Donnerstag, 29. Januar 2015

Kostenfestsetzungsantrag nach 10 Jahren - keine Verwirkung

Manche Leichen im Keller einer Kanzlei werden erst entdeckt, wenn Altakten vernichtet werden sollen. Bisweilen lohnt sich ein Blick in den verstaubten Hefter. Dabei sollte man sich anschließend nicht von den Kostenbeamten des Gerichts einschüchtern lassen:

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

in dem Rechtsstreit xxx wird unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 24.07.2014 mitgeteilt, dass ein Recht verwirkt ist, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (u.a. Beschluss des BGH vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03).

Seitens des Gerichts wird eine Antragsrücknahme binnen 10 Tagen angeregt.."

Standhaftigkeit führt jedoch bisweilen zum Erfolg, auch vor dem Amtsgericht Neustadt am Rübenberge zum Az.: 52 C 2245/03:

"Die Berechnung ist zur Stellungnahme bereits übersandt worden. Die Einwendungen des Beklagten, der Kostenerstattungsanspruch des Klägers sei verwirkt, haben keinen Erfolg. Zwar hat der Kläger seit Verkündung des Urteils des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. vom 24.03.2004 über zehn Jahre „gewartet", um seinen Kostenerstattungsanspruch titulieren zu lassen, eine Verwirkung des Anspruchs geht damit jedoch nicht automatisch einher. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH, Beschluss vom 12.03.2008, XII ZR 147/05). Die Annahme einer Verwirkung, die einen Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens darstellt (BGH, a.a.O.), setzt somit neben dem Zeitablauf (so gen. Zeitmoment) das Vorliegen besonderer, ein Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus (so gen. Umstandsmoment). Zwischen diesen Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht insofern eine Wechselwirkung, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen sind, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH, a.a.O.).
Besondere, konkrete Umstände, aus denen sich schließen ließe, dass der Kläger zu keiner Zeit mehr das Kostenfestsetzungsverfahren betreiben würde, sind von dem Beklagten nicht vorgetragen worden. Dies war auch nicht aus dem passiven Verhalten des Klägers bisher zu schließen. Denn allein mit der Tatsache, die Gegenpartei habe „nur“ lange gewartet, lässt sich eine Verwirkung nicht begründen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.03.2011, 24 W 17/11)."

3 Kommentare:

  1. Kostenbeamter? Wohl eher Rechtspfleger! Immenser Unterschied!

    AntwortenLöschen
  2. Dann sollte die Kollegin (im Interesse der "Standesehre" der Rpfls) mal schauen, dass sie auch unter der richtigen Funktion verfügt.

    AntwortenLöschen