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Dienstag, 23. Juli 2019

Turboquerulantin - Das Massaker-Endspiel in Duisburg - Teil II

Mit langen Gesichtern quittierten Prozessbeobachter, Gerichtsvollzieher und Polizeibeamte die mündliche Verhandlung am 05.07.2019 im Amtsgericht Duisburg-Ruhrort. Denn ob die dort beklagte Journalistin für die Facebook-Seite "Turboquerulantin" verantwortlich ist und wer dort den Kommentar "Am 29.06.2016 wird aufgeräumt unter der ganzen Lügnerbande - Die Turboquerulantin wird alle zur Rechenschaft ziehen, die je über sie hergezogen sind. Es wird ein Massaker im Amtsgericht Nienburg geben !" geschrieben hatte, wurde wegen der Abwesenheit der unter Eingeweihten als Turboquerulantin bekannten Redakteurin nicht geklärt.

Auch die verbeamteten Herren mit den sportlichen Uniformjacken blieben beschäftigungslos. Die 15-minütige Wartezeit vor Erlass des Versäumnisurteils wurde aber zur wechselseitigen Verständigung unter den Anwesenden genutzt und es wurde klar, dass die abwesende Enthüllungsjournalistin aus Niedersachsen zwischenzeitlich derart hohe Schulden bei den Gerichtskassen in Bayern, Bremen und Nordrhein-Westfalen angehäuft hat, dass nunmehr besondere Anstrengungen von der Justiz unternommen werden, um sie als Schuldnerin endlich einer intensiven Vermögensvorsorge zuzuführen.

Es wurde auch in den Erinnerungen an einen denkwürdigen Termin am 21.12.2017 vor dem Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße geschwelgt, wo unsere Hauptdarstellerin schon einmal in robuster Gebrauchskleidung mit rustikalem Armschmuck als Zeugin aufgetreten war und man verabredete sich deshalb zu einem Heimspiel vor dem Amtsgericht Nienburg am 24.07.2019, um sich das Schauspiel einer besonderen Ehrerbietung durch uniformierte Würdenträger bei der Anwendung des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung nicht entgehen zu lassen. Ein schnuckeliges Bettchen in einer heimeligen Herberge im beschaulichen Vechta soll auch schon reserviert worden sein, um dem Türbchen endlich den verdienten Erholungsurlaub anbieten zu können.

Donnerstag, 19. Januar 2017

Prozessbeobachter

Der Öffentlichkeitsgrundsatz im deutschen Prozessrecht hat ihren Ursprung in der Idee der Kontrolle der Gerichtsbarkeit durch das Volk, in dessen Namen durch die Gerichte Recht gesprochen wird. Das Gerichtsverfassungsgesetz bestimmt in § 169, dass die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse grundsätzlich öffentlich ist. Dies bedeutet, das eine unbestimmte Zahl von Zuhörern ohne Rücksicht auf Herkunft oder persönliche Einstellung die Möglichkeit des Zutritts zum Gerichtsaal haben muss. Der Ausschluss der Öffentlichkeit ohne rechtfertigenden Grund ist im Strafverfahren (§ 338 Nr. 6 StPO), im Zivilverfahren (§ 547 Nr. 5 ZPO) und im Verwaltungsgerichtsverfahren (§ 138 Nr. 5 VwGO) ein absoluter Revisionsgrund.

Trotzdem ist ein Andrang in den mündlichen Verhandlungen der Gerichte der Republik nur dann vorhanden, wenn es ein besonderer Prozess ist, der das Interesse der Medien auf sich zieht. Für manche Richter ist die Anwesenheit von Zuschauern im Gerichtssaal so ungewohnt, dass schon mal nachgefragt wird "und wer sind Sie?" Seit einigen Jahren haben sich bundesweit wackere Bürger die Kontrolle der Gerichte auf die Fahne geschrieben und besuchen regelmäßig Gerichtsverfahren. Deutschlands bekanntester Prozessbeobachter Rolf Schälike präsentiert seine persönliche Gerichtsberichterstattung auf der Seite "buskeismus.de", um die Rechtsprechung gegen die Meinungsfreiheit und massive Einschränkung des Äusserungsrechts zu dokumentieren.

Dass sich manche Richter angesichts gut informierter Prozessbeobachter nicht besonders wohl fühlen, musste ein anderer Öffentlichkeitsvertreter bereits im Jahre 2002 erfahren, als er den Gerichtssaal (wiederholt) mit einem T-shirt und der Aufschrifft „Beamtendumm-Förderverein (BdF), Prozessbeobachter, Justiz-Opfer-Bürgerinitiative“ betrat. Zur Beurteilung des Zwischenfalls muss man wissen, dass Berufsrichter aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit keine Beamten sind, sondern nach Art.98 Grundgesetz in einem besonderen Dienstverhältnis zum Staat stehen und die Rechte und Pflichten der Richter im Deutschen Richtergesetz geregelt sind.

Im Ergebnis wurde der Auftritt des mutigen Prozessbeobachters wegen des Aufdrucks auch vom Oberlandesgericht Hamm als Ungebühr im Sinn von § 178 GVG gewertet, weil hinreichend deutlich geworden sei, dass sich der Text auf dem T-shirt nicht nur auf Beamte, sondern auch auf Richter beziehe. Dies sei durch den Hinweis auf die Tätigkeit als Prozessbeobachter hinreichend deutlich geworden, denn durch die Wortwahl „Beamtendumm-Förderverein“ und die gleichzeitige Mitteilung, Prozessbeobachter zu sein, könne der Text auf dem T-shirt nur dahingehend ausgelegt werden, dass Richter als „dumm“ im Sinne von unwissend, einfältig, unverständig und unvernünftig anzusehen seien, von ihnen also ein willkürliches und nicht nachvollziehbares Verhalten zu erwarten sei, das einer Kontrolle durch einen „Prozessbeobachter“ bedürfe.

Zugegeben, wer als Richter an einem Oberlandesgericht noch nicht gelernt hat, gewünschte Ergebnisse halbwegs geschickt in eine juristische Begründung zu kleiden, hat die staatstragenden Vorzüge der richterlichen Unabhängigkeit nicht recht verstanden. Im Fall des bedauernswerten Prozessbeobachters liegt der Schlüssel zum Ergebnis der Ungebühr in der Redewendung "kann nur dahin ausgelegt werden", was soviel bedeutet wie "Es gibt keine andere Möglichkeit, als dass auch nichtbeamtete Richter von der  Formulierung Beamtendumm erfasst sein sollen". Jeder Laie würde das genau anders sehen. Wenn Richter keine Beamte sind, sollen sie mit "Beamtendumm" auch nicht gemeint sein. Schließlich gibt es mehr Justiz-Opfer im täglichen Umgang mit Beamten bei Behörden als in Prozessen und weil der Öffentlichkeitsgrundsatz ein prägendes Element der deutschen Gerichtsbarkeit ist, kann die Mitteilung Prozessbeobachter zu sein auch nicht als konkreter Vorwurf gegenüber bestimmten Richtern eingeordnet werden.

Nicht immer sind falsche Entscheidungen von Gerichten so einfach zu entlarven wie die des OLG Hamm im vorliegenden Fall und den meisten Fehlentscheidungen mit Strafcharakter folgen härtere Konsequenzen als lediglich vier Tage Ordnungshaft. Die Idee, sich die Arbeit der Richter im Namen des Volkes als Prozessbeobachter öfter anzusehen, hat insofern seine Berechtigung erfahren und sollte daher als richtiger Schritt im Sinne der Schaffung von mehr Transparenz in Gerichtsprozessen verstanden werden und nicht als feindlicher Akt unerwünschter Störenfriede, die es mit Macht aus dem Gerichtsaal zu verbannen gilt.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Wutbürger gegen Willkürjustiz

Sie erinnern sich an Meral Keskin, die erfundene Nebenklägerin aus dem NSU-Prozess? Ein Rechtsanwalt hatte die nicht existierende Nebenklägerin zweieinhalb Jahre im NSU-Prozess vertreten. Unter dieser Prämisse bekommt das großartige Wutbürgerkino auf youtube unter dem Titel "Die machtlose Richterin - Reichsbürger setzt sich durch" eine etwas andere Perspektive.

Ist es nicht grundsätzlich denkbar, dass sich eine erfahrene Schreibkraft bei Krankheit der Richterin kurzentschlossen die Robe überwirft und die Verhandlung leitet? Vielleicht kommt eine Referendarin auf die wahnwitzige Idee, ihre im Stau stehende Ausbilderin bis auf weiteres zu ersetzen? Unwahrscheinlich - aber dass ein Anwalt zweieinhalb Jahre lang für ein Phantom vor Gericht erscheint, ist nach meinem Dafürhalten noch abwegiger.

Seit Deutschlands berühmtester Prozessbeobachter mit seiner Berichterstattung für wahrnehmbare Risse in der Fassade richterlicher Erhabenheit gesorgt hat, werden Widerworte häufiger. Wer auf youtube nach oben genanntem Titel sucht, wird schnell den - mutmaßlich von einem Prozessbeobachter zu verantwortenden - unter Verstoß gegen § 169 GVG entstandenen Film finden, der genau aus diesem Grund vom höchstrechtstreuen Blogbetreiber nicht verlinkt wird. Dort wird eine Verhandlung am Amtsgericht Bielefeld für den zarten Robenhasen zum Debakel: "Sind Sie Richterin?" "Können Sie mir das bestätigen?" "Nein, ich unterschreibe Ihnen gar nichts" "Also können Sie sich nicht legitimieren?" "Doch ich kann mich legitimieren" "Warum tun Sie es dann nicht?" "Ich hab´ zwei Staatsexamen". "Ich bin Richterin, ich unterschreibe Ihnen nichts" und am Ende des etwa 13 Minuten langen Dramas dann die weiße Flagge des Gerichts: "Zum jetzigen Zeitpunkt werde ich die Verhandlung unterbrechen, das hat so keinen Sinn". Ein kleiner Sieg für den standhaften Bürger und seinen Prozessbeobachter.

Aus meiner Sicht sollte das Verlangen nach der Vorlage eines Ausweises auch bei Richtern nicht als Sakrileg behandelt werden, selbst wenn es keine offensichtlichen Zweifel an der Amtsinhaberschaft eines Robenträgers gibt. Denn allein das Gewicht des Justizgrundrechts auf den gesetzlichen Richter spricht dafür, sich davon vor der Verhandlung wenigstens ansatzweise überzeugen zu dürfen.