Dienstag, 5. Juli 2011

Landgericht Hannover: Anwalt gewinnt Prozess - und legt Berufung ein

Fehler macht jeder Rechtsanwalt irgendwann, aber dass ein Kollege vor dem Landgericht Hannover gewinnt und gegen das Urteil Berufung einlegt, dürfte äußerst selten vorkommen. Das Landgericht Hannover und das Oberlandesgericht Celle standen nach der anschließenden Rücknahme der Berufung vor der schwierigen Frage, wie der Streitwert für die Berufung festzusetzen sei.

Da der Wert des Beschwerdegegenstandes für den Streitwert maßgeblich ist, wegen des gewonnenen Prozesses die Partei des Berufungsführers hier aber gar nicht beschwert war, musste eine Lösung her. Diese hat das OLG Celle zum Az. 14 U 199/03 durch folgende Überlegungen gefunden:

"Der Kläger hat die Berufung gegen das am 17. September 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Rücknahme verloren. Er hat die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen, § 516 Abs. 3 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 600,01 EUR festgesetzt. Der Streitwert ist auf den Mindestwert für eine Berufung festzusetzen, der gemäß § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO 600,01 EUR beträgt. Der Kläger hat in erster Instanz voll obsiegt, sodass er durch das angefochtene Urteil nicht beschwert wird. Orientiert man sich für die Festsetzung des Streitwertes auch im Fall einer mangels Beschwer unzulässigen Berufung an dieser, so müsste er 0 EUR betragen mit der Folge, dass keine Kosten entstünden. Der Senat schließt sich der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (MDR 1984, S. 502 f.) an, wonach ein derartiges Ergebnis nicht tragbar ist, weil auch eine unzulässige Berufung einen Bearbeitungsaufwand erfordert, den der Verursacher im Rahmen der gesetzlichen Gebühren zu tragen hat. Die Festsetzung nach dem vollen Streitwert ist nicht sachgerecht, weil keine inhaltliche Prüfung stattfindet; die Festsetzung auf den geringsten Gebührenstreitwert (so Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rdn. 3742; Lappe, KostRspr. GKG, Anm. zu § 14 GKG, Nr. 22) entspricht nicht der Bedeutung der Sache. Da dem Berufungskläger nicht unterstellt werden kann, bewusst ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt zu haben, muss er seiner Rechtsmitteleinlegung zumindest die Bedeutung beigemessen haben, die für ein zulässiges Rechtsmittel vorausgesetzt wird (OLG Frankfurt, a. a. O.)."

2 Kommentare:

  1. Das erinnert an den alten Witz:

    Anwalt ruft Mandanten an: „Die Gerechtigkeit hat gesiegt". Mandant: „Um Gottes Willen, sofort Berufung einlegen!".

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  2. Liebe Gerichte,

    bitte nicht nachmachen. Das OLG Düsseldorf bezeichnet die Lösung des OLG Celle als Mindermeinung:

    http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OLG%20D%FCsseldorf&Datum=19.05.2009&Aktenzeichen=24%20W%2013/09

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