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Montag, 3. April 2023

Tod eines Bloggers

Mit dem gewaltsamen Tod des Bloggers Maxim Fomin in St. Petersburg, der unter dem Pseudonym Wladlen Tatarskij im Internet publizierte, wird wieder einmal deutlich, dass auch weitgehend eigenständige Blogger gefährlich leben. Wladlen Tatarskij war ein Militärblogger, der den russischen Feldzug in der Ukraine unterstützte. Er starb als einziger durch einen gezielten Sprengstoffanschlag auf einer Veranstaltung der patriotischen russischen Gruppe Cyber Front Z, welche das Zusammentreffen Gleichgesinnter organisiert hatte. Der prorussische Blogger hatte nach einer offiziellen Veranstaltung den Angriff auf die Ukraine wie folgt kommentiert: "Wir werden jeden besiegen, jeden töten, jeden berauben, bei dem das nötig ist. Es wird alles so sein, wie wir es mögen."

In den öffentlichen Kommentaren zur Meldung dieses Anschlags im Internet wird ganz überwiegend Zustimmung zu der Tat geäußert. Hintergrund wird der Umstand sein, dass Tatarskij die russische Aggression verherrlicht und propagandistisch unterstützt hat, durch welche zehntausende Soldaten und Unbeteiligte in der Ukraine verletzt und getötet wurden. Dennoch sollte klar sein, dass auch die journalistische Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Angriffs keine Rechtfertigung für einen Anschlag auf das Leben dieses Bloggers sein kann, selbst wenn er eine derartige Vorgehensweise gegen eigene Gegner mutmaßlich gutgeißen hätte. Gewalt gegen Journalisten ist vollkommen unabhängig vom moralischen Wert und der politischen Motivation ihrer Arbeit abzulehnen.

Montag, 27. Februar 2023

Panzer vor der russischen Botschaft in Berlin

Seit Freitag vergangener Woche, dem Jahrestag des erneuten russischen Angriffs auf die Ukraine, steht ein zerstörter Panzer des Typs T-72 vor der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin. Ein Verein, der regelmäßig Veranstaltungen mit historischem Bezug in Berlin ausrichtet, hatte sich vor dem Verwaltungsgericht rechtzeitig gegen das Berliner Bezirksamt Mitte durchgesetzt, das eine Ausnahmegenehmigung für Kunst und Kultur im Stadtraum zwecks Aufstellung des Panzerwracks nicht erteilt hatte. Zur Begründung hatte die Stadtverwaltung ausgeführt, dass es wahrscheinlich sei, dass in dem Wrack Menschen gestorben seien. Daher sei die Ausstellung nicht angemessen. Zudem berühre die Ausstellung die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland und eine Genehmigung könne nur im Einvernehmen nach Gesprächen mit der Senatskanzlei bzw. der Bundesregierung erteilt werden.

Dieser Ansicht war das Verwaltungsgericht Berlin im Beschluss vom 11.10.2022 zum Az.: 1 L 304/22 unter Verweis auf die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit entgegengetreten. Es bestehe ein Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung, weil das Verbot nicht geeignet sei, Gefahren vom Straßenverkehr abzuwenden. Der Verein könne sich auf die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) stützen. Diesem Recht könne die Stadt Berlin keine entgegenstehenden öffentlichen Interessen gegenüberstellen, weil eine konkrete Gefährdung für den Straßenverkehr nicht gegeben sei. Mit dem Aufstellen des Panzerwracks würde der Protest gegen den Angriff der Ukraine durch Russland zum Ausdruck gebracht.

Die russische Botschaft betrachtet die Aufstellung des zerstörten Panzers als eine Provokation, die bei deutschen Bürgern kein Verständnis, keine Unterstützung und kein Mitgefühl finde. Bei der Massenkundgebung "Frieden in der Ukraine" in Berlin am 25.02.2023 hätten sich die Teilnehmer unmissverständlich für eine friedliche Konfliktlösung in der Ukraine und gegen eine Eskalation ausgesprochen, die durch deutsche Waffenlieferungen ans Kiewer Regime und eine weitere Ingangsetzung antirussischer Sanktionsspirale geschürt werde. Der Kommentar der Botschaft zur Installation vor dem Botschaftsgebäude interpretiert die Aufstellung des T-72 dann auch im eigenen Sinne und schließt die Stellungnahme wie folgt: "Wir danken allen, einschließlich unserer Landsleute in Deutschland, die am russischen Panzer Blumen niederlegten. Von nun an steht dieser für den Kampf gegen den Neonazismus in der Ukraine."

Montag, 26. September 2022

Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin

deserteur

Es ist unklar, ob der 25-jährige russische Staatsbürger Ruslan Alexandrovich Zinin aus der ostsibirischen Stadt Ust-Ilimsk in der Oblast Irkutsk in Russland an den in der Überschrift aus einem Gedicht von Carl Sandburg abgeleiteten Vers gedacht hat, als er auf den Leiter der örtlichen Einberufungsstelle, Militärkommissar Alexander Vladimirovich Eliseev, geschossen hat. Klar dürfte sein, dass Ruslan Alexandrovich Zinin nicht zum Militärdienst eingezogen wird und deshalb nicht in den russischen Krieg gegen die Ukraine ziehen muss, weil er sich vor einem russischen Gericht für sein Handeln strafrechtlich verantworten muss und danach voraussichtlich für lange Zeit in Haft genommen wird.

Zahlreiche andere Russen im wehrfähigen Alter entkommen der Teilmobilmachung auf weniger spektakuläre Weise, in dem sie Russland verlassen. Russischen Kriegsdienstverweigerern drohen schwere Repressionen in ihrem Heimatland und könnten daher über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Asyl wegen politischer Verfolgung beantragen, da dieses Recht im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland durch Artikel 16a Absatz 1 Grundgesetz "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" gewährleistet wird. Praktisch dürfte allerdings eine Mehrzahl von Asylanträgen scheitern, da sich nach Artikel 16a Absatz 2 GG derjenige nicht auf sein Asylrecht berufen kann, der aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist.

Allerdings könnte jeder Russe zunächst Asyl beantragen und das Verfahren dauert aktuell etwa ein Jahr. Während dieses Zeitraums erhält der Asylbewerber Sachleistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts sowie einen monatlichen Geldbetrag. Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) stellt die Grundbedürfnisse sicher und regelt die Versorgung, auf die ein Anspruch besteht: Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Heizung, Körperpflege und Gesundheitsversorgung, Leistungen für den persönlichen Bedarf, Gebrauchsgüter und Verbrauchsgüter für den Haushalt, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt und weitere individuelle Leistungen. Wird das Verfahren mit einer Ablehnung als „unzulässig“ oder „offensichtlich unbegründet“ abgeschlossen, hat der Antragsteller eine Woche Zeit, um Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht einzureichen und zusätzlich einen Eilantrag zu stellen. Wird der Eilantrag als begründet angesehen, kann der Antragsteller während des Gerichtsverfahrens in Deutschland bleiben und sich vor einer endgültigen Entscheidung immer noch ins europäische Ausland absetzen.

Mittwoch, 6. Juli 2022

Das Z gehört Putin - auch in Deutschland

Die Stadt Düsseldorf und der Kreis Herford haben sich angesichts der Verwendung des Buchstabens Z auf den für den Angriffskrieg gegen die Ukraine verwendeten russischen Fahrzeugen dafür entschieden, die Verwässerung dieser markanten Symbolkraft nicht weiter zuzulassen und der vorgenannten Bedeutung des Buchstabens Z auch in Deutschland zu besonderer Geltung zu verhelfen. Von den Zulassungsstellen dieser beiden Gemeinden werden keine KfZ-Kennzeichen mehr mit dem einzelnen Buchstaben Z ausgegeben.

Damit ist die russische Militärführung dank des vorauseilenden Gehorsams deutscher Behörden auf einem guten Weg, den Buchstaben Z auch in der Bundesrepublik Deutschland als Alleinstellungsmerkmal für ihren Angriffskrieg durchzusetzen. Das Z zur schlichten Kennzeichnung eines Fahrzeugs hierzulande nicht mehr zu verwenden, ist ein wichtiger Schritt der deutschen Behörden, um den russischen Streitkräften und ihrer Landnahme in der Öffentlichkeit einen angemessenen Raum zuzubilligen. Bereits vergebene Kennzeichen mit dem Einzelbuchstaben Z werden zurzeit allerdings noch nicht eingezogen.

Eine Stellungnahme der Kfz-Zulassungsbehörden des Landkreises Zwickau über deren Umgang mit dem alleinstehenden Z auf ihren Nummernschildern liegt derzeit noch nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass die Behörden in Zwickau derzeit noch keine Maßnahmen getroffen haben, um das Autokennzeichen Z für Zwickau abzuschaffen, obwohl mit der Beibehaltung dieses Kennzeichens das Symbol für den russischen Feldzug in der Ukraine auf Dauer unangemessen bagatellisiert wird.

Montag, 18. Juni 2018

Bundesstinkefingerbeauftragter fordert: Özil soll Nationalhymne singen

Pünktlich zum Auftaktspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland 2018 meldet sich Stefan Effenberg in seiner Funktion als Bundesstinkefingerbeauftragter mit der schlichten Forderung "Wenn Özil so zu seinem Land steht, nämlich unser Land, Deutschland, dann soll er auch in Zukunft die Nationalhymne mitsingen."

Ausgerechnet Effenberg, der dem deutschen Publikum während der Weltmeisterschaft in den USA 1994 nach seiner Auswechselung im Spiel gegen Südkorea den Mittelfinger entgegenreckte und daraufhin von Bundestrainer Berti Vogts aus dem Kader geworfen wurde, punktete mit seinem Statement billigst auf Kosten von Mesut Özil.

Immerhin hatte Effenberg die seltene Chance erkannt, Beifall auf seinem Lebenskonto verbuchen zu können, was ihm nach seiner Karriere als Fußballspieler kaum gelang. In der Diskussion um das Mitsingen der Nationalhymne durch die deutschen Spieler vor den Spielen der Fußballnationalmannschaft ist längst alles gesagt. Keiner muss singen und wenn der Vater in der Türkei geboren ist, gibt es nicht mal ein deutsches Vaterland. Warum sollte Özil dann davon singen?

Freitag, 17. August 2012

Muschiaufstand - Rowdytum aus religiösem Hass

Zwei Jahre Straflager für religiös motiviertes Rowdytum lautete das Urteil gegen die drei Künstlerinnen der Moskauer Punk-Band Pussy-Riot. Das klingt zunächst einmal hart, relativiert sich jedoch, wenn es stimmt, dass der Strafrahmen des russischen Gesetzes bis zu sieben Jahre Haft für das Protestgebet gegen Wladimir Putin und den russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill in Russlands wichtigstem Gotteshaus hergäbe.

Schnell sind die Kommentare deutscher Politiker zu lesen. Es sei Putins Prozess und Urteil gewesen, das jeder Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hohnspreche. Von einem gefährlichen Präzedenzfall ist die Rede und die Kanzlerin kritisiert ein unverhältnismäßig hartes Urteil, welches nicht im Einklang mit den europäischen Werten von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie stehe, zu denen sich Russland unter anderem als Mitglied des Europarates bekannt habe.

Zunächst einmal verbieten sich derartige Äußerungen angesichts der verbreiteten Unkenntnis über das russische Recht und dem Mangel des Wissens darüber, ob der Strafrahmen bei vergleichsweise hart sanktionierten Straftaten grundsätzlich ähnlich ausgeschöpft wird. Im übrigen wurden die für den Protest genutzte russisch-orthodoxe Kirche als auch die Worte gegen „die Scheiße Gottes“ wohl bewusst gewählt und dürften den einschlägigen Tatbestand des russischen Strafgesetzbuches erfüllen. Denke ich.

Ich denke aber auch, dass der Kern des weltweit als solches empfundenen Übels nicht in dem Urteil selbst begründet ist, sondern in der Tatsache, allein die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse oder Würdenträger mit Freiheitsstrafe oder überhaupt strafrechtlich zu ahnden. Leider hat man von den Wichtigtuern, die sich gegen das Urteil des russischen Gerichts wenden, vorab keine Kritik an dem zugrundeliegenden Straftatbestand oder dessen Strafrahmen gehört. Sollte dieser Umstand nicht nur Unwissen und Gleichgültigkeit sondern auch dem Respekt gegenüber dem gesetzgebenden russichen Staatsorgan geschuldet sein? Ein Respekt, dem man dem wohl auf Basis des geltenden russischen Rechts urteilenden Gericht nicht zu schulden glaubt?

Ich bin mir sicher, dass die politische Bühne nur zur eigenen Profilierung genutzt wird und kein Politiker auch nur einen Gedanken an die Tatsache verschwendet, dass die öffentliche Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, in Deutschland nach § 166 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann. Denn Religion ist nicht nur in Russland ein Instrument der Macht.