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Mittwoch, 22. Dezember 2010
Kachelmann-Prozess; Alice Schwarzer: "Und es sieht ganz so aus, als würde es auf einen reinen Indizienprozess hinauslaufen"
Nach Ferdinand von Schirach und Gisela Friedrichsen für den SPIEGEL straft nun auch Alice Schwarzer für BILD die einzige Zeugin mit prozessualer Nichtachtung, indem sie es für wahrscheinlich hält, dass der Vergewaltigungsprozess gegen Jörg Kachelmann auf einen "reinen Indizienprozess" hinausläuft. Ein bemerkenswerter Umstand, dass selbst die Wahrnehmung von Frau Schwarzer im Hinblick auf die prozessuale Rolle des mutmasslichen Opfers derart eingeschränkt ist, dass sie die einzige Zeugenaussage nicht einmal mehr als klassischen Beweis erkennt, sondern glaubt, in diesem Prozess käme es nur noch auf Indizien an. Der "Dauerredeschwall des Hamburger Anwalts" zeigt Wirkung.
Freitag, 29. Oktober 2010
"Auch das Verfahren gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann ist ein Indizienprozess"
und weiter: "Eine Frau behauptet, sie sei vergewaltigt worden, der Mann streitet es ab. Aussage steht gegen Aussage." Den letzten Satz habe ich in letzter Zeit im Zusammenhang mit dem Kachelmann-Prozess schon öfter gelesen und er ist auch nicht falsch. Allerdings scheinen viele dabei zu übersehen, dass die Aussage der Frau schlicht ein Beweis ist. Weil ich den Unfug, dass der Kachelmann-Prozess ein Indizienprozess sei, im SPIEGEL lesen musste, interessierte mich auch, welcher Journalist sich dort als Laie entlarvt hat. Es ist Ferdinand von Schirach, der, wie ich nach einer kurzen Recherche im Internet feststelle, gar Rechtsanwalt und spezialisiert auf Strafrecht ist. Hätte der spezialisierte Kollege vor der Erstellung des Artikels ebenfalls das Internet bemüht, hätte er seine Fachkenntnisse um Basiswissen im Strafprozessrecht erweitern können:
"Vorangestellt sei zur Verdeutlichung, daß bei dieser Konstellation (Aussage gegen Aussage, der Verf.) der Zweifelssatz (in dubio pro reo) einer Verurteilung jedenfalls im Grundsatz nicht entgegensteht. Denn im Hinblick darauf, daß ein Zeuge unmittelbare eigene Wahrnehmungen wiedergeben soll, unterscheidet sich seine Aussage insbesondere von derjenigen des »Zeugen vom Hörensagen«, die für sich genommen ohne zusätzliche wichtige Beweisanzeichen (Indizien) einen Schuldspruch gerade nicht zu tragen vermag. Wird m. a.W. die Tat vom Opfer selbst geschildert, so kann der Angeklagte auf dieser Grundlage verurteilt werden, wenn das Tatgericht von der Glaubhaftigkeit der Aussage des einzigen Belastungszeugen überzeugt ist."
Der Prozess gegen Jörg Kachelmann ist nämlich kein Indizienprozess und im Gegensatz zum Artikel des Kollegen von Schirach ist am Aufsatz "Zur Beweiswürdigung vor allem bei Aussage gegen Aussage" des zitierten Dr. Günther M. Sander, Richter am Bundesgerichtshof, fachlich nichts auszusetzen.
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