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Freitag, 8. Mai 2020

Die Frauenleiche aus der Weser

Im algerischen Befreiungskampf wurden Ende der fünfziger Jahre zahlreiche Gegner vom französischen Militär mit Beton an den Füßen im Golf von Algier versenkt. Die argentinischen und chilenischen Juntas nahmen sich Ende der siebziger Jahre an den Methoden der Franzosen ein Beispiel und ließen auf die gleiche Weise ihre politischen Gegner verschwinden. Auch in der amerikanischen Unterwelt kommt es immer wieder vor, dass die Überreste stadtbekannter Verbrecher, die mit einem Zementblock beschwert wurden, aus den Gewässern um Chicago oder New York gezogen werden.

Die Überschrift in der BILD-Zeitung "MAFIA-METHODEN IN NIENBURG - Frau mit Betonplatte in der Weser versenkt?", weckte bei mir die Befürchtung, dass diese grausame Methode der Selbstjustiz nun auch in das beschauliche Weserstädtchen Einzug gehalten hatte, in dem das Amtsgericht Nienburg für Recht und Ordnung sorgen soll. War etwa die Untätigkeit der Nienburger Justiz Anlass für gepeinigte Seelen, das Recht schließlich selbst in die Hand zu nehmen oder handelte es sich bei dem Verbrechen um eine Abrechnung im Nienburger Millieu? Mit den Gerüchten, dass die Getötete in Heimen aufgewachsen und später in die Prostitution abgerutscht sei, verdichteten sich die Spekulationen um das bedauernswerte Opfer.

Als sich schließlich aber herausstellte, dass die mit auf dem Rücken gefesselten Händen aufgefundene Wasserleiche aus der Weser eine 19-Jährige Frau aus Schöningen ist, die Mutter zweier Kleinkinder war, die von einer Pflegefamilie betreut werden, fiel mir und auch zahlreichen Amtsträgern in Nienburg ein Stein vom Herzen. Denn es war nun sehr wahrscheinlich, dass der Hintergrund für die abscheuliche Tat nicht in einem örtlichen Justizskandal zu suchen ist, sondern der Ursprung für diese tragische Geschichte außerhalb der idyllischen Weserregion liegen dürfte. Der Nienburger Spargel sollte also bald wieder schmecken und auch am Amtsgericht Nienburg wird in Kürze wieder die gewohnte Ruhe einkehren.