Donnerstag, 26. März 2020

adidas - Glücksfall für die Anwaltschaft

Gegenüber der BILD-Zeitung soll eine Unternehmenssprecherin von adidas erklärt haben: "Es ist richtig, dass adidas, wie viele andere Unternehmen auch, vorsorglich Mietzahlungen temporär aussetzt wo unsere Läden geschlossen sind. Wir sind dazu mit den betreffenden Vermietern in engem Austausch." Der Entschluss gelte für Geschäfte in Europa und allen Ländern, in denen die adidas-shops wegen der Corona-Krise geschlossen bleiben müssen.

Leicht verdientes Geld für von der Corona-Krise gebeutelte Rechtsanwälte, die von den Vermietern der von adidas angemieteten Läden beauftragt werden, die verspäteten Mietzahlungen zunächst außergerichtlich einzufordern. Sollte adidas nach anwaltlicher Aufforderung die nicht gezahlte Miete weiter schuldig bleiben, dürfte weiteren Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren nichts entgegenstehen. Gültige Mietverträge gelten trotz Corona-Krise.

Im Geschäftsjahr 2019 steigerte sich der adidas-Gewinn aus fortgeführten Geschäftsbereichen um 12 % auf 1,918 Milliarden EUR. Damit dürften trotz Corona-Krise genug liquide Mittel bei dem börsennotierten Unternehmen vorhanden sein, um den Vermietern der Läden rückständige Mieten und anfallende Rechtsanwaltskosten erstatten zu können. Ein starkes Signal zu richtigen Zeit am einbrechenden Markt für Rechtsdienstleistungen

9 Kommentare:

  1. Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Es gibt hier einen Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB, adidas kann sich auf dolo-agit-Einwand bzw. Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB berufen.

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  2. Die Anwendung des § 313 BGB würde sicherlich in einem Prozess diskutiert werden müssen, weil adidas sich wehren würde, aber bei Gewerberaummietverträgen liegt das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko grundsätzlich beim Mieter und das sollte auch bei einer Grippewelle oder Coronapanik der Fall bleiben. adidas verläßt sich darauf, dass der wirtschaftlich Stärkere bei Zahlungseinstellung zumindest eine Beteiligung des Vermieters am Verwendungsrisiko erreichen kann.

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  3. Naja, also § 313 Abs. 1 BGB würde ich - auch wenn ich hier kein Pferd im Rennen habe - schon bejahen. Sicherlich haben Sie grundsätzlich recht, was das Gewinnerzielungsrisiko angeht - dass aber aufgrund sicherheitsrechtlicher Anordnung die Ladenflächen über Monate hinweg gar nicht mehr genutzt werden können, ist aus meiner Sicht dann doch eine andere Dimension und von den Vorstellungen der Vertragsparteien zur Zeit des Vertragsschlusses weit entfernt. Jedenfalls die - hier durch sicherheitsrechtliche Anordnung untersagte - Nutzbarkeit der Fläche als Einzelhandels-Ladenfläche dürfte Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB geworden sein.

    Auch das David-gegen-Goliath-Argument möchte ich so nicht gelten lassen - Adidas-Ladengeschäfte finden sich zuhauf in Einkaufszentren wie bspw. denen des ECE-Konzerns oder in sonstigen hochpreisigen Lagen, bei denen davon auszugehen ist, dass sich die Vermieter wohl die Kosten eines Rechtsstreit mit adidas nicht vom Munde absparen müssten.

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    1. Zu derartigen Ladenflächen kann ich in den Leitlinien
      nichts finden, aber es wird sicherlich im Einzelfall auch darauf ankommen, ob Schließungen tatsächlich behördlich angeordnet wurden. Darüber weiß ich derzeit nichts.

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    2. Ich kann nur aus Bayern berichten - hier gibt es eine Allgemeinverfügung, die die Ladenöffnung bußgeld- und strafbewehrt verbietet: https://www.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2020/03/20200316_av_veranstaltungsverbot_betriebsuntersagungen_konsolidiert_20200318.pdf

      Ich denke, dass die Sicherheitsbehörden der anderen Länder das ähnlich handhaben...

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  4. Für NRW: CoronaSchVO, § 5 Abs. 4, https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=18354

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  5. Ich bezweifele, dass es sich um einen Glücksfall für die Vermieteranwälte handelt. Denn wenn der Schuldner von vornherein erklärt, nicht zahlen zu können oder wollen, ist die außergerichtliche Einschaltung eines Anwaltes nicht "erforderlich" (BVerfG, AnwBl 2012, 278, zitiert nach juris, Rn. 16; OLG Hamm, Beschluss vom 31.10.2005, Az.: 24 W 23/05; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.06.1986, Az.: 6 U 234/85; Jäckle, NJW 2013, 1393 (1393); Hunecke, NJW 2015, 3745 (3748); Jäckle, NJW 2016, 977 (978); Arz, NJW 2019, 1858 (1859)). Dann ist gleich Auftrag zur Klage zu erteilen.

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    1. Wenn es so wäre, ist doch die Klage der bessere Glücksfall, sogar mit der Möglichkeit der Festsetzung der Verfahrenskosten gegen die eigene Mandantschaft erlangen zu können.

      Aber: Die ganz h.M. in der Rechtsprechung (vgl. die Nachw. bei Palandt/Heinrichs a.a.O.) verneint eine Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten grundsätzlich dann, wenn der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig ist und daher voraussehbar ist, dass später ohnehin ein Rechtsanwalt mit einer Klageerhebung beauftragt werden muss - bei dem ein Mahnschreiben etc. der Vorbereitung des Rechtsstreits gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 RVG dient und keine zusätzlichen Kosten verursacht. Der Senat bejaht in Übereinstimmung mit Heinrichs (a.a.O. m.w.Nachw.) die Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten unter Berücksichtigung der Obersätze des RVG nur dann, wenn der Gläubiger aus besonderen Gründen darauf vertrauen durfte, dass der Schuldner ohne gerichtliche Hilfe leisten wird, weil sein Verhalten in diesem Fall demjenigen eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Geschädigten entspricht, der sich selbst vor Schaden bewahren will.

      Von grundsätzlicher Zahlungsverweigerung kann man doch bei adidas nicht ausgehen, sondern nur von einer taktischen Variante, um eine Verhandlungsbasis zu eröffnen. Ich würde die temporäre Aussetzung der Zahlungen sogar als Einstieg in anwaltlich geführte Gespräche verstehen, bei welcher die sofortige Klageerhebung zu einem sofortigen Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO führen würde.

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