Kurz vor einem auswärtigen Termin kommt die Ablehnung der Prozesskostenhilfe per Beschluss. Wir bitten deshalb darum, den Verhandlungstermin zu verlegen, da gegen den Beschluss Prozesskostenhilfe nicht zu gewähren, sofortige Beschwerde eingelegt werden soll und angesichts der finanziellen Situation des Beklagten eine endgültige Entscheidung über den Antrag abgewartet werden müsste, damit die Umstände der Kostenerstattung für eine anwaltliche Vertretung abschließend geklärt werden können.
Bei nicht rechtskräftiger Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags das Risiko eines Honorarausfalls mit einer 600 km langen Reise, deren Kosten man in dieser Situation sogar noch vorstrecken müsste, vermeiden zu wollen, sollte man als Anwalt mit Hilfe eines Antrags auf Terminsverlegung versuchen dürfen. Meine ich.
Die Amtsrichterin bleibt angesichts des herannahenden Termins entspannt. Sie bleibt derart entspannt, dass sie einfach überhaupt nichts macht. Sie ignoriert den Verlegungsantrag. In der dienstlichen Stellungnahme zum daraufhin gestellten Befangenheitsantrag liest sich ihr Vorgehen wie folgt:
„Der Terminsverlegungsantrag wurde mir am Dienstag vorgelegt. Ein Grund zur Terminsverlegung bestand mangels eingelegter sofortiger Beschwerde aus meiner Sicht nicht, da die sofortige Beschwerde lediglich angekündigt war. Ich entschloss mich daher, abzuwarten und zunächst an dem anberaumten Termin festzuhalten.“
Das ist eine durchaus in Betracht kommende Variante, allerdings sollte das Festhalten am Termin mitgeteilt werden, damit sich der Mandant von der Justiz gehört fühlen kann. Meine ich:
"Wenn es aus der Sicht der amtierenden Richterin im Interesse der zügigen Erledigung der ihr zugewiesenen Verfahren auch ärgerlich wäre, den Termin aufzuheben, stellt die Weigerung, den Terminsverlegungsantrag überhaupt zu bescheiden, eine Beeinträchtigung der Parteirechte des Beklagten dar, die nur den Schluss zulässt, die Richterin stehe seinem berechtigten Anliegen und dem von ihm angebrachten Vertagungsantrag nicht unvoreingenommen gegenüber.
Denn die Besorgnis der Befangenheit besteht schon dann, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn aus der Sicht der ablehnenden Partei objektive Gründe vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln- Darauf, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält, kommt es nicht an."
Natürlich ist das Ignorieren eines Verlegungsantrags noch ausbaufähig. Das gelingt dem mit dem Befangenheitsantrag befassten Amtsrichter. Er ignoriert einfach dass massgebliche Argument des Befangenheitsantrags:
„Es stellt keinen Grund für die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung dar, dass eine der Parteien sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt hat. Die gesamten diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten-Vertreter sind für den Unterzeichnenden nicht nachzuvollziehen.”
Es geht längst nicht mehr um die Frage, ob der Termin hätte verlegt werden müssen, sondern darum, ob das Gericht befangen erschien, weil es den für den Beklagten wichtigen Verlegungsantrag einfach nicht beantwortet hat. Es fällt mir zunehmend schwer, gegen die Ignoranz die passenden Worte zu finden. Ich versuche dies trotzdem mit einer sofortigen Beschwerde, diesmal gegen die Ablehnung des Befangenheitsantrags:
„Um der drohenden Gefahr eines erneuten Nachvollzugsunvermögens seitens des Gerichts wenigstens etwas entgegenzusetzen, soll das zentrale Argument für den Befangenheitsantrag nun mit einer volksnahen Ausdrucksweise umschrieben werden: Aus der Sicht des Beklagten war sein rechtliches Schicksal der Richterin am Amtsgericht offenbar derart scheißegal, dass sie seinen Terminsverlegungsantrag ohne überhaupt darüber zu entscheiden in die Tonne getreten hat, um den Termin stillschweigend durchzuführen und einfach mal zu sehen, ob sich die Bevollmächtigten des Beklagten noch telefonisch gegenüber dem Gericht abstrampeln, abseits jeglicher wirtschaftlicher Vernunft die Fahrtkosten ans Bein binden oder sie den Beklagten im Stich lassen, auf die Fahrt verzichten und ihm damit ein Versäumnisurteil reinwürgen. Spannende Sache, den Verlegungsantrag einer wirtschaftlich bedürftigen Partei einfach mal zu ignorieren, um zu gucken, was passiert.”
Auch eine volkstümliche Ausdrucksweise kann den Beton der Ignoranz nicht brechen. Der Amtsrichter antwortet völlig unbeeindruckt:
“Es stellt keinen hinreichenden Grund dar, einen Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, wenn der Antragsteller eine Entscheidung über die sofortige Beschwerde über die Zurückweisung seines Antrages auf Prozesskostenhilfe wünscht. Dabei geht es nicht um die Interessen der Richterin, sondern der Klägerin und der Öffentlichkeit an einer zügigen Durchführung eines Zivilprozesses.”
Oder ist der einfach nur zu doof?
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Immer wieder erstaunlich, wenn Menschen meinen, dass sie mit dem Zurschaustellen schlechter Erziehung andere beeindrucken oder deren Verhalten verändern können.
AntwortenLöschenIch hatte in der Tat erwartet, den Amtsrichter durch einen Wechsel der Sprache bewegen zu können und finde es eher erstaunlich, dass ich ihn nicht nur nicht beeindrucken oder sein Verhalten nicht verändern konnte, sondern ihn nicht einmal erreicht habe.
LöschenSie begründen den Terminsverlegungsantrag (zumindest im Blogtext) übrigens nicht mit Interessen Ihres Mandanten, sondern ausschließlich mit eigenen.
AntwortenLöschenEs ist natürlich im Interesse des Mandanten, die Chance zu wahren, mit erfolgreicher Anfechtung der PKH-Versagung ohne ein Versäumnisurteil im Nacken vor Gericht vertreten werden zu können. Da kein Anwalt ohne Bezahlung arbeiten muss, ist dem Mandanten mit einer Terminsverlegung besser gedient, als mit einem Versäumnisurteil ohne Verlegung des Termins als Folge des Unvermögens, die Fahrtkosten bezahlen zu können. Kurz: Prozesskostenhilfe deckt in der Regel die Interessen von Mandant und Anwalt.
AntwortenLöschenEin spontaner Gedanke, vielleicht vor dem Hintergrund meiner mittlerweile mangelhaften Erfahrung in Zivilverfahren: Hätten Sie nicht mal beim gegnerischen Kollegen anrufen können, um ihn um seine Unterstützung zu bitten. Oder schließen die jeweiligen Mandanteninteressen ein solches kollegiales Miteinander aus? (Ernst gemeinte Frage, ganz ohne provokanten Hintergrund)
AntwortenLöschenZiemlich entwaffnende Frage. Da bin ich wohl derart verbissen, dass mir so etwas nicht einmal einfällt. Dazu sehe ich in dem Kollegen sicher zu sehr den Gegner und das kollegiale Miteinander ist auch nicht gerade meine Stärke.
LöschenWer dermaßen aus der Rolle fällt wie Sie (mit dem, was Sie "volksnahe Ausdrucksweise" nennen) versemmelt die Chancen des Mandanten (!) auf eine günstige Entscheidung vollends.
AntwortenLöschenOder aber das Landgericht kann sich der erfrischenden Klarheit meiner Worte nicht entziehen und nimmt sich die Vehemenz meiner Ausführungen zu Herzen.
LöschenEs geht immer wieder darum, wie geht man mit Ignoranten in Richterrobe um.
AntwortenLöschenMit Untertänigkeit versucht die Mehrheit, zum Erfolg zu kommen. Geling nicht wenigen auch nicht selten.
Wozu das führt, zeigt die Geschichte.
Widerspenstigkeit ist auch nicht immer angesagt. Auch das zeigt die Geschichte, wie der Zusammenbruch der real existierenden sozialistischen Staaten, in denen einige Mächtige durchaus hehre Ziele verfolgten. Auch der Vietnamkrieg und der Überfall auf den Irak und Afghanistan sind Beispiele aus der Geschichte, dass Widerspenstigkeit bestraft werden kann.
Wie immer so schön von den Anwälten und den Richtern gesagt, es kommt auf den Einzelfall an.