Mittwoch, 14. Oktober 2020

praktizierender Moslem unerwünscht

Aktuell geistert der Fall einer Straßenbaufirma aus Brandenburg durch die Presselandschaft, der von den Medien fast einheitlich auf folgenden Nenner gebracht wird: "Ein Unternehmer lehnt einen Azubi ab, weil der Moslem ist." Wie bei fast allen Fällen mit rechtlichem Hintergrund, neigen Journalisten häufig dazu, ihr verkürztes Verständnis des Geschehens zur Grundlage weiterer Wertungen zu machen, ohne die Details einer möglichen juristischen Auseinandersetzung hinreichend genau zu betrachten.

Wenn es denn so wäre, wie unter anderem die Märkische Allgemeine Zeitung ausführt, würde das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ohne Zweifel zur Anwendung kommen, denn das Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Dementsprechend wäre nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG die Benachteiligung eines Moslems wegen seiner Religionszugehörigkeit in Bezug auf den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsausbildung unzulässig.

Um den Fall besser beurteilen zu können, ist es allerdings wichtig, zumindest das ablehnende Schreiben der Straßenbaufirma aus dem Landkreis Spree-Neiße im Wortlaut zu lesen und zu verstehen: 

Sehr geehrter Herr XYZ,

vielen Dank für ihre Bewerbung und das gestern geführte Gespräch in unserem Hause.

Leider muß ich Ihnen jedoch mitteilen, daß wir Ihnen hier kein Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen werden.

Dies möchte ich Ihnen aber gern noch begründen:

- Wir haben bisher 7 Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz als Tief-/Straßenbauer. Wir vergeben jedoch nur maximal 2 Ausbildungsplätze. Unter den sieben Bewerbungen sind andere, besser geeignete Kanditaten vorhanden.

- Desweiteren ist die Mitarbeit in unserem Unternehmen als praktizierender Moslem unerwünscht. Der Islam ist in meinen Augen nicht mit der Verfassung der BRD in Einklang zu bringen. Nach meinen Erfahrungen ist dies eine für mich und meine Umgebung nicht wünschenswerte Gesellschaftsform und ich lehne die Auffassungen des Islam gegenüber Frauen und anders denkenden Menschen als zu tiefst diskrimminierend ab.

Ich wünsche Ihnen dennnoch für die Zukunft Alles Gute und hoffe, daß Sie den Weg in ihre Heimat finden und dort nach ihren Grundsätzen leben können, ..."

Damit dürfte zwar klar sein, dass die Mitarbeit praktizierender Moslems in dieser Firma grundsätzlich unerwünscht ist, in vorliegendem Fall für die Absage jedoch der Umstand entscheidend war, dass die beiden Ausbildungsplätze an besser geeignete Kandidaten vergeben wurden. Dass sich die schlechtere Eignung des muslimischen Bewerbers aus seiner Religionszugehörigkeit ergab, ist reine Spekulation und lässt sich dem Ablehnungsschreiben nicht entnehmen. Das Gegenteil ist der Fall, denn die gewählte Formulierung "Desweiteren" deutet darauf hin, dass über die schlechtere Eignung des Kandidaten hinaus und davon unabhängig schon im Allgemeinen die Mitarbeit von praktizierenden Moslems unerwünscht ist. Im Übrigen wurde auch die denkbare Formulierung "Desweiteren ist Ihre Mitarbeit in unserem Unternehmen ..." gerade nicht gewählt.

Auf die Religionszugehörigkeit stützt sich die Ablehnung damit ausdrücklich nicht, auch wenn man vermuten kann, dass dem abgelehnten Bewerber selbst bei bester Qualifikation der Ausbildungsplatz nicht gewährt worden wäre. Ob deshalb das Bedürfnis des Geschäftsführers des Unternehmens, seine Meinung über den Islam in das Ablehnungsschreiben zusätzlich einfließen zu lassen, vor Gericht noch zum Verhängnis werden wird, bleibt daher abzuwarten.

3 Kommentare:

  1. Wie sagte gestern noch ein Amtsrichter in einem Schadensersatzverfahren? "Wir können gerne darüber reden, wenn es ihnen ein Bedürfnis ist." Und heut bereut der Beklagte, dass er darüber geredet hat.
    Vielleicht sieht auch der Unternehmer ein, daß man gerne eine Meinung haben darf, sie aber nicht unbedingt immer zum Ausdruck bringen muß.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der Geschäftsführer der Firma scheint bereit, sich für seine Meinungsäußerung zu verantworten: Die Religion des Kandidaten habe nichts mit der Entscheidung zu tun. Er habe dennoch das Bedürfnis gehabt, seine Meinung über den Islam in der Absage zu schreiben. Die rechtlichen Folgen, die dadurch entstehen könnten, seien ihm bewusst. "Darauf würde ich mich freuen, das bei Gericht entscheiden zu lassen." https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2020/10/brandenburg-bewerbung-strassenbaufirma-rassistische-mail-muslime.html

      Löschen
  2. Aber wo der Bauunternehmer doch Recht hat ...

    AntwortenLöschen