Die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Bettina Wulff, wehrt sich gegen die Verbreitung von rufschädigenden Gerüchten. Personen, die über ein Gerücht mehr wissen möchten, kommen in vielen Fällen auf die Idee, Informationen über dieses Gerücht mit Hilfe der Suchmaschine Google im Internet zu suchen. Google unterbreitet dem Suchenden bei der Eingabe von Suchworten seit einiger Zeit Vorschläge, welche weiteren Begriffe die Suche vervollständigen könnten. Die ergänzenden Vorschläge werden dabei aus den häufigsten Suchanfragen nach dem gleichen Begriff zeitlich vorangehender Nutzer im Rahmen einer sogenannten Autocomplete-Funktion generiert.
Wenn also viele Leute nach einem Namen in Verbindung mit den Schlagworten eines Gerüchts suchen, werden zukünftig Suchenden von Google bei der Suche nach dem gleichen Namen genau die Begriffe als ergänzender Suchvorschlag gemacht, nach denen andere Leute bereits häufig gesucht haben.
Derzeit wird der Name "Bettina Wulff" bei Google im Rahmen der Autocomplete-Funktion mit Schlagworten verknüpft, mit denen die Namensträgerin sich nicht in Verbindung gebracht sehen will. Es sind Begriffe, die den Kern der Gerüchte ausmachen, gegen deren Verbreitung sich Frau Wullf bereits anderweitig erfolgreich gewehrt hat.
Das Oberlandesgericht München hatte sich mit Urteil vom 29.09.2011 zum Az.: 29 U 1747/11 bereits mit einem vergleichbaren Fall befasst und eine Haftung von Google für Suchvorschläge, die im Rahmen der automatischen Vervollständigung einer Suchanfrage bedingt durch die Häufigkeit ähnlicher Suchanfragen anderer Nutzer generiert werden, abgelehnt.
Nach Ansicht der Münchner Richter würden nämlich nicht eigene Inhalte von Google, sondern lediglich Suchanfragen zeitlich vorangehender Nutzer als fremde Inhalte angezeigt. Für den verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsnutzer der Suchmaschine sei bereits aufgrund des maschinellen Charakters von Google klar, dass lediglich das Ergebnis fremden Suchverhaltens als Resultat eines vollständig automatisierten Vorgangs wiedergegeben werde. Dieser Eindruck würde dadurch gefestigt, dass im Rahmen des Ergänzungsvorschlags lediglich eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von Wörtern angezeigt werde, denen der Durchschnittsnutzer schon deshalb keine inhaltliche Aussage zu einem sinnhaften Ganzen entnehme, weil sich eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten ergäben.
Das kann man natürlich auch anders sehen. Richtig ist zwar, dass sich die ergänzenden Suchvorschläge auf vorangehende Suchanfragen von Dritten zurückführen lassen. Jeder Suchvorschlag ist jedoch das Ergebnis einer Programmierung von Google, welches zweifellos auch innerhalb der Website von Google angezeigt wird. Um einen fremden Inhalt handelt es sich insoweit jedenfalls nicht. Richtig ist auch, dass im Rahmen der Autocomplete-Funktion lediglich Wörter angezeigt werden. Allerdings dürfte sich bei einer Kombination aus Namen und Schlagwort jedenfalls dann eine einzige Deutungsmöglichkeit aufdrängen, wenn das Schlagwort ohne weiteres als Beschreibung des Namensträgers aufgefasst werden kann. Dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Apfel" wird eine andere Bedeutung beigemessen als dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Bardame".
Im Ergebnis unterstützt die Autocomplete-Funktion von Google jedenfalls die Verbreitung von Gerüchten, wenn diese bereits anderweitig erfolgreich gestreut wurden und auch bislang anhnungslos Suchenden wird von Google in einem solchen Fall der Vorschlag gemacht, die gesuchte Person doch einmal unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Es ist deshalb durchaus angebracht, nachzufragen, ob Google die Unterlassung der Verbreitung eines ehrverletzenden Suchvorschlags im Rahmen einer Störerhaftung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB schuldet, vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom: 30.06.2009 zum Az.: VI ZR 210/08.
Denn ebenso wie der Verleger die Quelle einer von einem Presseerzeugnis ausgehenden Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist, kann beim Fernsehen das Sendeunternehmen als "Herr der Sendung" zur Unterlassung verpflichtet sein. Diese Grundsätze gelten auch für den Betreiber einer Website, der insoweit "Herr des Angebots" ist und es ist nicht zu leugnen, dass Google die Suchvorschläge beherrscht und durchaus in der Lage wäre, Schlagworte, die in Kombination mit einem Namen ehrverletzend wirken, jedenfalls nach Hinweis des Betroffenen aus der Vorschlagsliste der Autocomplete-Funktion zu entfernen.
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Sonntag, 9. September 2012
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