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Donnerstag, 29. März 2018

Wie man die Polizei nicht beleidigt - Teil 4/4

Am Ende meiner kleinen Reihe über die Möglichkeiten, seine allgemeine Ablehnungshaltung gegenüber Polizei und staatlicher Ordnung öffentlich auszuleben ohne gleich die Polizei zu beleidigen, kann festgehalten werden, dass die Verwendung der Zeichenfolge ACAB jedenfalls riskant ist, weil das Bundesverfassungsgericht diese Abkürzung als gleichbedeutend mit der Parole "all cops are bastards" abgestempelt hat, indem es ein Urteil des Amtsgerichts Erfurt durchgewunken hat, das die ausdrücklich anders geäußerte Interpretation des Angeklagten als Schutzbehauptung abgetan hat und nicht berücksichtigt hatte, dass der Angeklagte zuvor von der Polizei aufgefordert wurde, seine bis dahin noch zulässige Meinungsäußerung zu unterlassen.

Anders als das Bayerische Oberste Landesgericht, dass in seinem Beschluss vom 14.04.2004 bei der Beurteilung einer möglichen Beleidigung der Polizei ausdrücklich auf die vorangegangene Provokation durch die Polizei hingewiesen hatte und aus diesem Grund der Ansicht war, dass es dem Angeklagten nicht verwehrt gewesen sei, sogar starke Worte zu gebrauchen, die dem Polizeibeamten "unangenehm ins Ohr klingen können", hat das Amtsgericht Erfurt ein denkbares Recht auf Gegenschlag im Hinblick auf die "demokratische Komponente" des Art. 5 GG nicht einmal erwähnt.

Mit dieser höchsrichterlich abgesegneten Zementierung des Slogans "all cats are beautiful" als gleichbedeutend mit "all cops are bastards" wird auch jede andere deutlich geäußerte Interpretation von ACAB chancenlos vor deutschen Amtsgerichten sein. Zu verlockend ist es, sich aus den Begründungsfragmenten der Entscheidungen des Amtsgerichts Erfurt und des Bundesverfassungsgerichts flugs ein ähnliches Urteil zu basteln, anstatt sich mühsam mit den Einzelheiten des jeweiligen Falles bis hin zu Fragen des Vorsatzes zu beschäftigen.

Ohne einen Beleg aus der Rechtsprechung zitieren zu können, wage ich zu behaupten, dass nicht nur zur Abkürzung ACAB passende Parolen sondern auch Slogans wie "all dogs are beautiful" mit Leichtigkeit in einen Topf mit "all cops are bastards" geworfen werden, selbst wenn die Abkürzung wie bei diesem Beispiel ADAB lautet. Denn nach der höchstrichterlich abgesegneten Logik des Amtsgerichts Erfurt wäre es ebenso fernliegend, in einer Gruppe von Demonstranten bildlich darlegen zu wollen, daß man „Hunde schön und süß“ findet, ACDC hört oder sein Herz an den ADAC verloren hat.

Wer also meint, er könne auf einer Demonstration mit einem ADAC-Schild straflos vor einer kleinen Gruppe vor Polizisten herumspringen, läuft Gefahr, sich vor Gericht darüber belehren lassen zu müssen, dass ADAC-Schilder nicht auf Demonstrationen gehören und für das Tragen eines solchen Schildes in Anwesenheit der Polizei daher nur eine abwertende Bedeutung in Betracht kommt. Der höchst unbestimmte Tatbestand der Beleidigung macht es möglich, das aufmüpfige Verhalten widerspenstiger Bürger an den individuellen Moralvorstellungen eines jeden Richters zu messen und je nach Tagesform zu einem Freispruch oder einer Verurteilung zu gelangen.

Selbst das vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Korrektiv, dass eine herabsetzende Äußerung entweder bestimmte Personen benennen oder sich erkennbar auf bestimmte Personen beziehen muss, kann wertlos werden, wenn zunächst nicht individuell angesprochene Polizisten die Initiative ergreifen und damit den konkreten Bezug selbst herstellen. Eine wirklich schwierige Situation, bei der ich nur dazu raten kann, jedenfalls in der Nähe von Polizisten selbst auf ACAB-ähnliche Buchstabenfolgen zu verzichten, um nicht zum Protagonisten eines weiteren Falles im Sammelsurium der ACAB-Fälle zu werden.