Dienstag, 24. Juli 2018

Die Wahrheit über Mesut Özil

Der Heiligenschein der Scheinheiligen glänzt in diesen Tagen besonders hell, denn diese sind sich durchweg darüber einig, dass der nun zurückgetretene und daher ehemalige Fußballnationalspieler Mesut Özil die Fehler gemacht hat, sich im Mai 2018 mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan fotografieren zu lassen und auf die anschließende Hetzjagd erst spät zu antworten. Ausgehend von dieser Annahme wurde und wird Özil nun der Prozess gemacht.

Tatsächlich waren die Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten gar nicht falsch und das folgende wochenlange Schweigen sein gutes Recht. Als deutscher Nationalspieler mit türkischen Wurzeln durfte er sich jederzeit mit dem türkischen Staatspräsidenten oder dem deutschen Bundespräsidenten ablichten lassen, ohne sich aus irgendeiner Richtung den Vorwurf respektlosen Verhaltens gegenüber einem anerkannten politischen Amt machen lassen zu müssen. Keiner wird von einem talentierten Spieler mit türkischen Vorfahren mehr verlangen können, als von Altbundeskanzler Gerhard Schröder, der anläßlich seiner öffentlichen Gratulation zu Erdogans Vereidigung als Präsident Anfang des Monats im Auftrag der Bundesregierung eigens in die Türkei gereist ist.

Auch Kritik an gemeinsamen Auftritten von FIFA-Präsident Gianni Infantino und dem Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin während der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Rußland war kaum zu hören, obwohl Putin im öffentlichen Deutschland ebenfalls als böser Machtmensch verschrien ist. Der Öffentlichkeit die Beschäftigung mit der bundesweiten Entrüstung ob des skandalösen Fotos mit Erdogan zu überlassen, war nicht nur Teil der Freiheit Özils, sondern auch Raum für entlarvende Schauspielkunst, in welchem DFB-Präsident und CDU-Jurist Reinhard Grindel genau das Bild abgegeben hat, wie es Kritiker von ihm nicht schlechter hätten zeichnen können.

Das Verhalten von Grindel, welches Özil in seiner Rücktrittserklärung als Inkompetenz und Unfähigkeit definiert hat, ist angesichts der Karriere des DFB-Führers tatsächlich keine große Überraschung, auch wenn man nur flüchtig hinter die Kulissen blickt. Da ist mir die schlichte Art von Steuersünder Hoeneß lieber, der auf Özils Rücktritt polterte, Özil habe "seit Jahren einen Dreck gespielt". Ex-Knacki Uli meidet das moralische Glatteis, das Grindel aus der Spur gebracht hat und redet nur über Fußball. Mehr würde ihm auch keiner abnehmen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen