Mittwoch, 28. Mai 2014
Telefónica beweist Humor - das Urteil
Der Beklagte wusste von nichts, Telefónica hatte keinerlei Zweifel daran, dass die bei Vertragsschluss angegebenen persönlichen Kundendaten sowie die Unterschrift auf dem Vertragsformular nicht die des Beklagten waren und auch das Amtsgericht Leverkusen war sich sicher, dass zwischen den Parteien kein Telekommunikationsdienstleistungsvertrag geschlossen wurde. Denn das Gericht stellte im Urteil fest, dass die im Ausweis und Vertragsformular angegebenen Geburtsdaten stark voneinander abwichen und auch Vornamen, Wohnort und Unterschriften verschieden waren. Die Sache kann eigentlich nur ein Scherz gewesen sein.
Montag, 26. Mai 2014
"vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr"
Das Landgericht Koblenz hatte den ehemaligen Geliebten der Klägerin verurteilt, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern auf denen die Klägerin
- in unbekleidetem Zustand,
- in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,
- lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche bekleidet oder
- vor/während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr abgebildet ist,
vollständig zu löschen.
Die Prägung des landgerichtlichen Urteils läßt sich schon an dessen Tenor erkennen. Allein die Auferlegung der Pflicht, Fotos der Klägerin löschen zu müssen, die diese vor/ während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr zeigen, hat sich derart weit vom Prinzip des Bestimmtheitsgebots entfernt, dass der über die Aufgabe ein sachliches Urteil abzufassen hinausgehende Wille des Gerichts, die Klägerin jedenfalls vor der drohenden Verbreitung ihrer Fotos zu schützen, erkennbar wird.
Das Oberlandesgericht Koblenz bestätigte am 20.05.2014 zum Az. 3 U 1288/13 das erstinstanzliche Urteil und vor meinem geistigen Auge sehe ich bereits jetzt leicht ergraute Herrschaften bei der Überprüfung der Durchsetzung des Urteils darüber grübeln, ob streitgegenständliche Fotos die Klägerin vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr zeigen. Dabei wird es nicht um die Bewertung von Nacktfotos gehen, diese müssen nach dem Urteil ohnehin gelöscht werden.
Schwierig wird zu entscheiden sein, ob die verschwitzte Rückenpartie der Klägerin etwa beim Unkrautjäten oder beim Geschlechtsakt zu sehen ist. Läßt sich die Rötung der Klägerin im Schulter- und Gesichtsbereich auf ihre gerade beendete Erregungsphase zurückführen und damit als sogenannte Sexualröte identifizieren oder hat sie sich schlicht auf dem Trimmrad verausgabt? Im Zweifel bleibt den Entscheidungsträgern immer noch die Einordnung eines Fotos als ein solches vor dem Geschlechtsverkehr getreu des sportlichen Mottos „nach dem Spiel ist vor dem Spiel“.
Die lästige BGH-Rechtsprechung, wonach eine Verurteilung nicht derart undeutlich gefasst sein darf, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist, wischte das OLG jedenfalls in Bezug auf Fotos nach dem Geschlechtsakt vom Tisch: "Gemeint sind Aufnahmen, die einen objektiven Bezug zum Geschlechtsverkehr erkennen lassen und damit erkennbar noch in einem Zusammenhang mit dem zuvor durchgeführten Geschlechtsverkehr stehen."
Vielleicht sollte man dem Tenor eine Art Gebrauchsanweisung für Vollstreckungsorgane oder die Telefonnummer des Senatsvorsitzenden beifügen. Wie bei Aufnahmen ein Zusammenhang mit einem später durchzuführenden Geschlechtsverkehr hergestellt werden soll, wurde vom OLG vorsorglich ganz offen gelassen. Vielleicht genügt ein lasziver Blick oder der frivole Biss in eine Banane.
Auch die zentrale Aussage des OLG Koblenz überzeugt nicht: "Ist die Beziehung zwischen den Parteien beendet, ist das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Interesse der Klägerin an der Löschung der Aufnahmen höher zu bewerten als das auf seinem Eigentumsrecht begründete Recht des Beklagten an der Existenz der Aufnahmen, die nach seinen eigenen Bekundungen nur ideellen Wert haben kann, da eine Zurschaustellung der Bilder oder eine Veröffentlichung dieser von ihm nach eigenem Bekunden nicht beabsichtigt ist."
Das OLG ist der Ansicht, dass die Bindungswirkung an eine einmal erteilte Einwilligung zur Anfertigung eines Fotos in Widerspruch zu den von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Belangen der Abgebildeten stehen kann, so dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Vorrang vor dem Umstand zu gewähren ist, dass die Klägerin der Anfertigung der Lichtbilder vorher zugestimmt hat.
Weil aber eine zur Anfertigung eines Fotos erteilte Einwilligung nur bis zu dessen tatsächlicher Anfertigung widerrufen werden kann, muss ein Löschungsanspruch an einem rechtmäßig angefertigtem Foto schon auf Grund des entstandenen Urheberrechts und dem Grundrecht der Kunstfreiheit scheitern. Kein Urheber kann zur Vernichtung seines mit Recht erschaffenen Werkes gezwungen werden.
Angesichts der Tatsache, dass sich heutzutage Hunderte von Fotos auf einem winzigen USB-Stick speichern lassen und verschlüsselte Speicherdienste wie mega.co.nz 50 Gigabyte kostenlosen Speicherplatz anbieten, dürfte das Urteil allenfalls akademischen Wert haben. Schließlich scheint angesichts des verhältnismäßig niedrigen Streitwerts von EUR 3.000,- die Durchführung der ausdrücklich zugelassenen Revision erschwinglich und nicht aussichtslos.
- in unbekleidetem Zustand,
- in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,
- lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche bekleidet oder
- vor/während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr abgebildet ist,
vollständig zu löschen.
Die Prägung des landgerichtlichen Urteils läßt sich schon an dessen Tenor erkennen. Allein die Auferlegung der Pflicht, Fotos der Klägerin löschen zu müssen, die diese vor/ während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr zeigen, hat sich derart weit vom Prinzip des Bestimmtheitsgebots entfernt, dass der über die Aufgabe ein sachliches Urteil abzufassen hinausgehende Wille des Gerichts, die Klägerin jedenfalls vor der drohenden Verbreitung ihrer Fotos zu schützen, erkennbar wird.
Das Oberlandesgericht Koblenz bestätigte am 20.05.2014 zum Az. 3 U 1288/13 das erstinstanzliche Urteil und vor meinem geistigen Auge sehe ich bereits jetzt leicht ergraute Herrschaften bei der Überprüfung der Durchsetzung des Urteils darüber grübeln, ob streitgegenständliche Fotos die Klägerin vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr zeigen. Dabei wird es nicht um die Bewertung von Nacktfotos gehen, diese müssen nach dem Urteil ohnehin gelöscht werden.
Schwierig wird zu entscheiden sein, ob die verschwitzte Rückenpartie der Klägerin etwa beim Unkrautjäten oder beim Geschlechtsakt zu sehen ist. Läßt sich die Rötung der Klägerin im Schulter- und Gesichtsbereich auf ihre gerade beendete Erregungsphase zurückführen und damit als sogenannte Sexualröte identifizieren oder hat sie sich schlicht auf dem Trimmrad verausgabt? Im Zweifel bleibt den Entscheidungsträgern immer noch die Einordnung eines Fotos als ein solches vor dem Geschlechtsverkehr getreu des sportlichen Mottos „nach dem Spiel ist vor dem Spiel“.
Die lästige BGH-Rechtsprechung, wonach eine Verurteilung nicht derart undeutlich gefasst sein darf, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist, wischte das OLG jedenfalls in Bezug auf Fotos nach dem Geschlechtsakt vom Tisch: "Gemeint sind Aufnahmen, die einen objektiven Bezug zum Geschlechtsverkehr erkennen lassen und damit erkennbar noch in einem Zusammenhang mit dem zuvor durchgeführten Geschlechtsverkehr stehen."
Vielleicht sollte man dem Tenor eine Art Gebrauchsanweisung für Vollstreckungsorgane oder die Telefonnummer des Senatsvorsitzenden beifügen. Wie bei Aufnahmen ein Zusammenhang mit einem später durchzuführenden Geschlechtsverkehr hergestellt werden soll, wurde vom OLG vorsorglich ganz offen gelassen. Vielleicht genügt ein lasziver Blick oder der frivole Biss in eine Banane.
Auch die zentrale Aussage des OLG Koblenz überzeugt nicht: "Ist die Beziehung zwischen den Parteien beendet, ist das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Interesse der Klägerin an der Löschung der Aufnahmen höher zu bewerten als das auf seinem Eigentumsrecht begründete Recht des Beklagten an der Existenz der Aufnahmen, die nach seinen eigenen Bekundungen nur ideellen Wert haben kann, da eine Zurschaustellung der Bilder oder eine Veröffentlichung dieser von ihm nach eigenem Bekunden nicht beabsichtigt ist."
Das OLG ist der Ansicht, dass die Bindungswirkung an eine einmal erteilte Einwilligung zur Anfertigung eines Fotos in Widerspruch zu den von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Belangen der Abgebildeten stehen kann, so dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Vorrang vor dem Umstand zu gewähren ist, dass die Klägerin der Anfertigung der Lichtbilder vorher zugestimmt hat.
Weil aber eine zur Anfertigung eines Fotos erteilte Einwilligung nur bis zu dessen tatsächlicher Anfertigung widerrufen werden kann, muss ein Löschungsanspruch an einem rechtmäßig angefertigtem Foto schon auf Grund des entstandenen Urheberrechts und dem Grundrecht der Kunstfreiheit scheitern. Kein Urheber kann zur Vernichtung seines mit Recht erschaffenen Werkes gezwungen werden.
Angesichts der Tatsache, dass sich heutzutage Hunderte von Fotos auf einem winzigen USB-Stick speichern lassen und verschlüsselte Speicherdienste wie mega.co.nz 50 Gigabyte kostenlosen Speicherplatz anbieten, dürfte das Urteil allenfalls akademischen Wert haben. Schließlich scheint angesichts des verhältnismäßig niedrigen Streitwerts von EUR 3.000,- die Durchführung der ausdrücklich zugelassenen Revision erschwinglich und nicht aussichtslos.
Montag, 19. Mai 2014
Neues vom Mieter mit Migrationshintergrund
Das Amtsgericht war sehr nachsichtig und gab dem Mieter mit Migrationshintergrund jede erdenkliche Hilfestellung. Den letzten Schritt zur Rechtsberatung wollte die fürsorgliche Amtsrichterin dann aber doch nicht gehen und rang sich ein Urteil ab. Sich durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen möchte der Dipl. Ing. mit den türkischen Wurzeln unter allen Umständen vermeiden und schreibt an das Gericht:
"Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann mit dem Urteil nichts anfangen, weil ich nicht weiß was ich zahlen muss. Es wird wieder irgend was fehlen (1 Cent usw.) dann müssen Sie nochmal schreiben. Dieser Möbius ist ein sonderbarer Mensch! Bitte nennen Sie mir den Betrag mit den Zahlen. Damit ich mich retten kann. Ich bitte um Ihr Verständnis."
"Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann mit dem Urteil nichts anfangen, weil ich nicht weiß was ich zahlen muss. Es wird wieder irgend was fehlen (1 Cent usw.) dann müssen Sie nochmal schreiben. Dieser Möbius ist ein sonderbarer Mensch! Bitte nennen Sie mir den Betrag mit den Zahlen. Damit ich mich retten kann. Ich bitte um Ihr Verständnis."
Mittwoch, 14. Mai 2014
Böhse Onkelz Tickets - das Urteil im Volltext
Die Reunion der Deutschrock-Band "Böhse Onkelz" startete mit einem gerichtlichen Verbot, Tickets für Konzerte der Musikgruppe "Böhse Onkelz" zu verkaufen oder Handel mit solchen Eintrittskarten zu betreiben, sofern diese unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht vom autorisierten Handel erworben wurden.
In der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2014 vor dem Landgericht Hamburg konnte der von der einstweiligen Verfügung betroffene Tickethändler die Richter überzeugen, dass die Vorwürfe gegen ihn haltlos waren. Jetzt liegt die Begründung für das Urteil aus Hamburg zum Az.: 312 O 34/14, das zunächst erlassene Verbot aufzuheben, in vollem Wortlaut vor.
Nachdem der Tickethändler zum ersten Mal vor Gericht die Chance hatte, sich inhaltlich zu äußern, erwies sich die einstweilige Verfügung des Gerichts vom 07.02.2014 nicht mehr als rechtmäßig. Dass eine Gefahr dahingehen besteht, dass der Händler im Internet Karten für Konzerte der Musikgruppe „Böhse Onkelz“ anbietet, die er zuvor als gewerblicher Wiederverkäufer von autorisierter Stelle unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht erworben hatte, konnte nicht belegt werden.
Weil der Händler ausschließlich Karten von Dritten erworben hatte, kam nach Ansicht des Hamburger Gerichts ein Unterlassungsanspruch nicht in Betracht. Das Gericht war der Meinung, dass auch ein gewerblicher Wiederverkäufer, welcher seine Bereitschaft bekundet, Eintrittskarten zu Veranstaltungen aufzukaufen, damit in der Regel nicht zum Vertragsbruch verleitet, auch wenn er weiß, dass potentiellen Verkäufern der Weiterverkauf der Karten nach den Geschäftsbedingungen des Veranstalters untersagt ist. In einem derartigen Fall liege eine unlautere Ausnutzung fremden Vertragsbruchs selbst dann nicht vor, wenn mit Hilfe des Weiterveräußerungsverbotes legitime Interessen wie die Gewährleistung der Sicherheit oder eines sozial verträglichen Preisgefüges verfolgt werden.
Unter Berücksichtigung der Maßstäbe, die bereits der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.09.2008 zum Az.: I ZR 74/06 angelegt hatte, entpuppt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung als medienwirksame Augenwischerei, um den Fans vorzuspiegeln, dass der Weiterverkauf von Tickets zu höheren Preisen verboten sei und dieses Verbot mit Entschlossenheit verteidigt würde.
Denn schon der Bundesgerichtshof hatte bestimmt, dass das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, grundsätzlich nur dann unlauter ist, wenn besondere Umstände hinzutreten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die schuldrechtliche Bindung zwischen dem Wettbewerber und seinem Vertragspartner im Allgemeinen Dritten gegenüber keine rechtlichen Wirkungen zu entfalten vermag. Ebenso wenig ist der Ticketverkauf unlauter, weil das Ziel, einen "Schwarzhandel" mit Tickets zu unterbinden, unterlaufen werde. Ein Schwarzhandel im eigentlichen Sinne, das heißt ein Warenverkauf unter Umgehung polizeilicher oder gesetzlicher Vorschriften zu überhöhten Preisen, gibt es nämlich nicht. Es gibt insbesondere kein Gesetz, das den Verkauf von Tickets besonderen Preisauflagen unterwirft. Es entspricht wettbewerbskonformem Verhalten, Tickets zu dem Zweck zu erwerben, sie zu einem höheren Preis weiterzuverkaufen.
Damit fährt nicht nur der Geschäftsdampfer der "Böhse Onkelz" mit voller Kraft voraus, auch die Segel im Fahrwasser der Onkelz stehen weiterhin gut im Wind.
In der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2014 vor dem Landgericht Hamburg konnte der von der einstweiligen Verfügung betroffene Tickethändler die Richter überzeugen, dass die Vorwürfe gegen ihn haltlos waren. Jetzt liegt die Begründung für das Urteil aus Hamburg zum Az.: 312 O 34/14, das zunächst erlassene Verbot aufzuheben, in vollem Wortlaut vor.
Nachdem der Tickethändler zum ersten Mal vor Gericht die Chance hatte, sich inhaltlich zu äußern, erwies sich die einstweilige Verfügung des Gerichts vom 07.02.2014 nicht mehr als rechtmäßig. Dass eine Gefahr dahingehen besteht, dass der Händler im Internet Karten für Konzerte der Musikgruppe „Böhse Onkelz“ anbietet, die er zuvor als gewerblicher Wiederverkäufer von autorisierter Stelle unter Verschleierung der Wiederverkaufsabsicht erworben hatte, konnte nicht belegt werden.
Weil der Händler ausschließlich Karten von Dritten erworben hatte, kam nach Ansicht des Hamburger Gerichts ein Unterlassungsanspruch nicht in Betracht. Das Gericht war der Meinung, dass auch ein gewerblicher Wiederverkäufer, welcher seine Bereitschaft bekundet, Eintrittskarten zu Veranstaltungen aufzukaufen, damit in der Regel nicht zum Vertragsbruch verleitet, auch wenn er weiß, dass potentiellen Verkäufern der Weiterverkauf der Karten nach den Geschäftsbedingungen des Veranstalters untersagt ist. In einem derartigen Fall liege eine unlautere Ausnutzung fremden Vertragsbruchs selbst dann nicht vor, wenn mit Hilfe des Weiterveräußerungsverbotes legitime Interessen wie die Gewährleistung der Sicherheit oder eines sozial verträglichen Preisgefüges verfolgt werden.
Unter Berücksichtigung der Maßstäbe, die bereits der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.09.2008 zum Az.: I ZR 74/06 angelegt hatte, entpuppt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung als medienwirksame Augenwischerei, um den Fans vorzuspiegeln, dass der Weiterverkauf von Tickets zu höheren Preisen verboten sei und dieses Verbot mit Entschlossenheit verteidigt würde.
Denn schon der Bundesgerichtshof hatte bestimmt, dass das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, grundsätzlich nur dann unlauter ist, wenn besondere Umstände hinzutreten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die schuldrechtliche Bindung zwischen dem Wettbewerber und seinem Vertragspartner im Allgemeinen Dritten gegenüber keine rechtlichen Wirkungen zu entfalten vermag. Ebenso wenig ist der Ticketverkauf unlauter, weil das Ziel, einen "Schwarzhandel" mit Tickets zu unterbinden, unterlaufen werde. Ein Schwarzhandel im eigentlichen Sinne, das heißt ein Warenverkauf unter Umgehung polizeilicher oder gesetzlicher Vorschriften zu überhöhten Preisen, gibt es nämlich nicht. Es gibt insbesondere kein Gesetz, das den Verkauf von Tickets besonderen Preisauflagen unterwirft. Es entspricht wettbewerbskonformem Verhalten, Tickets zu dem Zweck zu erwerben, sie zu einem höheren Preis weiterzuverkaufen.
Damit fährt nicht nur der Geschäftsdampfer der "Böhse Onkelz" mit voller Kraft voraus, auch die Segel im Fahrwasser der Onkelz stehen weiterhin gut im Wind.
Labels:
312 O 34/14,
Böhse,
Böhse Onkelz,
einstweilige,
einstweilige Verfügung,
Eintrittskarten,
Hamburg,
Landgericht,
Onkelz,
Tickets,
Urteil,
Verfügung
Dienstag, 6. Mai 2014
Rechtsmittel wegen 0,5 cent
Gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss Rechtsmittel einzulegen kann sinnvoll sein, um dem Gegner kurzfristig keinen Titel in die Hand zu geben, aus dem er die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Dies macht jedenfalls dann Sinn, wenn man glaubt, dass sich die Kostengrundentscheidung mittelfristig noch ändern läßt. Denn der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses setzt weder die Rechtskraft der Kostengrundentscheidung voraus, noch ist es erforderlich, dass die Voraussetzungen für die vorläufige Vollstreckbarkeit dieses Titels erfüllt sind.
In dieser Situation konnte ich die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss wie folgt begründen: "Das Gericht hat entschieden, dass die Kosten des Verfahrens den Parteien jeweils hälftig zur Last fallen. Nach Berechnung des Gerichts betragen die außergerichtlichen Kosten insgesamt EUR 981,85. Zur Erstattung durch den Beklagten festgesetzt wurde vom Gericht aber ein Betrag von EUR 490,93. Damit soll der Beklagte mehr tragen, als er nach der Kostengrundentscheidung tragen müsste. Er muss nämlich über die Hälfte der Kosten tragen. Der Beschluss ist damit fehlerhaft."
Vom Gericht wird leider keine Stellungnahme mehr erfolgen, weil die Kostengrundentscheidung mittlerweile zu Lasten des Gegners abgeändert wurde und der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss damit hinfällig ist.
In dieser Situation konnte ich die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss wie folgt begründen: "Das Gericht hat entschieden, dass die Kosten des Verfahrens den Parteien jeweils hälftig zur Last fallen. Nach Berechnung des Gerichts betragen die außergerichtlichen Kosten insgesamt EUR 981,85. Zur Erstattung durch den Beklagten festgesetzt wurde vom Gericht aber ein Betrag von EUR 490,93. Damit soll der Beklagte mehr tragen, als er nach der Kostengrundentscheidung tragen müsste. Er muss nämlich über die Hälfte der Kosten tragen. Der Beschluss ist damit fehlerhaft."
Vom Gericht wird leider keine Stellungnahme mehr erfolgen, weil die Kostengrundentscheidung mittlerweile zu Lasten des Gegners abgeändert wurde und der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss damit hinfällig ist.
Montag, 5. Mai 2014
Europakrise: Französischer Herzog pfändet deutschen Fürsten
Die juristische Auseinandersetzung zwischen dem französischen Adelsgeschlecht Montfort-l’Amaury und dem deutschen Fürstenhaus Schaumburg-Lippe eskaliert. Anstatt seine kampferprobten Reitertruppen zu schicken, entsandte Alfred Bocker Comte de Montfort-l’Amaury Duc de Bretagne nunmehr lediglich einen Gerichtsvollzieher mit der Aufgabe, die Schulden des Hauses Schaumburg-Lippe im Wege der Zwangsvollstreckung einzutreiben*.
Mit Bedauern betrachtet das Oberhaupt des Hauses Montfort-l’Amaury, dass die Spannungen in einem krisengeschüttelten Europa nun auch auf das deutsch-französische Verhältnis übergegriffen haben: "Ich hatte mir wirklich gewünscht, dass Fürst Alexander seine Schulden mir gegenüber ohne großes Aufheben begleicht, aber der Werteverfall der bürgerlichen Zivilgesellschaft scheint nun auch den deutschen Adel** erfasst zu haben."
Wie hoch die Verbindlichkeiten des Hauses Schaumburg-Lippe gegenüber dem französischen Adelshaus sind, wollte der Herzog der Bretagne nicht verraten, aber er versicherte, dass durch die Pfändung die Feierlichkeiten zur Landpartie Schloss Bückeburg im kommenden Monat nicht gefährdet seien. Das deutsche Außenministerium war für eine Stellungnahme zum deutsch-französischen Adelskonflikt leider nicht erreichbar
* Nachtrag: Am 17.09.2014 wurden die restlichen Schulden des Hauses Schaumburg-Lippe dem Chef des Hauses Montfort-l`Amaury durch den zuständigen Gerichtsvollzieher überwiesen.
** Der geneigte Leser möge mir den boulevardesken und im Ergebnis bedenklichen Stil des Artikels verzeihen und sich kurz über die tatsächlichen Hintergründe in Sachen Adel hier und dort informieren.
Mit Bedauern betrachtet das Oberhaupt des Hauses Montfort-l’Amaury, dass die Spannungen in einem krisengeschüttelten Europa nun auch auf das deutsch-französische Verhältnis übergegriffen haben: "Ich hatte mir wirklich gewünscht, dass Fürst Alexander seine Schulden mir gegenüber ohne großes Aufheben begleicht, aber der Werteverfall der bürgerlichen Zivilgesellschaft scheint nun auch den deutschen Adel** erfasst zu haben."
Wie hoch die Verbindlichkeiten des Hauses Schaumburg-Lippe gegenüber dem französischen Adelshaus sind, wollte der Herzog der Bretagne nicht verraten, aber er versicherte, dass durch die Pfändung die Feierlichkeiten zur Landpartie Schloss Bückeburg im kommenden Monat nicht gefährdet seien. Das deutsche Außenministerium war für eine Stellungnahme zum deutsch-französischen Adelskonflikt leider nicht erreichbar
* Nachtrag: Am 17.09.2014 wurden die restlichen Schulden des Hauses Schaumburg-Lippe dem Chef des Hauses Montfort-l`Amaury durch den zuständigen Gerichtsvollzieher überwiesen.
** Der geneigte Leser möge mir den boulevardesken und im Ergebnis bedenklichen Stil des Artikels verzeihen und sich kurz über die tatsächlichen Hintergründe in Sachen Adel hier und dort informieren.
Abonnieren
Posts (Atom)