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Montag, 10. Juli 2017

Anwaltstypen: Der Schwätzer

Der Amtsrichter möchte dem Gegenanwalt die Akte nicht zur Einsicht schicken, Empfangsbekenntnisse seien nicht zurückgesandt worden. Der Kollege rechtfertigt sich: "Eine Vertretung im vorliegenden Erkenntnisverfahren hat nicht stattgefunden. Der vormalige Prozessbevollmächtigte RA xxxxxxxxxxxxxx hat offensichtlich im Rahmen eines sog. Rundumschlages allen Gerichten/Behörden mitgeteilt, die Beklagte würde nun vom Unterzeichner vertreten, was in dieser Allgemeingültigkeit unzutreffend ist."

Das unkoordinierte Vorgehen der Kollegen ist interessant. Auch die Beklagte selbst sei an dem Chaos beteiligt: "Teilweise hat dies die Beklagte selbst ohne Absprache ebenfalls vorgenommen verbunden mit unübersichtlich gewordenen zahllosen Telefaxen und eMails hierher." Ich muss lachen. Die Situation, dass man von Mandanten mit Faxen und E-Mails bombardiert wird, kenne ich gut. Aber sollte man dies dem Gegner zur Kenntnis bringen und zugeben, dass man breits die Übersicht verloren hat?

Der Kollege verrät weitere Interna. Derzeit sei "ein Kontakt mit der Beklagten für die erforderliche Rücksprache problematisch." Das gefällt mir. Der Gegner verliert den Überblick und die Kommunikation ist gestört. Noch am selben Tag bestätigt ein anderes Gericht die anwaltliche Schilderung der Unordnung: "Der Beschwerde gegen den Beschluss wird nicht abgeholfen. Die Sache wird dem OLG Braunschweig zur Entscheidung vorgelegt. Entgegen der Ankündigung wurde die Beschwerde weder zurückgenommen noch begründet. Neue Gesichtspunkte haben sich nicht ergeben."

Ich bin zufrieden. Die gegnerische Front ist aufgeweicht und ich denke darüber nach, ob die schriftsätzlichen Mitteilungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten einen Verstoß gegen die in § 43 a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) normierte Schweigepflicht darstellen: "Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet." Auch § 2 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) verpflichtet zur Verschwiegenheit und gestattet eine Ausnahme nur bei Wahrnehmung berechtigter Interessen. Das schriftliche Plaudern über ein verkorkstes Mandat dürfte wohl nicht dazu gehören.

Montag, 23. Juli 2012

Chatüberfall von Dr. Abmahnung

Nichtsahnend recherchierte ich im Internet nach Informationen zu den Angewohnheiten des Amtsgerichts Hamburg in Filesharing-Verfahren. Ich stiess unter der vielsagenden Adresse www.dr-abmahnung.de auf ein Urteil aus Hamburg, dass vor Kurzem genau durch die Richterin gefällt wurde, welche mir nun freundlicherweise ein Anerkenntnis der Klageforderung empfahl. Bevor ich mich jedoch in Ruhe mit dem Urteil befassen konnte, sprang mich mit einem Klingeln unvermittelt ein Pop-up-Fenster an:

"Vorname Name: Willkommen! Wie kann ich Ihnen helfen?"

Selbstverständlich antwortete ich höflich, um zu erfahren, ob tatsächlich ein individuelles Gespräch stattfinden sollte. Das tat es. Es endete mit:

"Vorname Name: Rufen Sie an, dann sprechen wir schnell ..".

Eine sensationelle Mandatsanbahnung. Wer sich still und heimlich über aktuelle Rechtsprechung informieren will, wird umgehend eingesackt. Das funktioniert über einen Live-Chat von snap engage. Eine Lizenz kann über http://www.snapengage.com eingekauft werden.
Eine derartige Live-Chat-Lösung darf jedoch in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht automatisch personenbezogene Daten wie Geo-Lokationen, Referrer und Browser-Fingerprints aufnehmen, was bei snap engage der Fall sein soll: "Das SnapEngage Widget erfasst alle benötigten Informationen. E-Mail, Beschreibung, Betriebssystem, Browser, Sprache, Ort, usw. und einen Screenshot - alles an einem Ort." Es wird gar damit geworben, dass bei einem Seitenwechsel der Chat aufrecht erhalten bleiben kann und die Information, auf welcher Seite der Besucher gewechselt hat, gespeichert wird. 

Auch im Hinblick auf § 43b Bundesrechtsanwaltsordnung dürfte der Chatüberfall des werten Kollegen "tödlich" sein, denn Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Rote Karte.