Posts mit dem Label Oberlandesgericht München werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Oberlandesgericht München werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 5. September 2022

Olympiade München 1972 - Millionenzahlung nach 50 Jahren

Während der Olympischen Sommerspiele in München nahm ein palästinensisches Kommando des "Schwarzer September" am 5. September 1972 elf israelische Sportler als Geiseln. Zwei Geiseln starben im Olympischen Dorf, die anderen neun Geiseln kamen bei einer Befreiungsaktion der Polizei auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck ums Leben. Auch ein Polizist und fünf Geiselnehmer wurden getötet. Die Forderung der Freilassung von 232 in Israel inhaftierten Palästinensern und der RAF-Mitglieder Andreas Baader und Ulrike Meinhof sowie eines Mitglieds der Nihon Sekigun scheiterte. Die drei überlebenden Palästinenser wurden noch 1972 im Zuge des Überfalls eines weiteren palästinensischen Kommandos auf die Lufthansa-Maschine „Kiel“ von der Bundesregierung freigelassen und die Forderung dieses Kommandos damit erfüllt.

Am 14. Oktober 1994 erhoben 29 Angehörige der israelischen Geiseln Klage beim Landgericht München I gegen den Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München und die Bundesrepublik Deutschland und verlangten Zahlung in Höhe von mehr als 40 Millionen DM. Zur Begründung der Klage wurden mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen im olympischen Dorf und schwere Fehler bei der misslungenen Geiselbefreiung angeführt. Weil den Hinterbliebenen durch den Tod der Geiseln Unterhalt entgangen sei, sollten der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München und die Bundesrepublik Deutschland als Verursacher für den Ersatz aufkommen.

Am 25. Oktober 1995 erließ das Landgericht München I zum Aktenzeichen 9 O 19482/94 zunächst ein Teilzwischen- und Teilendurteil, später wurden mit Teilendurteil vom 16. April 1996 die Klagen der ausländischen Kläger für zurückgenommen erklärt, die trotz Aufforderung durch das Gericht keine Prozesskostensicherheit (§ 113 ZPO) gezahlt hatten. Mit Schlussendurteil vom 6. Mai 1996 wies das Landgericht dann auch die weiteren Klagen ab, weil bei Klageerhebung 1994 die dreijährige Verjährungsfrist abgelaufen sei, Amtshaftungsansprüche verwirkt seien und die Voraussetzungen für "Allgemeine Aufopferungsansprüche" nicht vorlägen.

Noch im Jahre 1995 legten 22 Angehörige fristgerecht Berufung beim Oberlandesgericht München ein. Mit Urteil vom 28. Januar 2000 zum Az.: 1 U 5890/95 wies das Oberlandesgericht München die Berufung der Kläger als unbegründet zurück. Das Gericht verneinte Amtshaftungsansprüche der Kläger gegen die Bundesrepublik Deutschland mangels verbürgter Gegenseitigkeit mit Israel, ferner gegen die Bundesrepublik Deutschland, den Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung. Gegen dieses Urteil legten die Kläger und Berufungskläger Revision beim Bundesgerichtshof in Zivilsachen ein, die anschließend zurückgezogen wurde, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 28. Januar 2000 zum Az.: 1 U 5890/95 rechtskräftig wurde. Mangels umfassender Dokumentation dieser historischen Vorgänge sind weder das Urteil des Landgerichts München I noch das Urteil des Oberlandesgerichts München im Internet aufzurufen.

Schon 1972 und auch 2002 hatte Deutschland etwa 4,6 Millionen Euro als humanitäre Geste gezahlt und das Nationale Olympische Komitee sowie das Deutsche Roten Kreuz zahlten weitere 500.000,- Euro. Anfang September 2022 hat sich nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP die Bundesrepublik bereit erklärt, weitere 22,5 Millionen Euro von den immer noch geforderten Zahlungen an die Hinterbliebenen der Anschlagsopfer zu zahlen. Das Bundesland Bayern zahlt fünf Millionen Euro und weitere 500.000 Euro zahlt die bayerische Landeshauptstadt München. Mit dieser Zahlung trotz entgegenstehendem Urteil des OLG München hat sich die deutsche Regierung ein harmonisches Umfeld erkauft. Denn die Hinterbliebenen der Opfer hatten eine Einigung nach ihren Vorstellungen zur Voraussetzung einer Teilnahme an den Gedenkfeiern zum 50. Jahrestag der Geiselnahme gemacht und auch der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog wäre ohne die Millionenzahlung wohl nicht zu der geplanten Gedenkfeier gekommen.

Mit der nun vollzogenen Einigung komme die Regierung "ihrer historischen Verpflichtung gegenüber den Opfern und deren Hinterbliebenen nach", erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Einigung auf die Zahlung von weiteren 28 Millionen Euro schaffe "nach nunmehr 50 Jahren die Voraussetzungen, ein schmerzhaftes Kapitel in der gemeinsamen Geschichte aufzuarbeiten, angemessen zu würdigen und legt die Grundlage für eine neue lebendige Erinnerungskultur." Durch die Teilnahme der Hinterbliebenen der Opfer und hochrangiger Vertreter des israelischen Staates wurde nun kurzfristig eine würdige Kulisse für die Trauerfeier zum Gedenken an das Attentat aus dem Jahre 1972 gesichert, auf welcher deutsche Politiker ihre Demut und Betroffenheit vor aller Welt in angemessenem Rahmen präsentieren können.

Dienstag, 21. April 2020

Urteil mit 3025 Seiten

Am 10. Juli 2018 wurde die Angeklagte Beate Zschäpe im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die vier Mitangeklagten wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Der 6. Strafsenat des OLG hat jetzt nach über 20 Monaten die schriftliche Begründung des Urteils fertiggestellt. Die in die Revision gegangenen Kollegen haben nach Zustellung des Urteils einen Monat Zeit, ihre Zweifel an dem 3025 Seiten umfassenden Urteil zu begründen. Im Saal A 101 des Strafjustizzentrums des Oberlandesgerichts München waren sämtliche Akten für die Richter des 6. Strafsenats stets greifbar und es wird weder für den Bundesgerichtshof noch die Verteidigung einfach, allein die bloße Masse an Akteninhalten mit dem langen Urteil abzugleichen, um anschließend die rechtlichen Aspekte ausführlich zu würdigen.

Sonntag, 16. September 2018

Facebook Sperrung und Löschung rechtswidrig

Mit zwei bemerkenswerten Entscheidungen haben das Landgericht Frankfurt und das Oberlandesgericht München der Ohnmacht der Facebook-Nutzer gegen die Löschung von Kommentaren und Sperrungen von Facebook-Profilen ein Ende gesetzt.

Beiden Entscheidungen ist gemein, dass sich Facebook-Nutzer erfolgreich gegen die Löschung von Kommentaren und die anschließende Sperrung ihrer Facebook-Profile durch Facebook gewehrt hatten. Die Gerichte hatten erkannt, dass jeder Nutzer mit Facebook einen Vertrag hat, in dessen Rahmen beide Seiten zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet sind, § 241 Abs. 2 BGB.

Im Rahmen dieses gegenseitigen Rücksichtnahmegebots habe Facebook dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Rechnung zu tragen und dürfe keine Kommentare löschen, die vom Recht der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Das Landgericht Frankfurt hatte mit Beschluss vom 14.05.2018 zum Az.: 2-03 O 182/18 ausgeführt, dass ein Nutzer verlangen kann, dass Facebook die Löschung und Sperrung einer Äußerung unterlässt, wenn die Meinungsfreiheit eine Löschung und Sperrung aufgrund dieser Äußerung nicht rechtfertigt.

Das Oberlandesgericht München hatte mit Beschluss vom 24.08.2018 zum Aktenzeichen 18 W 1294/18 entschieden, dass eine im Streit stehende Äußerung offensichtlich nicht als „direkter Angriff auf Personen wegen ihrer Rasse, Ethnizität, nationalen Herkunft, religiösen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder aufgrund von Behinderungen oder Krankheiten“ und damit als „Hassbotschaft“ im Sinne der Definition von Facebook in ihrem Regelwerk gewertet werden durfte, sondern Teil einer persönlichen Auseinandersetzung mit einer individuellen Kritikerin sei, die vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt ist. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit beschränke sich nicht nur auf das Recht, sich zu aktuellen Ereignissen zu äußern, weshalb es rechtswidrig sei, die Löschung einer streitgegenständlichen Äußerung zu einer auf der Facebook-Seite von "Spiegel-Online" geführten Debatte zu Grenzkontrollen vorzunehmen und die Teilnehmerin auf diese Weise aus der konkreten politischen Debatte auszuschließen.

Beide Entscheidungen haben wegen der gewachsenen Bedeutung der Teilhabe jedes einzelnen Bürgers an an der politischen Diskussion im Internet einen hohen Stellenwert beim Schutz der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit, obwohl es sich bei beiden Entscheidungen jeweils nur um eine einstweilige Verfügung handelt. Mit der Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes hatte die Bundesregierung noch versucht, die im Internet mit harten Bandagen geführte Diskussion um aktuelle politische Inhalte zu knebeln, in dem sie Online-Netzwerke wie Facebook verpflichtete, "offenkundig strafbare Inhalte" unter Androhung von Ordnungsgeldern von bis zu 50 Millionen Euro binnen 24 Stunden nach einem Hinweis auf deren Rechtswidrigkeit zu löschen. Wie geplant wurden von Diensten wie Facebook natürlich nicht nur rechtsverletzende Beiträge gelöscht, sondern im Zweifel auch kritische aber nicht rechtsverletzende Beiträge der Zensur unterworfen, um drohende Geldbußen jedenfalls zu vermeiden.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz war bislang ein recht erfolgreiches Werkzeug dafür, durch die Androhung hoher Bußgelder eine Überregulierung der Meinungsvielfalt durchzusetzen, die im Zweifelsfall auch Beiträge löscht, welche tatsächlich von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Die Beschlüsse der Gerichte aus Frankfurt und München geben den Facebook-Nutzern damit nicht nur ein taugliches Werkzeug in die Hand, gegen ungerechtfertigte Löschungen und Sperrungen vorzugehen, sondern entziehen sozialen Netzwerken wie Facebook damit auch die Hoheit über die Ermittelung der Grenzen der Meinungsfreiheit und legen diese zurück in die Hände dafür ausgebildeter Volljuristen bei den Gerichten. Wer seine persönliche Meinung gegenüber Facebook und meinungsfressenden Denunzianten wirksam verteidigen möchte, hat dafür seit kurzem sogar obergerichtliche Rückendeckung.

Freitag, 24. Juli 2015

NSU-Prozess: Strafanzeige durch die Angeklagte gegen Verteidiger wegen Geheimnisverrats

Der Vorwurf der Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 StGB wiegt schwer, denn wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis offenbart, das ihm als Rechtsanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren etc. anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Die im NSU-Prozess Angeklagte Beate Zschäpe hat ihre Anwälte Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer bei der Staatsanwaltschaft in München während deren Tätigkeit als Pflichtverteidiger angezeigt. Vorangegangen war bereits ein Entpflichtungsantrag von Zschäpe gegen Rechtsanwältin Anja Sturm und Rechtsanwalt Wolfgang Heer. Auch die drei Pflichtverteidiger Sturm, Stahl und Heer hatten zuvor schon den Antrag gestellt, von ihrem Mandat entpflichtet zu werden. Der kurz zuvor neu bestellte Pflichtverteididiger Rechtsanwalt Mathias Grasel soll an der Strafanzeige mindestens mitgewirkt haben.

Aus meiner Sicht wird dem Oberlandesgericht München aus der Gesamtbetrachtung der Umstände wenig anderes übrig bleiben, als die Verteidiger Sturm, Stahl und Heer zu entpflichten, denn ein unwiderruflich gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen (Alt-) Verteidiger und Mandant lässt sich kaum besser ausdrücken, als den in einer Strafanzeige durch den erst jüngst verpflichteten (Neu-) Verteidiger formulierten Vorwurf des Geheimnisverrats gegenüber den (Alt-) Verteidigern. Denn der von der Verfassung verbürgte Anspruch auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren umfasst das Recht des Angeklagten, sich im Strafverfahren (nur) von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen.

Obwohl in den Fällen der Pflichtverteidigung dieses Recht eingeschränkt wird, als der Angeklagte keinen Anspruch auf Bestellung des gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger hat, bleibt der Anspruch des Angeklagten auf eine Verteidigung durch einen Anwalt seines Vertrauens unberührt. Im konkreten Fall würde jedenfalls ein Verteidiger des Vertrauens verbleiben. Schließlich gilt es auch zu Gunsten der Angeklagten als Ausprägung des Anspruchs auf ein faires Verfahren, einen juristischen Grabenkampf im Verteidigerteam zu vermeiden. Verfahrensökonomische Gründe scheiden in einer solcher Konstellation naturgemäß aus.

Dienstag, 20. Januar 2015

Manne der Eroberer

Der Politstar innerhalb der deutschen Richterschaft heißt derzeit Manfred Dauster und ist Vorsitzender Richter des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht München. Manne erobert derzeit die Herzen der Republik mit Hilfe seines Facebook-Accounts, auf dem er in trauter Herrenrunde ein cooles „Fatih Sultan Mehmet – The Conqueror“-T-shirt trägt.

Nun war der gute Fatih ein muslimischer Krieger, der am 29. Mai 1453 Konstantinopel von den Christen eroberte und als zweiter Gründer des Osmanischen Reiches gilt. Auf Wikipedia lässt sich nachlesen, dass die Eroberung Konstantinopels die Angst der Christenheit vor der Türkengefahr verstärkte und als eine die gesamteuropäische Öffentlichkeit bewegende, epochale Zeitenwende empfunden wurde. Fatih Sultan Mehmet ist auch deshalb eine Symbolfigur des türkischen Nationalismus, dessen Siegel sich nun auf Mannes T-shirt befindet.

Man kann davon ausgehen, dass die bayerische Justiz das eher uncool findet, weil der trendbewusste Richter in der kommenden Woche einen Prozess gegen den Islamisten Harun P. wegen gemeinschaftlichen Mordes, Anstiftung zum Mord, schwerer staatsgefährdender Gewalttaten in Syrien und Bildung einer terroristischen Vereinigung leiten wird. Nach § 24 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Das Ablehnungsrecht steht auch der Staatsanwaltschaft zu.

Um es abzukürzen: Wenn Manne sein Shirt im Prozess unter der Robe tragen würde, könnte man vielleicht an einen Befangenheitsantrag denken. Was ein Richter aber in seiner Freizeit macht, wie er sich auf Facebook präsentiert und mit welchen Accessoires er sich schmückt, muss der Justiz und der Allgemeinheit egal sein, solange sich der Robenträger an die Grenzen des Rechts hält und nicht etwa mit verfassungsfeindlichen Symbolen verzierte Unterwäsche zur Schau stellt. Das in Rede stehende T-shirt wird übrigens in jeder türkischen Metropole verhökert und kann hier auch online erworben werden.

Donnerstag, 17. Juli 2014

Bilder der NSU-Prozesskathedrale im OLG München

Die Erklärung des Vorsitzenden Richters des 6. Strafsenats Manfred Götzl im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München, wonach die Hauptangeklagte Beate Zschäpe erklärt hat, dass sie das Vertrauen in ihre Verteidiger verloren habe, macht deutlich, dass einer der bedeutensten Strafprozesse in Deutschland erheblich länger dauern wird, als geplant und dass die Ereignisse im Saal A 101 im Oberlandesgericht München lange Zeit im Zentrum juristischer Berichterstattung stehen werden. Deshalb an dieser Stelle Fotos vom Saal A 101, unter dessen Kreuz zurzeit Rechtsgeschichte geschrieben wird.





Montag, 29. April 2013

NSU-Verfahren - nach Neuverteilung der Plätze erneut Verfassungsbeschwerde eingelegt


Der vormalige Inhaber einer Platzkarte im sogenannten NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München, der freie Journalist Martin Lejeune, möchte mit seiner Verfassungsbeschwerde vom heutigen Tag nebst Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht seine bereits erlangte Rechtsposition verteidigen. Unter anderem rügt er
  • "daß der Vorsitzende Richter bei seiner Verfügung vom 19.04.2013 übersehen hat, daß den im vorigen Vergabeverfahren erfolgreichen Journalisten der Platz nicht einfach wieder weggenommen werden konnte,
  • daß der Sitzungssaal immer noch zu klein ist und damit dem Informationsrecht der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht gerecht wird und
  • daß die gewichtigen Gattungen der freien und Online-Journalisten jetzt gleichheitswidrig nicht berücksichtigt wurden."
Nachtrag: Mit Beschluss vom 2. Mai 2013 zum Az.: 1 BvR 1236/13 hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde mangels Begründetheit nicht zur Entscheidung angenommen, weil Grundrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt seien. Damit erledigte sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Donnerstag, 25. April 2013

OLG München: Losverfahren im NSU-Prozess am Vormittag des 29.04.2013


Mit Spannung darf die Auslosung der Sitzplätze für akkreditierte Medienvertreter im NSU-Verfahren am Vormittag des 29.04.2013 im Oberlandesgericht München erwartet werden. Der Münchener Notar Prof. Dr. Dieter Mayer wird die Auslosung vornehmen. Als Zeuge für das Verfahren hat sich auf Wunsch von Prof. Dr. Mayer der Bundesminister a.D. und ehemalige Oberbürgermeister der Stadt München, Herr Dr. Hans-Jochen Vogel, zur Verfügung gestellt.

Bei der nach einer Entscheidung des Bundesverfassungserichts notwendig gewordenen Neuvergabe muss, wie in den Akkreditierungsbestimmungen durch das Gericht festgelegt wurde, jede der drei Mediengruppen [In- und ausländische Nachrichtenagenturen (5 reservierte Plätze), Deutschsprachige Medien mit Sitz im Ausland und fremdsprachige Medien (10 reservierte Plätze), Auf Deutsch publizierende Medien mit Sitz im Inland (35 reservierte Plätze)] für sich ausgelost werden.

Zunächst zieht Prof. Dr. Dieter Mayer die Lose für die Untergruppen. Anschließend werden die dabei nicht gezogenen Lose in den allgemeinen Loskorb der Gruppe gegeben. Hier nehmen sie nochmals an der Verlosung der nicht gesetzten Plätze innerhalb dieser Gruppe teil. Die Ergebnisse der Auslosung werden im Rahmen einer Pressekonferenz am 29.04.2013 um 14.30 Uhr im OLG München, Nymphenburger Straße 16, im Presseraum A206 bekannt gegeben. Wegen der enorm hohen Zahlen der Akkreditierungsgesuche dauert die Auswertung der Gesuche noch an. Das Ergebnis der aktuell noch nicht abgeschlossenen Auswertung, insbesondere das Zahlenmaterial, wird ebenfalls in der Pressekonferenz mitgeteilt.

Donnerstag, 28. März 2013

OLG München: Wer zu spät kommt, muss draußen bleiben!

Gibt es ein einfacheres, gerechteres und transparenteres Verfahren, als die für einen Prozess zur Verfügung stehenden Akkreditierungen der Presse nach der Reihenfolge des Eingangs der auf die Akkreditierungen gerichteten Anträge zu vergeben? Ich denke ja. Ein Losverfahren unter Berücksichtigung aller auf eine Akkreditierung gerichteten Anträge ist jedenfalls einfacher, wenn auch nicht transparenter oder gerechter.

Allerdings hat der Vorsitzende Richter des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts München im Verfahren 6 St 3/12 ein ausgeprägtes Fingerspitzengefühl bewiesen und sich angesichts des erheblichen Interesses ausländischer Medien am NSU-Prozess dafür entschieden, die zulässigen Akkreditierungsgesuche in der Reihenfolge ihres Eingangs zu berücksichtigen.

Damit war anders als in einem nur von Glück bestimmten Losverfahren die Möglichkeit eröffnet, ein stark ausgeprägtes Interesse an einer Teilnahme am Prozess durch die besonders schnelle Übermittlung eines Akkreditierungsgesuchs auszudrücken und sich auf diese Weise einen der begehrten Plätze im Gerichtssaal zu sichern. Denn zwecks Chancengleichheit und größtmöglicher Transparenz wurde die entsprechende Verfügung des Gerichts bereits am 04. März 2013 veröffentlicht und in dieser darum gebeten, sich schriftlich für „NSU“ unter Übermittlung eines gültigen Presseausweises eines Presseunternehmens bzw. einer Rundfunk- oder Fernsehanstalt im Sinne des Pressegesetzes und/oder eines Referenzschreibens eines solchen Unternehmens bis spätestens Donnerstag, den 14. März 2013 bei der Pressestelle des Oberlandesgerichts München (pressestelle@olg-m.bayern.de; Fax-Nr. +49(89)55975176) zu akkreditieren. Gleichzeitig wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Akkreditierungsgesuche, die den genannten Anforderungen nicht entsprächen oder nach Ablauf der Frist eingehen würden, nicht berücksichtigt werden könnten und auch, dass die zulässigen Akkreditierungsgesuche in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigt würden.

Offensichtlich haben gerade ausländische Medien die einmalige Chance, die Wahrscheinlichkeit ihrer Teilnahme am Prozess durch aufmerksame Verfolgung der Pressearbeit des OLG München und einer schnellen Nachfrage der Akkreditierung zu erhöhen, nicht genutzt. Nach dieser verpassten Chance ist das Gejammer im In- und Ausland gross. Selbstverständlich stehen nicht die säumigen Vertreter der ausländischen Presse am Pranger, sondern das Oberlandesgericht München für dessen Auswahl eines zulässigen Verfahrens, welches (auch) ausländischen Medien die Chance auf eine Teilnahme am Prozess mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte sichern können - wenn diese schnell reagiert hätten.

Allerdings läßt sich diese Scharte an den Sitzungstagen leicht auswetzen, denn die Sicherheitsverfügung des Gerichts vom 04. März 2013 besagt auch, dass Medienvertreter, die nicht in dem für sie reservierten Bereich Platz gefunden haben, wie Zuhörer eingelassen werden. Das Gericht stellt damit eine weitere transparente und ebenfalls hoch wirksame Möglichkeit, die Teilnahme am Prozess zu sichern, zur Verfügung. Schon schlichtes Frühaufstehen kann eine Prozessberichterstattung aus erster Hand sicherstellen.      

Sonntag, 9. September 2012

Bettina Wulff und Google

Die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Bettina Wulff, wehrt sich gegen die Verbreitung von rufschädigenden Gerüchten. Personen, die über ein Gerücht mehr wissen möchten, kommen in vielen Fällen auf die Idee, Informationen über dieses Gerücht mit Hilfe der Suchmaschine Google im Internet zu suchen. Google unterbreitet dem Suchenden bei der Eingabe von Suchworten seit einiger Zeit Vorschläge, welche weiteren Begriffe die Suche vervollständigen könnten. Die ergänzenden Vorschläge werden dabei aus den häufigsten Suchanfragen nach dem gleichen Begriff zeitlich vorangehender Nutzer im Rahmen einer sogenannten Autocomplete-Funktion generiert.

Wenn also viele Leute nach einem Namen in Verbindung mit den Schlagworten eines Gerüchts suchen, werden zukünftig Suchenden von Google bei der Suche nach dem gleichen Namen genau die Begriffe als ergänzender Suchvorschlag gemacht, nach denen andere Leute bereits häufig gesucht haben. Derzeit wird der Name "Bettina Wulff" bei Google im Rahmen der Autocomplete-Funktion mit Schlagworten verknüpft, mit denen die Namensträgerin sich nicht in Verbindung gebracht sehen will. Es sind Begriffe, die den Kern der Gerüchte ausmachen, gegen deren Verbreitung sich Frau Wullf bereits anderweitig erfolgreich gewehrt hat.

Das Oberlandesgericht München hatte sich mit Urteil vom 29.09.2011 zum Az.: 29 U 1747/11 bereits mit einem vergleichbaren Fall befasst und eine Haftung von Google für Suchvorschläge, die im Rahmen der automatischen Vervollständigung einer Suchanfrage bedingt durch die Häufigkeit ähnlicher Suchanfragen anderer Nutzer generiert werden, abgelehnt. Nach Ansicht der Münchner Richter würden nämlich nicht eigene Inhalte von Google, sondern lediglich Suchanfragen zeitlich vorangehender Nutzer als fremde Inhalte angezeigt. Für den verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsnutzer der Suchmaschine sei bereits aufgrund des maschinellen Charakters von Google klar, dass lediglich das Ergebnis fremden Suchverhaltens als Resultat eines vollständig automatisierten Vorgangs wiedergegeben werde. Dieser Eindruck würde dadurch gefestigt, dass im Rahmen des Ergänzungsvorschlags lediglich eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von Wörtern angezeigt werde, denen der Durchschnittsnutzer schon deshalb keine inhaltliche Aussage zu einem sinnhaften Ganzen entnehme, weil sich eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten ergäben.

Das kann man natürlich auch anders sehen. Richtig ist zwar, dass sich die ergänzenden Suchvorschläge auf vorangehende Suchanfragen von Dritten zurückführen lassen. Jeder Suchvorschlag ist jedoch das Ergebnis einer Programmierung von Google, welches zweifellos auch innerhalb der Website von Google angezeigt wird. Um einen fremden Inhalt handelt es sich insoweit jedenfalls nicht. Richtig ist auch, dass im Rahmen der Autocomplete-Funktion lediglich Wörter angezeigt werden. Allerdings dürfte sich bei einer Kombination aus Namen und Schlagwort jedenfalls dann eine einzige Deutungsmöglichkeit aufdrängen, wenn das Schlagwort ohne weiteres als Beschreibung des Namensträgers aufgefasst werden kann. Dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Apfel" wird eine andere Bedeutung beigemessen als dem Suchvorschlag "Bettina Wulff Bardame".

Im Ergebnis unterstützt die Autocomplete-Funktion von Google jedenfalls die Verbreitung von Gerüchten, wenn diese bereits anderweitig erfolgreich gestreut wurden und auch bislang anhnungslos Suchenden wird von Google in einem solchen Fall der Vorschlag gemacht, die gesuchte Person doch einmal unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Es ist deshalb durchaus angebracht, nachzufragen, ob Google die Unterlassung der Verbreitung eines ehrverletzenden Suchvorschlags im Rahmen einer Störerhaftung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB schuldet, vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom: 30.06.2009 zum Az.: VI ZR 210/08.

Denn ebenso wie der Verleger die Quelle einer von einem Presseerzeugnis ausgehenden Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist, kann beim Fernsehen das Sendeunternehmen als "Herr der Sendung" zur Unterlassung verpflichtet sein. Diese Grundsätze gelten auch für den Betreiber einer Website, der insoweit "Herr des Angebots" ist und es ist nicht zu leugnen, dass Google die Suchvorschläge beherrscht und durchaus in der Lage wäre, Schlagworte, die in Kombination mit einem Namen ehrverletzend wirken, jedenfalls nach Hinweis des Betroffenen aus der Vorschlagsliste der Autocomplete-Funktion zu entfernen.

Donnerstag, 17. November 2011

Berufung beim OLG München - der dankbare Senat


Es erinnert ein wenig an die Formvorschriften aus den Zeiten der Anfertigung von juristischen Hausarbeiten während meines Studiums. Freundlicher formuliert und auch nicht so umfangreich wie universitäre Anleitungen für die formvollendete Hausarbeit liest sich eine Verfügung des Oberlandesgerichts München in einem Berufungsverfahren:

"Der Senat wäre dankbar für folgende Gestaltung der Schriftsätze und Anlagen:

Schriftsätze:
  • Seitenrand möglichst links nicht weniger als 2,5 cm und rechts nicht weniger als 2,0 cm
  • Text 1,5-zeilig (nicht 1 -zeilig), Schriftgrad möglichst nicht weniger als 11 pt
  • Zusätzliche Inhaltsgliederung bei längerem Text (am Anfang oder am Ende)
  • Seiten paginiert,
  • Blätter gelocht
Anlagen:
  • Kennzeichnung mit Parteistellung und fortlaufender Nummerierung
  • Anlagen mit mehreren Blättern jeweils einzeln geheftet
  • Zusammenstellung aller, auch erstinstanzlicher, Anlagen in einem Verzeichnis."
Die Hoffnung auf einen Erfolg bei einer Berufung vor dem Oberlandesgericht München läßt sich also durchaus steigern, wenn man sich die Dankbarkeit des entscheidenden Senats durch sorgsame Anfertigung der einzureichenden Schriftsätze unter Beachtung der gewünschten Form sichert.

Im Ergebnis begrüße ich jedenfalls ein offenes Wort am Anfang eines Prozesses, das jedem die Möglichkeit bietet, sich den Vorlieben des Gerichts anzupassen.