den Ultras Gelsenkirchen ist wegen des angeblichen Wechsels zu den Bayern erloschen, wie dem Fanzine "Blauer Brief" in der aktuellen Ausgabe zu entnehmen ist: "Manuel hat uns schmerzlich bewiesen, dass wir unseren Glauben nicht zu sehr an Spieler verschenken sollten. Betrachten wir Spieler als das was sie fast alle sind, Berufssportler, die zeitlich begrenzt das königsblaue Trikot tragen dürfen!" Die gemeinsame Ablehnung des Wechsels verbindet gar feindliche Lager: "Es steht vollkommen außer Frage, dass die Mitgliedschaft bei Ultras GE mit dieser Aktion erlischt, worüber wir ihn selbstverständlich informiert haben. Sein Verhalten tritt nicht nur die Werte unzähliger Schalker mit Füßen, sondern zusätzlich auch noch die Werte vieler eingefleischter Münchener, die den Transfer ebenfalls ablehnen - aber das nur am Rande."

Um die Angelegenheit etwas besser einordnen zu können, muss man wissen, dass Neuer in allen Schalker Jugend-Mannschaften gespielt hat und noch vor seiner Profikarriere seit 2003 mit den Gelsenkirchener Ultras in deutschen Stadien unterwegs war. Allerdings lautet die korrekte Bezeichnung dieser Schalker Fans "Ultras Gelsenkirchen e.V.", vertreten durch den Vorstand Jan Klaffke, Dennis von Heesen und Peer Heckel. Deren Satzung ist beim zuständigen Registergericht, dem Amtsgericht Gelsenkirchen unter der Registernummer VR1498 hinterlegt. Für ein schnelles Posting ist die Einsichtnahme in die Vereinssatzung zu aufwendig, obwohl gem. § 79 BGB die Einsicht des Vereinsregisters jedem gestattet ist. Ich würde allerdings wetten, dass der Ausschluss von Neuer weder durch die Satzung der "Ultras Gelsenkirchen e.V." noch durch das Vereinsrecht der §§ 21 BGB ff. gedeckt ist, denn die Wahrnehmung der Vertragsfreheit durch ein Mitglied des Vereins kann selbst bei einem Wechsel zu den Bayern kein Grund für das Ende seiner Mitgliedschaft sein.

Mit dem Rauswurf von Neuer schütteln die Ultras aber erfolgreich ein Korsett ab, das ihnen das bürgerliche Recht aufgezwungen hat. Man darf davon ausgehen, dass deren vereinsrechtliche Organisation dem Zwang entsprungen ist, in der Schalker Fanlandschaft Kontur belegen und gegenüber dem Verein dauerhaft anerkannt werden zu können. Mit dem rechtswidrigen Ausschluss des Nationaltorhüters beweisen die Ultras dagegen, dass sie ihre Werte als Schalker Fans im Zweifel über das bürgerliche Recht stellen. Und das mit gutem Grund, denn der zivilrechtlich gedeckte Wechsel Neuers ist tatsächlich ein Verrat an der Idee der Schalker Ultras, die sich in keine Vereinssatzung rechtssicher einbauen läßt. Das dauerhafte Fan-Bekenntnis eines Ultras zu Schalke 04 schliesst einen Spielerwechsel in Personalunion zu Bayern München selbstverständlich aus: "Nein, Manuel, sowas macht man nicht, wenn man S04 im Herzen trägt und die Wahl hat!"

Manuel Neuer wird sich gegen den Rausschmiss nicht wehren und hat mit der unterlassenen Vertragsverlängerung die Chance verpasst, nicht nur bei Schalke 04 unsterblich zu werden. Seine Äußerungen zum Wechsel "Ich möchte immer auf dem höchsten Niveau spielen, das ist die Champions League. Als Persönlichkeit einen Schritt machen, auf eigenen Beinen stehen." und "Ich möchte mich weiterentwickeln, einen neuen großen Schritt in meiner Karriere machen" sind stereotype Erklärungen eines jungen Fussballspielers, dessen Charakter den Verlockungen von noch mehr Geld nicht standgehalten hat. Ohne Frage hätte Deutschlands Torhüter Nummer 1 seine millionenschwere Karriere auch bei Schalke 04 erfolgreich fortsetzen können. Er hätte sich ein Beispiel nehmen können an unvergänglichen Ikonen der Fankultur. An Steven George Gerrard, einem der besten Mittelfeldspieler der Welt, der seit seinem neunten Lebensjahr für den FC Liverpool spielt. An Torhüter Víctor Valdés Arribas, der im Sportinternat des FC Barcelona gross geworden ist und 2009 mit seinem Verein Champions League, Meisterschaft und Copa del Rey gewonnen hat. Dass Arribas 2010 mit Spanien nur als Ersatztorhüter Weltmeister geworden ist, liegt schliesslich an Torwartlegende Iker Casillas Fernández, Stammtorhüter und Kapitän von Real Madrid und der spanischen Fußballnationalmannschaft. Der spanische Weltmeister mit dem Beinamen "El santo de Móstoles" wurde 2008, 2009 und 2010 zum Welttorhüter des Jahres gewählt und spielt seit seiner frühesten Jugend nur für Real Madrid. Manuel, hast Du denn niemals "Tote Hosen" gehört?

11 Kommentare:

  1. "Ich möchte immer auf dem höchsten Niveau spielen, das ist die Champions League. Als Persönlichkeit einen Schritt machen, auf eigenen Beinen stehen."
    "Ich möchte mich weiterentwickeln, einen neuen großen Schritt in meiner Karriere machen"

    Sagt er damit nicht ganz deutlich, daß er NICHT zu Bayern geht? Das klingt nach Milan, Manchester oder Madrid, aber doch nicht nach München.

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  2. Das würde ich inhaltlich nicht so stark gewichten. Was soll er denn sagen? Ich will so viel Geld wie möglich verdienen - lieber 10 Mio mit Bayern als 5 bei Schalke?

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  3. Naja, ohne Einsichtnahme von einem rechtswidrigen Ausschluss zu sprechen, sollte eigentlich gerade einem Anwalt nicht passieren. Auf jeden Fall würde ich nicht von einem eindeutigen Sachverhalt ausgehen: 1. wurde die vorgeschriebene Prozedur eingehalten? 2. Wie wurde der Ausschluss in der Sache begründet? Wie ist das Vereinsziel formuliert, und lässt sich der Wechsel von Schalke nach München als unvereinbar mit den Vereinszielen interpretieren? Dann dürfte der Ausschluss in der Sache zulässig sein.

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  4. "Ich würde allerdings wetten, ..." belegt doch wohl, dass ich spekuliere. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ein zivilrechtlich ohne weiteres zulässiges Verhalten nach einer vom Amtsgericht geprüften Vereinssatzung einen Ausschluss rechtfertigen kann. Selbst eine Generalklausel wie etwa "vereinsschädigendes Verhalten" gäbe einen Ausschluss nicht her. Es würde der Massstab des §
    314 BGB
    gelten. Es wäre natürlich spannend, wenn sich ein Amtsgericht dazu äussern müsste, ob der Wechsel zu Bayern ein wichtiger Grund für den Ausschluss wäre. Aber eher wegen des Prozederes, nicht wegen der materiellen Rechtsfrage. Da bleibe ich bei meiner Aussage, dass eine Nichtvertragsverlängerung und ein Vertragsschluss bei den Bayern zivilrechtlich unbedenklich sind und daher nicht als wichtiger Grund im Sinne des §
    314 BGB
    im Rahmen eines zivilrechtlichen Vereinsausschlusses herhalten können.

    Alleine das Mitwirken des im Fokus der Ultras stehenden Schalke 04 am Transfer und der Erhalt der Ablösesumme für den Wechsel belegen, dass kein Ausschlussgrund vorliegen kann. Wenn das vereinsinterne Ziel der Ultras der support des S04 ist, kann ein im Einvernehmen mit S04 erfolgender Vereinswechsel nicht gegen satzungsimmanente Gebote der Ultras verstossen.

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  5. Markus Simbürger9. Juli 2011 um 10:10

    "Ich möchte mich weiterentwickeln, einen neuen großen Schritt in meiner Karriere machen" sind stereotype Erklärungen eines jungen Fussballspielers, dessen Charakter den Verlockungen von noch mehr Geld nicht standgehalten hat.


    Einfach zu billig alles nur auf das Geld zuschieben, vorallem weil ja Tönnies ihm plötzlich 7 Mio. Jahresgehalt angeboten hat.
    Es muss ein Unterschied zwischen Schalke und Bayern bestehen, vielleicht hilft da ein Blick in die Vereinshistorie, um dies zu analysieren.

    Und stereotype Erklärungen eines jungen Fußballspielers sind eher die maß- und bedingungslosen Ansichten, die von Ultra-Fans vermittelt werden.

    Gott sei Dank ist Manuel Neuer raus aus diesem extremen Sumpf.

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    1. Eine sehr gewichtige Frage. Dann verklag die Ultras doch, wenn der Ausschluss rechtswidrig war. Die nerven sowieso.
      Die Firma vom Ober-Ultra macht ja übrigens das Design für die Neuer-Stiftung. Da scheint ihn der heuchlerische Ehrenkodex der Ultras ja nicht gestört zu haben. Tja, wenns ums Geschäft geht....

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    2. Völlig richtig. Klaffke ist ein Heuchler.

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    3. Nicht nur. Am Schalker Markt kursieren ja bereits seit Jahren Gerüchte, dass da mit Klaffke nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Aber das ist natürlich ein anderes Thema.

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  6. Herzlichen Glückwunsch zum Double lieber Manuel - Vizemeister und Vizepokalsieger ist doch erstmal nicht so schlecht. Und gegen Chelsea wirds dann ein Triple. Weiter so!

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  7. So, Triple damit komplett. Und als Nichtweltklassetorhüter hast Du einen wichtigen Beitrag zum Vize-Triple von Bayern München beigesteuert, denn der Kopfball von Didier Drogba zum 1:1 für Chelsea in der 88. Minute war haltbar.

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