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Samstag, 16. Juli 2022

Hurra, hurra, der Fürst hat einen Orden!

Seine Untertanen hatten Tränen in den Augen und ganz Schaumburg-Lippe fiel in einen kollektiven Freudentaumel, als der wahre Herrscher des kleinen Landes, Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe, am vergangenen Donnerstag das Verdienstkreuz 1. Klasse des Niedersächsischen Verdienstordens von Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, überreicht bekommen hat. 

Auch im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur kannte die Glückseligkeit keine Grenzen und so wurde Herr Prinz zu Schaumburg-Lippe angesichts des freudigen Ereignisses in einer feierlichen Pressemeldung gleich auch zum "Fürst zu Schaumburg-Lippe" verwandelt, wohl um dem Volk in Niedersachsen zu demonstrieren, dass es sich in unsicheren Zeiten wie dieser auf eine starke Führungspersönlichkeit verlassen kann.

Vergessen sind nun die Querelen der Vergangenheit, als sich die Landesregierung von Schaumburg-Lippe mit Schreiben vom 14.04.1936 beim Reichs- und Preußischen Minister des Innern, Wilhelm Frick, über den Großvater des nun geehrten Ordensträgers, Ernst Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe, beschwerte, weil dessen Selbstbezeichnung "Fürst zu Schaumburg-Lippe" nicht dem Gesetz über die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels und die Auflösung des Hausvermögens vom 30.04.1928 entspreche.

Endlich ist keine Rede mehr von dem lästigen Wikipedia-Eintrag, wonach Großvater Wolrad nach dieser Beschwerde an den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring schrieb und am 07.05.1936 darum bat, sich - entgegen den Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung zur Abschaffung der Vorrechte des Adels (WRV Artikel 109, Abs. 2) - Fürst nennen zu dürfen, worauf ihn Göring zurück an den Reichs- und Preußischen Minister des Innern verwies, der dann mit Schreiben vom 13.08.1936 feststellte, dass Opa Wolrad das Recht zur Führung des Namens "Fürst zu Schaumburg-Lippe" gar nicht zustand.

Schwamm über das unerfreuliche Wikipedia-Gerücht, wonach Großvater Ernst Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe sodann am 01.09.1936 einen Rückdatierungsantrag für die Aufnahme in die NSDAP stellte, der am 07.12.1936 von Rudolf Heß befürwortet und daraufhin der Eintritt in die NSDAP auf das Jahr 1928 rückdatiert wurde, so dass die rechtswidrige Bezeichnung "Fürst" anschließend wohl keine große Rolle mehr spielte.

Heute wird mit dem Adelstitel "Fürst" zum Glück etwas entspannter umgegangen. Opas NSDAP ist längst Geschichte und den Sturz der Monarchie durch die Novemberrevolution von 1918/19 mit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919, mit welcher die öffentlich-rechtlichen Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes aufgehoben wurden, kennen durchschnittliche Politiker heute nicht einmal mehr aus dem Fernsehen.

Über hundert Jahre nach der Abschaffung des Adels kann man sich als Landespolitiker schon einmal mit innerlicher Demut an Wolrads Enkel Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe heranpirschen, ihm den Verdienstorden des Landes Niedersachsen in der Ordensstufe "Verdienstkreuz 1. Klasse" umbinden und schließlich durch eine devote Pressemittelung mit achtfacher Anbiederung als "Fürst zu Schaumburg-Lippe" den Bauch pinseln.

Ob die Ehrwürdigkeit des Verdienstkreuzträgers als selbständige und auszeichnungswürdige Leistung für das allgemeine Wohl unter Zurückstellung eigener Interessen vom Land Niedersachsen auch darin gesehen wurde, dass er dem unseligen Zeitgeist zuwider das traditionelle Erbe nur an den erstgeborenen Sohn Donatus und nicht an seine Töchter Felipa und Philomena weitergeben will oder auf die Zustimmung zur Sanierung seines Schlosses Bückeburg mit 350.000,- Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes, bleibt unklar.

Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur findet jedenfalls an der Erhaltung des privaten Eigentums des Herrn Prinz zu Schaumburg-Lippe durch ihn selbst auch unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel einen besonderen Gefallen: "Kulturdenkmale wie Schloss Bückeburg, die fürstlichen Mausoleen oder der Wilhelmstein sind kein bequemer Luxus, sondern eine Verpflichtung." Deshalb sei die Auszeichnung mit dem Verdienstorden auch eine Anerkennung dafür, dass Herr Prinz zu Schaumburg-Lippe diese Verpflichtung lebe. Hurra!

Mittwoch, 8. Januar 2014

Anwaltsschicksal: Vom Fürsten verklagt

Aus der Ferne der Gegenwart betrachtet kann man das autoritäre Treiben der Tyrannen vergangener Zeiten gelassen und durchaus interessiert betrachten. Anders sieht es aus, wenn einem plötzlich die Klage von jemandem ins Haus flattert, der sich gar heute noch als Fürst betrachtet und die auch ihm durch das bürgerliche Recht gegebenen Instrumente des demokratischen Rechtstaats nutzen möchte, um Hintergrundinformationen über seine feudale Gesinnung aus dem Internet entfernen zu lassen.

Weil bereits mit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung am 11. August 1919 alle Vorrechte des Adels abgeschafft wurden, scheint die Klage eines Fürsten unter dem Grundgesetz zunächst wie ein später Ruf aus der Gruft. Denn deutsche Fürsten sind längst verwest.

Allerdings wagt es auch Herr Prinz zu Schaumburg-Lippe nicht, die Entfernung der vierzehn Zeitungsartikel über eine Strafanzeige wegen des Mißbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen gem. § 132a StGB gegen ihn aus meinem Pressearchiv unter der von ihm landläufig beanspruchten Amtsbezeichnung Fürst zu verlangen, so dass sich der Geruch des Mausoleums noch beim Lesen der Klage leicht verflüchtigt.

Der Möchtegernherrscher von Schloss Bückeburg tritt jedoch im Internet mit der durch Hoheitsakt festgesetzten Bezeichnung für das ehemalige inländische und im Ausland noch existierende öffentliche Amt Fürst auf und geht nach meinem Dafürhalten das Risiko ein, durch einen Schwall von Strafanzeigen verschüttet zu werden:


Bei dem abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt des § 132a StGB kann ein strafrechtlicher Erfolg im Sinne des § 9 StGB nämlich überall dort eintreten, wo das Führen der Amtsbzeichnung seine Gefährlichkeit im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut entfalten kann. Denn überall in Deutschland könnte die Bezeichnung Fürst vom unvorgebildeten Durchschnittsbürger als echte Amtsbezeichnung verstanden werden.

Bei einem Auftreten als Fürst im Internet dürfte daher jede Staatsanwaltschaft in der Bundesrepublik Deutschland für eine Strafanzeige zuständig sein und ob im ganzen Land auf eine fürstliche Hochstapelei mit untertäniger Milde reagiert werden würde, darf bezweifelt werden. Jedenfalls scheinen die Gerichte im Süden der Republik den Schutz der Allgemeinheit, die gegenüber den Trägern hoheitlicher Amtsbezeichnungen anders reagiert, ernst zu nehmen (vgl. Oberlandesgericht München, Beschluss vom 3. März .2010, Az: 5 St RR (II) 39/10).

Zum besseren Verständnis des Lesers sei angemerkt, dass sich die Parteien dieses Rechtsstreits - ich als Anwalt des damaligen Beklagten - bereits vor über 10 Jahren um die Domain "schaumburg-lippe.de" gestritten haben und sich das Verhältnis untereinander insbesondere dadurch abgekühlt hatte, dass ich das Gericht damals darauf hinwies, dass entgegen schriftsätzlicher Behauptungen des Klägers sein Vater nicht Fürst Phillipp-Ernst zu Schaumburg-Lippe gewesen ist und er auch nicht nach Hausgesetz - welches es nicht mehr gibt - als nachrückender Fürst Chef des ebenfalls nicht mehr existierenden Hauses Schaumburg-Lippe geworden war. Offenbar ein Sakrileg.


Dass ausserdem ein Versuch des im Schloss Bückeburg zur Miete untergebrachten niedersächsischen Staatsarchivs historische Dokumente, welche das Unrecht der Führung des Namens "Fürst zu Schaumburg-Lippe" belegen, mittels Kostenforderungen aus meinem Pressearchiv zu entfernen am Ende rechtskräftig gescheitert ist, soll nur am Rande erwähnt werden.

Ob die fortlaufende Veröffentlichung der nachfolgenden vierzehn Zeitungsartikel auf meiner Website die Rechte des Herrn Prinz zu Schaumburg-Lippe verletzen, weil im Hinblick auf ein vor zehn Jahren eingestelltes Strafverfahren ein Berichterstattungsinteresse sowie das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Pseudoaristokraten zurückzutreten haben, obwohl letzterer sich bis heute mit der unzutreffenden Amtsbezeichnung Fürst schmückt, wird das Landgericht Hamburg zu entscheiden haben.

Im Einzelnen möchte Herr Prinz zu Schaumburg-Lippe folgende Artikel nicht länger in meinem Pressearchiv dulden: