Bekanntlich kann das Reinigen eines am Sonntag menschenleeren Firmengebäudes unangenehme Folgen haben. Wie bereits berichtet, wurde dabei eine Reinigunsgkraft von dem Disponenten einer Drittfirma überraschend nach einer Runde Sex gefragt und später vom Fragesteller vor dem Landgericht Hannover auf Unterlassung übler Nachrede in Anspruch genommen.
Das Landgericht Hannover verbot der bedrängten Frau mit Urteil vom 14.03.2012 zum Az.: 6 O 335/11 über das unzüchtige Angebot ihrem Arbeitgeber zu berichten. Denn der sexuell offenbar unausgelastete Fragesteller hatte sich gegen die negative Feststellungsklage der Frau dahingehend, dass ein Anspruch auf Unterlassung der Schilderung des Vorfalls nicht bestehe, mit einer Widerklage auf Unterlassung der Behauptung, er habe der Klägerin Sex angeboten, gewehrt.
Auf die Berufung der vom Landgericht Hannover zum Schweigen verurteilten Putzfrau äußerte sich nun das Oberlandesgericht Celle in einem Hinweisbeschluss mit deutlichen Worten wie folgt:
"1) Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung nach dem derzeitigen Beratungsstand Erfolg haben dürfte.
Nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB trägt zwar grundsätzlich der Schädiger die Beweislast für die Wahrheit einer die Ehre des Geschädigten beeinträchtigenden Behauptung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 1985 - VI ZR 225/83, juris Rn. 19). Daher kann der Geschädigte im Grundsatz auch dann Unterlassung einer seinen Ruf beeinträchtigenden Behauptung verlangen, wenn zwar deren Unwahrheit nicht erwiesen ist, ihre Wahrheit aber ebenfalls nicht feststeht (BGH, Urteil vom 12. Mai 1987 - VI ZR 195/86, juris Rn. 18).
In solchem Fall ist jedoch Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs, dass sich der Inanspruchgenommene nicht auf ein Recht zu seiner Äußerung (§ 193 StGB) berufen kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1986-VI ZR 169/85, juris Rn. 21; Urteil vom 12. Mai 1987 -VI ZR 195/86, aaO). Eine üble Nachrede (§ 186 StGB) kann nach § 193 sogar dann gerechtfertigt sein, wenn bereits im Zeitpunkt der fraglichen Äußerung objektiv feststeht, dass der Betroffene im Ergebnis zu Unrecht in seiner Ehre verletzt wird, beispielsweise weil er die ihm nachgesagte ehrenrührige Handlung nie begangen hat (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, aaO, vor §§ 32 Rn. 11; Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder, aaO § 193 Rn. 8). Ein solches Recht zur Äußerung gegenüber ihrer Arbeitgeberin dürfte der Klägerin zugestanden haben.
a) Zunächst hat die Klägerin grundsätzlich ein berechtigtes Interesse wahrgenommen. Darunter fällt die Verfolgung eines vom Recht als schutzwürdig anerkannten öffentlichen oder privaten, ideellen oder materiellen Zwecks (Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder, aaO Rn. 9). So liegt es hier. Es ist kaum zweifelhaft, dass die Klägerin sich gegen eine solche sexuelle Belästigungen, die zumindest eine Verletzung des vom allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfassten Schamgefühls und des Rechts, in Ruhe gelassen zu werden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26. August 1999 -15 U 103/97, juris Rn. 28) darstellt, nicht nur wehren, sondern durch Namhaftmachung der jeweiligen Person auf einen solchen Vorfall auch aufmerksam machen darf.
b) Die Verfolgung eines berechtigten Zwecks rechtfertigt die Ehrverletzung allein zwar noch nicht. Vielmehr muss diese unter Berücksichtigung der gesamten Umstände auch das angemessene Mittel hierzu sein; nicht rechtswidrig ist nur die berechtigte Wahrnehmung rechtlich anerkannter Interessen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1951 -1 ZR 8/51, juris Rn. 19). Rechtsverletzende Äußerungen sind daher nur dann durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt, wenn sie objektiv nach Inhalt, Form und Begleitumständen das gebotene und notwendige Mittel zur Erreichung des rechtlich gebilligten Zweckes bilden (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1951 -1 ZR 8/51, aaO).
So verhält es sich hier. Abzustellen ist dabei auf die Äußerung gegenüber der Arbeitgeberin, wobei es nicht anders läge, wenn man auf eine entsprechende Wiederholung im weiteren Verlauf abstellt. Die Beklagte konnte davon ausgehen, dass ihre Arbeitgeberin aufgrund ihrer Fürsorgepflicht ihre Verbindungen nutzt, um die Person zu ermitteln und es dadurch ermöglicht, diese wenigstens zur Rede zu stellen. Sie durfte dies auch mit Blick darauf, dass der Arbeitgeber des vermeintlichen Schädigers davon erfährt.
Um Kosten, auch weitere Anwaltsgebühren für eine mündliche Verhandlung, zu sparen, sollte der Beklagte erwägen, die Widerklage zurückzunehmen.
2) Termin zur mündlichen Verhandlung ...
3) Frist zur Berufungserwiderung ..."
Es sieht also ganz danach aus, dass eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz auch ohne Zeugen dem Arbeitgeber stets mitgeteilt werden darf und zwar auch dann, wenn die Schilderung des anzüglichen Verhaltens nicht nachgewiesen ist und in Bezug auf den Angeschuldigten eine den Ruf beeinträchtigende Wirkung haben kann. Dabei muss die Mitteilung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände in angemessener Form und in Wahrnehmung rechtlich anerkannter Interessen, wie die Ermöglichung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, erfolgen.
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Dienstag, 19. Juni 2012
"Haben Sie Lust auf eine Runde Sex?" Zweiter Teil: Berufung beim OLG Celle
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