Mittwoch, 23. Oktober 2013

Der nicht anwaltlich vertretene Schaumschläger

Mindestens einmal im Jahr muss ich mich mit einem nicht anwaltlich vertretenen Schaumschläger befassen, von denen es verschiedene Typen gibt. Am häufigsten anzutreffen ist der finanziell eher dürftig ausgestattete Dilettant, der meint, wegen oder trotz seiner neben der Rechtslage liegenden Ideen ohne Rechtsanwalt zu seinem Recht gelangen zu müssen. Tief im Innern ist er sich seiner aussichtslosen Position wohl bewußt und will durch seinen heroischen Alleingang wenigstens die Kosten für den eigenen Anwalt sparen.

Sich ohne Rechtsanwalt durchzusetzen gelingt auch vernunftbegabten Parteien eher selten, aber dem Schaumschläger ist der Blick auf das rechtlich Wesentliche derart verstellt, dass er so lange umfassend und ausführlich zu irrelevanten Umständen Stellung bezieht, bis ihm eine Entscheidung des Gerichts weitere Irrungen erspart. Natürlich empfindet der nicht anwaltlich vertretene Schaumschläger die Instanzgerichte als derart ungerecht, dass ihm der im Kosmos Unwissender höchst populäre Begriff der Rechtsbeugung mit einer derartigen Leichtigkeit über die Lippen geht, dass er schon an Hand der wiederholten Zitierung dieses im deutschen Recht durchaus existierenden Straftatbestandes leicht identifiziert werden kann.

Mit der steten Entlarvung der Instanzgerichte als rechtsbeugend einher geht sein Glaube an das unbeirrbar scharfe Schwert der Strafjustiz und deren Drang, sämtliche mit der Sache befassten Richter nebst gegnerischem Rechtsanwalt möglichst umgehend strafrechtlich zu verfolgen und dem unermüdlich kämpfenden Schaumschläger auf diese Weise in seinem Feldzug für Gerechtigkeit beizustehen. Wenn ihm am Ende selbst die Staatsanwaltschaft die Gefolgschaft verweigert, versteht er die Welt nicht mehr.

So erging es jüngst auch einem bockigen Pensionär aus dem beschaulichen Riedenburg, der über Abmahnung, einstweilige Verfügung und Aufforderung zur Abgabe der Abschlußerklärung bis hin zur Zwangsvollstreckung gepeinigt von zunehmendem Altersstarrsinn einen einsamen und unermüdlichen Kampf führte. Nach den - trotz Anwaltszwangs - geduldigen Antworten des Landgerichts Hamburg im Verfügungsverfahren war dem Amtsgericht Kelheim sein acht DIN-A4-Seiten langer Fiebertraum über die Ungerechtigkeit des gegen ihn gerichteten Verfahrens gerade einen einzigen Satz wert: "Nach genauer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind keinerlei Gründe erkennbar, die den Antrag des Schuldners begründen würden und eine Einstellung [der Zwangsvollstreckung] rechtfertigen würden.".

17 Kommentare:

  1. "ACHT DIN-A4-Seiten " hat er zur seiner Verteidigung geschrieben, ich würde doch gern die Bibel lesen und wissen was er da so alles gepredigt hat . :-)

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  2. Und wie oft haben Sie einen Gegner, der durch einen anwaltlichen Schaumschläger vertreten wird?

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  3. Ich erinnere mich an einen gewissen Gustl M. der 100 seitige Schriftsätze verfasst hat. Die musste als RiLG auch lesen. Also ist Anwaltszwang schon eine feine Sache.

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  4. Bei den Arbeitsgerichten gab es nicht immer den Anwaltszwang. Hat auch ganz gut funktioniert.

    Der Anwaltszwang verbessert nicht zwangsläufig die Qualität einer Gerichtsentscheidung, gewährleistet allerdings eine leichtere Kontrolle der herrschenden über deren Untertanen.

    Weshalb kann eigentlich der Richter gegenüber dem Laien nicht gleichzeitig Anwalt sein? Inwiefern ist ein Richter gegenüber einer Partei schlechter als ein geschäftstüchtiger Anwalt?

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  5. Zitiere :
    "Weshalb kann eigentlich der Richter gegenüber dem Laien nicht gleichzeitig Anwalt sein? "

    Weil ein Richter neutral sein muss, also unbefangen ?!!

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  6. Volkswirtschaftlich würde sich ein Anwaltszwang glaube ich sehr lohnen. Prozesse wären seltener, effizienter und deutlich kürzer, was den Gerichten viel Arbeit einsparen würde. Ich gehe jede Wette ein, dass diese Einsparungen mögliche Zusatzkosten für Anwälte deutlich übersteigen würden.

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  7. Ich halte nicht viel vom Anwaltszwang. Ich habe schon als Jurastudentin ohne Examen ein eigenes Verfahren ohne Anwalt gewonnen, allerdings nach fast 4 Jahren Studium. Leider sind Anwälte im Fall des Unterliegens auch sehr teuer (bis 10.000 Euro alleine für den Anwalt). Das kann sich nicht jeder leisten und gerade bei Instanzen ohne Anwaltszwang kann man sich den oft auch sparen. Ich habe auch schon Parteien unterliegen gesehen, die sich einen Anwalt genommen haben. Über die Erfolgsaussichten sagt es zumeist nicht viel aus, ob man einen Anwalt beauftragt oder nicht, es sei denn man ist so sachunkundig, dass man versucht, einen unberechtigten Anspruch durchzusetzen, aber das kommt dann doch eher seltener vor.

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  8. Hallo Herr Anwalt,

    womit begründen Sie den "Anwaltszwang?

    Gemäß Artikel 14 Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19.Dezember 1966 (BGBl. 1973 II 1553) ist jeder vor jedem Gericht dieser Erde selbstvertretungsberechtigt und rechtsfähig.

    Artikel 14 Abs. 3

    3) Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte hat in gleicher Weise im Verfahren
    Anspruch auf folgende Mindestgarantien:
    a) Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten;
    b) er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum
    Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben;
    c) es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen;
    d) er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

    Artikel 16

    Jedermann hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.

    Da Völkerrecht höherrangiges Recht darstellt geht es den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland, insoweit sie noch gelten vor!

    Rechtsgrundlage Artikel 25 Grundgesetz (GG):

    Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
    Der Internationale Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19.Dezember 1966 (BGBl. 1973 II 1553) ist geltendes Völkerrecht!

    FGO und/oder VwGO sind daher diesbezüglich nachrangig und kann das Völkerrecht nicht außer Kraft setzen!

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  9. Hallo Anonym,

    zunächst einmal muss man zwischen dem Zivilrecht und dem Strafrecht unterscheiden. Der von Ihnen zitierte Artikel 14 Abs. 3 betrifft Straftaten. Ich habe mich in meinem Posting über einen zivilrechtlichen Fall ausgelassen. Den Anwaltszwang gibt der Gesetzgeber vor: http://dejure.org/gesetze/ZPO/78.html

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  10. Hallo Herr Anwalt, sie reden wirklich nonsens. Der Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte behandelt allgemeines Recht und unterscheidet nicht zwischen zivil und strafrecht. Es ist unglaublich mit welcher Dreistigkeit Falschmeldungen als Wahrheit hingestellt werden. Auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 47 Abs. 2 besagt 'Jede Person kann sich selbst verteidigen'. MFG

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  11. Ihr eigener Link:
    Artikel 47 Abs. 2 "...Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen." Das Wörtchen 'kann' sollte doch wohl eindeutigt sein!

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    1. kan sich beraten, verteidigen oder vertreten lassen - Gemein ist er kann sich Rat einholen, sich verteidigen oder sich verteidigen lassen. Somit ist es eindeutig - ansonsten wäre es doppelt gemppelt, weil verteidigen lassen und vertreten lassen ein identischen Sachverhalt wäre.

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  12. Hier nochmale ein Link zum iccpr: https://www.amnesty.at/de/view/files/download/showDownload/?tool=12&feld=download&sprach_connect=126
    artikel 14 (3) buchst. (d)

    "... sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen"

    Leider hat man bei Angehörigen deutscher Rechtsorgane nicht selten ein Gefühl der intelektuellen Überforderung.

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  13. Und hier nochmal eine umfassende Analyse des Sachverhaltes:

    http://www.jurawiki.de/AnwaltsZwang

    Es mag zwar sein, dass sie aus einem eigen Interesse für den Anwaltszwang plädieren. Aber im Interesse von Ethik und Moral sollten Sie doch bei der Wahrheit bleiben.

    Meinen Erfahrungen bezogen auf dier Kompetenz von Anwälten spricht absolut gegen die Notwendigkkeit eines Anwaltszwangs.

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