Am Ende meiner kleinen Reihe über die Möglichkeiten, seine allgemeine Ablehnungshaltung gegenüber Polizei und staatlicher Ordnung öffentlich auszuleben ohne gleich die Polizei zu beleidigen, kann festgehalten werden, dass die Verwendung der Zeichenfolge ACAB jedenfalls riskant ist, weil das Bundesverfassungsgericht diese Abkürzung als gleichbedeutend mit der Parole "all cops are bastards" abgestempelt hat, indem es ein Urteil des Amtsgerichts Erfurt durchgewunken hat, das die ausdrücklich anders geäußerte Interpretation des Angeklagten als Schutzbehauptung abgetan hat und nicht berücksichtigt hatte, dass der Angeklagte zuvor von der Polizei aufgefordert wurde, seine bis dahin noch zulässige Meinungsäußerung zu unterlassen.
Anders als das Bayerische Oberste Landesgericht, dass in seinem Beschluss vom 14.04.2004 bei der Beurteilung einer möglichen Beleidigung der Polizei ausdrücklich auf die vorangegangene Provokation durch die Polizei hingewiesen hatte und aus diesem Grund der Ansicht war, dass es dem Angeklagten nicht verwehrt gewesen sei, sogar starke Worte zu gebrauchen, die dem Polizeibeamten "unangenehm ins Ohr klingen können", hat das Amtsgericht Erfurt ein denkbares Recht auf Gegenschlag im Hinblick auf die "demokratische Komponente" des Art. 5 GG nicht einmal erwähnt.
Mit dieser höchsrichterlich abgesegneten Zementierung des Slogans "all cats are beautiful" als gleichbedeutend mit "all cops are bastards" wird auch jede andere deutlich geäußerte Interpretation von ACAB chancenlos vor deutschen Amtsgerichten sein. Zu verlockend ist es, sich aus den Begründungsfragmenten der Entscheidungen des Amtsgerichts Erfurt und des Bundesverfassungsgerichts flugs ein ähnliches Urteil zu basteln, anstatt sich mühsam mit den Einzelheiten des jeweiligen Falles bis hin zu Fragen des Vorsatzes zu beschäftigen.
Ohne einen Beleg aus der Rechtsprechung zitieren zu können, wage ich zu behaupten, dass nicht nur zur Abkürzung ACAB passende Parolen sondern auch Slogans wie "all dogs are beautiful" mit Leichtigkeit in einen Topf mit "all cops are bastards" geworfen werden, selbst wenn die Abkürzung wie bei diesem Beispiel ADAB lautet. Denn nach der höchstrichterlich abgesegneten Logik des Amtsgerichts Erfurt wäre es ebenso fernliegend, in einer Gruppe von Demonstranten bildlich darlegen zu wollen, daß man „Hunde schön und süß“ findet, ACDC hört oder sein Herz an den ADAC verloren hat.
Wer also meint, er könne auf einer Demonstration mit einem ADAC-Schild straflos vor einer kleinen Gruppe vor Polizisten herumspringen, läuft Gefahr, sich vor Gericht darüber belehren lassen zu müssen, dass ADAC-Schilder nicht auf Demonstrationen gehören und für das Tragen eines solchen Schildes in Anwesenheit der Polizei daher nur eine abwertende Bedeutung in Betracht kommt. Der höchst unbestimmte Tatbestand der Beleidigung macht es möglich, das aufmüpfige Verhalten widerspenstiger Bürger an den individuellen Moralvorstellungen eines jeden Richters zu messen und je nach Tagesform zu einem Freispruch oder einer Verurteilung zu gelangen.
Selbst das vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Korrektiv, dass eine herabsetzende Äußerung entweder bestimmte Personen benennen oder sich erkennbar auf bestimmte Personen beziehen muss, kann wertlos werden, wenn zunächst nicht individuell angesprochene Polizisten die Initiative ergreifen und damit den konkreten Bezug selbst herstellen. Eine wirklich schwierige Situation, bei der ich nur dazu raten kann, jedenfalls in der Nähe von Polizisten selbst auf ACAB-ähnliche Buchstabenfolgen zu verzichten, um nicht zum Protagonisten eines weiteren Falles im Sammelsurium der ACAB-Fälle zu werden.
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Donnerstag, 29. März 2018
Mittwoch, 28. März 2018
Wie man die Polizei nicht beleidigt - Teil 3/4
Im Umgang mit der Buchstabenfolge ACAB kann man nach den Einschätzungen des Bundesverfassungsgerichts und der Fachgerichte ohne weiteres festhalten, dass ACAB im Bereich der Bundesrepublik Deutschland als englische Parole "all cops are bastards" verstanden werden muss. ACAB wird selbst dann vom Amtsgericht Erfurt und unbeanstandet vom Bundesverfassungsgericht in diesem Sinne verstanden, wenn der Verwender nach außen deutlich zu erkennen gibt, dass diese Abkürzung aus seiner Pespektive anders zu deuten ist.
Das Amtsgericht Erfurt meinte nämlich in dem Aufdruck „A.C.A.B.“ zusammen mit dem Abbild eines kleinen Kätzchens und dem Slogan „All CATS are BEAUTIFUL“ lediglich den Deckmantel der sinnfreien Meinungsäußerung „Alle Katzen sind schön“ zu erkennen, der nur dazu diente, gegenüber einer eingegrenzten Gruppe von Polizeibeamten die Kundgabe einer Missachtung zu entfalten. Mit andern Worten: Der Angeklagte meinte nach Ansicht des Amtsgerichts trotz der Parole "all cats are beautiful" tatsächlich "all cops are bastards".
Wie das Amtsgericht Erfurt zu dieser Erkenntnis kam, ergibt sich aus dem entsprechenden Urteil nur unzureichend. Denn der subjektive Tatbestand der Beleidigung setzt Vorsatz voraus; Fahrlässigkeit genügt dafür nicht. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gilt der Nachweis des Vorsatzes erst dann als erbracht, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass sich der Beschuldigte der herabsetzenden Wirkung seiner Äußerung bewusst war. Ist dieses Wissen erwiesen, so muss angenommen werden, dass er auch mit Willen handelte, d.h. eine Beleidigung der umstehenden Polizisten beabsichtigt (direkter Vorsatz) oder zumindest in Kauf genommen hat (Eventualvorsatz). Der aufmerksame Leser wird sich - genau wie der Amtsrichter - denken: "Verarschen kann ich mich alleine, natürlich hatte der Typ mit Katzen nichts am Hut, sondern wollte die Bullen mindestens provozieren." Strafrechtlich genügt diese durchaus nachvollziehbare Menschenkenntnis allerdings nicht, um den Nachweis eines Beleidigungsvorsatzes zu führen.
Insbesondere der Umstand, dass der Verurteilte strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten war und erst dann ein Verhalten an den Tag legte, dass zu seiner Verurteilung führen konnte, nachdem er vom Einsatzleiter aufgefordert wurde, seine bis dahin zulässige Meinungsäußerung - das Tragen des Stoffbeutels mit den streitgegenständlichen Aufdrucken - zu unterlassen, weckt Zweifel am Vorsatz der Beleidigung. Denn das jemand, der aufgefordert wird, ein rechtlich zulässiges Verhalten zu unterlassen, trotzig reagiert und daraufhin versucht, sein zulässiges Tun gegenüber der auffordernden Polizei durch eine Intensivierung seines Verhaltens sichtbar zu verteidigen, scheint verständlich und hätte einer genauen Untersuchung bedurft. Festzuhalten ist jedenfalls, dass das Kürzel ACAB bei Strafgerichten trotz der durch das Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Grenzen eine überaus toxische Wirkung hat, bei der auch geschulte Juristen bisweilen nicht in der Lage sind, eine distanzierte juristische Betrachtung zu gewährleisten.
Unter den geschilderten Umständen scheint selbst die Abstandnahme von der Verwendung der Zeichefolge ACAB hin zur Abkürzung ADAB riskant. Wenn ein Gerichte damit begonnen hat, den Slogan "all cats are beautiful" ohne weiteres als Deckmantel und damit als Synonym für den Slogan "all cops are bastards" zu identifizieren, dürfte es den Gerichten auch nicht sonderlich schwer fallen, einen Schritt weiter zu gehen und in der Abkürzung "ADAB" mit dem Satz "all dogs are beautiful" einen Deckmantel für den Deckmantel "all cats are beautiful" zu erkennen, um damit die Gleichung ADAB = ACAB aufzustellen.
Aus der Sicht eines unbefangenen und verständigen Dritten könnte nämlich auch jede andere Deutung des Schriftzuges „A.D.A.B.“ ausgeschlossen werden, denn es könnte fernliegend sein, daß man in einer Gruppe von Demonstranten durch das Tragen eines Jutebeutels allein darlegen will, daß man „Hunde schön und süß“ findet. Harte Zeiten für Grenzgänger der Meinungsfreiheit, welche ihre allgemeine Ablehnung der Polizei möglichst ohne das Risiko, wegen der Beleidigung von Polizisten verurteilt zu werden, ausdrücken möchten. Darüber, ob nicht ein noch größerer Abstand von der Zeichenfolge ACAB als das Kürzel ADAB hilfreich sein könnte, werde ich im letzten Teil dieser Reihe spekulieren.
Das Amtsgericht Erfurt meinte nämlich in dem Aufdruck „A.C.A.B.“ zusammen mit dem Abbild eines kleinen Kätzchens und dem Slogan „All CATS are BEAUTIFUL“ lediglich den Deckmantel der sinnfreien Meinungsäußerung „Alle Katzen sind schön“ zu erkennen, der nur dazu diente, gegenüber einer eingegrenzten Gruppe von Polizeibeamten die Kundgabe einer Missachtung zu entfalten. Mit andern Worten: Der Angeklagte meinte nach Ansicht des Amtsgerichts trotz der Parole "all cats are beautiful" tatsächlich "all cops are bastards".
Wie das Amtsgericht Erfurt zu dieser Erkenntnis kam, ergibt sich aus dem entsprechenden Urteil nur unzureichend. Denn der subjektive Tatbestand der Beleidigung setzt Vorsatz voraus; Fahrlässigkeit genügt dafür nicht. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gilt der Nachweis des Vorsatzes erst dann als erbracht, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass sich der Beschuldigte der herabsetzenden Wirkung seiner Äußerung bewusst war. Ist dieses Wissen erwiesen, so muss angenommen werden, dass er auch mit Willen handelte, d.h. eine Beleidigung der umstehenden Polizisten beabsichtigt (direkter Vorsatz) oder zumindest in Kauf genommen hat (Eventualvorsatz). Der aufmerksame Leser wird sich - genau wie der Amtsrichter - denken: "Verarschen kann ich mich alleine, natürlich hatte der Typ mit Katzen nichts am Hut, sondern wollte die Bullen mindestens provozieren." Strafrechtlich genügt diese durchaus nachvollziehbare Menschenkenntnis allerdings nicht, um den Nachweis eines Beleidigungsvorsatzes zu führen.
Insbesondere der Umstand, dass der Verurteilte strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten war und erst dann ein Verhalten an den Tag legte, dass zu seiner Verurteilung führen konnte, nachdem er vom Einsatzleiter aufgefordert wurde, seine bis dahin zulässige Meinungsäußerung - das Tragen des Stoffbeutels mit den streitgegenständlichen Aufdrucken - zu unterlassen, weckt Zweifel am Vorsatz der Beleidigung. Denn das jemand, der aufgefordert wird, ein rechtlich zulässiges Verhalten zu unterlassen, trotzig reagiert und daraufhin versucht, sein zulässiges Tun gegenüber der auffordernden Polizei durch eine Intensivierung seines Verhaltens sichtbar zu verteidigen, scheint verständlich und hätte einer genauen Untersuchung bedurft. Festzuhalten ist jedenfalls, dass das Kürzel ACAB bei Strafgerichten trotz der durch das Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Grenzen eine überaus toxische Wirkung hat, bei der auch geschulte Juristen bisweilen nicht in der Lage sind, eine distanzierte juristische Betrachtung zu gewährleisten.
Unter den geschilderten Umständen scheint selbst die Abstandnahme von der Verwendung der Zeichefolge ACAB hin zur Abkürzung ADAB riskant. Wenn ein Gerichte damit begonnen hat, den Slogan "all cats are beautiful" ohne weiteres als Deckmantel und damit als Synonym für den Slogan "all cops are bastards" zu identifizieren, dürfte es den Gerichten auch nicht sonderlich schwer fallen, einen Schritt weiter zu gehen und in der Abkürzung "ADAB" mit dem Satz "all dogs are beautiful" einen Deckmantel für den Deckmantel "all cats are beautiful" zu erkennen, um damit die Gleichung ADAB = ACAB aufzustellen.
Aus der Sicht eines unbefangenen und verständigen Dritten könnte nämlich auch jede andere Deutung des Schriftzuges „A.D.A.B.“ ausgeschlossen werden, denn es könnte fernliegend sein, daß man in einer Gruppe von Demonstranten durch das Tragen eines Jutebeutels allein darlegen will, daß man „Hunde schön und süß“ findet. Harte Zeiten für Grenzgänger der Meinungsfreiheit, welche ihre allgemeine Ablehnung der Polizei möglichst ohne das Risiko, wegen der Beleidigung von Polizisten verurteilt zu werden, ausdrücken möchten. Darüber, ob nicht ein noch größerer Abstand von der Zeichenfolge ACAB als das Kürzel ADAB hilfreich sein könnte, werde ich im letzten Teil dieser Reihe spekulieren.
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Dienstag, 27. März 2018
Wie man die Polizei nicht beleidigt - Teil 2/4
Dass in Deutschland die isoliert betrachtete Buchstabenfolge ACAB als Abkürzung für den englischsprachigen Slogan „all cops are bastards“ verstanden wird, will auch das Bundesverfassungsgericht nicht in Frage stellen. Denkbar sind natürlich auch andere Bedeutungen wie "acht Cola acht Bier", "all christians are brothers", "all crmininals are black" oder auch "all cats are beautiful". Für die Interpretation der Zeichenfolge ACAB wird man daher stets den individuellen Kontext der Äußerung und deren konkrete Verwendung betrachten müssen. Denn sicherlich gibt es im Raum Aachen zahlreiche Autofahrer, die arglos mit den Buchstaben AC AB auf ihrem Nummernschild herumfahren, ohne damit ihre allgemeine Ablehnung unserer Ordnungshüter ausdrücken zu wollen.
In der juristischen Methodenlehre ist nämlich unumstritten, dass der übliche Sinn eines Wortes, eines Gesetzes oder auch einer Abkürzung nur ein Hinweis für deren Auslegung ist und nur der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung darstellt, welche auch mit den sonstigen Interpretationsmethoden nicht überschritten werden darf. Damit wird man die reine Zeichenfolge ACAB in der Regel auf die Bedeutung "all cops are bastards" reduzieren dürfen, wenn der Kontext und die konkrete Verwendung keinen Hinweis auf eine andere Deutungsmöglichkeit, wie etwa bei Nummernschildern, enthält.
Interessant ist daher der Fall eines Katzenliebhabers, der es wagte, mit einem rosafarbenen, ca. 40 x 40 cm großen Stoffbeutel, im oberen Bereich mit dem Aufdruck „A.C.A.B.“, im mittleren Bereich mit dem Abbild eines kleinen Kätzchens und im unteren Bereich mit dem Aufdruck „All CATS are BEAUTIFUL“ versehen, demonstrieren zu gehen. Bemerkenswert ist noch, dass das im oberen Bereich aufgedruckte Kürzel „A.C.A.B.“ und der untere Slogan „All CATS are BEAUTIFUL“ weitgehend in der gleichen Schriftgröße ausgeführt wurden, während das Katzenbild deutlich größer war. Man könnte nun auf die Idee kommen, dass sich der Träger des Beutels mit der Abkürzung ACAB auf die für ihn massgebliche Bedeutung "all cats are beautiful" festgelegt hatte und sich damit ausdrücklich von der herkömmlichen Bedeutung einer abfälligen Äußerung gegenüber der Polizei distanzierte.
Allerdings forderte der Einsatzleiter der Polizei den Tierliebhaber nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 13.06.2017 zum Az.: 1 BvR 2832/15 trotz des deutlich sichtbaren Katzen-Slogans auf, seinen Beutel nicht weiter offen zu tragen. Dieser Aufforderung kam der Beutelträger aber nicht nach, sondern präsentierte den Beutel „nunmehr ostentativ“ und „nachgerade paradierend“ vor den die Demonstration abschirmenden Einsatzkräften der Polizei. Eine verständliche Reaktion des Tierfreunds, seine Liebe zu Katzen nun erst recht zu zeigen, weil er in aller Deutlichkeit darauf hinweisen wollte, sich sein Recht als Tierliebhaber darzustellen nicht von der Polizei verbieten lassen zu müssen? Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt zu dieser Frage nicht viel her, sondern stellt lediglich fest, dass sich das Amtsgericht hinreichend mit weiteren Deutungsmöglichkeiten der Abkürzung ACAB auseinandergesetzt habe.
Es lohnt daher ein Blick auf das Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 26. März 2015 zum Az.: 830 Js 34947/14 51 Cs, das trotz der sichtbar abweichenden Interpretation meinte, jede andere Deutung des Schriftzuges „A.C.A.B.“ ausschließen und den Angeklagten wegen Beleidigung verurteilen zu können: "Es ist fernliegend, daß der Angeklagte in einer Gruppe von Gegendemonstranten gegen den NPD-Landtagswahlkampf durch das Tragen des Jutebeutels allein darlegen wollte, daß er „Katzen schön und süß“ findet. Denn Farbwahl, Schriftgröße und die näheren Umstände des Tragens des Beutels sprechen dafür, daß der Angeklagte beabsichtigte, dass die Polizeibeamten auf ihn aufmerksam wurden. Unter dem Deckmantel einer (sinnfreien) Meinungsäußerung „Alle Katzen sind schön“ kam es dem Angeklagten darauf an, sich gegenüber den Polizeibeamten der Abkürzung „A.C.A.B.“ zu entäußern und die Polizeibeamten durch diese Kundgabe seiner Missachtung zu beleidigen. Der Streitfall gibt dem Gericht keine Veranlassung, weitergehenden Deutungsmöglichkeiten nachzugehen. In der Literatur wird in Ansehung der länder- und kulturübergreifenden Verwendung der Buchstabenfolge „A.C.A.B.“ jede weitere theoretische Deutung als „Acht Cola acht Bier“, „Alles Christen außer Berti“, „all colours are beautiful“, „Alice Cooper and band“ regelmäßig als Schutzbehauptung angesprochen (vgl. Zöller, ZJS 2013, 102)."
Ob trotz vieler theoretisch denkbarer Deutungen der Buchstabenfolge „A.C.A.B.“ auch dann von einer Schutzbehauptung gesprochen werden kann, wenn der Äußernde eine denkbare Deutung ausdrücklich für sich beansprucht, indem er diese zusammen mit der streitbefangenen Abkürzung und einer entsprechenden bildlichen Darstellung sichtbar präsentiert, kann man durchaus diskutieren. Denn in der Literatur werden die theoretischen Deutungen nur im Zusammenhang mit der isolierten Zeichenfolge ACAB ohne sichtbar beigefügte Eigeninterpretation betrachtet. Wer allerdings um die Neigung von Amtsrichtern weiß, die Kenntnis ihrer Pappenheimer dem Ergebnis einer rechtswissenschaftlichen Subsumption gegenüber höher zu bewerten, sollte sich besser nicht darauf verlassen, eine sichtbar von der üblichen Bedeutung abweichende Interpretation des Slogans ACAB straffrei und unübersehbar paradierend präsentieren zu können. Ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, seine Tierliebe straffrei vor einer hinreichend überschaubaren Polizistengruppe zu demonstrieren, wird daher im folgenden Teil 3/4 zu klären sein.
In der juristischen Methodenlehre ist nämlich unumstritten, dass der übliche Sinn eines Wortes, eines Gesetzes oder auch einer Abkürzung nur ein Hinweis für deren Auslegung ist und nur der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung darstellt, welche auch mit den sonstigen Interpretationsmethoden nicht überschritten werden darf. Damit wird man die reine Zeichenfolge ACAB in der Regel auf die Bedeutung "all cops are bastards" reduzieren dürfen, wenn der Kontext und die konkrete Verwendung keinen Hinweis auf eine andere Deutungsmöglichkeit, wie etwa bei Nummernschildern, enthält.
Interessant ist daher der Fall eines Katzenliebhabers, der es wagte, mit einem rosafarbenen, ca. 40 x 40 cm großen Stoffbeutel, im oberen Bereich mit dem Aufdruck „A.C.A.B.“, im mittleren Bereich mit dem Abbild eines kleinen Kätzchens und im unteren Bereich mit dem Aufdruck „All CATS are BEAUTIFUL“ versehen, demonstrieren zu gehen. Bemerkenswert ist noch, dass das im oberen Bereich aufgedruckte Kürzel „A.C.A.B.“ und der untere Slogan „All CATS are BEAUTIFUL“ weitgehend in der gleichen Schriftgröße ausgeführt wurden, während das Katzenbild deutlich größer war. Man könnte nun auf die Idee kommen, dass sich der Träger des Beutels mit der Abkürzung ACAB auf die für ihn massgebliche Bedeutung "all cats are beautiful" festgelegt hatte und sich damit ausdrücklich von der herkömmlichen Bedeutung einer abfälligen Äußerung gegenüber der Polizei distanzierte.
Allerdings forderte der Einsatzleiter der Polizei den Tierliebhaber nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 13.06.2017 zum Az.: 1 BvR 2832/15 trotz des deutlich sichtbaren Katzen-Slogans auf, seinen Beutel nicht weiter offen zu tragen. Dieser Aufforderung kam der Beutelträger aber nicht nach, sondern präsentierte den Beutel „nunmehr ostentativ“ und „nachgerade paradierend“ vor den die Demonstration abschirmenden Einsatzkräften der Polizei. Eine verständliche Reaktion des Tierfreunds, seine Liebe zu Katzen nun erst recht zu zeigen, weil er in aller Deutlichkeit darauf hinweisen wollte, sich sein Recht als Tierliebhaber darzustellen nicht von der Polizei verbieten lassen zu müssen? Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt zu dieser Frage nicht viel her, sondern stellt lediglich fest, dass sich das Amtsgericht hinreichend mit weiteren Deutungsmöglichkeiten der Abkürzung ACAB auseinandergesetzt habe.
Es lohnt daher ein Blick auf das Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 26. März 2015 zum Az.: 830 Js 34947/14 51 Cs, das trotz der sichtbar abweichenden Interpretation meinte, jede andere Deutung des Schriftzuges „A.C.A.B.“ ausschließen und den Angeklagten wegen Beleidigung verurteilen zu können: "Es ist fernliegend, daß der Angeklagte in einer Gruppe von Gegendemonstranten gegen den NPD-Landtagswahlkampf durch das Tragen des Jutebeutels allein darlegen wollte, daß er „Katzen schön und süß“ findet. Denn Farbwahl, Schriftgröße und die näheren Umstände des Tragens des Beutels sprechen dafür, daß der Angeklagte beabsichtigte, dass die Polizeibeamten auf ihn aufmerksam wurden. Unter dem Deckmantel einer (sinnfreien) Meinungsäußerung „Alle Katzen sind schön“ kam es dem Angeklagten darauf an, sich gegenüber den Polizeibeamten der Abkürzung „A.C.A.B.“ zu entäußern und die Polizeibeamten durch diese Kundgabe seiner Missachtung zu beleidigen. Der Streitfall gibt dem Gericht keine Veranlassung, weitergehenden Deutungsmöglichkeiten nachzugehen. In der Literatur wird in Ansehung der länder- und kulturübergreifenden Verwendung der Buchstabenfolge „A.C.A.B.“ jede weitere theoretische Deutung als „Acht Cola acht Bier“, „Alles Christen außer Berti“, „all colours are beautiful“, „Alice Cooper and band“ regelmäßig als Schutzbehauptung angesprochen (vgl. Zöller, ZJS 2013, 102)."
Ob trotz vieler theoretisch denkbarer Deutungen der Buchstabenfolge „A.C.A.B.“ auch dann von einer Schutzbehauptung gesprochen werden kann, wenn der Äußernde eine denkbare Deutung ausdrücklich für sich beansprucht, indem er diese zusammen mit der streitbefangenen Abkürzung und einer entsprechenden bildlichen Darstellung sichtbar präsentiert, kann man durchaus diskutieren. Denn in der Literatur werden die theoretischen Deutungen nur im Zusammenhang mit der isolierten Zeichenfolge ACAB ohne sichtbar beigefügte Eigeninterpretation betrachtet. Wer allerdings um die Neigung von Amtsrichtern weiß, die Kenntnis ihrer Pappenheimer dem Ergebnis einer rechtswissenschaftlichen Subsumption gegenüber höher zu bewerten, sollte sich besser nicht darauf verlassen, eine sichtbar von der üblichen Bedeutung abweichende Interpretation des Slogans ACAB straffrei und unübersehbar paradierend präsentieren zu können. Ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, seine Tierliebe straffrei vor einer hinreichend überschaubaren Polizistengruppe zu demonstrieren, wird daher im folgenden Teil 3/4 zu klären sein.
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Sonntag, 25. März 2018
Wie man die Polizei nicht beleidigt - Teil 1/4
Acar und Atac gehören genauso zu Deutschland wie ACAB. Doch während Acar und Atac uns aus dem türkischen Sprachraum heraus beglücken und lediglich Namen sind, wird ACAB vielfach als eine Abkürzung für die englische Parole "all cops are bastards" verstanden und sorgt daher regelmäßig für unglückliche Gesichter, insbesondere in den Reihen der Polizei.
Dass die Buchstabenfolge ACAB als aus dem Englischen stammende Abkürzung zu Deutschland gehört, hat das Bundesverfassungsgericht einmal mehr per Beschluss vom 17.05.2016 zum Aktenzeichen 1 BvR 2150/14 deutlich gemacht, als es davon ausging, dass der Slogan ACAB sowohl der Polizei als auch dem Beschwerdeführer bekannt ist und eine allgemeine Ablehnung der Polizei und ein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht zum Ausdruck bringt, die als Meinungsäußerung grundsätzlich durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt ist.
Das besondere an der Zeichenfolge ACAB, die weder bestimmte Personen benennt noch erkennbar auf bestimmte Personen bezogen ist, sondern ohne individuelle Aufschlüsselung ein Kollektiv erfasst, ist, dass sie auch als Beleidigung verstanden werden kann. Dies gilt es natürlich zu verhindern und dazu muss man wissen, wann das Kürzel ACAB als Angriff auf die persönliche Ehre eines oder mehrerer Mitglieder des Kollektivs "cops" gelten kann.
Denn je größer das Kollektiv ist, auf das sich die herabsetzende Äußerung bezieht, desto schwächer ist die persönliche Betroffenheit des einzelnen Mitglieds, weil es bei den Vorwürfen an große Kollektive regelmäßig nicht um das individuelle Fehlverhalten oder individuelle Merkmale der Mitglieder, sondern um den Unwert des Kollektivs und seiner sozialen Funktion insgesamt geht. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist es daher zu vermeiden, dass sich die Kundgabe der Zeichenfolge ACAB als Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe bezieht, die Teil des Kollektiv "cops" ist.
Erst der Nachweis einer personalisierenden Adressierung der Parole ACAB an einen oder mehrere Polizisten kann zu einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Beleidigung führen, wie schon das Amtsgericht Berlin-Tiergarten im Jahre 2000 zutreffend erkannte. Wer also als Fußballfan oder politischer Aktivist eine Vorladung zu einer polizeilichen Anhörung bekommt, sollte es sich verkneifen, mit seiner Kutte und einem ACAB-Aufnäher oder einem entsprechenden T-Shirt bei der Vernehmung aufzutauchen, da sich der verbeamtete Interviewpartner beleidigt fühlen könnte.
Ins Stadion oder auf eine Demo geht es natürlich auch in Zukunft mit den Insignien der Ablehnung gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht, denn der bloße Aufenthalt im Stadion oder die Anwesenheit auf einer Demonstration in dem Bewusstsein, dass die Polizei auch anwesend ist, genügt für eine Konkretisierung der Äußerung ACAB gegenüber bestimmten Polizisten nicht. Unbedingt vermieden werden muss nur, sich ganz bewusst in die Nähe der dort befindlichen Einsatzkräfte der Polizei zu begeben, um diese mit der Parole ACAB zu konfrontieren. Wie streng dieses Gebot befolgt werden muss, ist bald dem in Kürze folgenden Teil 2/4 zu entnehmen.
Dass die Buchstabenfolge ACAB als aus dem Englischen stammende Abkürzung zu Deutschland gehört, hat das Bundesverfassungsgericht einmal mehr per Beschluss vom 17.05.2016 zum Aktenzeichen 1 BvR 2150/14 deutlich gemacht, als es davon ausging, dass der Slogan ACAB sowohl der Polizei als auch dem Beschwerdeführer bekannt ist und eine allgemeine Ablehnung der Polizei und ein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht zum Ausdruck bringt, die als Meinungsäußerung grundsätzlich durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt ist.
Das besondere an der Zeichenfolge ACAB, die weder bestimmte Personen benennt noch erkennbar auf bestimmte Personen bezogen ist, sondern ohne individuelle Aufschlüsselung ein Kollektiv erfasst, ist, dass sie auch als Beleidigung verstanden werden kann. Dies gilt es natürlich zu verhindern und dazu muss man wissen, wann das Kürzel ACAB als Angriff auf die persönliche Ehre eines oder mehrerer Mitglieder des Kollektivs "cops" gelten kann.
Denn je größer das Kollektiv ist, auf das sich die herabsetzende Äußerung bezieht, desto schwächer ist die persönliche Betroffenheit des einzelnen Mitglieds, weil es bei den Vorwürfen an große Kollektive regelmäßig nicht um das individuelle Fehlverhalten oder individuelle Merkmale der Mitglieder, sondern um den Unwert des Kollektivs und seiner sozialen Funktion insgesamt geht. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist es daher zu vermeiden, dass sich die Kundgabe der Zeichenfolge ACAB als Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe bezieht, die Teil des Kollektiv "cops" ist.
Erst der Nachweis einer personalisierenden Adressierung der Parole ACAB an einen oder mehrere Polizisten kann zu einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Beleidigung führen, wie schon das Amtsgericht Berlin-Tiergarten im Jahre 2000 zutreffend erkannte. Wer also als Fußballfan oder politischer Aktivist eine Vorladung zu einer polizeilichen Anhörung bekommt, sollte es sich verkneifen, mit seiner Kutte und einem ACAB-Aufnäher oder einem entsprechenden T-Shirt bei der Vernehmung aufzutauchen, da sich der verbeamtete Interviewpartner beleidigt fühlen könnte.
Ins Stadion oder auf eine Demo geht es natürlich auch in Zukunft mit den Insignien der Ablehnung gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht, denn der bloße Aufenthalt im Stadion oder die Anwesenheit auf einer Demonstration in dem Bewusstsein, dass die Polizei auch anwesend ist, genügt für eine Konkretisierung der Äußerung ACAB gegenüber bestimmten Polizisten nicht. Unbedingt vermieden werden muss nur, sich ganz bewusst in die Nähe der dort befindlichen Einsatzkräfte der Polizei zu begeben, um diese mit der Parole ACAB zu konfrontieren. Wie streng dieses Gebot befolgt werden muss, ist bald dem in Kürze folgenden Teil 2/4 zu entnehmen.
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