Den im deutschen Sprachgebrauch insbesondere von juristischen Laien vielfach umschriebenen "Freispruch zweiter Klasse" gibt es nicht. Nach § 261 StPO entscheidet das Gericht in seinem Urteil nach seiner freien aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung über das Ergebnis der Beweisaufnahme. Für ein sich daran anschließendes freisprechendes Urteil bestimmt § 267 StPO folgendes: "Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist." Damit gibt es nur zwei Varianten eines Freispruchs. Entweder wurde ein Angeklagter aus tatsächlichen Gründen nicht überführt oder die Tat war aus rechtlichen Gründen nicht strafbar. Nicht überführte Angeklagte werden vor dem Gesetz konsequent gleich behandelt und sind schlicht unterschiedslos unschuldig.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vertritt daher in seinem Urteil vom 15.01.2015, Az.: 48144/09 (Cleve gegen Deutschland) zu Recht die Auffassung, dass nach einem rechtskräftigen Freispruch das Äußern eines Schuldverdachts gegen den Betroffenen mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung unvereinbar ist. Der Tenor eines freisprechenden Urteils ist von allen staatlichen Stellen, die direkt oder indirekt auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit der betroffenen Person Bezug nehmen, zu achten. Dies führt zu einem Verbot des Äußerns eines Schuldverdachts gegen den Betroffenen nach einem rechtskräftigen Freispruch. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung zu Gunsten des Betroffenen ist auch auf die Begründung für den Freispruch anzuwenden, die dem freisprechenden Tenor des Urteils folgt, da sich Tenor und Gründe des Urteils nicht trennen lassen.
Damit hat ein Strafgericht wegen des in Artikel 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Grundsatzes der Unschuldsvermutung bei der Begründung eines Freispruchs Formulierungen zu vermeiden, die nahelegen, dass das Gericht einen Angeklagten für schuldig hält, obwohl kein formeller Schuldspruch ergangen ist. Sofern nationale Gerichte insoweit den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzen, kann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der verletzten Partei im Rahmen des Artikel 41 der Europäischen Menschenrechtskonvention auch eine Entschädigung für immateriell erlittenes Unrecht zusprechen.
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Juristisch absolut korrekt, Herr RA Möbius. Sicherlich bezogen auf den gestrigen Freispruch der Mandantin. Jetzt noch Schuldvermutungen zu äußern, sich hinter "Meinungsäußerung" versteckend, sollte aus meiner Sicht Konsequenzen strafrechtlicher, womöglich auch zivilrechtlicher Art, nach sich ziehen.
AntwortenLöschenDann wäre ja "juristisch korrekt" das Gericht zur Verantwortung zu ziehen, denn der Richter hat sich ja selbst angezweifelt und u.a. gesagt, dass die Aussage des Sohnes der Angeklagten hart an eine Falschaussage grenze, so konnte man in der Presse lesen.
AntwortenLöschenTrotzdem gab es einen Freispruch. Im Freispruch schwiegen also die Zweifel nicht. Schadenersatz?
Wäre doch auch eine gute Idee jetzt das ganze abzuschließen und Ruhe zugeben! Das Kapitel ist geschlossen. Einfach auf das Leben und die Familie konzentrieren, da hat man doch eine sinnvolle Aufgabe!!!
LöschenWird endlich mal Zeit, dass der Dicke den Löffel zur Seite legt!
AntwortenLöschenIhren Posten als Polizistin ist sie zu Recht los und das hat schon sein Gründe.
AntwortenLöschenPolizistin war sie ja nie, aber auch als Verwaltungsbeamtin bei der Polizei durfte sie lange "im Dienst" verweilen.
AntwortenLöschenAls Polizistin werden im Dienst von staatlichen Körperschaften (Staat, Land, Gemeinde) stehende Bedienstete auf dem Gebiet des Sicherheitswesens bezeichnet. Der Begriff Polizist ist ein Oberbegriff für bestimmte Amtsträger. Dabei kann es sich um folgende Berufsgruppen handeln:
LöschenPolizeibeamte
Polizeiangestellter (Landes- und Bundespolizei)
Kriminalpolizist
Polizeivollzugsbeamte (PVB), in Österreich Exekutivbedienstete (EB)
Wachpolizisten (WaPol)
Angehörige des freiwilligen Polizeidienstes
Angestellte oder Bedienstete des Ordnungsamtes, der Ordnungsbehörde oder des Kommunalen Ordnungsdienstes
Angestellte oder Beamte von kommunalen Polizeibehörden, beispielsweise Kommunalpolizei, Stadtpolizei oder Ortspolizei
Ach, Wikipedia als Belehrungsgrundlage!
LöschenSicher ist Frau K. nicht das gewesen, was sich die Allgemeinheit unter "Polizistin" vorstellt. Deswegen ist die Bezeichnung "Polizistin" ungenau und irreführend. Beabsichtigt?
Beamte des nichttechnischen Verwaltungsdienstes nehmen nichtpolizeiliche Aufgaben wahr, so sagt Wikipedia auch.