Samstag, 29. Oktober 2011

Rambo, Youtube und der Jugendschutz

In der Schule hat mein Sohn ein Bild mit einer Begeisterung gemalt, die seine Lehrerin bei Betrachtung der Darstellung so gar nicht teilen wollte. Auch die geforderte Erklärung vermochte das Pädagogenherz nicht höher schlagen zu lassen: "Rambo ist sehr geil und was ich am meisten von ihm liebe ist, wie und auf welche Art und Weise er die Körper zerfleischt." Das Bild will ich der Leserschaft nicht vorenthalten und auch dessen Hintergrund ist schnell erklärt. Kinder sind bisweilen unbeaufsichtigt vor dem Computer, lieben Youtube und hoch im Kurs stehen bei den Jungs der zweiten Klasse Filmsequenzen aus Rambo 4. Alle freuen sich schon auf Rambo 5.

Zum Glück wird der Jugendschutz bei Telemedien durch den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) der Länder geregelt, wobei dort im wesentlichen die Bestimmungen des Jugendschutzes wie beim Rundfunk und den Mediendiensten übernommen wurden. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verbietet Angebote, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt. Auch Angebote, welche den Krieg verherrlichen, gegen die Menschenwürde verstoßen, insbesondere durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt werden, sind unzulässig.

Angesichts des freien Zugangs zu Youtube werden dort wohl keine Angebote verbreitet, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten schwer zu gefährden. Im Gegenteil, vielmehr wird auch durch Rambo 4 der Zugang zum Unterrichtsfach Biologie gefördert und das Interesse an der Erforschung am Innenleben des menschlichen Körpers geweckt: "Matthias hat gesagt, ich soll auch eine Lunge und Rippen dazumalen, wie sieht denn das aus?"

Freitag, 21. Oktober 2011

Guido, es heißt nicht "Lübien", sondern "Libüen"


Lieber Kollege Dr. Guido Westerwelle,

seit dem Beginn des bewaffneten Konflikts in Libyen höre ich Dir zu. Immer sagst Du Lübien [ˈlyːbi̯ən]. Das ist falsch. Es heißt Libüen [ˈliːby̆ən] oder wenigstens Libien [ˈliːbi̯ən]. Dass etwa 98% aller Politiker und 89% aller Journalisten den gleichen Fehler machen, entlastet Dich nicht. Du bist nicht nur unser Außenminister, Du bist auch Rechtsanwalt und deshalb bitte ich Dich, mach´ es wenigstens nach dem Tod von Muammar al-Gaddafi richtig. Begib auch Du Dich auf den Weg in eine bessere Zukunft.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen, Rechtsanwalt Ralf Möbius

Sonntag, 16. Oktober 2011

Nur wenn noch keine Kosten entstehen weiter lesen

!!! Sollten ohne Auftrag Kosten entstehen, E-Mail löschen !!!

Diese E-Mail dient allein zu Ihrer Information und ist kein (!) Auftrag.


Es gehen ja eine Menge von Anfragen über meinen virtuellen Schreibtisch, aber der Verfasser oben genannter Zeilen scheint ausgesprochen schlechte Erfahrungen mit Rechtsanwälten gemacht zu haben. Tatsächlich sieht das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auch nicht vor, dass Anwälte ihre Zeit ohne entsprechende Vergütung aufwenden. Ich sehe mich bisweilen auch dazu veranlasst, dem Anrufer zu versichern, dass Kosten erst dann anfallen, wenn ich es ausdrücklich sage - wenn also das zunächst unverbindliche Telefongespräch in eine rechtliche Beratung mündet. Das scheint nicht jeder Kollege so zu handhaben. Es bedarf auch keiner Erwähnung, dass eine Rechtsberatung per E-Mail ebenfalls kostenpflichtig ist, so dass der unbekannte Versender grundsätzlich auch Anlass zu seiner deutlichen Einleitung hatte. Es geht ihm um einen Strafprozess, der ihn und seine Frau "finanziell vollständig ruiniert" habe und welcher aus finanziellen Gründen ohne Anwalt durchgeführt wurde. Die Anfrage endet, wie sie begann:  

Diese E-Mail dient allein zu Ihrer Information und ist kein (!) Auftrag.

E-Mail löschen, wenn ohne Auftrag Kosten entstehen.


Wird jedenfalls gemacht.

Der Bundesvorsitzende der NPD wird diskriminiert


Die Ehefrau des Bundesvorsitzenden der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), Udo Voigt, buchte 2009 für beide Eheleute einen Aufenthalt im Esplanade-Hotel in Bad Saarow. Trotz anfänglicher Bestätigung wurde die Buchung storniert und auf Nachfrage ein Hausverbot erteilt. Dieses begründete das Esplanade-Hotel damit, dass die politische Überzeugung des NPD-Mannes nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Nach zwei erfolglosen Anläufen vor dem Landgericht Frankfurt/Oder – Az.: 12 O 17/10 – Urteil vom 22. Juni 2010 und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht – Az.: 1 U 4/10 – Urteil vom 18. April 2011, verlangt der Bundesvorsitzende der NPD den Widerruf des Hausverbots nun zum Az.: V ZR 115/11 vor dem Bundesgerichtshof in Zivilsachen.

Ein Blick in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 scheint Klarheit zu bringen, denn das Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Da nach § 2 AGG auch der Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, erfasst wird, verfestigt sich die Vorahnung eines erfolgreichen Vorgehens des NPD-Vorsitzenden beim Bundesgerichtshof.

Erst ein Blick in § 19 AGG, der das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot ausdrücklich regelt, läßt die Befürchtung entschwinden, dass das höchste deutsche Zivilgericht am kommenden Freitag gar nicht anders könne, als dem Anliegen des Parteivorsitzenden nachzukommen, denn nur eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, ist verboten.

Damit fehlt aber in § 19 AGG - anders als in § 1 AGG zunächst aufgeführt - für den Schutz im Zivilrechtsverkehr das Antidiskriminierungsmerkmal "Weltanschauung". Jedenfalls nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz durfte das Esplanade-Hotel den Bundesvorsitzenden der NPD wegen seiner politischen Ausrichtung diskriminieren und die Verweigerung seiner Beherbergung ausdrücklich auf dessen politische Ansicht stützen. Dass Türsteher von Diskotheken oder Gaststätten sich dieser juristischen Feinheit bedienen, um dunkelhäutige Mitmenschen etwa wegen einer am Revers getragenen Anti-Atomkraft-Plakette den Zutritt zu einem Lokal zu verweigern, hat der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes offenbar nicht befürchtet.

Nachtrag: Bundesgerichtshof in Zivilsachen, Urteil des V. Zivilsenats vom 9.3.2012 - V ZR 115/11 -

Dienstag, 11. Oktober 2011

melango-Urteil AG Dresden 104 C 3441/11 Volltext


Das angekündigte Urteil gegen die Melango.de GmbH aus Chemnitz liegt nun vor. Nach Ansicht des Amtsgerichts Dresden seien nicht nur die Entgeltklauseln wegen der anderweitig typischerweise kostenlos erbrachten Dienstleistungen als überraschend im Sinne des § 305 c BGB zu werten, sondern auch der Umstand, dass bei Vertragsschluss auf die Entgeltlichkeit der Anmeldung und Mitgliedschaft sowie deren Laufzeit nicht deutlich hingewiesen werde. Amtsgericht Dresden, 05.10.2011, Aktenzeichen 104 C 3441/11

Freitag, 7. Oktober 2011

Jörg Kachelmann - Freispruch rechtskräftig

Staatsanwaltschaft und Nebenklägerin haben nach Kenntnisnahme der Urteilsbegründung des Landgerichts Mannheim ihre Anträge auf Revision zurückgenommen. Das musste nach der erstaunlichen Anzahl von Beiträgen zu diesem Thema in meinem Blog wenigstens noch gesagt werden.

http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/06/kachelmann-alle-wollen-mehr.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/05/fachanwalt-fur-it-recht-gratuliert.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/05/kachelmann-grillfest.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/04/herr-kachelmann-die-prozesskosten-und.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/02/kachelmann-prozess-soll-tv-format.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/02/kachelmann-prozess-warum-schweigt.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2011/01/bild-zitat-wir-lassen-jetzt-den.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/12/hier-die-abstimmung-wird-jorg.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/12/kachelmann-prozess-alice-schwarzer-und.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/12/jorg-kachelmann-erster-trager-der.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/11/kachelmann-prozess-und-zeugen-gibt-es.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/10/der-soziopath-von-nebenan-heisst-ganz.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/10/hats-madel-sich-rumgemachelt-oder-wurds.html
http://fachanwalt-fuer-it-recht.blogspot.com/2010/10/auch-das-verfahren-gegen-den.html

INZEST Mutter und Tochter

Weil "Inzest" nicht nur eine juristische Bedeutung hat und in § 173 StGB als Beischlaf mit einem leiblichen Abkömmling verboten wird, sondern daneben auch eine darüber hinausgehende moralische Bedeutung existiert, macht der in der Überschrift genannte Titel eines angeblichen Films, deren angeblich widerrechtliche Verbreitung per filesharing die Rechtsanwälte Schulenberg & Schenk aus Hamburg im Namen der G&G Media Foto-Film GmbH unterbinden wollen, gerade noch Sinn. Denn der verbotene Inzest im Sinne des § 173 StGB ist nur der Beischlaf zwischen verwandten Personen mittels Eindringen des männlichen Gliedes in den Scheidenvorhof. Und um diesen geht es ja bei dem streitgegenständlichen Filmtitel gerade nicht. Dennoch dürfte der Geschlechtsverkehr zwischen Mutter und Tochter wegen der verwandtschaftlichen Nähe moralisch unter den Begriff "Inzest" fallen. Ob die Strafbarkeit des Beischlafs zwischen Verwandten ein Relikt aus der Vergangenheit ist und § 173 StGB dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht, wie etwa der abweichenden Meinung des Richters Hassemer zum Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008 - 2 BvR 392/07 - zu entnehmen ist, oder ob im kanonischen Recht auch der Geschlechtsverkehr zwischen Mutter und Tochter als Blutsverwandte ersten Grades gegen göttliches Recht verstößt, wird leider nicht Gegenstand des Streits um eine angebliche Urheberrechtsverletzung durch Nutzung einer Internettauschbörse sein.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Amtsgericht Dresden weist Zahlungsanspruch von Melango.de zurück

Das Amtsgericht Dresden hat heute zum Aktenzeichen 104 C 3441/11 abschliessend entschieden, dass der Melango.de GmbH aus Chemnitz kein Zahlungsanspruch gegen eine Firma aus Dresden zusteht, die sich über das Portal der Melango.de GmbH zur Nutzung ihrer Website angemeldet hatte. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Melango.de enthaltene Entgeltklausel bei der typischerweise im Internet kostenlos angebotenen Leistung von Melango als überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB zu werten ist und diese damit nicht Vertragsbestandteil geworden sei.

Weil das in der Vergangenheit von der Melango.de GmbH angerufene Amtsgericht Chemnitz in zwei Urteilen zu den Aktenzeichen 13 C 1095/10 und 16 C 1107/10 für die Melango.de GmbH entschieden hatte, wollte die auf Zahlung in Anspruch genommene Firma aus Dresden nicht darauf warten, in Chemnitz verklagt zu werden, sondern erhob nach Rechnungserhalt negative Feststellungsklage in Dresden mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass die von Melango erhobene Forderung nicht bestehe. Dem Klageantrag der Dresdner Firma wurde voll entsprochen mit der Folge, dass diese weder die Rechnung von Melango begleichen noch irgendwelche Kosten für den Rechtsstreit tragen muss. Das Urteil mit der schriftlichen Begründung wird noch in dieser Woche erwartet.

Melango kündigte bereits im letzten Schriftsatz an, sich nach Abschluss des Dresdner Verfahrens gegen die dort "gegen sie gerichteten beleidigenden Ausführungen zur Wehr setzen" zu wollen. Melango wurde bereits zweimal von der OpSec die Negativ-Auszeichnung "Schwarzes Schaf" verliehen. Eine Massnahme, die Internetnutzer auf unseriöse Geschäftsmethoden von Onlinefirmen aufmerksam machen und sie zur Vorsicht mahnen soll.