Bei einem Wahlkampftermin in Bergisch Gladbach am 29. August 2020 soll ein unzufriedener Mitbürger den homosexuellen Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn, deutlich hörbar als "schwule Sau" bezeichnet haben. Nachdem der Bundesgesundheitsminister rechtzeitig den zur strafrechtlichen Verfolgung einer Beleidigung notwendigen Strafantrag gestellt hatte, hat die Kölner Staatsanwaltschaft nun ein Ermittlungsverfahren gegen den zum fraglichen Zeitpunkt von der Polizei identifizierten mutmaßlichen Täter eingeleitet.
Anders als das gewöhnliche Fußvolk müssen sich Politiker nicht mit der Standardfloskel der Staatsanwaltschaften begnügen, welche die Verfahren bei Beleidigungen regelmäßig mit dem Hinweis, dass kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestehe und der Privatklageweg offen stehe, einstellen. Rechtlich dürfte der mutmaßliche Täter kaum etwas gegen eine tatbestandsmäßige Beleidigung vorzubringen haben, denn schon das Landgericht Köln hatten in seinem Urteil vom 05.06.2002 zum Az.: 28 O 12/02 zur Bezeichnung "schwule Sau" deutliche Worte gefunden:
"Vorliegend kann dahinstehen, ob mit der zweifachen Betitelung des Klägers mit dem Wort "schwul", das mit der vorgenommenen Einspielung Prominenten in den Munde gelegt wurde, eine ehrkränkende Herabsetzung des Klägers verbunden ist. Jedenfalls das von ... stammende und durch den Zusammenschnitt der Szenen offensichtlich auf den Kläger bezogene Zitat "schwule Sau" ist seiner Natur nach offensichtlich geeignet, den Kläger herabzusetzen. Die Kundgabe der Nicht- bzw. Missachtung liegt hierbei nach Auffassung der Kammer weniger in der Frage der angeblichen sexuellen Orientierung des Klägers (also auf Tatsachenebene), sondern vielmehr auf der Wertungsebene, durch die zusätzliche Verwendung des Wortes "Sau". Hiermit ist der Tatbestand der Beleidigung grundsätzlich erfüllt."
Als denkbarer Ausweg erscheint für den Täter zunächst der Vortrag, er habe den Gesundheitsminister mit den Worten "schwule Sau" möglichst prägnant und in aller Kürze auf die Wiedereröffnung des hannoverschen Szeneclubs "Schwule Sau" hinweisen wollen, der am 10.10.2020 nach rund 7 Monaten wieder seinen Betrieb aufnehmen wird. Diese Ausrede dürfte allerdings schon daran scheitern, dass die Wiedereröffnung des Clubs am Tag der Tat noch gar nicht bekannt war.